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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_932/2022  
 
 
Urteil vom 3. März 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi, 
Gerichtsschreiberin Lang. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mischa Berner, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
2. C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Meichssner, 
Beschwerdegegnerinnen, 
 
D.________, c/o E.________. 
 
Gegenstand 
Prüfung einer Massnahme, Validierung Vorsorgeauftrag, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz, vom 24. Oktober 2022 (XBE.2022.39/42). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. D.________ (geb. 1926; Betroffene) ist die verwitwete Mutter von C.________, A.________, B.________ und F.________ (letzterer gestorben 2022). Die Betroffene verfügt neben grösseren Vermögenswerten und Liegenschaften über 92 % der Aktien am Familienunternehmen G.________ AG. Die Kinder sind mit je 2 % am Familienunternehmen beteiligt.  
 
A.b. Die Betroffene errichtete zwei öffentlich beurkundete Vorsorgeaufträge: Im Vorsorgeauftrag vom 12. August 2016 setzte sie C.________ als Vorsorgebeauftragte für die Personen- und Vermögenssorge ein. Später, am 25. Mai 2019, setzte sie A.________ als Vorsorgebeauftragten für die Vermögenssorge und C.________ als Vorsorgebeauftragte für die Personensorge ein.  
 
A.c. Am 11. September 2019 erstattete C.________ eine Gefährdungsmeldung beim Familiengericht Rheinfelden in dessen Funktion als Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) betreffend die Betroffene, woraufhin dieses ein Verfahren eröffnete. Schliesslich verweigerte das Familiengericht die Validierung beider Vorsorgeaufträge (wegen fehlender Urteilsfähigkeit der Betroffenen in Bezug auf denjenigen vom 25. Mai 2019 und wegen fehlender Eignung von C.________ betreffend jenen vom 12. August 2016) und errichtete für die Betroffene - in Bestätigung der vorsorglich angeordneten Massnahmen - eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung im Sinne von Art. 394 Abs. 1 i.V.m. Art. 395 Abs. 1 ZGB (Entscheid vom 6. Januar 2022).  
 
B.  
Auf Beschwerde von B.________ und C.________ hob das Obergericht des Kantons Aargau diesen Entscheid auf, validierte den Vorsorgeauftrag vom 12. August 2016 und trat im Übrigen auf die Beschwerden nicht ein. Mit dem Vollzug beauftragte es das Familiengericht (Entscheid vom 24. Oktober 2022). 
 
C.  
 
C.a. Gegen diesen Entscheid gelangt A.________ (Beschwerdeführer) mit Beschwerde in Zivilsachen vom 2. Dezember 2022 (Poststempel) an das Bundesgericht. Diesem beantragt er die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Hauptsächlich verlangt der Beschwerdeführer die Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids, eventualiter sei der Vorsorgeauftrag vom 25. Mai 2019 zu validieren und subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Erstinstanz, eventualiter an die Vorinstanz, zurückzuweisen.  
 
C.b. Der Beschwerdeführer hat dem Bundesgericht ausserdem die Erteilung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Dazu aufgefordert, nahmen B.________ und C.________ (Beschwerdegegnerinnen) jeweils am 13. Dezember 2022 Stellung. Beide beantragten die Abweisung des beschwerdeführerischen Gesuchs. Die Betroffene, vertreten durch die erstinstanzlich eingesetzte Beiständin, unterstützte das Gesuch mit Eingabe vom 19. Dezember 2022. Das Obergericht verzichtete auf eine Äusserung. Mit Verfügung vom 28. Dezember 2022 erteilte der Präsident der urteilenden Abteilung der Beschwerde schliesslich die aufschiebende Wirkung.  
 
C.c. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens bildete die Gültigkeit eines Vorsorgeauftrages (Art. 360 ff. ZGB). Fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) angefochten ist damit ein öffentlich-rechtlicher Endentscheid (Art. 90 BGG) ohne Streitwert, der in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Die Vorinstanz hat als letzte kantonale Instanz auf Rechtsmittel hin entschieden (Art. 75 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist das zutreffende Rechtsmittel. 
 
2.  
Auf die Beschwerde kann jedoch nur eingetreten werden, wenn der Beschwerdeführer zu deren Einreichung legitimiert ist. Die Beschwerdeberechtigung beurteilt sich im Verfahren vor Bundesgericht auch im Bereich des Erwachsenenschutzes allein nach Art. 76 Abs. 1 BGG (Urteil 5A_80/2022 vom 11. November 2022 E. 2.1 mit Hinweisen). Der Verweis des Beschwerdeführers auf Art. 450 ZGB bzw. seine Eigenschaft als Sohn der Betroffenen ist somit unbehelflich. 
 
