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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_536/2018  
 
 
Urteil vom 2. November 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Bianchi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (falsche Anschuldigung, Amtsmissbrauch etc.), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 30. April 2018 (BK 18 134). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
X.________ erstattete am 9. November 2017 Strafantrag wegen Abhörens und Aufnehmens fremder Gespräche, falscher Anschuldigungen, Amtsmissbrauchs und Verletzung des Berufsgeheimnisses. Sie erhob die Vorwürfe im Zusammenhang mit ihrer Anhörung durch die Berufsethikkommission (BEK) der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) vom 15. Dezember 2016. 
 
B.  
Die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland verfügte am 21. März 2018 die Nichtanhandnahme des Strafverfahrens. Mit Beschluss vom 30. April 2018 wies das Obergericht des Kantons Bern die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde ab. 
 
C.  
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei an dieses zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerde zulässigerweise auf Französisch verfasst (Art. 42 Abs. 1 BGG), das Verfahren vor Bundesgericht wird jedoch in der Sprache des angefochtenen Entscheids und damit auf Deutsch geführt (Art. 54 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b).  
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Dies verlangt grundsätzlich von der Privatklägerschaft, dass sie bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hat. Bei Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens wird auf dieses Erfordernis verzichtet. In diesen Fällen muss im Verfahren vor Bundesgericht aber dargelegt werden, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann, sofern dies (etwa aufgrund der Natur der untersuchten Straftat) nicht ohne Weiteres aus den Akten ersichtlich ist. Das Bundesgericht stellt an die Begründung strenge Anforderungen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; Urteil 6B_297/2018 vom 6. September 2018 E. 1.1; je mit Hinweisen). 
Unbekümmert um die Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen. Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren, noch kann er geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend. Er kann hingegen vorbringen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht angehört worden, er habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder er habe keine Einsicht in die Akten nehmen können (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 78 E. 1.3 S. 80; Urteil 6B_297/2018 vom 6. September 2018 E. 1.1; je mit Hinweisen). 
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Für die Rüge der Verletzung von Grundrechten gelten gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG qualifizierte Begründungsanforderungen. 
 
2.2. Die Beschwerdeführerin äussert sich nicht zur Frage der Legitimation. Weder dem angefochtenen Entscheid noch der Beschwerde ist zu entnehmen, dass sie im kantonalen Verfahren eine Zivilforderung geltend gemacht hätte. Sie wendet sich in ihrer Beschwerdeschrift im Wesentlichen gegen ihren Ausschluss aus der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP), ohne dabei auf den von ihr angezeigten Sachverhalt Bezug zu nehmen. Es lässt sich ihren Ausführungen nicht entnehmen, inwiefern sie aus den zur Anzeige gebrachten Straftaten eine Zivilforderung ableitet. Aufgrund der Natur der angezeigten Straftaten ist auch nicht ohne Weiteres aus den Akten ersichtlich, dass sich der angefochtene Entscheid auf Zivilforderungen auswirken würde. Insbesondere scheint die Beschwerdeführerin den Vorwurf des Amtsmissbrauchs, der Verletzung des Berufsgeheimnisses und der falschen Anschuldigungen nicht den angezeigten Personen gegenüber zu erheben (vgl. angefochtener Beschluss, S. 4). Die Beschwerdeführerin ist insoweit zum vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht legitimiert. Auf ihre Vorbringen, die Vorinstanz habe den Sachverhalt unzureichend festgestellt, ihr Recht auf eine wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK), das Rechtsmissbrauchsverbot (Art. 17 EMRK) und ihr Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5 EMRK) verletzt, ist nicht einzutreten, da diese auf eine Überprüfung in der Sache abzielen.  
 
2.3.  
 
2.3.1. Die Beschwerdeführerin bringt unter Hinweis auf ihr Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) und das Diskriminierungsverbot (Art. 14 EMRK) vor, dass sie kaum Deutsch spreche, die Nichtanhandnahmeverfügung sowie der vorinstanzliche Beschluss jedoch auf Deutsch verfasst worden seien. Ihre Rügen sind insoweit formeller Natur und können von der Prüfung der Sache getrennt behandelt werden.  
 
