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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.294/2004 /kil 
 
Urteil vom 2. September 2004 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Kreis, 
 
gegen 
 
Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen, 
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Ausweisung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 23. April 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der aus Mazedonien stammende X.________ (geb. 1981) kam am 26. Januar 2000 im Familiennachzug mit seiner Mutter und vier Geschwistern in die Schweiz, wo er in die Niederlassungsbewilligung des Vaters einbezogen wurde. Am 1. Dezember 2000 fügte er im Rahmen eines Handgemenges einem Widersacher mit einem Messer lebensgefährliche Verletzungen zu. Das Bezirksgericht See sprach ihn hierfür am 4. Dezember 2001 der schweren Körperverletzung schuldig und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von 27 Monaten und einer bedingten Landesverweisung von drei Jahren. Auf Berufung hin reduzierte das Kantonsgericht St. Gallen am 23. Oktober 2002 die Gefängnisstrafe auf zwei Jahre; im Übrigen bestätigte es das erstinstanzliche Urteil. 
B. 
Gestützt hierauf wies das Ausländeramt des Kantons St. Gallen X.________ am 7. November 2003 für fünf Jahre aus der Schweiz aus. Das Justiz- und Polizeidepartement und das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen bestätigten diesen Entscheid auf Rekurs bzw. Beschwerde hin am 22. Januar bzw. 23. April 2004. 
C. 
X.________ hat hiergegen am 19. Mai bzw. 9. Juni 2004 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen aufzuheben und ihm den weiteren Aufenthalt in der Schweiz - eventuell mit Bedingungen und Auflagen - zu gestatten; subeventuell sei die Ausweisung auf maximal zwei Jahre oder auf eine andere unter fünf Jahren liegende Dauer zu verkürzen. 
Das Justiz- und Polizeidepartement und das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie das Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung beantragen, die Beschwerde abzuweisen. 
D. 
Mit Verfügung vom 25. Mai 2004 lehnte es der Abteilungspräsident ab, der Eingabe von X.________ aufschiebende Wirkung beizulegen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Ein Ausländer kann gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG (SR 142.20) aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde und die nach Art. 11 Abs. 3 ANAG bzw. Art. 8 Ziff. 2 EMRK gebotene Interessenabwägung diese Massnahme nicht als unverhältnismässig erscheinen lässt. Dabei sind namentlich die Schwere des Verschuldens, die Dauer der Anwesenheit sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Art. 16 Abs. 3 ANAV [SR 142.201]; Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. August 2001 i.S. Boultif, Rz. 48, VPB 65/2001 Nr. 138; BGE 125 II 105 E. 2). Die Frage, ob eine Ausweisung im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV "angemessen", d.h. verhältnismässig erscheint, prüft das Bundesgericht frei (Art. 104 lit. a OG). Es ist ihm jedoch verwehrt, sein eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit (Opportunität; vgl. BGE 116 Ib 353 E. 2b) der Ausweisung - an die Stelle desjenigen der zuständigen kantonalen Behörde zu setzen (BGE 125 II 105 E. 2a S. 107 mit Hinweisen). 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer hat im Rahmen einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen von Mazedoniern und Angehörigen aus der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien einem Widersacher mit einem Rüstmesser drei Mal in den Rücken gestochen und ihn dabei lebensgefährlich verletzt. Er ist hierfür wegen schwerer Körperverletzung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Kantonsgericht beurteilte sein Verschulden, obwohl ein (unentschuldbarer) Notwehrhilfeexzess vorlag, als "schwer (brutales Gewaltdelikt, Eventualvorsatz)": Der Beschwerdeführer habe schon am Vortag gewusst, dass es zu einer Schlägerei kommen könnte; er habe sich in der Folge aktiv an dieser beteiligt, wobei seine Gruppe zahlenmässig überlegen gewesen sei. Er sei als einziger bewaffnet gewesen und sei selber nicht angegriffen worden; der Cousin, dem er mit seiner Intervention habe zu Hilfe kommen wollen, habe sich seinerseits selber nicht in Lebensgefahr gesehen. Entgegen den Einwendungen des Beschwerdeführers besteht keine Veranlassung, von dieser strafrechtlichen Beurteilung seines Verschuldens abzuweichen. Soweit er auf sein teilweises Geständnis, seine Kooperationsbereitschaft und sein jugendliches Alter zum Tatzeitpunkt (19 ½ Jahre) verweist, hat der Strafrichter diesen Aspekten bereits strafmildernd Rechnung getragen; das Gleiche gilt für den Umstand, dass das Verhalten des Beschwerdeführers aufgrund der Kriegserlebnisse unter anderem von Ängsten gesteuert gewesen sein könnte. Aufgrund seines Gewaltdelikts und mit Blick darauf, dass er den Krieg in Jugoslawien persönlich miterlebt und an Kampfhandlungen teilgenommen haben will, womit nicht zum Vornherein auszuschliessen ist, dass er auch in einer künftigen Stresssituation den hiesigen Verhältnissen inadäquat gewalttätig reagieren könnte, besteht ein nicht zu unterschätzendes öffentliches Interesse an seiner Fernhaltung. 
