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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_440/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 2. November 2016  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Ozan Polatli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Schaffner-Hess, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Abänderung des Scheidungsurteils, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Zivilkammer, vom 9. Mai 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ und B.________ heirateten 2000. Im 2000 wurde der gemeinsame Sohn C.________ geboren. Die Ehe wurde mit Urteil des Richteramtes Olten-Gösgen vom 28. Februar 2008 geschieden. In Ziffer 6 dieses Ehescheidungsurteils wurde A.________ verpflichtet, an den Unterhalt seines Sohnes C.________ einen monatlich vorauszahlbaren Beitrag von Fr. 200.-- zu bezahlen. 
 
B.  
 
B.a. Mit Klage vom 21. Februar 2013 beantragte A.________ beim Richteramt Olten-Gösgen die Aufhebung des monatlichen Unterhaltsbeitrages von Fr. 200.--. B.________ schloss auf Abweisung der Klage und beantragte die Sistierung des Verfahrens bis zum IV-Entscheid betreffend das von A.________ angestrengte Rentenverfahren. Nach Vorliegen des abschlägigen Entscheids der IV-Stelle Solothurn und Aufhebung der Sistierung wies das Richteramt die Klage am 2. März 2015 ab.  
 
B.b. A.________ erhob Berufung beim Obergericht des Kantons Solothurn und erneuerte sein im erstinstanzlichen Verfahren gestelltes Begehren. Das Obergericht wies die Berufung ab, soweit es darauf eintrat (Urteil vom 9. Mai 2016).  
 
C.   
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 10. Juni 2016 gelangt A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er stellt das Begehren, das Urteil des Obergerichts vom 9. Mai 2016 und den in Ziffer 6 des Scheidungsurteils vom 28. Februar 2008 festgesetzten monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 200.-- an seinen Sohn aufzuheben. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz, die als Rechtsmittelbehörde entschieden hat (Art. 75 BGG). In der Sache geht es um die Abänderung von Kindesunterhaltsbeiträgen (Art. 134 Abs. 2 i.V.m. Art. 286 Abs. 2 ZGB). Das ist eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) vermögensrechtlicher Natur. Der Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) ist erreicht (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG i.V.m. Art. 51 Abs. 4 Satz 2 BGG; vgl. Urteil 5A_224/2016 vom 13. Juni 2016 E. 1.4). Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Insofern kann auf die Beschwerde eingetreten werden.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591).  
 
1.3. Das Bundesgericht ist an den festgestellten Sachverhalt grundsätzlich gebunden (Art. 105 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Beschwerdeführer einzig vorbringen, sie seien offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG), das heisst willkürlich (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252) oder sie würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Soll die Feststellung des Sachverhalts auf einer Verletzung der im Kindesunterhalt geltenden Untersuchungsmaxime (Art. 296 Abs. 1 ZPO) beruhen, hat der Beschwerdeführer darzutun (vgl. Urteil 5A_384/2007 vom 3. Oktober 2007 E. 1.4; BGE 118 II 50 E. 2a S. 52), inwiefern er seiner Mitwirkungspflicht genügt und dem Gericht das Tatsächliche des Rechtsstreits vorgetragen und die Beweismittel genannt hat (vgl. BGE 128 III 411 E. 3.2.1 S. 413). Überdies ist jeweils zu begründen, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde ebenfalls näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395).  
 
2.   
Anlass zur Beschwerde im vorliegenden Abänderungsprozess gibt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers. 
 
2.1. Gemäss der einschlägigen Bestimmung von Art. 286 Abs. 2 ZGB setzt das Gericht bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse den Kinderunterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf.  
 
2.2. Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer ein hypothetisches Einkommen von mindestens Fr. 2'350.-- angerechnet. Sie hat im Wesentlichen - soweit überhaupt eine genügende Begründung vorliege - auf die fehlenden Arbeitsbemühungen abgestellt. Mit Bezug auf seinen Bedarf hat sie erwogen, die Erstinstanz sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer freiwillig Mehrausgaben bei den Wohnkosten in Kauf genommen habe. Insgesamt sei die Feststellung nicht zu beanstanden, dass sich an den Verhältnissen seit dem Urteil vom 28. Februar 2008 nichts geändert hat.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer argumentiert, bei der Frage ob jemand leistungsfähig sei oder nicht, sei das betreibungsrechtliche Existenzminimum und nicht dasjenige der Sozialhilfe massgeblich. Er sei selbst bei Anrechnung eines hypothetischen Einkommens von 2'350.-- nicht leistungsfähig, da sein betreibungsrechtliches Existenzminimum auch unter Annahme eines anrechenbaren Mietzinses von Fr. 880.-- (statt effektiv Fr. 980.--) Fr. 2'387.-- betrage (Grundbetrag Fr. 1'200.--, Mietkosten Fr. 880.--, Krankenkassenprämien Fr. 224.--, Abokosten öffentliche Verkehrsmittel Fr. 83.--) und daher über dem angenommenen hypothetischen Einkommen liege.  
Entgegen dem, was der Beschwerdeführer zu suggerieren scheint, sind auch die Vorinstanzen vom betreibungsrechtlichen Existenzminimum ausgegangen. Die Differenz zwischen dem vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht geltend gemachten und dem vorinstanzlich angenommenen Existenzminimum von Fr. 2'080.-- (Grundbetrag Fr. 1'200.-- + Wohnkosten Fr. 880.--) resultiert in Tat und Wahrheit daher, dass das Obergericht im Notbedarf des Beschwerdeführers - wie bereits die Erstinstanz - weder Krankenkassenprämien noch Fahrtkosten berücksichtigt hat. Der Beschwerdeführer hat sich im kantonalen Verfahren zu diesen Positionen denn auch gar nicht geäussert. Als neues rechtliches Vorbringen ist sein Einwand betreffend die vorinstanzliche Nichtberücksichtigung der in diesem Zusammenhang vor Bundesgericht geltend gemachten Beträge von Fr. 224.-- (Krankenkassenprämien) und Fr. 83.-- (Fahrtkosten) im Existenzminimum grundsätzlich zulässig, sofern er nicht auf einer unzulässigen Ausweitung des vorinstanzlich festgestellten Sachverhalts beruht (BGE 134 III 643 E. 5.3.2 S. 651; 135 II 123 E. 4.1 S. 124; 141 III 53 E. 5.2.2 S. 56). Letztere Voraussetzung ist nicht erfüllt, sind doch Tatsachenfeststellungen betreffend Krankenkassenprämien und Auslagen für die Benutzung des öffentlichen Verkehrs keinem vorinstanzlichen Urteil zu entnehmen. Auf das neue Vorbringen kann nicht eingetreten werden, zumal der Beschwerdeführer in keiner Weise begründet, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme von der Sachverhaltsbindung gemäss Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG gegeben sind (vgl. oben E. 1.3). Namentlich wird eine Verletzung der Untersuchungsmaxime durch das Obergericht vom Beschwerdeführer weder behauptet noch dargelegt. 
Die effektiven Wohnkosten von Fr. 980.-- für eine Zwei-Zimmer-Wohnung haben beide Vorinstanzen als übersetzt erachtet, wobei feststeht, dass er zuvor für eine Ein-Zimmer-Wohnung lediglich Fr. 550.-- bezahlt hat und das Sozialamt selbst lediglich einen Wohnbeitrag von Fr. 880.-- vergütet. Darauf geht der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr ein (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
Damit bleibt es hinsichtlich der Höhe des Existenzminimums beim angefochtenen Urteil, wonach dieses auf Fr. 2'080.-- zu veranschlagen ist. Mit dem angerechneten hypothetischen Einkommen von mindestens Fr. 2'350.-- ist der Beschwerdeführer, auch unter Einschluss des im Scheidungsurteil vom 28. Februar 2008 gesprochenen Unterhaltsbeitrags von Fr. 200.-- an seinen Sohn, nach wie vor in der Lage, sein Existenzminimum zu decken. 
 
2.4. Der Beschwerdeführer beanstandet sodann die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens, weil ihm die Erzielung eines solchen tatsächlich realistischerweise nicht möglich sei. Derzeit erhalte er vom Sozialamt lediglich Fr. 1'692.--. Zu Unrecht werfe man ihm vor, er unterlasse es willentlich, seine Erwerbsfähigkeit auszunutzen. Namentlich sei die vorinstanzliche Unterstellung fehlender Arbeitsbemühungen aktenwidrig, habe er doch an diversen Beschäftigungsprogrammen teilgenommen. Mithin sei die Annahme der Vorinstanzen, er könne ein Einkommen von Fr. 2'350.-- erzielen, offensichtlich unrichtig und damit willkürlich.  
Die Kritik des Beschwerdeführers betrifft die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung (vgl. BGE 126 III 10 E. 2b S. 12), wobei es ihm nicht gelingt, diese als willkürlich (zum Willkürbegriff vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266) auszuweisen. So geht aus den Erwägungen des erstinstanzlichen Entscheids, auf welche das Obergericht weitgehend verwiesen hat, hervor, dass der Beschwerdeführer anlässlich der erstinstanzlichen Parteibefragung vom 19. Februar 2015 ausgesagt hatte, sich im vorangegangenen Jahr nicht konkret um eine Stelle beworben zu haben. Offenbar will er sich mit der Sozialhilfe und der ihm in diesem Rahmen angebotenen Beschäftigungsprogramme begnügen. Von ausgewiesenen Anstrengungen bzw. aktenwidriger Verneinung derselben kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Zur noch vor Erstinstanz behaupteten Arbeitsunfähigkeit - welche durch die Abklärungen der IV-Stelle Solothurn nicht bestätigt wurde - hat sich der Beschwerdeführer bereits vor Obergericht nicht mehr geäussert. Praxisgemäss sind mit Blick auf den Unterhalt für minderjährige Kinder besonders hohe Anforderungen an die Ausnützung der Erwerbskraft des Alimentenschuldners zu stellen, vorab in jenen Fällen, in denen enge wirtschaftliche Verhältnisse vorliegen (BGE 137 III 118 E. 3.1 S. 121). Warum sich der Beschwerdeführer nicht zumindest um einen begrenzten Verdienst im Rahmen seiner Möglichkeiten bemühen könnte, um den sehr geringen Beitrag für seinen Sohn zu leisten bzw. warum ihm die Erzielung des angenommenen hypothetischen Einkommens von Fr. 2'350.-- bei hinreichender wirtschaftlicher Nutzung seiner Arbeitskraft nicht tatsächlich möglich sein sollte, ist auch vor Bundesgericht nicht ersichtlich. 
Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde somit in diesem Punkt als unbegründet und ist insgesamt abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.   
Hinzuweisen bleibt noch darauf, dass der Antrag des Beschwerdeführers, es sei ihm das Replikrecht einzuräumen, gegenstandslos ist, nachdem die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin nicht zur Vernehmlassung eingeladen wurden. 
 
4.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden (Art. 68 Abs. 2 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen aufzeigen, muss die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos betrachtet werden. Damit mangelt es an einer materiellen Voraussetzung für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG). Das entsprechende Gesuch des Beschwerdeführers ist abzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. November 2016 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss