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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_578/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 3. September 2015  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Kneubühler, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Armon Vital, 
 
gegen  
 
1. B._________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Hew, 
2. C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrik Wagner, 
Beschwerdegegner, 
 
Gemeinde Davos, Berglistutz 1, 7270 Davos Platz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar Bänziger. 
 
Gegenstand 
Bauten ausserhalb der Bauzone, 
 
Beschwerde gegen das Urteil 30. September 2014 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 1. Kammer. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die B._________ AG betreibt das Restaurant Bolgen Plaza auf dem Bolgenareal, in der Landwirtschafts- und Wintersportzone der Gemeinde Davos. Es wurde 1995 als Ersatzbau für ein in den 1940er Jahren erstelltes Restaurant bewilligt. Am 1. Oktober 2004 wurde eine Erweiterung der Terrasse bewilligt. 
 
 Am 11. April 2008 reichte die B._________ AG ein Gesuch für den Umbau und die Erweiterung des Restaurants Bolgen Plaza ein. Am 3. März 2009 folgte ein nachträgliches Baugesuch für die Erweiterung der Aussenterrasse (sog. Winterterrasse), die bereits ohne Bewilligung erstellt worden war. 
 
 A.________, Eigentümer verschiedener Eigentumswohnungen in der Liegenschaft Skistrasse 24 in Davos-Dorf, erhob gegen beide Bauvorhaben Einsprache und - nach deren Bewilligung - Beschwerde, zunächst an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und anschliessend an das Bundesgericht (Verfahren 1C_496/2011). Das Bundesgericht hiess seine Beschwerde am 20. September 2012 gut und hob die angefochtenen Entscheide und Bewilligungen auf, weil die Erweiterungen nicht standortgebunden seien. In E. 4 hielt das Bundesgericht fest, dass die Terrasse bereits ohne Bewilligung erweitert worden sei und es daher Sache der zuständigen Behörden sein werde, die notwendigen Wiederherstellungsmassnahmen zu treffen. Diese hätten auch zu prüfen, ob und inwieweit Anpassungen der bestehenden Bewilligungen (insbesondere Betriebszeiten) notwendig seien. 
 
B.   
Am 2. Oktober 2012 forderte A.________ die Gemeinde Davos auf, die Konsequenzen aus dem bundesgerichtlichen Urteil zu ziehen und den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen. In der Folge wurden die nicht bewilligten Anlagenteile zurückgebaut, dagegen konnte keine einvernehmliche Lösung zu den Betriebszeiten gefunden werden. 
 
 Der Kleine Landrat der Gemeinde Davos erliess daher am 9. Juli 2013 eine Verfügung betreffend "Vollstreckung des Urteils des Bundesgerichts vom 20.9.2012 i.S. Bolgen Plaza / vorläufige Massnahmen zur Verminderung von Lärmimmissionen". Es wurde vorgesehen, während der ganzen Wintersaison 2013/2014 im Bereich der Liegenschaften A.________s Lärmmessungen vorzunehmen und sämtliche lärmrelevanten Vorkommnisse der Gemeinde zu melden. Anschliessend werde die Gemeinde definitiv über Massnahmen zur Verminderung von Lärmimmissionen der ankommenden und heimkehrenden Gäste entscheiden; je nach Ergebnis der erhobenen Lärmwerte sei dabei auch mit einer erheblichen Verkürzung der Öffnungszeiten des Restaurants zu rechnen. Bis zum definitiven Entscheid blieben die Öffnungszeiten des Restaurants auf 23.00 Uhr beschränkt. Die B._________ AG als Eigentümer und C.________ als Betreiber des Restaurants wurden verpflichtet, während der Wintersaison 2013/2014 ab 22.00 Uhr einen Ordnungsdienst einzurichten mit dem Ziel, die Lärmimmissionen der ankommenden und heimkehrenden Gäste zu minimieren. 
 
C.   
A.________ erhob am 26. August 2013 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit dem Antrag, der Beschluss vom 9. Juli 2013 sei aufzuheben, soweit darin mangels Standortgebundenheit i.S.v. Art. 24 RPG kein Betriebsverbot am Abend und in der Nacht verfügt worden sei; für den Restaurant-, Après-Ski- und Barbetrieb des "Bolgen Plaza" sei generell eine Betriebsschliessung spätestens ab 19.00 Uhr zu verfügen. Mit den vorläufig verfügten Massnahmen hinsichtlich des Lärmschutzes erklärte er sich dagegen einverstanden. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 30. September 2014 ab. 
 
D.   
Dagegen hat A.________ am 27. November 2014 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei für den Restaurant-, Après-Ski- und Barbetrieb des "Bolgen Plaza" generell eine Betriebsschliessung spätestens ab 19.00 Uhr zu verfügen. Eventuell sei die Sache an das Verwaltungsgericht zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Verfahrensrechtlich beantragt er die Durchführung eines Augenscheins. 
 
E.   
Die B._________ AG (Beschwerdegegnerin 1) beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei das Verfahren bis zum Vorliegen des Urteils im Prozess U 14 70 des Verwaltungsgerichts Graubünden über die definitiven Massnahmen zu sistieren. C.________ (Beschwerdegegner 2) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei; auch er beantragt die Sistierung des Verfahrens. Die Gemeinde Davos schliesst auf Abweisung der Beschwerde und unterstützt das Sistierungsgesuch der Beschwerdegegner. Das Verwaltungsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
 Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) beantragt, die Beschwerde gutzuheissen, die Betriebsschliessung spätestens auf 19.00 Uhr anzuordnen und die Sache im Übrigen an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. 
 
In seiner Replik hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest und beantragt Abweisung des Sistierungsgesuchs. 
 
F.   
Bereits am 12. August 2014 hatte der Kleine Landrat der Gemeinde Davos Beschluss über die definitiven Massnahmen gefasst. Danach bleiben die Öffnungszeiten des Restaurants Bolgen Plaza grundsätzlich auf die Zeit von 10.00 bis 23.00 Uhr beschränkt. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer ebenfalls Beschwerde an das Verwaltungsgericht Graubünden erhoben (Verfahren U 14 70). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der angefochtene, kantonal letztinstanzliche Entscheid des Verwaltungsgerichts betrifft eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit (Art. 82 lit. a BGG), in der die Beschwerde ans Bundesgericht im Grundsatz offen steht (Art. 83 BGG). 
 
2.   
Die Beschwerdegegnerin 1 bestreitet das aktuelle Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG), weil die Verfügung vom 9. Juli 2013 lediglich vorläufige Massnahmen für die Wintersaison 2013/2014 betroffen habe und mit Verfügung vom 12. August 2014 durch definitive Massnahmen ersetzt worden sei. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, der Kleine Landrat habe bereits in der Verfügung vom 9. Juli 2013 seinen Antrag auf eine raumplanungsrechtlich begründete Einschränkung der Betriebszeiten auf spätestens 19.00 Uhr definitiv abgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe sich mit diesen Erwägungen zu Unrecht nicht auseinandergesetzt und habe damit eine formelle Rechtsverweigerung begangen. 
 
2.1. Der Beschluss 2013 des Kleinen Landrats betrifft "vorläufige Massnahmen" für die Wintersaison 2013/2014 (Dispositiv-Ziff. 1); für den Zeitraum danach werden definitive Massnahmen angekündigt (Dispositiv-Ziff. 2). Der Beschwerdeführer hat sich mit den vorläufigen Lärmschutzmassnahmen ausdrücklich einverstanden erklärt und ist insoweit nicht beschwert; im Übrigen sind diese vorläufigen Massnahmen zwischenzeitlich durch definitive Massnahmen ersetzt worden, weshalb auch kein aktuelles Rechtsschutzinteresse mehr besteht.  
 
2.2. In den Erwägungen des Beschlusses vom 9. Juli 2013 befasste sich der Kleine Landrat aber auch mit den raumplanerischen Aspekten des Betriebs (E. 3-6) : Er kam zum Ergebnis, dass die Öffnung des Restaurants bis 23 Uhr (bzw. 24 Uhr an Wochenenden) den Rahmen der Standortgebundenheit sprenge, sich die Beschwerdegegnerin 1 und der Beschwerdegegner 2 aber diesbezüglich auf die Rechtskraft der bestehenden Bewilligungen berufen könnten. Im Beschluss vom 12. August 2014 (S. 3 oben) verwies der Kleine Landrat auf diese Erwägungen und befasste sich deshalb nur noch mit der Frage, ob und inwieweit Einschränkungen der Betriebszeiten aus Gründen des Lärmschutzes geboten seien.  
 
 Ob aufgrund dieser raumplanerischen Erwägungen ein aktuelles Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers besteht, kann offenbleiben: Wie im Folgenden darzulegen sein wird, handelt es sich insoweit um einen Zwischenentscheid, der nur unter den besonderen Voraussetzungen gemäss Art. 93 BGG angefochten werden kann. 
 
3.   
Ein (Teil-) Endentscheid liegt nur vor, wenn mindestens eines der gestellten Begehren behandelt wurde und dieses unabhängig von den anderen Begehren beurteilt werden kann (Art. 91 lit. a BGG). Über das Rechtsbegehren des Beschwerdeführers, die Betriebszeiten des "Bolgen Plaza" auf maximal 19 Uhr zu beschränken, wurde in der Verfügung vom 9. Juli 2013 aber noch nicht definitiv entschieden; vielmehr wurde in Dispositiv-Ziff. 2 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass - je nach den Ergebnissen der Lärmmessungen - eine erhebliche Verkürzung der Öffnungszeiten des Restaurants angeordnet werden könnte. Ausgeschlossen wurde (in den Erwägungen) lediglich eine rein raumplanungsrechtlich begründete Schliessung des Restaurants nach 19 Uhr. Damit äusserte sich der Kleine Landrat nur zu einer von mehreren materiellen Rechtsgrundlagen für die beantragte Betriebsbeschränkung. 
 
 Grundsatzentscheide, die sich zu einzelnen wichtigen materiellen Rechtsfragen äussern, ohne bereits über einzelne Begehren abschliessend zu entscheiden, sind nach ständiger Rechtsprechung als Zwischenentscheide zu qualifizieren (BGE 136 II 165 E. 1.1 S. 170; 135 II 30 E. 1.3.3 S. 35; je mit Hinweisen). Sie können nur unter den Voraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG angefochten werden, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). 
 
3.1. Der Beschwerdeführer wirft dem Verwaltungsgericht eine formelle Rechtsverweigerung vor, weil es den Streitgegenstand auf die vorläufigen Lärmschutzmassnahmen beschränkt und sich nicht zu den raumplanungsrechtlichen Fragen mit Bezug auf die zonenwidrige Nutzung des "Bolgen Plaza" geäussert habe. Damit tut er aber keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil i.S.v. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG dar: Zum einen erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine allfällige Rechtsverweigerung und Verletzung des rechtlichen Gehörs im hängigen Verfahren U 14 70 (betreffend definitive Massnahmen) geheilt werden könnte; zum anderen hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, den vorliegenden Zwischenentscheid zusammen mit dem Endentscheid des Verwaltungsgerichts im Verfahren U 14 70 mit Beschwerde vor Bundesgericht anzufechten (Art. 93 Abs. 3 BGG). Eine allfällige Rechtsverweigerung würde zur Aufhebung und Rückweisung an das Verwaltungsgericht führen. Die blosse Verzögerung oder Verteuerung des Verfahrens stellt für sich allein keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil dar (BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170 mit Hinweis).  
 
3.2. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden könnte, wenn das Bundesgericht die Beschwerde gutheissen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Es kann daher offenbleiben, ob das Bundesgericht in der vorliegenden Konstellation überhaupt einen Endentscheid fällen könnte.  
 
4.   
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Der Sistierungsantrag der Beschwerdegegner wird damit gegenstandslos. 
 
 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG). Die Gemeinde Davos hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis tätig wurde (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die B._________ AG für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- und C.________ mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Davos, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. September 2015 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gerber