2.2 Die vom Verwaltungsgericht - auf dessen Erwägungen im Übrigen verwiesen werden kann - umfassend und zutreffend berücksichtigten privaten Interessen wiegen dieses nicht auf: 
2.2.1 Der Beschwerdeführer befindet sich erst seit dem 26. Januar 2000 in der Schweiz. Nicht ganz ein Jahr nach seiner Einreise wurde er hier bereits relativ schwer straffällig; mit Blick hierauf geht sein Einwand an der Sache vorbei, er habe sich sonst nichts zuschulden kommen lassen und sei im Gegensatz zu anderen vom Bundesgericht beurteilten Fällen nicht wiederholt straffällig geworden. Der Beschwerdeführer ist erst kurz vor seinem achtzehnten Altersjahr im Familiennachzug in die Schweiz gekommen, womit er entgegen seinen Vorbringen nicht als Ausländer der "zweiten Generation" gelten kann. Nachdem er sich insgesamt nur etwas mehr als vier Jahre hier aufgehalten hat, wobei ein wesentlicher Teil auf den Strafvollzug entfiel, ist er mit den Verhältnissen in seiner Heimat, wo er den Grossteil seines Lebens verbracht hat, sozialisiert worden ist und vor seiner Einreise einer Arbeit auf dem Markt nachgegangen ist, nach wie vor vertraut; seine soziale Verwurzelung in der Schweiz beschränkt sich demgegenüber im Wesentlichen auf Beziehungen zu Landsleuten und zur eigenen Familie. Unter diesen Umständen ist ihm als volljährigem, unverheiratetem jungen Mann die Rückkehr in seine Heimat zumutbar, umso mehr als eine verheiratete ältere Schwester und ein Onkel dort verblieben sind und er deshalb nicht ohne jegliches Beziehungsnetz sein wird (vgl. das Urteil 2A.540/2001 vom 4. März 2002, E.3d). Soweit er als Grund gegen die Ausweisung auf seinen angeschlagenen psychischen Zustand verweist, ist dieser abgeklärt, aber nicht als besorgniserregend beurteilt worden (vgl. das Schreiben des Sozialdienstes der Strafanstalt A.________ vom 19. Februar 2004: "Laut Aussagen der Ärztin [...] bestand kein Grund für einen stationären Aufenthalt in der Klinik. Eine Depression oder gar Suizidalität liege nach den Abklärungen definitiv nicht vor"). 