2.3.2. Gemäss Art. 6 Ziff. 3 lit. a und e EMRK hat jede angeklagte Person mindestens das Recht, innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden sowie auf unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.  
Gemäss Art. 67 Abs. 1 StPO bestimmen Bund und Kantone die Verfahrenssprachen ihrer Strafbehörden (Art. 67 Abs. 1 StPO). Gemäss Art. 2 Abs. 3 des Dekrets über die Gerichtssprachen des Kantons Bern vom 24. März 2010 (GSD/BE; BSG 161.13) ist die Amtssprache der Gerichtsbehörden und Staatsanwaltschaften in der Gerichtsregion Bern-Mittelland das Deutsche. Schriftsätze und mündliche Anbringen sind in deutscher Sprache zu formulieren (Art. 3 Abs. 2 GSD). 
Versteht eine am Verfahren beteiligte Person die Verfahrenssprache nicht oder kann sie sich darin nicht genügend ausdrücken, so zieht die Verfahrensleitung eine Übersetzerin oder einen Übersetzer bei. Sie kann in einfachen oder dringenden Fällen mit dem Einverständnis der betroffenen Person davon absehen, wenn sie und die protokollführende Person die fremde Sprache genügend beherrschen (Art. 68 Abs. 1 StPO; vgl. auch Art. 6 Abs. 1 GSD/BE). Nicht massgebend ist vorliegend Art. 68 Abs. 2 StPO, da dieser die Ansprüche der beschuldigten Person regelt. 
 
2.3.3. Gemäss Art. 2 Abs. 3 GSD/BE war zwingend Deutsch als Verfahrenssprache festzulegen. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass weder Art. 6 EMRK noch Art. 14 EMRK ein Recht auf Festlegung der Verfahrenssprache begründet. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Nichtanhandnahmeverfügung sowie der vorinstanzliche Beschluss auf Deutsch verfasst worden sind.  
Hinsichtlich eines allfälligen Anspruchs auf Übersetzung übersieht die Beschwerdeführerin, dass Art. 6 Ziff. 3 lit. a und e EMRK nicht dem Strafkläger, sondern der angeklagten Person Rechte gewährt (oben E. 2.3.2). Ferner nimmt das in Art. 68 Abs. 1 StPO vorgesehene Recht der Verfahrensbeteiligten auf Übersetzung grundsätzlich auf mündliche Verfahrenshandlungen der fremdsprachigen Person Bezug (hinsichtlich der Rechte der beschuldigten Person nach Art. 68 Abs. 2 StPO siehe BGE 143 IV 117 E. 3 S. 120 f.; Urteile 6B_964/2013 vom 6. Februar 2015 E. 3.3.3; 6B_587/2013 vom 22. Dezember 2014 E. 5). So sieht die Botschaft vor, mit Art. 68 Abs. 1 StPO solle angeordnet werden, dass bei Verhandlungen mit Verfahrensbeteiligten, welche der Verfahrenssprache nicht mächtig sind, ein Übersetzer beigezogen werden muss (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1151 Ziff. 2.2.8.1). In der Lehre wird festgehalten, dass Art. 68 Abs. 1 StPO in erster Linie Einvernahmen tangiert und hinsichtlich allfälliger schriftlicher Eingaben der fremdsprachigen Person zu prüfen ist, ob nicht ein amtlicher Verteidiger (Art. 132 Abs. 2 StPO) bzw. unentgeltlicher Rechtsbeistand (Art. 136 Abs. 2 lit. c StPO) zu bestellen ist (SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 1 zu Art. 68 StPO). 
Dass vorliegend aufgrund sprachlicher Defizite die Bestellung eines Rechtsbeistands zur Wahrung der Rechte der Beschwerdeführerin erforderlich gewesen wäre, bringt diese nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin beschränkte sich stets darauf, lediglich pauschal auf fehlende Deutschkenntnisse hinzuweisen, ohne diese anhand konkreter Umstände darzulegen. Ihre Strafanzeige reichte sie nach Übergabe der französischen Fassung auf Aufforderung der Staatsanwaltschaft hin auf Deutsch ein, ohne darin fehlende Deutschkenntnisse vorzubringen (Beschwerde, Beilage D. 2). In der sechsseitigen Strafanzeige äussert sie sich ausführlich und detailreich, ohne dass darin Hinweise auf ein massgebendes sprachliches Defizit zu erkennen gewesen wären. Schliesslich reichte sie ihre Beschwerde im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren auf Französisch ein, was nach kantonalem Recht zulässig war. Das Vorgehen der Verfahrensleitung ist demnach nicht zu beanstanden. Die Rüge erweist sich als unbegründet, soweit sie den Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG zu genügen vermag. 
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. November 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bianchi