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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_162/2009 
 
Urteil vom 3. Februar 2010 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio, 
Gerichtsschreiberin Schoder. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Frey, 
 
gegen 
 
Y.________ AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rolf Wohlrab, 
Baukommission Uetikon am See, 
Weissenrainstrasse 20, 8707 Uetikon am See. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 11. Februar 2009 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Baukommission Uetikon a/S bewilligte der Y.________ AG am 31. März 2008 die Aufstockung von zwei Mehrfamilienhäusern, die Umnutzung des Erdgeschosses in Wohnraum, den Abbruch der bestehenden Schreinerwerkstatt und die Erweiterung der Parkplatzanlage. 
Dagegen erhob X.________ Rekurs an die Baurekurskommission II und beantragte die Aufhebung der Baubewilligung. Die Rekurskommission wies den Rekurs am 23. September 2008 ab. 
X.________ beschwerte sich in der Folge beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Mit Entscheid vom 11. Februar 2009 hiess dieses die Beschwerde teilweise gut, hob den Rekursentscheid und die Baubewilligung hinsichtlich der Aufstockung der beiden Mehrfamilienhäuser auf und verweigerte hierfür die Baubewilligung. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. 
 
B. 
X.________ hat gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei insoweit aufzuheben, als damit die Beschwerde gegen die Erstellung der oberirdischen Parkierungsanlage abgewiesen und die dafür erteilte Baubewilligung bestätigt wird. Die Sache sei zur Ergänzung und Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
C. 
Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Y.________ AG und die Baukommission haben auf Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) liess sich ohne Antragstellung vernehmen. Der Beschwerdeführer nahm zur Vernehmlassung des BAFU Stellung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) sind grundsätzlich erfüllt, weshalb auf die Beschwerde unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen einzutreten ist. 
Bei der Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) gilt das strenge Rügeprinzip. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als sie in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumption im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f.; je mit Hinweisen). 
Der Beschwerdeführer beanstandet eine Verletzung kantonalen Rechts im Zusammenhang mit der Frage der Einordnung der geplanten Parkplatzanlage gemäss § 238 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht (Planungs- und Baugesetz, PBG; LS 700.1). Das Verwaltungsgericht führte dazu aus, die Baurekurskommission habe sich bei der Frage der Einordnung Zurückhaltung auferlegen dürfen, da der kommunalen Baukommission diesbezüglich ein Beurteilungsspielraum zustehe. Die Baurekurskommission verfüge vorliegend über keine weitergehende Kognition als das auf Rechtskontrolle beschränkte Verwaltungsgericht. Eine allfällige materielle Rechtsverweigerung durch die Baurekurskommission, wie sie der Beschwerdeführer behaupte, könne im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geheilt werden. Sodann begründet die Vorinstanz, weshalb sie das Einordnungsgebot als nicht verletzt betrachtet. 
Der Beschwerdeführer beschränkt sich in seiner Beschwerde im Wesentlichen darauf, seine Auffassung derjenigen der Vorinstanz gegenüberzustellen. Die Begründungsanforderungen an die Beschwerdeschrift sind damit nicht erfüllt. Es erübrigt sich deshalb auch die Prüfung der in diesem Zusammenhang erhobenen Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs. 
 
2. 
Vor Bundesgericht streitig ist lediglich die Erweiterung der Parkplatzanlage. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, aus Sicht des Umweltrechts liege ein Bagatell-Fall vor, da die Parkplatzanlage nur bedeutungslose Immissionen verursache. Deshalb müssten keine Anordnungen getroffen werden. Selbst wenn es sich nicht um einen Bagatell-Fall handeln würde, wären nach Ansicht der Vorinstanz keine Massnahmen nach dem Vorsorgeprinzip zu treffen. Die Baubewilligungsbehörde habe bei der Beurteilung der Frage, ob Massnahmen zu treffen seien, einen gewissen Beurteilungsspielraum. Der Beschwerdeführer verlange die Überdeckung oder unterirdische Verlegung der Bewohner-Parkplätze. In Anbetracht dessen, dass 12 Wohnungen mit 14 Abstellplätzen bereits bestehen und lediglich 3 2-Zimmer-Wohnungen im Erdgeschoss der beiden Mehrfamilienhäuser neu eingebaut würden, sei eine solche Massnahme unverhältnismässig. Eine Schutzwand entlang der gemeinsamen Grenze würde auf der Südwestseite der - einen Grenzabstand von rund 4 m einhaltenden - benachbarten Liegenschaft stehen und deren Wohnhygiene beeinträchtigen. Auch unter diesem Gesichtspunkt dürfe von weiteren Massnahmen abgesehen werden. 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Vorsorgeprinzips nach Art. 11 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01). Es gehe nicht an, eine aus insgesamt 18 offenen Abstellplätzen bestehende Parkplatzanlage als Bagatellfall einzustufen. Auch die Eventualbegründung, wonach emissionsbegrenzende Massnahmen (Überdeckung oder unterirdische Anlage) unverhältnismässig seien, verletze Bundesrecht. Die kantonalen Vorinstanzen hätten sich zu solchen Massnahmen nicht hinreichend geäussert und es abgelehnt, einen Augenschein durchzuführen. Es sei nicht einmal abgeklärt worden, ob die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden. 
 
3. 
Gemäss Art. 11 USG werden Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen und Strahlen durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (Emissionsbegrenzungen) (Abs. 1). Unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung sind Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (Abs. 2). Die Emissionsbegrenzungen werden verschärft, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden (Abs. 3). Die zitierte Vorschrift wird durch Art. 7 f. der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) konkretisiert. 
Da ortsspezifische Unterschiede bezüglich der Bedürfnisse im Bereich des Lärmschutzes bestehen, verfügen die mit den örtlichen Verhältnissen betrauten Instanzen bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Vorsorgemassnahmen gegen Emissionen von Parkplatzanlagen über einen gewissen Spielraum. Im Rahmen dieses Spielraums können die kantonalen und kommunalen Behörden den ortsüblichen Standard näher umschreiben (Urteil des Bundesgerichts 1A.62/1997 vom 24. Oktober 1997 E. 3b). 
Lehre und Rechtsprechung anerkennen allerdings einen sogenannten Bagatellbereich, in welchem gestützt auf das Vorsorgeprinzip nach Art. 11 Abs. 2 USG keine Massnahmen zu treffen sind. Emissionen können so geringfügig sein, dass sich keinerlei Massnahmen der Vorsorge rechtfertigen (BGE 117 Ib 28 E. 6c S. 34; Alain Griffel, Die Grundprinzipien des schweizerischen Umweltrechts, 2001, S. 72 f. Rz. 86 f.; Schrade/Loretan, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 1998, N. 35 zu Art. 11 USG). 
Die rechtlichen Erwägungen der Vorinstanz sind zutreffend. Insoweit ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden. 
 
4. 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt oder vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht. Eine Sachverhaltsrüge kann zudem nur vorgebracht werden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
5. 
Die Vorinstanz geht von insgesamt 26 Abstellplätzen aus. Nach den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid handelt es sich um 7 Garagenplätze, 4 Besucherparkplätze und 15 offene Parkplätze. 3 Besucherparkplätze und 9 offene Abstellplätze sind mit einem 1 m breiten Grünstreifen entlang der gemeinsamen Grenze zum Grundstück des Beschwerdeführers angeordnet. 6 weitere Parkplätze sind auf der gegenüberliegenden Seite der Erschliessungsfläche vorgesehen. 14 Abstellplätze existieren bereits. 
Gestützt auf diese Feststellungen schliesst das Verwaltungsgericht auf einen umweltrechtlichen Bagatell-Fall, der keinerlei Massnahmen erfordert. Nach Ansicht der Vorinstanz wäre, selbst wenn nicht von einem Bagatell-Fall ausgegangen werden müsste, eine Überdeckung der Parkplätze oder eine unterirdische Verlegung angesichts der Tatsache, dass 14 Parkplätze bereits bestehen, unverhältnismässig. 
Aus den Akten (Baugesuch und am 31. März 2008 resp. 17. Juni 2008 genehmigte Grundstückpläne) ergibt sich folgende Sachlage: Auf der Parkfläche, die an das Grundstück des Beschwerdeführers (Kat.-Nr. 2185) angrenzt, befinden sich 18 offene Parkplätze. Davon sind 12 neu (PB 2-4, PP 7-15) und 6 vorbestehend (PP 1-6). Die Anzahl offener Parkplätze wird neu somit verdreifacht. Von den 12 entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze angesiedelten Parkplätzen sind 6 neu. Dies bedeutet eine Verdoppelung der unmittelbar an das Grundstück des Beschwerdeführers angrenzenden Abstellflächen. Die Sachverhaltsfeststellungen sind insoweit zu ergänzen (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
In Anbetracht der ergänzten Feststellungen ist die Schlussfolgerung der Vorinstanz, es handle sich um einen umweltrechtlichen Bagatellfall, nicht vertretbar. Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass eine Parkplatzanlage, welche zwei Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 15 Wohnungen dient und Tag und Nacht benützt wird, erfahrungsgemäss deutlich stärkere Emissionen verursacht. Das Vorsorgeprinzip kommt daher zur Anwendung. Die Vorinstanz hat dies übersehen und damit Art. 11 Abs. 2 USG verletzt. 
Ebenfalls unzutreffend ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Ergreifung von Vorsorgemassnahmen sei deshalb unverhältnismässig, weil bereits 14 Abstellplätze bestehen würden. Die Vorinstanz hat diese Schlussfolgerung aufgrund einer verkannten Sachlage getroffen. Insoweit ist Art. 11 Abs. 2 USG ebenfalls verletzt. Wie gesagt sind 12 von 18 Parkplätzen auf der an das Grundstück des Beschwerdeführers angrenzenden Fläche neu. Die Frage, ob Massnahmen unverhältnismässig sind, hat die Vorinstanz unter Zugrundelegung der dargestellten Gegebenheiten nochmals zu prüfen. 
Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zur neuen Beurteilung unter Berücksichtigung der Sachverhaltsergänzungen zurückzuweisen. Zu prüfen ist zum einen, ob die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind (vgl. Art. 36 LSV; Urteil des Bundesgerichts 1A.58/2002 vom 2. September 2002 E. 2.4). Zum andern hat das Verwaltungsgericht mögliche Schallschutzvorkehren zu evaluieren und auf ihre Verhältnismässigkeit hin zu überprüfen. 
 
6. 
Dem Gesagten zufolge ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist, der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Gerichtskosten werden der privaten Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat den obsiegenden Beschwerdeführer angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 11. Februar 2009 aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Baukommission Uetikon am See, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, sowie dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 3. Februar 2010 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Féraud Schoder