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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_478/2023  
 
 
Urteil vom 2. Mai 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Merz, 
Gerichtsschreiber Vonlanthen. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________ GmbH, 
vertreten durch Herrn A.________, 
Beschwerdeführende, 
 
gegen  
 
Gemeinderat Herisau, 
Poststrasse 6, Postfach 1160, 9102 Herisau, 
Departement Bau und Volkswirtschaft des Kantons Appenzell Ausserrhoden, Kasernenstrasse 17A, 9102 Herisau. 
 
Gegenstand 
Unterhaltsbeiträge für einen öffentlichen Fussweg, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung, vom 17. August 2023 (O4V 23 2). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist Eigentümer der Parzelle Nr. 1177 in der Gemeinde Herisau und Gesellschafter sowie Geschäftsführer der B.________ GmbH, welche Eigentümerin der benachbarten Parzelle Nr. 2877 ist. Über die Parzellen Nr. 1177 und 2877 verläuft eine asphaltierte Strasse, die einerseits als private Zufahrtsstrasse und andererseits als öffentlicher Fussweg dient. 
 
B.  
A.________ und die B.________ GmbH beantragten beim Ressort Tiefbau/Umweltschutz der Gemeinde Herisau für das Jahr 2020 einen Gemeindebeitrag von Fr. 8'290.20 an den Unterhalt für den über ihre Parzellen verlaufenden öffentlichen Fussweg. Das Ressort Tiefbau/Umweltschutz lehnte den Antrag weitestgehend ab und gewährte für den beantragten Zeitraum einen Beitrag von Fr. 235.20. 
Einen dagegen erhobenen Rekurs von A.________ und der B.________ GmbH wies der Gemeinderat Herisau ab und auferlegte die Verfahrenskosten den Rekurrenten. 
Das Departement Bau und Volkswirtschaft des Kantons Appenzell-Ausserrhoden hiess einen gegen den Entscheid des Gemeinderats Herisau erhobenen Rekurs in Bezug auf die erhobenen Verfahrenskosten gut und wies ihn im Übrigen ab. 
Gegen diesen Entscheid reichten A.________ und die B.________ GmbH Beschwerde beim Obergericht Appenzell-Ausserrhoden ein. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 17. August 2023 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Mit gemeinsamer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gelangen A.________ und die B.________ GmbH an das Bundesgericht und beantragen sinngemäss die Aufhebung des Urteils des Obergerichts vom 17. August 2023 und die Zusprechung des gesamten beantragten Beitrags an die Unterhaltskosten für den auf ihren Parzellen gelegenen öffentlichen Fussweg. 
Der Gemeinderat Herisau beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht verweist auf die Ausführungen in seinem Urteil, ohne einen expliziten Antrag zu stellen. A.________ und die B.________ GmbH halten in einer weiteren Stellungnahme an ihren Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 ff. BGG). Die Beschwerdeführenden haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind mit ihren Anträgen betreffend die Ausrichtung eines höheren Gemeindebeitrags an den Unterhalt für den auf ihren Parzellen gelegenen öffentlichen Fussweg unterlegen. Sie haben daher ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Urteils (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb grundsätzlich auf die Beschwerde eingetreten werden kann. 
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Soweit es um die Anwendung kantonalen Rechts geht, kann vorbehältlich Art. 95 lit. c-e BGG im Wesentlichen vorgebracht werden, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Bundesrecht, namentlich das Willkürverbot nach Art. 9 BV (BGE 141 I 36 E. 1.3; 138 I 143 E. 2). Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Nach Massgabe der allgemeinen Anforderungen an die Beschwerdebegründung (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es jedoch nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel des angefochtenen Entscheids nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 144 V 388 E. 2). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft es zudem nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht; Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2). 
 
3.  
Die Beschwerdeführenden machen sinngemäss geltend, die Vorinstanz habe das Willkürverbot (Art. 9 BV) verletzt, indem es den Entscheid der Gemeinde Herisau betreffend den Beitrag an den Unterhalt des betreffenden öffentlichen Fusswegs geschützt habe. 
 
3.1. Ein Entscheid ist gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts willkürlich, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 148 II 106 E. 4.6.1; 146 II 111 E. 5.1.1; 145 II 32 E. 5.1; 144 I 170 E. 7.3; je mit Hinweisen).  
 