2.1. Gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. b). Es obliegt der beschwerdeführenden Person, die Tatsachen darzulegen, die ihres Erachtens die Beschwerdelegitimation begründen, soweit diese nicht ohne Weiteres aus dem angefochtenen Entscheid oder aus den Akten ersichtlich sind (BGE 138 III 537 E. 1.2).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, womit die erste Voraussetzung von Art. 76 Abs. 1 BGG erfüllt ist. Fraglich ist jedoch, ob er ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung bzw. Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Hierzu ist vorausgesetzt, dass er durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und einen praktischen Nutzen an der Gutheissung der Beschwerde hat, der es ihm ermöglicht, einen mit dem angefochtenen Entscheid verbundenen Nachteil wirtschaftlicher, ideeller, materieller oder anderweitiger Natur zu vermeiden (BGE 143 III 578 E. 3.2.2.2). Das vom Beschwerdeführer verfolgte Interesse muss sein eigenes sein. Mit der Beschwerde in Zivilsachen können nicht die Interessen Dritter geltend gemacht werden (Urteil 5A_80/2022 vom 11. November 2022 E. 2.2.2 mit Hinweis).  
 
2.2.1. Seine Legitimation begründet der Beschwerdeführer damit, als gemäss Vorsorgeauftrag vom 25. Mai 2019 beauftragte Person und als potenzieller Erbe sei er in seinen schutzwürdigen Interessen betroffen und für die vorliegende Beschwerde legitimiert. Weiter führt er aus, als Vermögensbeistand und damit als ausübende Person der Aktionärsrechte könne der Verwaltungsrat ausgetauscht werden und es könnte letztlich operativ massiv in die Geschäfte der Aktiengesellschaft eingegriffen werden (vgl. Sachverhalt Bst. A.a). Der Streit komme sodann hauptsächlich aus dem Antrieb der Beschwerdegegnerinnen, sich zwei Wohnungen, die der Aktiengesellschaft gehören würden - entgegen dem Wunsch der Mutter - vorher zu sichern bzw. ihren Kindern zu übertragen. Dies widerspreche eklatant den Interessen der Betroffenen und auch der Beschwerdeführer wolle diese Wohnungen erwerben. Die Beschwerdegegnerin 2 wolle mit dem Vorsorgeauftrag das spätere Einstimmigkeitsprinzip im Todesfall der Betroffenen umgehen, um sich diese Wohnungen vorher zu sichern. Wider die Interessen der Betroffenen sei sodann die Gefahr, dass die Geschäftsführung der Aktiengesellschaft ganz abtrete, sollte die Beschwerdegegnerin 2 die Vermögenssorge wahrnehmen. Es gehe um den Schutz des Vermögens der Betroffenen.  
 
2.2.2. Hauptsächlich beantragt der Beschwerdeführer die Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids, also die Einsetzung einer Berufsbeiständin. Dies stellt er in seiner Beschwerde wiederholt klar. So führt er aus, es ginge ihm nicht in erster Linie darum, sich selber als Vorsorgebeauftragten einzusetzen, sondern, dass eine unabhängige Fach- person diese Aufgabe übernehme. Eigene schutzwürdige Interessen macht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht geltend, wie die hierzu wiedergegebenen Ausführungen in der Beschwerde zeigen (siehe E. 2.2.1). Vielmehr geht es ihm um den Schutz der Interessen seiner Mutter an einer gehörigen Vertretung bzw. an einer gehörigen Vermögenssorge. Zur Wahrung dieses Interesses ist er aber vor Bundesgericht nicht berechtigt. Soweit sich der Beschwerdeführer sodann auf seine potenzielle Erbenstellung bzw. den Umfang der potenziellen Erbmasse (Stichwort Wohnungen) beruft, lässt sich nach der Rechtsprechung die Beschwerdelegitimation im Verfahren vor Bundesgericht damit ebenfalls nicht begründen; auch hier ist der Beschwerdeführer nur mittelbar durch den angefochtenen Entscheid betroffen (Urteile 5A_80/2022 vom 11. November 2022 E. 2.2.4; 5A_111/2021 vom 9. Juni 2021 E. 2.4; 5A_687/2019 vom 26. Mai 2020 E. 2.5). In Bezug auf seinen Hauptantrag ist der Beschwerdeführer daher nicht zur Beschwerde legitimiert, darauf ist nicht einzutreten.  
 
2.2.3. Ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat der Beschwerdeführer hingegen, soweit er (eventualiter) seine eigene Einsetzung als Vorsorgebeauftragter anstrebt (Urteil 5A_874/2020 vom 22. Juni 2021 E. 1). Allerdings kann auch auf diesen Antrag nicht eingetreten werden, denn der Beschwerdeführer hat vor Vorinstanz solcherlei nicht verlangt, sondern lediglich (sinngemäss) um Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids - und damit um Abweisung der Beschwerden - ersucht, wie die Vorinstanz zum Prozesssachverhalt feststellt. Sein Antrag ist folglich neu und damit unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG).  
 
3.  
Auf die Beschwerde kann nach dem Ausgeführten nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegnerinnen sind in der Hauptsache mangels Einholens einer Vernehmlassung keine entschädigungspflichtigen Kosten entstanden und betreffend das Gesuch um aufschiebende Wirkung sind sie unterlegen, weshalb ihnen keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die Betroffene ist für ihre Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung ebenfalls nicht zu entschädigen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, D.________ und dem Obergericht des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. März 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lang