2.2.2 Sein korrektes Verhalten nach der Haftentlassung ist zwar positiv zu würdigen, doch folgt die fremdenpolizeiliche Ausweisung anderen Massstäben und Kriterien als der Entscheid über die strafrechtliche Landesverweisung und die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug. Aus fremdenpolizeilicher Sicht stellt der Resozialisierungsgedanke nur einen unter mehreren zu berücksichtigenden Faktoren dar. Wie sich aus den verschiedenen in Art. 10 Abs. 1 ANAG genannten Ausweisungsgründen ergibt, steht hier primär das Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Vordergrund. Bei der Prognose bezüglich eines künftigen Wohlverhaltens dürfen deshalb strengere Massstäbe angelegt und einer Bewährung in Un- oder Halbfreiheit geringere Bedeutung beigemessen werden (BGE 130 II 176 E. 4.3.3 S. 188; 129 II 215 E. 3.2 u. 7.4 S. 216/217 u. 223; 125 II 105 E. 2c S. 109 f.; 114 Ib 1 E. 3b S. 4/5). Dass der Beschwerdeführer im Strafvollzug insgesamt zu keiner wesentlichen Kritik Anlass gegeben hat - immerhin bedauerte der Sozialdienst der Strafanstalt A.________ am 19. Februar 2004, dass sich der Beschwerdeführer in den drei Monaten zuvor "unangepasst" verhalten habe (Nahrungs- und Arbeitsverweigerung, um die Umteilung in eine andere Anstalt zu erzwingen) -, ist ausländerrechtlich damit nicht ausschlaggebend (BGE 125 II 105 E. 2c S. 109 f.); ebenso wenig vermag seine bedingte Entlassung wesentlich ins Gewicht zu fallen, bildet diese im schweizerischen Strafvollzug doch die Regel (BGE 124 IV 193 ff.). Entgegen den Einwendungen des Beschwerdeführers liegt in der unterschiedlichen straf- und ausländerrechtlichen Beurteilung der Notwendigkeit seiner Fernhaltung keine Inkongruenz oder Widersprüchlichkeit (vgl. BGE 2A.12/2004 vom 2. August 2004, E. 4.2). Vergeblich beruft er sich in diesem Zusammenhang auch auf die Praxis des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften, da für ihn als Mazedonier das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) bzw. die Rechtsprechung hierzu (vgl. BGE 130 II 176 ff.; 129 II 215 ff.) keine Anwendung findet (vgl. Urteil 2A.540/2002 vom 13. November 2002, E. 2.3). 
2.2.3 Schliesslich kann er auch aus dem Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens im Sinne von Art. 8 Ziff. 1 EMRK nichts zu seinen Gunsten ableiten. Die Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen in der Schweiz anwesenden Familienangehörigen fallen, da er volljährig und nicht in besonderer Weise von ihnen abhängig ist, nicht mehr in den Schutzbereich dieser Garantie (vgl. BGE 120 Ib 257 E. 1e S. 261 f.; Urteil 2A.136/2004 vom 9. Juni 2004, E. 4; vgl. auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte i.S. Slivenko c. Lettland vom 9. Oktober 2003 [Nr 48321/99], Rz. 97), auch wenn das familiäre Umfeld, wie er geltend macht, bei seiner Resozialisierung allenfalls eine gewisse stabilisierende Wirkung haben könnte. Zudem wäre ein entsprechender Eingriff nach dem Gesagten im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK gerechtfertigt. Der vorliegende Fall ist mit dem gutheissenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen Radovanovic gegen Österreich (Urteil vom 22. April 2004 [Nr. 42703/98]) weder mit Blick auf die Schwere der strafrechtlichen Sanktion (30 Monate Gefängnis, wovon aber 24 Monate aufgeschoben wurden, Rz. 34), die Anwesenheitsdauer (praktisch Ausländer der 2. Generation; Rz. 33), noch auf die mit einer Rückkehr in die Heimat verbundenen Konsequenzen (keinerlei Beziehungsnetz; Rz. 36) vergleichbar; zudem stand dort eine Ausweisung auf unbeschränkte Zeit zur Diskussion (vgl. Rz. 37), hier hingegen lediglich eine solche für fünf Jahre, was sich als den Umständen des Falles angemessen erweist, weshalb auf die Eventualanträge nicht weiter einzugehen ist. Der Beschwerdeführer wird die Beziehung zu seinen Eltern und Geschwistern in der Zwischenzeit vom Ausland her per Telefon, Post usw. pflegen können. 
3. 
3.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit unbegründet und deshalb abzuweisen. 
3.2 Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs.1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Justiz- und Polizeidepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 2. September 2004 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: