Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_273/2024
Urteil vom 2. September 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Polla.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Revision, Nichteintreten),
Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 18. März 2024 (IV.2024.00131).
Sachverhalt:
A.
Im Februar 2013 meldete sich der 1965 geborene A.________ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 26. August 2014 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Leistungsanspruch. In medizinischer Hinsicht stützte sie sich unter anderem auf das Gutachten von Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, und Prof. Dr. med. C.________, Facharzt für Neurologie, vom 20. Dezember 2013.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die von A.________ gegen die Verfügung vom 26. August 2014 erhobene Beschwerde mit Urteil vom 29. Mai 2015 ab, was das Bundesgericht mit Urteil 8C_558/2015 vom 22. Dezember 2015 bestätigte. Dagegen reichte A.________ am 22. Dezember 2023 beim Bundesgericht ein Revisionsbegehren ein, welches mit Urteil 8F_8/2023 vom 7. August 2024 abgewiesen wurde.
B.
Mit Revisionsgesuch vom 15. Februar 2024 ersuchte A.________ das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich um Aufhebung seines Urteils vom 29. Mai 2015, worauf dieses mit Beschluss vom 18. März 2024 nicht eintrat.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ die Aufhebung des Beschlusses vom 18. März 2024, die Sache sei zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 304 E. 1.1; je mit Hinweis).
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
2.1. Im bundesgerichtlichen Verfahren dreht sich der Streit um die Frage, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie auf das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers in Bezug auf ihr Urteil vom 29. Mai 2015 (im Verfahren IV.2014.00998) nicht eingetreten ist.
2.2. Im angefochtenen Beschluss sind die Bestimmungen zur prozessualen Revision vor dem kantonalen Sozialversicherungsgericht, vor allem was das Vorliegen neuer Tatsachen und Beweismittel anbelangt, korrekt dargelegt (Art. 61 lit. i ATSG; § 29 lit. a des zürcherischen Gesetzes vom 7. März 1993 über das Sozialversicherungsgericht [GSVGer; LS 212.81]). Zutreffend wiedergegeben hat die Vorinstanz auch die Rechtsprechung zum Verhältnis kantonaler ausserordentlicher Rechtsmittel zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 125 BGG; BGE 138 II 386 E. 6.2; Urteile 8F_7/2022 vom 9. September 2022 E. 1.1; 8C_602/2011 vom 30. September 2011 E. 1.3). Darauf wird verwiesen.
3.
3.1. Die Vorinstanz hat erwogen, wenn in der strittigen Angelegenheit bereits ein Urteil des Bundesgerichts vorliege, könne beim kantonalen Gericht nur dann um Revision seines Entscheids ersucht werden, wenn das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht eingetreten sei oder wenn die Gesichtspunkte, für welche die geltend gemachten Revisionsgründe von Bedeutung sein könnten, vor Bundesgericht gar nicht mehr strittig gewesen seien. Sei das Bundesgericht hingegen auf die Beschwerde eingetreten, habe sein Urteil - auch im Falle der Beschwerdeabweisung - reformatorische Wirkung und trete an die Stelle des angefochtenen vorinstanzlichen Entscheids. Mit dem Erlass des bundesgerichtlichen Urteils fehle es an einem Gegenstand für ein Revisionsgesuch bei der Vorinstanz. Damit verbleibe nur die Möglichkeit, beim Bundesgericht die Revision seines Beschwerdeentscheids zu beantragen (BGE 138 II 386 E. 6.2).
3.2. Der Gesuchsteller habe, so die Vorinstanz weiter, sein Revisionsgesuch im Wesentlichen mit der Medienmitteilung des BSV vom 4. Oktober 2023 und dem damit zusammenhängenden Zuweisungsstopp an die PMEDA begründet. Dieser sei gestützt auf die Evaluation der Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB) und den entprechenden Überprüfungsbericht über die Gutachten der PMEDA der Jahre 2022/2023 vom 7. November 2023 ergangen. Da das Bundesgericht mit Urteil 8C_558/2015 vom 22. Dezember 2015 in der Sache selbst entschieden und die Beschwerde abgewiesen habe, sei sein Urteil an die Stelle desjenigen des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Mai 2015 getreten. Die Beweiskraft des PMEDA-Gutachtens vom 20. Dezember 2013 sei Gegenstand des damaligen bundesgerichtlichen Verfahrens gewesen. Das Urteil 8C_558/2015 vom 22. Dezember 2015 sei daher der einzige rechtskräftige Entscheid, der revidiert werden könnte. Das zusätzlich am 15. Februar 2024 beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich eingereichte Revisionsbegehren erweise sich daher als unzulässig, und es sei darauf nicht einzutreten.
4.
Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, verfängt nicht. Namentlich lässt sich nichts zu seinen Gunsten aus dem in der Beschwerde angerufenen BGE 147 III 238 ableiten. Zur Zuständigkeit und Kognition des Bundesgerichts im Revisionsverfahren nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG führte dieses in E. 3.2.1 im Zusammenhang mit einer Beschwerde in Zivilsachen Folgendes aus: Ist das Bundesgericht auf die Beschwerde eingetreten, führt die Gutheissung oder die Abweisung der Beschwerde auf der Grundlage der im angefochtenen Entscheid festgestellten Tatsachen dazu, dass der Entscheid des Bundesgerichts an die Stelle des angefochtenen kantonalen Entscheids tritt. In solchen Fällen ist das Revisionsbegehren grundsätzlich beim Bundesgericht zu stellen. Eine Ausnahme gilt, wenn ausschliesslich Aspekte aufgegriffen werden, die vor Bundesgericht nicht (mehr) Streitgegenstand bildeten. In diesem Fall hat der Gesuchsteller nach Erlass des Bundesgerichtsurteils mit seinem Revisionsgesuch an die kantonale Instanz zu gelangen.
Hieraus erhellt, dass sich die Rechtsprechung gemäss BGE 147 III 238 mit der im vorinstanzlichen Beschluss zitierten deckt (E. 3.1 vorne).
Nichts zugunsten des Beschwerdeführers ergibt sich ferner aus kognitionsrechtlicher Sicht. Erachtet das Bundesgericht das Revisionsgesuch als zulässig, tritt es darauf ein und prüft, ob der geltend gemachte Revisionsgrund gegeben ist (BGE 144 I 214 E. 1.2). Ob tatsächlich ein Grund zur Revision vorliegt, ist demnach keine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (Urteil 9F_18/2023 vom 19. Juni 2024 E. 2.2, zur Publikation vorgesehen; BGE 147 III 238 E. 1.2.2 mit Hinweisen). Dabei hat es unter anderem zu beurteilen, ob die neu entdeckte Tatsache bzw. das neu entdeckte Beweismittel erheblich ist. In diesem Rahmen befasst sich das Bundesgericht mit den neu entdeckten Tatsachen und Beweismitteln, auch wenn der Sachverhalt im vorangegangenen Beschwerdeverfahren, wie hier, nur mit beschränkter Kognition zu überprüfen war (BGE 147 III 238 E. 3.3), was der Beschwerdeführer zu verkennen scheint.
Wie die Vorinstanz zutreffend feststellte, bildete gerade die Frage nach der Beweiskraft des PMEDA-Gutachtens vom 20. Dezember 2013 Teil des damaligen bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens. Anders als der Beschwerdeführer geltend macht, bezieht sich sein Revisionsgesuch nicht (ausschliesslich) auf Aspekte, die vor Bundesgericht im Urteil 8C_558/2015 vom 22. Dezember 2015 nicht (mehr) Streitgegenstand bildeten. Vorliegend konnte der Beschwerdeführer nach Erlass des Bundesgerichtsurteils aufgrund dessen reformatorischer Wirkung mit seinem Revisionsgesuch nicht an die Vorinstanz gelangen. Auch bei einer Beschwerdeabweisung, wie dargelegt, tritt daher das bundesgerichtliche Urteil an die Stelle des angefochtenen kantonalen Entscheids. Mit dem Erlass des Urteils 8C_558/2015 vom 22. Dezember 2015 fehlt es damit an einem Gegenstand für ein Revisionsgesuch bei der Vorinstanz. Damit verblieb nur die - vom Beschwerdeführer ebenfalls ergriffene - Möglichkeit, beim Bundesgericht um Revision seines Urteils 8C_558/2015 vom 22. Dezember 2015 zu ersuchen (BGE 147 III 238 E. 3.5; 138 II 386 E. 6.2; Urteil 2F_19/2022 vom 9. Mai 2022 E. 2.3). Dieses Revisionsgesuch wurde mit Urteil 8F_8/2023 vom 7. August 2024 abgewiesen. Der angefochtene Nichteintretensentscheid hält nach dem Gesagten vor Bundesrecht stand.
5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 2. September 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Die Gerichtsschreiberin: Polla