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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_513/2020  
 
 
Urteil vom 3. Mai 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, 
Bundesrichter Müller, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roger Brändli, 
 
gegen  
 
B.________ Generalunternehmeung AG, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Esslinger, 
 
Gemeinderat Lachen, 
Alter Schulhausplatz 1, Postfach 263, 8853 Lachen SZ, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Rudolf Ziegler, Felsenstrasse 4, Postfach 3, 8808 Pfäffikon SZ, 
Amt für Raumentwicklung des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 14, 6430 Schwyz, 
Regierungsrat des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 9, 6430 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Planungs- und Baurecht (Baubewilligung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III, vom 16. Juli 2020 (III 2020 62). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 18. Dezember 2017 erteilte der Gemeinderat Lachen der B.________ Generalunternehmeung AG die Baubewilligung für den Abbruch und Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 874 in Lachen. Der Regierungsrat des Kantons Schwyz hiess die dagegen u.a. von A.________ erhobene Beschwerde am 13. November 2018 teilweise gut und knüpfte die Baubewilligung an folgende Bedingung: 
 
"Die B.________ Generalunternehmeung AG wird im Sinne einer Bedingung aufgefordert, dem Gemeinderat Lachen einen Dienstbarkeitsvertrag einzureichen, in welchem die Eigentümer der Liegenschaft GB 912 auf einen Grenzabstand von mindestens 0.97 m verzichten. Vor Erfüllung dieser Bedingung kann keine Baufreigabe erfolgen." 
 
B.  
Weil kein Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen werden konnte, reichte die B.________ Generalunternehmeung AG am 18. Juli 2019 ein überarbeitetes Baugesuch ein. Dieses wurde als "Projektänderung beim bewilligten Bauprojekt Abbruch und Neubau Einfamilienhaus mit Nebenbauten" publiziert. Dagegen erhob u.a. A.________ Einsprache. Am 17. Dezember 2019 wies der Gemeinderat Lachen die Einsprache ab und erteilte die Baubewilligung im Sinne der Projektänderung. 
 
C.  
Gegen diesen Beschluss erhob u.a. A.________ Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat. Dieser wies die Beschwerde am 10. März 2020 ab, soweit darauf eingetreten werden könne. 
 
Dagegen gelangte A.________ am 7. April 2020 mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz. Dieses hiess die Beschwerde am 16. Juli 2020 im Sinne der Erwägungen teilweise gut; die Bauherrschaft werde verpflichtet: 
(...) vor und als Voraussetzung für die Baufreigabe 
- das Vordach beim Hauseingang auf die gesetzlich zulässige Ausladung zurückzuführen oder ein gesetzmässiges Vordach anderswie vorzusehen, damit der Grenzabstand auch auf der Nordseite gewahrt wird, 
- die Frage der Markisen (Lokalisierung, Gestaltung u.ä.) von der Baubewilligungsbehörde prüfen zu lassen." 
 
Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. 
 
D.  
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat A.________ am 14. September 2020 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Baugesuch der Beschwerdegegnerin sei abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. 
 
E.  
Die B.________ Generalunternehmeung AG (Beschwerdegegnerin) beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Der Regierungsrat und der Gemeinderat Lachen beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Das kantonale Amt für Raumentwicklung verzichtet auf einen förmlichen Antrag. Es wurde keine Replik eingereicht 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid des Verwaltungsgerichts Schwyz. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaft grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Fraglich ist jedoch, ob ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vorliegt, der das Verfahren abschliesst. 
 
1.1. Das Verwaltungsgericht befand, das projektierte Vordach beim Hauseingang rage in den Grenzabstand. Es erteilte jedoch nicht den Bauabschlag, sondern verpflichtete die Bauherrschaft, vor Baufreigabe das Vordach beim Hauseingang (mindestens) auf die gesetzlich zulässige Ausladung zurückzuführen oder ein gesetzmässiges Vordach anderswie vorzusehen, damit der Grenzabstand auch auf der Nordseite gewahrt werde. Es handelt sich um eine Nebenbestimmung zur Baubewilligung, die vorliegend als aufschiebende Bedingung formuliert ist (vgl. E. 3.4.4 des angefochtenen Entscheids). Bis zu ihrer Realisierung kann daher die Baubewilligung keine praktische Wirksamkeit entfalten.  
Nach der Rechtsprechung führt eine derartige Bedingung dazu, dass das Baubewilligungsverfahren als noch nicht abgeschlossen gilt, sofern der Baubehörde bei der Beurteilung der Erfüllung der Bedingung noch ein Entscheidungsspielraum offensteht (vgl. Urteile 1C_302/2017 vom 6. Februar 2018 E. 1.4; 1C_620/2015 vom 4. Mai 2016 E. 1.6; Urteil 1C_407/2008 vom 25. Mai 2009 E. 1.2.1). Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Bauherrschaft noch ein architektonischer Spielraum verbleibt (Urteil 1C_302/2017 vom 6. Februar 2018 mit Hinweisen). Diesfalls kann die Baubewilligungsbehörde die Umsetzung der Nebenbestimmung erst gestützt auf entsprechend überarbeitete Pläne beurteilen, d.h. diese Beurteilung wurde nicht schon im Rechtsmittelentscheid vorweggenommen (Urteil 1C_407/2008 vom 25. Mai 2009 E. 1.2.2). 
 
1.1.1. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht der Bauherrschaft bei der Umsetzung der Bedingung ausdrücklich einen architektonischen Spielraum eingeräumt: Diese hat gemäss Dispositiv die Möglichkeit, das Vordach beim Hauseingang auf die gesetzlich zulässige Ausladung zurückzuführen oder ein gesetzmässiges Vordach anderswie vorzusehen, damit der Grenzabstand auf der Nordseite gewahrt wird (vgl. auch E. 3.7 des angefochtenen Entscheids: Rückführung des Vordaches oder eine adäquate bauliche Änderung). Das Baubewilligungsverfahren wird daher erst abgeschlossen sein, wenn die von der Beschwerdegegnerin vorzulegenden Pläne für das Vordach genehmigt worden sind. Demnach stellt der angefochtene Entscheid - unabhängig von seiner Qualifikation nach kantonalem Recht - einen Zwischenentscheid i.S.v. Art. 92 f. BGG dar.  
 
 
1.1.2. Es kann daher offenbleiben, ob ein Zwischenentscheid auch wegen der Verpflichtung zur Prüfung allfälliger Markisen im Zusammenhang mit der noch erforderlichen Genehmigung des Farb- und Materialkonzepts (E. 3.6.3 und 3.64 des angefochtenen Entscheids) anzunehmen wäre, oder ob es sich dabei um einen Teilbauentscheid (so ZAUGG/LUDWIG, Baugesetz des Kantons Bern, Kommentar, Band I, 5. Aufl., 2020, N. 5a und 5b zu Art. 32-32d und N. 3 zu Art. 44) oder ein eigenständiges Verfahren handelt.  
 
1.2. Gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren betreffen, ist die Beschwerde gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 144 III 253 E. 1.3 S. 254 mit Hinweisen).  
 
1.2.1. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, es entstehe ihm ein nicht wieder gutzumachender Nachteil, weil er aus dem weiteren Verfahren ausgeschlossen werde. Dies trifft indessen nicht zu: Das Vordach ist Teil des Baugesuchs und die Umsetzung der Bedingung ist Bestandteil des Baubewilligungsverfahrens, in welchem der Beschwerdeführer Partei ist und ihm entsprechende Parteirechte zustehen. Die Genehmigung der Vordachänderung muss ihm daher eröffnet werden, damit er sich dagegen wirksam zur Wehr setzen kann (Urteile 1C_302/2017 vom 6. Februar 2018 E. 1.9; 1C_407/2008 vom 25. Mai 2009 E. 1.3.1).  
 
Sollte der Beschwerdeführer keine Einwände gegen das modifizierte Vordach haben, könnte er direkt im Anschluss an dessen Genehmigung beim Bundesgericht Beschwerde gegen den vorinstanzlichen Zwischenentscheid erheben, ohne nochmals den kantonalen Rechtsweg beschreiten zu müssen (Art. 93 Abs. 3 BGG; Urteil 1C_407/2008 vom 25. Mai 2009 E. 1.3.1 mit Hinweis). 
 
1.2.2. Ein nicht wieder gut zu machender Nachteil ist auch nicht im Zusammenhang mit der noch ausstehenden Prüfung der Markisen dargetan. Der Beschwerdeführer kann diese Genehmigung wegen allfälliger formeller oder materieller Mängel anfechten. Sollte sie ihm nicht eröffnet werden, so beginnt die Rechtsmittelfrist für ihn erst zu laufen, wenn er tatsächlich von der Genehmigung Kenntnis erlangt hat bzw. erlangen konnte, z.B. bei Montage der Markisen (vgl. BGE 116 Ib 321 E. 3a S. 326; 107 Ia 72 E. 4a S. 76; je mit Hinweisen).  
 
1.3. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Lachen, dem Amt für Raumentwicklung, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Mai 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gerber