3.2. Die vorliegend strittigen Beiträge der Gemeinde an den Unterhalt des öffentlichen Fusswegs im privaten Eigentum der Beschwerdeführenden werden im Reglement der Gemeinde Herisau über die Verkehrsanlagen vom 1. Januar 2018 (Strassenreglement) geregelt, das gestützt auf Art. 12 Abs. 1 lit. b des kantonalen Strassengesetzes vom 26. Oktober 2009 (StrG; bGS 731.11) erlassen wurde. Gemäss Art. 28 des genannten Reglements erfolgt der Strassenunterhalt inkl. Winterdienst der öffentlichen Strassen im privaten Eigentum durch die jeweiligen Eigentümer. Diese tragen auch die Kosten, soweit keine Beiträge nach Art. 29 desselben Reglements zur Verfügung stehen. Nach Art. 29 des Strassenreglements leistet die Gemeinde an den betrieblichen und baulichen Unterhalt von öffentlichen Fusswegen Beiträge von 15-80 %. Für öffentliche Fuss- und Wanderwege wie den vorliegend umstrittenen trägt die Gemeinde gemäss einem Gemeinderatsbeschluss vom 11. Dezember 2018 40 % an den Kosten des gerechtfertigten betrieblichen Unterhalts.  
 
3.3. Die Gemeinde Herisau gelangte zum Schluss, die Notwendigkeit der Unterhaltsarbeiten der Beschwerdeführenden könne mangels detaillierter Erfassung der Arbeitsleistung nicht beurteilt werden. Die Beschwerdeführenden hätten nicht dargelegt, worin die Unterhaltsarbeiten für das Jahr 2020 konkret bestanden hätten. Sie hätten ohne weitere Darlegungen und Belege einen pauschalen Aufwand von insgesamt 440 Stunden (je 220 Stunden pro beschwerdeführende Partei) zu einem stündlichen Ansatz von Fr. 35.-- geltend gemacht, und hiervon 40 % verlangt. Dieser Betrag erscheine zu hoch, entspreche er doch einem zeitlichen Aufwand von rund 70 Minuten pro Tag zu einem Stundenansatz, der üblicherweise von kommerziellen Anbietern von Reinigungsarbeiten verlangt werde. Stattdessen hat die Gemeinde für die Feststellung der zu entschädigenden Unterhaltskosten auf eine Studie des Schweizerischen Verbands Kommunale Infrastruktur (SVKI) abgestellt, wo ein maximaler Ansatz für die Reinigung von Strassen von Fr. 5.60 pro Quadratmeter und Jahr vorgesehen ist. Unter Berücksichtigung der Länge des Fussweges von 52.5 m und einer gewöhnlichen Wegbreite von 2 m werde eine massgebende Fläche von 105 m 2 angerechnet. Da die Gemeinde 40 % der Kosten des gerechtfertigten betrieblichen Unterhalts zu tragen habe, könne damit ein Beitrag von Fr. 235.20 ausgerichtet werden.  
 
3.4. Die Vorinstanz schützte die Beurteilung der Gemeinde Herisau und hielt weiter fest, die Beschwerdeführenden hätten auch im Beschwerdeverfahren keine nachvollziehbaren Belege eingereicht, welche Rückschlüsse auf den effektiven Aufwand für den Unterhalt des Fusswegs zulassen würden. Der geltend gemachte Aufwand sei nicht ansatzweise belegt. Die Gemeinde habe sich nicht von unsachlichen, dem Zweck der Regelung fremden Erwägungen leiten lassen, indem sie sich mangels Nachweises des Unterhaltsaufwands der Beschwerdeführenden auf eine Studie des schweizerischen Verbands für kommunale Infrastruktur abgestützt habe. Ausserdem habe es laut der Vorinstanz an genügenden Gesuchsunterlagen gefehlt, weshalb auf das Gesuch der Beschwerdeführenden gar nicht hätte eingetreten werden müssen. Der zugesprochene Betrag sei somit umso weniger zu beanstanden. Die Gemeinde Herisau habe ihren aus der Gemeindeautonomie fliessenden Ermessensspielraum daher nicht überschritten.  
 
3.5.  
 
