Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_348/2024
Urteil vom 3. Juni 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hurni,
Gerichtsschreiberin Sauthier.
Verfahrensbeteiligte
1. A.________ Sàrl,
2. B.________ Gesellschaft,
3. C.________,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Christian Lüscher,
Beschwerdeführende,
gegen
D.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Nicolas Bracher,
Beschwerdegegner,
Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, Qualifizierte Wirtschaftskriminalität und internationale Rechtshilfe,
Güterstrasse 33, 8010 Zürich.
Gegenstand
Akteneinsicht und Aktenaussonderung,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 7. Februar 2024 (UH230259-O/U/AEP).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die Staatsanwaltschaft Ill des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen D.________ wegen Wirtschaftsdelikten insbesondere zum Nachteil der A.________ Sàrl und der B.________ Gesellschaft. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, als Vermögensverwalter der A.________ Sàrl Sorgfaltspflichten verletzt und seinen Auftraggebern dadurch Schaden in Millionenhöhe verursacht zu haben. Zudem soll er seinen Auftraggebern den Erhalt von Retrozessionen und Provisionen verschwiegen und diese rechtswidrig für sich behalten haben. Auch in seiner Funktion als geschäftsführender Verwaltungsrat der B.________ Gesellschaft soll er erhaltene Retrozessionen und Provisionen gegenüber der B.________ Gesellschaft verschwiegen und dieser damit einen Schaden verursacht haben. Die Kantonspolizei führte am 9. November 2018 eine Hausdurchsuchung in der Liegenschaft von D.________ durch, wobei sie diverse Unterlagen und Daten sicherstellte. Mit Verfügung vom 25. Juni 2019 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Bundesordner, lose Schriftstücke und Daten, "wobei Anwaltskorrespondenz und private Unterlagen gemäss Stichwortliste der Verteidigung [von D.________] vom 20. Mai 2019 [...] aussortiert worden sind".
A.b. Am 7. Dezember 2021 händigte die Staatsanwaltschaft die an der Hausdurchsuchung sichergestellten Daten den Privatklägerinnen A.________ Sàrl und B.________ Gesellschaft aus. Mit Verfügung vom 1. März 2022 hielt die Staatsanwaltschaft fest, es bestehe der Verdacht, dass dabei nicht beschlagnahmte Anwaltskorrespondenz und private Unterlagen an die Privatklägerinnen ausgehändigt worden seien und verpflichtete sie, alle physischen und elektronischen Datenbestände, die ihnen am 7. Dezember 2021 ausgehändigt worden seien, unwiderruflich zu vernichten und ihr dies innert sieben Tagen schriftlich zu bestätigen. Des Weiteren seien die von der Privatklägerschaft bereits erstellten physischen und elektronischen Arbeitsprodukte zu vernichten, sofern sie auf Anwaltskorrespondenz oder "privaten" Unterlagen aus dem Ordner "Privat und Familie" beruhten. Ausgenommen von der Vernichtung sei einzig die Original-Festplatte, die am 7. Dezember 2021 ausgehändigt worden sei, welche der Staatsanwaltschaft innert sieben Tagen zurückzugeben sei. Die dagegen von der A.________ Sàrl und B.________ Gesellschaft beim Obergericht des Kantons Zürich erhobene Beschwerde wies dieses ab, soweit es darauf eintrat. Mit Urteil vom 27. Dezember 2022 trat das Bundesgericht auf die von der A.________ Sàrl und B.________ Gesellschaft erhobene Beschwerde nicht ein (1B_231/2022).
B.
B.a. Mit Eingabe vom 5. Juli 2023 ersuchte der Rechtsvertreter der A.________ Sàrl, der B.________ Gesellschaft sowie von C.________ erneut um vollständige Einsicht in die elektronisch beschlagnahmten Aufzeichnungen von D.________ und verlangte die Zustellung der Harddisk mit den elektronisch sichergestellten Aufzeichnungen.
B.b. Mit Verfügung vom 10. August 2023 wies die Staatsanwaltschaft den Antrag ab. Sie erwog, die Erstellung zweier neuer externer Datenträger werde in Auftrag gegeben, welche die nach den beiden Löschungen verbleibenden Daten enthalten würden. Ein solcher neuer externer Datenträger werde danach Rechtsanwalt Lüscher, welcher die A.________ Sàrl, die B.________ Gesellschaft sowie C.________ vertrete, ausgehändigt.
B.c.
Dagegen erhoben die A.________ Sàrl, die B.________ Gesellschaft sowie C.________ Beschwerde an das Obergericht, welches die Beschwerde mit Beschluss vom 7. Februar 2024 abwies, soweit es darauf eintrat (Dispositiv-Ziffer 1).
C.
Mit auf den 18. März 2024 datierter Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht beantragen die A.________ Sàrl, die B.________ Gesellschaft sowie C.________ u.a., Dispositiv-Ziffer 1 des Beschlusses des Obergerichts vom 7. Februar 2024 sei aufzuheben.
Mit Eingabe vom 20. März 2024 stellen die Beschwerdeführenden ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur Einreichung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts vom 7. Februar 2024 und um fristgerechte Entgegennahme ihrer am 20. März 2024 eingereichten Beschwerde.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Frist gilt als eingehalten, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben wird (Art. 48 Abs. 1 BGG).
1.2. Das angefochtene Urteil wurde dem Vertreter der Beschwerdeführenden am 15. Februar 2024 zugestellt. Die Frist für die Beschwerde an das Bundesgericht lief entsprechend bis zum 18. März 2024. Die Beschwerdeeingabe datiert zwar vom 18. März 2024; sie ist beim Bundesgericht aber erst am 20. März 2024 als elektronische Eingabe eingegangen. Der Vertreter der Beschwerdeführenden bringt vor, er habe die Beschwerde am 18. März 2024 als elektronische Eingabe via IncaMail um 17.39 Uhr an die E-Mail-Adresse des Bundesgerichts gesendet. Da er sich sehr unwohl gefühlt habe, habe er sich nach dem Versand der Beschwerde entschlossen, den Eingang der Quittung nicht mehr abzuwarten. Er sei nach Hause gegangen, wo er sich hingelegt und, wohl krankheitsbedingt, eingeschlafen sei. Erst nach seiner Rückkehr ins Büro am 20. März 2024 habe er festgestellt, dass er keine Abgabequittung für seine elektronische Eingabe an das Bundesgericht erhalten habe. Stattdessen habe er im Ordner Junk Mail eine Dienstmeldung der Plattform von Privasphere vom 18. März 2024, 17.40 Uhr, vorgefunden, welche die "lakonische Fehlermeldung" enthalten habe, dass die Beschwerde mit E-Mail vom 18. März 2024, 17.39 Uhr, mit 15,3 MB zu gross gewesen sei. Die Datei mit der Beschwerde sei somit lediglich infolge einer "anachronistischen technischen Volumenbeschränkung" nicht mit einer Abgabequittung bestätigt und an das Gericht weitergeleitet worden. Die Beschwerde sei daher, trotz verspäteter Zustellung, als fristgerecht eingereicht entgegenzunehmen und darauf einzutreten.
1.3. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Nach Art. 48 Abs. 2 BGG ist für die Wahrung der Frist im Falle der elektronischen Einreichung der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind. Das Bundesgericht hat diesbezüglich festgehalten, dass für die Einhaltung einer Frist einzig die rechtzeitige Ausstellung der Abgabequittung massgebend ist, mit welcher die Zustellplattform den Eingang der Meldung bestätigt (Urteil 6B_739/2021 vom 14. Juni 2023 E. 1.2.2 mit diversen Hinweisen).
1.4. Vorliegend hat der Vertreter der Beschwerdeführenden innert der noch laufenden Rechtsmittelfrist keine solche Abgabequittung erhalten, sondern wurde von der Plattform via Fehlermeldung darauf hingewiesen, dass die Datei zu gross war. Die am 20. März 2024 um 21.22 Uhr erneut verschickte Beschwerde ging erst nach Ablauf der 30-tägigen Beschwerdefrist beim Bundesgericht ein.
2.
Der Vertreter der Beschwerdeführenden ersucht weiter um Fristwiederherstellung.
2.1. Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 50 Abs. 1 BGG). Für eine Fristwiederherstellung genügt es nicht, wenn die betroffene Partei aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert ist, selber fristgerecht zu handeln. Sie darf zudem auch nicht in der Lage sein, eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen (BGE 143 I 284 E. 1.3, 119 II 86 E. 2a; 112 V 255 E. 2a; Urteil 9C_316/2023 vom 9. Juni 2023 E. 2.1; je mit Hinweisen).
2.2. Der Vertreter der Beschwerdeführenden reicht ein Arztzeugnis ein, gemäss dem er vom 16. März 2024 bis zum 19. März 2024 wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei. Damit wird nicht nachgewiesen, dass der Vertreter der Beschwerdeführenden daran gehindert war, selber fristgerecht zu handeln, geschweige denn, eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen, wobei es sich dabei nicht zwingend um einen Anwalt hätte handeln müssen. Dies gilt umso mehr, als der Vertreter der Beschwerdeführenden selbst ausführt, er habe sich am 18. März 2024 dennoch ins Büro begeben, um die Beschwerde rechtzeitig fertigzustellen und sie fristgerecht einreichen zu können. Er wäre diesbezüglich verpflichtet gewesen, die Abgabequittung, mit welcher der Eingang der Beschwerde mitgeteilt wird, abzuwarten. Wenn er sich tatsächlich zu krank gefühlt hatte, um die Abgabequittung abzuwarten, hätte er jemanden anderes damit beauftragen müssen. Dann hätte ohne Weiteres festgestellt werden können, dass die Fehlermeldung von Privasphere aufgrund der zu grossen Datei nur eine Minute nach dem Versenden der Beschwerde am 18. März 2024 beim Vertreter der Beschwerdeführenden eingegangen ist.
Nach dem Gesagten ist das Fristwiederherstellungsgesuch abzuweisen; auf die verspätete Beschwerde kann nicht eingetreten werden.
3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die - wegen des geringen Aufwandes reduzierten - Gerichtskosten den Beschwerdeführenden aufzuerlegen ( Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG ). Der Beschwerdegegner hatte keinen entschädigungspflichtigen Aufwand.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Gesuch um Fristwiederherstellung wird abgewiesen.
2.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden den Beschwerdeführenden auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. Juni 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier