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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_43/2024  
 
 
Urteil vom 2. Juli 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Ryter, Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiber Müller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Advokat Patrick Loeb, 
 
gegen  
 
Amt für Migration des Kantons Schwyz, 
Postfach 454, 6431 Schwyz, 
Regierungsrat des Kantons Schwyz, 
Bahnhofstrasse 9, 6430 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Ausländerrecht (Revisionsgesuch betreffend VGE III 2023 53 vom 28.9.2023), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III, vom 1. Dezember 2023 (III 2023 167). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1948) ist russische Staatsangehörige und wohnhaft in U.________ (Gebiet Moskau). Ihre Tochter B.B.________ und ihr Enkel C.B.________ sind in der Schweiz wohnhafte Schweizer Bürger. Wiederholt besuchte A.________ ihre Tochter und ihren Enkel im Rahmen eines 90 Tage gültigen Schengenvisums. Seit Juli 2022 hält sie sich als Touristin ununterbrochen bei ihrer Tochter auf, wobei ihr nach Ablauf des bewilligungsfreien Aufenthalts das Visum jeweils verlängert wurde. 
 
B.  
 
B.a. Am 25. August 2022 stellten B.B.________ und C.B.________ für A.________ ein Gesuch um Erteilung einer Einreisebewilligung zur erwerbslosen Wohnsitznahme. Mit Verfügung vom 23. Januar 2023 wies das Amt für Migration des Kantons Schwyz das Gesuch ab, verfügte die Wegweisung von A.________ und setzte ihr eine Ausreisefrist von sieben Tagen an. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Schwyz blieb im Wesentlichen ohne Erfolg. Mit Entscheid vom 7. März 2023 wies er die Beschwerde ab und setzte die Ausreisefrist neu auf 14 Tage fest. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz bestätigte den regierungsrätlichen Beschluss mit Entscheid vom 28. September 2023.  
 
B.b. Am 27. Oktober 2023 erhob A.________ Beschwerde beim Bundesgericht gegen den Entscheid vom 28. September 2023 (Verfahren 2C_598/2023).  
 
B.c. Am 16. Oktober 2023 musste sich A.________ einer Herzoperation wegen einer chronischen Aortendissektion unterziehen. In der Folge ersuchte sie - mit Eingabe vom 27. Oktober 2023 - das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz um Revision des Entscheids vom 28. September 2023. Zur Begründung verwies sie auf ihre gesundheitliche Situation. Das Revisionsgesuch wurde mit Entscheid vom 1. Dezember 2023 abgewiesen.  
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid vom 1. Dezember 2023. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz verzichtet auf eine ausführliche Stellungnahme und verweist auf einen nunmehr stabilisierten Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin. Der Regierungsrat des Kantons Schwyz ersucht unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid um Beschwerdeabweisung. Das Amt für Migration verzichtet auf eine Stellungnahme. 
Mit Urteil vom heutigen Tag wies das Bundesgericht die von A.________ gegen den Entscheid vom 28. September 2023 erhobene Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 2C_598/2023). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (BGE 147 I 89 E. 1; 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Die Beschwerde ist auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig, wenn sie eine Bewilligung betrifft, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Gestützt auf den Grundsatz der Einheit des Verfahrens (Art. 111 BGG) erfasst dieser Ausschluss auch Entscheide über Revisionsgesuche, die sich auf eine unter Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG fallende Materie beziehen (Urteile 2C_89/2022 vom 3. Mai 2022 E. 1.1; 2D_26/2021 vom 18. Juni 2021 E. 1; 2D_31/2013 vom 25. Juni 2013 E. 2). Die Beschwerdeführerin, die aktuell bei ihrer erwachsenen Tochter und ihrem Enkel lebt, beruft sich in der Hauptsache auf Art. 8 EMRK und bringt vor, sie stehe aufgrund ihrer Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zur Tochter und zum Enkel. Damit macht sie in vertretbarer Weise einen potenziellen Anspruch auf Bewilligung ihres Aufenthalts aufgrund des Familienlebens geltend. Ob dieser Anspruch besteht, bildet eine Frage der materiellen Beurteilung und keine solche des Eintretens (BGE 147 I 268 E. 1.2.7; 139 I 330 E. 1.1; Urteil 2C_1011/2022 vom 14. Februar 2023 E. 1.2). Kann sich die Beschwerdeführerin somit in der Hauptsache auf einen potenziellen Anspruch berufen, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den angefochtenen Revisionsentscheid zulässig.  
 
1.2. Da auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG), ist - unter Vorbehalt der Begründungs- und Rügeanforderungen (Art. 42 Abs. 2, Art. 106 Abs. 2 BGG; E. 2 und E. 3 hiernach) - auf die Beschwerde einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), wobei es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (vgl. E. 2.2 hiernach) - nur die geltend gemachten Vorbringen prüft, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 148 II 392 E. 1.4.1; 145 V 215 E. 1.1; 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 139 I 229 E. 2.2). Die Anwendung kantonalen Rechts prüft das Bundesgericht zudem - ausser in den hier nicht betroffenen Fällen von Art. 95 lit. c und lit. d BGG - nur auf Verletzung von Bundesrecht, namentlich des Willkürverbots hin (Art. 95 lit. a BGG; Urteil 2C_83/2023 vom 26. März 2024 E. 2.1).  
 
2.2. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG haben Rechtsschriften an das Bundesgericht eine sachbezogene Begründung zu enthalten. Die beschwerdeführende Partei muss sich mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen und nachvollziehbar aufzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 142 I 99 E. 1.7.1; 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen). Beruht der angefochtene Entscheid auf einer doppelten Begründung, muss sich die Beschwerdeschrift unter Nichteintretensfolge mit beiden Begründungen auseinandersetzen, denn erweist sich auch nur eine davon als rechtskonform, gilt dies für den Entscheid selbst (BGE 149 III 318 E. 3.1.3; 142 III 364 E. 2.4; Urteil 2C_24/2024 vom 21. März 2024 E. 3.2).  
 
3.  
Es ist unbestritten, dass sich die Zulässigkeit der Revision im vorinstanzlichen Verfahren nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Schwyz vom 6. Juni 1974 (VRP; SRSZ 234.110) beurteilt. Dessen Anwendung prüft das Bundesgericht - bei entsprechender Rüge - nur auf Willkür hin (E. 2.1 hiervor). 
 
3.1. Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, die Revision eines Entscheids setze voraus, dass ein nachträglich beigebrachtes Beweismittel bereits vor Erlass des zu revidierenden Entscheids bestanden habe. Revisionsrechtlich relevant sei einzig ein Beweismittel, das bestand, als es im Hauptverfahren noch hätte prozessual zulässig eingebracht werden können (angefochtenes Urteil, E. 3.3). Die Beschwerdeführerin stütze ihr Revisionsgesuch auf einen Sprechstundenbericht vom 6. September 2023 und auf medizinische Unterlagen im Zusammenhang mit der Operation vom 16. Oktober 2023. Soweit diese Dokumente erst nach dem zu revidierenden Entscheid vom 28. September 2023 erstellt worden seien, liege kein Revisionsgrund vor. Der Sprechstundenbericht vom 6. September 2023 datiere zwar vor dem zu revidierenden Entscheid, doch begründe die Beschwerdeführerin mit keinem Wort, weshalb sie diesen nicht bereits im damaligen Verfahren vorgelegt habe (angefochtener Entscheid, E. 3.3).  
Nach Ansicht der Vorinstanz scheidet auch eine Revision wegen neuer Tatsachen aus. Nach kantonalem Verfahrensrecht seien nur unechte Noven revisionsrechtlich relevant, also Tatsachen, die bereits vor Entscheidfällung existierten, aber erst nachträglich entdeckt worden seien. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Tatsache einer schwerwiegenden Gesundheitsstörung sei jedoch bereits vor dem Entscheiddatum bekannt gewesen. Die Beschwerdeführerin berufe sich auf einen Bericht vom 6. September 2023, welcher die Diagnose einer Aorthenpathologie stelle und eine chronische Aortendissektion mit einem Durchmesser von 4.6 cm festhalte. Im revisionsrechtlichen Sinn neu sei einzig die Dynamik dieser gesundheitlichen Probleme, denn aus den medizinischen Unterlagen ergebe sich eine Erweiterung des Durchmessers auf 6.0 cm. Auch anlässlich der Operation vom 16. Oktober 2023 sei "nichts Neues" entdeckt worden. Somit fehle es an einer nachträglich entdeckten Tatsache (angefochtener Entscheid, E. 3.4). 
 
3.2. Die Beschwerdeführerin erhebt keine Verfassungsrügen, sondern wirft der Vorinstanz vor, die kantonalrechtlichen Voraussetzungen der Revision verkannt zu haben. Sie hält den vorinstanzlichen Erwägungen entgegen, es sei falsch, davon auszugehen, die medizinische Problematik sei im Zeitpunkt des revidierten Entscheids bereits bekannt gewesen. Sie verweist auf einen ärztlichen Bericht; demgemäss sei erst durch die Operation bekannt geworden, dass die Aortenklappe eine Insuffizienz aufweise. Weiter seien zwei Verengungen am Herzkranzgefäss festgestellt worden. Schliesslich beanstandet die Beschwerdeführerin die Folgerung der Vorinstanz, aufgrund des Sprechstundenberichts vom 6. September 2023 sei die medizinische Sachlage bereist bekannt gewesen.  
 
3.3. Die Beschwerdeschrift setzt sich nicht hinreichend mit den verschiedenen Begründungselementen des angefochtenen Entscheids auseinander. Sie beschränkt sich darauf, zu kritisieren, die Vorinstanz hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass die gesundheitlichen Probleme vor dem zu revidierenden Entscheid bekannt gewesen seien. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass die Vorinstanz das Revisionsgesuch aus zwei weiteren Gründen abwies. Erstens erachtete die Vorinstanz eine Revision für unzulässig, soweit das Gesuch mit nach dem 28. September 2023 erstellten Beweismitteln begründet wird. Zweitens warf die Vorinstanz der Beschwerdeführerin vor, die im Sprechstundenbericht vom 6. September 2023 enthaltenen Informationen nicht rechtzeitig in das noch laufende Verfahren eingebracht zu haben. Die Beschwerdeführerin setzt sich weder mit diesen Erwägungen auseinander noch rügt sie eine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts. Damit genügt sie den Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 BGG nicht (vgl. E. 2.2 hiervor).  
 
4.  
Der angefochtene Entscheid beruht demnach zumindest auf einer unbeanstandet gebliebenen Begründung. Auf die Beschwerde ist deshalb praxisgemäss (vgl. E. 2.2 hiervor) nicht einzutreten. Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Juli 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Müller