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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
{T 0/2}  
 
2C_492/2016 / 2C_493/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 3. Juni 2016  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ geb. B.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch 
C.________, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt Aargau, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2011; unentgeltliche Rechtspflege, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 22. April 2016. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Veranlagungsverfügungen vom 23. September und 30. September 2014 setzte die Steuerkommission V.________/AG gegenüber der im Ortsteil U.________ wohnhaften A.________ geb. B.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtige) die Steuerfaktoren fest. Danach belief sich das steuerbare Einkommen auf Fr. 341'200.-- (Kanton und Gemeinde) bzw. Fr. 342'700.-- (Bund), während das steuerbare Vermögen Fr. 108'000.-- erreichte. Eingang in das steuerbare Einkommen hatte namentlich der Erlös gefunden, der sich bei Veräusserung zweier Grundstücke (V.________-GBBl-Nr. xxx und xxx; Kaufverträge vom 12. September 2011) ergeben hatte. Diesen Gewinn wertete die Steuerkommission als Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit (Landwirtschaft).  
 
1.2. Am 20. Oktober 2014 erhob die Steuerpflichtige Einsprache. Im Ergebnis ersuchte sie um Festsetzung des steuerbaren Einkommens auf null Franken, was sie damit begründete, dass die beiden veräusserten Grundstücke vor der Abparzellierung zu einem dem bäuerlichen Bodenrecht unterstellten Grundstück gehört hätten. Die Steuerkommission wies die Einsprachen mit Entscheiden vom 7. Mai 2015 ab. Dagegen gelangte die Steuerpflichtige mit Rekurs und Beschwerde vom 8. Juni 2015 an das Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau, Abteilung Steuern. Mit Verfügungen vom 10. Juni 2015 ordnete dessen Präsident für das gerichtliche Verfahren Kostenvorschüsse von je Fr. 4'000.-- an. Dies veranlasste die Steuerpflichtige am 23. Juni 2015 zu einem Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege, was aber erfolglos blieb (Verfügung des Präsidenten des Spezialverwaltungsgerichts vom 3. September 2015). Die dagegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau mit Entscheid WBE.2015.393 vom 22. April 2016 ab.  
 
1.3. Mit Eingabe vom 25. Mai 2016 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, "nach Rücksprache mit dem Betreibungsamt und dem Konkursamt" sei ihr das Recht zur unentgeltlichen Rechtspflege zu erteilen. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen.  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz hat zum Steuerjahr 2011 betreffend die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau einerseits und die direkte Bundessteuer anderseits ein einziges Urteil gefällt. Die Steuerpflichtige ficht dieses Urteil mit einer einzigen Beschwerdeeingabe an. Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und die Beschwerde in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG [SR 173.110] i. V. m. Art. 24 BZP [SR 273]).  
 
2.2.  
 
2.2.1. Streitgegenstand war vor der Vorinstanz einzig die Frage danach, ob die Unterinstanz mit Recht das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege abgewiesen habe. Dies hat die Vorinstanz bejaht, ohne in der Sache weiter entscheiden zu müssen. Die Beschwerde richtet sich mithin gegen einen das Verfahren  nicht abschliessenden Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Ein selbständig eröffneter Vor- oder Zwischenentscheid, mit welchem die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege ganz oder zumindest teilweise verweigert wird, kann einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Daher ist der Entscheid, wenn auch nicht verfahrensabschliessend, vor Bundesgericht selbständig anfechtbar (Urteil 4D_62/2015 vom 9. März 2016 E. 1, zur Publ. vorgesehen; BGE 133 IV 335 E. 4 S. 338; 133 V 402 E. 1.2 S. 403). Der Rechtsweg folgt dabei jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1 S. 382). Die weiteren Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1 BGG i. V. m. Art. 146 DBG [SR 642.11] und Art. 73 StHG [SR 642.14]).  
 
2.2.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Bei der Prüfung verfügt das Bundesgericht über uneingeschränkte (volle) Kognition und wendet es das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 86 E. 2 S. 88).  
 
2.2.3. Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem (einschliesslich kommunalem) und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht in jedem Fall nur, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2.2 S. 60). Wird keine Verfassungsrüge erhoben, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine Verfassungsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 141 I 36 E. 1.3 S. 41). In der Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 140 II 141 E. 8 S. 156). Auf bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 317 E. 5.4 S. 324; 141 IV 369 E. 6.3 S. 375).  
 
2.2.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, wozu auch die Beweiswürdigung zählt (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375), nur berichtigen oder ergänzen, soweit sie offensichtlich unrichtig - das heisst willkürlich - sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 142 V 2 E. 2 S. 5). Auf Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, geht das Bundesgericht nicht ein (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 141 V 439 E. 1.2 S. 442).  
 
3.  
 
3.1. Gemäss Art. 29 Abs. 3 Satz 1 BV (SR 101) hat jede Person, die  nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, also bedürftig ist (BGE 135 I 221 E. 5.1 S. 223), Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren  nicht aussichtsloserscheint (BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218). Der konkrete Umfang des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege ergibt sich indes in erster Linie aus dem kantonalen Recht. Das Bundesverfassungsrecht stellt eine Minimalgarantie dar (BGE 141 I 70 E. 5.2 S. 74).  
 
3.2. Über die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege kann vorab - in einem separaten Verfahren - oder zusammen mit der Hauptsache entschieden werden. Kommt es zur vorgängigen Beurteilung, ist die Aussichtslosigkeit der konkreten Rechtsbegehren im Rahmen einer  Hauptsacheprognose zu klären, wobei die Beurteilung  summarischerfolgt (BGE 140 III 12 E. 3.4 S. 15). Als  aussichtslos sind Prozessbegehren anzusehen, wenn die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren, sodass sie kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Hingegen gilt ein Begehren als  nicht aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich nach den Verhältnissen zur Zeit, in der das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt wird (BGE 140 V 521 E. 9.1 S. 537).  
 
3.3.  
 
3.3.1. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) hat der Präsident des Spezialverwaltungsgerichts das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht etwa abgelehnt, weil er die prozessuale Bedürftigkeit der Steuerpflichtigen für fehlend erachtet hätte. Vielmehr war er zum Schluss gelangt, die gestellten Rechtsbegehren seien aussichtslos. Dem schliesst sich die Vorinstanz an (vorne E. 2.2.1).  
 
3.3.2. Die Steuerpflichtige rügt sinngemäss, entgegen der vorinstanzlichen Feststellung habe es zu keiner materiellen Prüfung des Gesuchs kommen können, da der Gerichtskostenvorschuss noch gar nicht entrichtet worden sei. Dies überzeugt nicht. Zum einen stellt die Steuerpflichtige sich in Widerspruch zu den vorinstanzlichen Feststellungen, die für das Bundesgericht solange verbindlich sind, als sie nicht widerlegt sind, was wiederum der qualifizierten Rüge- und Begründungspflicht unterliegt. Daran fehlt es hier aber, sodass es dabei bleibt, dass der Präsident des Spezialgerichts das Gesuch daher abwies, weil er die Rechtsbegehren als aussichtslos einschätzte. Zum andern beruht die anzustellende Hauptsacheprognose zwangsläufig auf einer bloss summarischen Prüfung. Wird nicht mit der Hauptsache, sondern vorab über die unentgeltliche Rechtspflege entschieden, steht das Ergebnis des Beweisverfahrens aus naheliegenden Gründen noch aus. Anders, als die Steuerpflichtige dies zu vermuten scheint, ist der Eingang des Gerichtskostenvorschusses jedenfalls nicht abzuwarten.  
 
3.3.3. Folglich ist der angefochtene Entscheid einzig unter dem Aspekt der fehlenden Aussichtslosigkeit zu prüfen. Dementsprechend erübrigt es sich, der Frage nach dem angeblichen Einbezug der Steuerpflichtigen in ein Betreibungs- oder Konkursverfahren nachzugehen. Ohnehin fällt auf, dass die geltend gemachte Konkursbetroffenheit, für die jeder Nachweis fehlt, zumindest im vorinstanzlichen Verfahren von keiner Bedeutung war. Es kann offen bleiben, ob es sich bei den vorgebrachten betreibungs- und konkursrechtlichen Umständen um ein (echtes) Novum handelt, das als solches ohnehin nicht zu hören wäre (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
3.3.4. Die Vorinstanz nimmt ihre materielle Prüfung vor dem Hintergrund von Art. 29 Abs. 3 BV vor, woraus erhellt, dass das kantonale Verfahrensrecht keine weitergehenden Ansprüche kennt. So oder anders greifen in jedem Fall die Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG. Diesen Voraussetzungen genügt die vorliegende Beschwerde auch diesbezüglich nicht, unterbleibt doch eine eigentliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid und eine Prüfung unter dem Gesichtswinkel des Verfassungsrechts. Die Steuerpflichtige beruft sich zwar etwa darauf, dass die kommunale Steuerkommission ursprünglich einer Ersatzbeschaffung zugestimmt habe, sie vermag dies aber in keiner Weise zu belegen, was im Übrigen auch schon die Unter- und die Vorinstanz erwogen haben. Sodann ruft die Steuerpflichtige das Urteil 2C_142/2012 vom 12. Dezember 2013 an. Da die beiden Konstellationen in keiner Weise vergleichbar sind, vermag sie freilich nichts für sich abzuleiten, zumal die Vorinstanz verbindlich erkannt hat, den Akten lasse sich keinerlei Hinweis darauf entnehmen, dass die beiden streitbetroffenen Grundstücke dem bäuerlichen Bodenrecht unterstanden hätten. Vielmehr würden sie, so die Vorinstanz, in den beiden Kaufverträgen ausdrücklich als Bauland bezeichnet.  
 
3.4. Bei ihrer zumindest summarischen Prüfung gelangte die Vorinstanz zum Schluss, die Anträge stellten sich als aussichtslos dar. Diese Hauptsacheprognose ist jedenfalls nicht unhaltbar. In der Tat überwiegen die Verlustgefahren gegenüber den Gewinnaussichten ganz erheblich. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, weshalb sie abzuweisen und der angefochtene Entscheid zu bestätigen ist.  
 
4.   
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 65 i. V. m. 66 Abs. 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Dem Kanton Aargau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Verfahren 2C_492/2016 (Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau) und 2C_493/2016 (direkte Bundessteuer), je betreffend das Steuerjahr 2011, werden vereinigt. 
 
2.   
Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern 2011 des Kantons Aargau wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer 2011 wird abgewiesen. 
 
4.   
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Juni 2016 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher