Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_1019/2024
Urteil vom 3. April 2025
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichter Guidon,
Gerichtsschreiber Gross.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Daniel Buchser,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Fahren in fahrunfähigem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer,
vom 27. September 2024 (SST.2024.160).
Sachverhalt:
A.
A.________ wird vorgeworfen, er habe vorsätzlich in angetrunkenem Zustand einen Personenwagen geführt. Nachdem er am 22. August 2023 um ca. 19:00 Uhr in einer unbekannten Bar in U.________ Alkohol getrunken habe, sei er nach V.________ gefahren. Dort sei er um ca. 20:45 Uhr von Passanten hinter dem Personenwagen auf dem Boden liegend angetroffen worden. Die ausgerückte Polizei habe zwei Atemalkoholmessungen durchgeführt, die beide positiv ausgefallen seien. Die darauf angeordnete Blutprobe habe eine rückgerechnete qualifizierte Blutalkoholkonzentration von minimal 1.31 Gewichtspromille ergeben. A.________ habe den Personenwagen von U.________ nach V.________ gelenkt, obwohl er davor Alkohol konsumiert habe. Er habe gewusst oder zumindest in Kauf genommen, dass er in alkoholisiertem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration fahre.
B.
Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte A.________ am 27. September 2024 zweitinstanzlich wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 110.-- und auferlegte ihm die Verfahrenskosten von Fr. 7'015.85.
C.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und er sei freizusprechen. Eventualiter sei die Sache an das Obergericht zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde ist zu begründen, wobei anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGG). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten einschliesslich Willkür in der Sachverhaltsfeststellung bestehen qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1). Dies ist der Fall, wenn der angefochtene Entscheid geradezu unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht. Erforderlich ist, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1). Für die Willkürrüge gelten erhöhte Begründungsanforderungen (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG ). Es genügt nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 148 V 366 E. 3.3; 137 II 353 E. 5.1 mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 205 E. 2.6; 146 IV 88 E. 1.3.1). Dem Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel kommt im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zu (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 146 IV 88 E. 1.3.1).
2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration.
2.1.
2.1.1. Gemäss Vorinstanz ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer am 22. August 2023 eine Bar in U.________ besuchte. Um 21:12 Uhr habe ein Passant der kantonalen Notrufzentrale gemeldet, dass der Beschwerdeführer sichtlich betrunken hinter einem Personenwagen auf einem Parkplatz in V.________ liege. Ferner sei erstellt, dass der Beschwerdeführer um 20:45 Uhr eine rückgerechnete Blutalkoholkonzentration von 1.31 bis 1.93 Gewichtspromille aufgewiesen habe. Umstritten sei hingegen, wie er am Abend des 22. August 2023 nach V.________ gelangt sei. Insbesondere frage sich, ob er den Personenwagen selbst von der Bar in U.________ nach V.________ gelenkt habe.
2.1.2. Die Vorinstanz würdigt die Depositionen des Beschwerdeführers und die Zeugenaussagen des Passanten. Ferner berücksichtigt sie die Angaben der Schwägerin des Beschwerdeführers. Demnach sei sie von dessen Ehefrau am 22. August 2023 zur Bar gefahren worden. Von dort habe sie den Beschwerdeführer in dessen Personenwagen zu seinem Haus nach W.________ gefahren und ihm den Fahrzeugschlüssel zurückgegeben. Danach habe der Beschwerdeführer sich in die Garage begeben, wo auch ein Sofa stehe. Diese Angaben bestätigte die Ehefrau des Beschwerdeführers. Sodann wendet sich die Vorinstanz den Aussagen von B.________ zu, der den Beschwerdeführer in der Bar getroffen und von ihm erfahren habe, dass er abgeholt werde. Als B.________ kurz darauf auf der Autobahn überholt worden sei, habe er den Beschwerdeführer auf dem Beifahrersitz gesehen. Den Aussagen von C.________ entnimmt die Vorinstanz, der Beschwerdeführer sei am fraglichen Abend etwa eine Stunde in der Bar gewesen und habe betrunken gewirkt. Der Beschwerdeführer habe gesagt, er werde abgeholt. Kurze Zeit später habe er einen Personenwagen vorbeifahren sehen. Der Beschwerdeführer sei nicht am Steuer gewesen.