3.5.1. Die Beschwerdeführenden halten in ihrer Beschwerde namentlich fest, das von der Gemeinde für die Beurteilung herangezogene Dokument "Kostenentwicklung 1994 bis 2020 im betrieblichen Strassenunterhalt in Städten" des SVKI (<https://kommunale-infrastruktur.ch/333/de/betrieblicher-strassenunterhalt-kosten-2020> [besucht am 24. April 2024]) sehe einen maximalen Aufwand von Fr. 7.70 pro Quadratmeter Strasse für sämtliche Tätigkeiten wie "Reinigung", "Winterdienst" und "bauliche Reparaturen" vor. Was sie daraus konkret abzuleiten versuchen, erklären die Beschwerdeführenden indes nicht. Weder machen sie geltend, sie hätten im Jahr 2020 auch Aufwände für den Winterdienst und bauliche Reparaturen gehabt, noch legen sie dar, weshalb die Gemeinde aus anderen Gründen auf einen Ansatz von Fr. 7.70 hätte abstellen sollen. Aus dem genannten Dokument geht hervor, dass bei den Schweizer Städten für die Reinigung ihrer Strassen im Jahr 2020 Kosten von maximal Fr. 5.90 pro Quadratmeter angefallen sind. Der durchschnittliche Betrag belief sich dabei auf Fr. 3.-- und der Minimalbetrag lediglich auf Fr. 1.30 pro Quadratmeter. Selbst für sämtliche in der Erhebung berücksichtigten Tätigkeiten (Reinigung, Winterdienst und bauliche Reparaturen) wurden im Mittel lediglich Fr. 4.30 pro Quadratmeter Strasse ausgegeben. Inwieweit unter diesen Umständen ein Abstellen auf einen Betrag von Fr. 5.90 pro Quadratmeter Strasse, der im betreffenden Dokument als Maximalbeitrag für die Reinigung von Strassen in Schweizer Städten festgehalten ist, willkürlich sein sollte, ist nicht ersichtlich.  
 
3.5.2. Weiter machen die Beschwerdeführenden geltend, für die Berechnung des Gemeindebeitrags an den Unterhalt hätte die gesamte Fläche der Strasse von rund 260 m 2 berücksichtigt werden müssen. Die Gemeinde und mit ihr die Vorinstanz ist demgegenüber davon ausgegangen, dass ein gewöhnlicher Wanderweg eine Breite von rund 2 m aufweist und hat auf dieser Grundlage die massgebende Fläche von 105 m2 angerechnet. Es mag zwar einerseits zutreffen, dass die Benützerinnen und Benützer des Fusswegs dort, wo dieser breiter ist, teilweise auch Bereiche ausserhalb der zugrunde gelegten 2 m Breite beanspruchen. Andererseits ist auch nicht davon auszugehen, dass die gesamte Fläche der Strasse benützt wird und für den Gebrauch gereinigt werden müsste. Im Ergebnis erweist es sich jedenfalls nicht als unhaltbar, wenn die Gemeinde den Beschwerdeführenden einen Betrag von Fr. 235.20 ausrichtet, der sich an der durchschnittlich beanspruchten Wanderwegfläche orientiert und auf den Höchstbetrag, den die Schweizer Städte gemäss Erhebungen des SVKI im Jahr 2020 für die Reinigung von Strassen aufgewendet haben, abgestellt hat. Dass die Gemeinde dabei den ihnen zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum überschritten hätte, wird von den Beschwerdeführenden weder substanziiert geltend gemacht, noch ist dies ersichtlich.  
 
3.5.3. Nichts zu ihren Gunsten vermögen die Beschwerdeführenden ferner aus den Fotos abzuleiten, die sie beim Bundesgericht einreichen und die Verunreinigung des Weges aufzeigen sollen. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei den Fotos um unbeachtliche Noven im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG handelt, legen die Beschwerdeführenden nicht dar, inwieweit die Fotos den vorinstanzlichen Entscheid als willkürlich erscheinen lassen sollen.  
 
3.6. Zusammenfassend vermögen die Beschwerdeführenden mit ihren Vorbringen keine Willkür (Art. 9 BV) darzulegen (vgl. E 3.1 hiervor). Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil nachvollziehbar aufgezeigt, weshalb den Beschwerdeführenden ohne Willkür gestützt auf die anwendbaren kommunalen Bestimmungen lediglich ein Beitrag von Fr. 235.20 anstelle der beantragten Fr. 8'290.20 an den Unterhalt des öffentlichen Fusswegs im privaten Eigentum ausgerichtet werden durfte. Eine andere Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG wird von den Beschwerdeführenden im Übrigen nicht geltend gemacht; eine solche ist auch nicht ersichtlich.  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführenden kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Gemeinde Herisau hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da sie in ihrem Wirkungsbereich obsiegt (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführenden, dem Gemeinderat Herisau, dem Departement Bau und Volkswirtschaft des Kantons Appenzell Ausserrhoden und dem Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Mai 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Vonlanthen