2.1.3. Für die Vorinstanz ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer erst spät im Verfahren angab, er habe von der Bar aus seine Ehefrau angerufen, worauf ihn seine Schwägerin nach W.________ gefahren habe. Zudem weist die Vorinstanz auf Unstimmigkeiten in den Aussagen hin. So habe die Schwägerin behauptet, der Beschwerdeführer habe auf der Heimfahrt geschlafen, während B.________ berichtet habe, der Beschwerdeführer habe ihm vom Beifahrersitz aus zugewunken. Vor diesem Hintergrund hegt die Vorinstanz erhebliche Zweifel, dass der Beschwerdeführer tatsächlich von seiner Schwägerin nach Hause gefahren worden sei. Trotzdem nimmt sie "in dubio pro reo" an, dass die Schwägerin den Beschwerdeführer in der Bar abholte und nach W.________ fuhr.
2.1.4. Damit sei aber noch nicht geklärt, wie der Personenwagen des Beschwerdeführers von seinem Wohnort in W.________ auf den Parkplatz in V.________ gelangt sei. Der Beschwerdeführer habe dazu keine Angaben gemacht. Auch seine Ehefrau und die Schwägerin hätten es sich nicht erklären können. Die Verteidigung brachte im Berufungsverfahren vor, eine unbekannte Täterschaft habe den Beschwerdeführer von W.________ nach V.________ chauffiert und dort möglicherweise ein sexuelles Abenteuer mit ihm gesucht. Die Vorinstanz stellt fest, dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Zudem habe der Beschwerdeführer solches nie behauptet. Im Gegenteil habe er an der Berufungsverhandlung erklärt, er wisse nichts von einer solchen Verabredung. Schliesslich gelangt die Vorinstanz zum Schluss, der Beschwerdeführer sei selbst von seinem Wohnort in W.________ zum Parkplatz in V.________ gefahren.
2.2. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, dringt nicht durch.
2.2.1. Die Verteidigung verweist auf ihre Ausführungen an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung und in der Berufungsbegründung. Dabei übersieht sie, dass die Begründung in der Beschwerde selbst enthalten sein muss. Der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG; BGE 144 V 173 E. 3.2.2; 143 IV 122 E. 3.3; je mit Hinweisen).
2.2.2. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten, soweit sie lediglich eine unzulässige appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil enthält, ohne dass eine hinreichende Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen stattfindet. Dies ist etwa der Fall, wenn die Verteidigung vorbringt, "dass die Vorinstanz den Fall offenbar nicht objektiv beurteilt [habe] und vielmehr a priori von der Schuld des Beschwerdeführers ausgegangen" sei. Gleiches gilt, wenn die Verteidigung ohne weitere Begründung behauptet, dass die Zeugen als Laien die Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht hätten beurteilen können.
2.2.3. Gemäss Verteidigung "scheint die Vorinstanz vom Beschuldigten den Unschuldsbeweis verlangen zu wollen". Darin liege eine Verletzung der Unschuldsvermutung und des Grundsatzes "in dubio pro reo". Die vorinstanzliche Erwägung zu seinem Aussageverhalten sei "unsinnig und falsch". Nach der Rechtsprechung ist es mit der Unschuldsvermutung unter gewissen Umständen vereinbar, das Aussageverhalten der beschuldigten Person in die Beweiswürdigung miteinzubeziehen. Dies ist der Fall, wenn sich die beschuldigte Person weigert, zu ihrer Entlastung erforderliche Angaben zu machen, indem sie es unterlässt, entlastende Behauptungen näher zu substanziieren, obschon eine Erklärung angesichts der belastenden Beweiselemente vernünftigerweise erwartet werden darf (Urteile 6B_1018/2021 vom 24. August 2022 E. 1.3.1; 6B_1202/2021 vom 11. Februar 2022 E. 1.8.2; 6B_582/2021 vom 1. September 2021 E. 4.3.1; 6B_299/2020 vom 13. November 2020 E. 2.3.3; 6B_453/2011 vom 20. Dezember 2011 E. 1.6, nicht publ. in: BGE 138 IV 47). Das Schweigen der beschuldigten Person darf in Situationen, die nach einer Erklärung rufen, bei der Gewichtung belastender Elemente mitberücksichtigt werden, es sei denn, die beschuldigte Person berufe sich zu Recht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht (Urteile 6B_1018/2021 vom 24. August 2022 E. 1.3.1; 6B_1202/2021 vom 11. Februar 2022 E. 1.8.2; 6B_299/2020 vom 13. November 2020 E. 2.3.3; je mit Hinweisen). Die fehlende Mitwirkung der beschuldigten Person im Strafverfahren darf demnach nur unter besonderen Umständen in die Beweiswürdigung miteinfliessen. Die zitierte Rechtsprechung führt nicht zu einer Beweislastumkehr, sondern lediglich dazu, dass auf die belastenden Beweise abgestellt werden darf (Urteile 6B_1205/2022, 6B_1207/2022 vom 22. März 2023 E. 2.4.1; 6B_1302/2020 vom 3. Februar 2021 E. 1.4.4, nicht publ. in: BGE 147 IV 176). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern die Vorinstanz diesen Grundsätzen nicht gerecht würde.
2.2.4. Die Verteidigung macht geltend, die Beweiswürdigung der Vorinstanz sei willkürlich, weil sie in sich widersprüchlich sei. Die Vorinstanz erachte nämlich die Zeugen der Verteidigung als unglaubwürdig, soweit sie entlastende Angaben machen. Trotzdem sollen diese Zeugen dann aber glaubwürdig sein, soweit sie die Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführers bestätigen.
Hier verkennt die Verteidigung, dass der allgemeinen Glaubwürdigkeit im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft einer Person nach der Rechtsprechung kaum mehr relevante Bedeutung zukommt. Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussagen (BGE 147 IV 409 E. 5.4.3 mit Hinweisen). So ist durchaus denkbar, dass sich gewisse Aussagen einer Person als glaubhaft erweisen, während ihre übrigen Aussagen unglaubhaft sind. Unabhängig davon setzt sich die Verteidigung mit den einzelnen Aussagen nicht auseinander. Sie zeigt nicht auf, welche Aussagen aus welchen Gründen unglaubhaft sein sollen. Vielmehr erschöpft sich ihr Vorbringen auch hier in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil.
2.2.5. Die Vorinstanz hält fest, die Blutalkoholkonzentration lasse nicht auf eine Schuldunfähigkeit des Beschwerdeführers schliessen. Diese Erwägung greift die Verteidigung mit der Begründung an, die Blutalkoholkonzentration beweise nur, "dass der Beschwerdeführer nicht regelmässig trinkt und daher Alkohol nicht so gut verträgt". Damit zieht sie aus der Blutalkoholkonzentration einen anderen Schluss als die Vorinstanz, ohne aufzuzeigen, dass die vorinstanzliche Einschätzung geradezu unhaltbar wäre. In diesem Zusammenhang ist die Verteidigung daran zu erinnern, dass für die Annahme von Willkür nicht einmal genügen würde, wenn eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint. Dies übersieht sie auch, wenn sie ohne weitere Begründung die Hypothese in den Raum stellt, der Beschwerdeführer habe möglicherweise in der Garage auch noch Alkohol konsumiert. Das Bundesgericht ist keine Appellationsinstanz. Die Verteidigung genügt den Begründungsanforderungen nicht, wenn sie wie in einem Berufungsverfahren plädiert, dass bereits das Verhalten des Beschwerdeführers in V.________ dessen Schuldunfähigkeit belege, dass seine Erinnerungslücke klar für einen Kontrollverlust spreche und dass die Polizisten eine zeitlich-räumliche Orientierungslosigkeit festgestellt hätten.
2.2.6. Soweit die Verteidigung den Grundsatz "in dubio pro reo" anruft, ist sie daran zu erinnern, dass diesem als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht wie erwähnt keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. hiervor E. 1.2).
2.3. Nach dem Gesagten legt der Beschwerdeführer nicht hinreichend dar, inwiefern die Vorinstanz bei der Sachverhaltsfeststellung in Willkür verfallen wäre.
Die rechtliche Subsumtion unter den Tatbestand des Fahrens in fahrunfähigem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration gemäss Art. 91 Abs. 2 lit. a SVG und die Strafzumessung ficht der Beschwerdeführer zu Recht nicht an. Damit hat es sein Bewenden.
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 3'000.--.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. April 2025
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Der Gerichtsschreiber: Gross