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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_430/2024  
 
 
Urteil vom 3. September 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, Poststrasse 25, 3071 Ostermundigen KATA. 
 
Gegenstand 
Pfändungsvorladung und Pfändungsurkunde, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 20. Juni 2024 (ABS 24 154). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Gegen A.________ laufen beim Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland (fortan: Dienststelle), mehrere Betreibungen, deren Fortsetzung zu den Pfändungsgruppen Nr. xxx und Nr. yyy geführt haben. 
 
A.a. Die Pfändungsgruppe Nr. xxx umfasst sieben Betreibungen des Kantons Bern, vertreten durch die Inkassostelle der kantonalen Steuerverwaltung. Am 1. September 2023 kündigte das Betreibungsamt die Pfändung an, und am 1. Dezember 2023 vollzog dieses mit Unterstützung der Kantonspolizei Bern im Geschäftslokal von A.________ die Pfändung. Gegen diesen Pfändungsvollzug erhob A.________ am 4. Dezember 2023 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern als (einzige) kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen (fortan: Aufsichtsbehörde), welche das Rechtsmittel abwies (Entscheid vom 23. Januar 2024). Die von A.________ dagegen beim Bundesgericht erhobene Beschwerde blieb erfolglos (Urteil 5A_78/2024 vom 16. April 2024).  
 
A.b. Die Pfändungsgruppe Nr. yyy umfasst die Betreibung Nr. aaa des Kantons Aargau, Oberstaatsanwaltschaft, und die Betreibung Nr. bbb des Kantons Bern, vertreten durch die Finanzdirektion des Kantons Bern bzw. Inkassostelle der kantonalen Steuerverwaltung. Mit Pfändungsvorladung vom 22. April 2024 lud die Dienststelle A.________ zur Pfändung in der Pfändungsgruppe Nr. yyy für den Dienstag, 30. April 2024, auf das Amt vor.  
 
B.  
 
B.a. Gegen die Vorladung vom 22. April 2024 erhob A.________ am 26. April 2024 Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde.  
 
B.b. Mit Eingabe vom 10. Juni 2024 gelangte A.________ gegen die in der Pfändungsgruppe Nr. xxx ausgestellte Pfändungsurkunde ebenfalls beschwerdeweise an die Aufsichtsbehörde.  
 
B.c. Die Aufsichtsbehörde vereinigte die beiden Verfahren und wies die Beschwerden mit Entscheid vom vom 20. Juni 2024 (zugestellt am 26. Juni 2024) ab, soweit sie darauf eintrat, und auferlegte A.________ gestützt auf Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG Verfahrenskosten im Betrag von Fr. 1'000.--.  
 
C.  
Gegen diesen Entscheid gelangt A.________ (Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 1. Juli 2024 (Postaufgabe am 2. Juli 2024) an das Bundesgericht. Er beantragt, die Aufsichtsbehörde sei anzuweisen, die Betreibungsbegehren zu edieren (Rechtsbegehren 1), ihm sei eine Parteientschädigung von Fr. 500.-- für seine Schreibarbeit (Rechtsbegehren 2) sowie Schadenersatz und Genugtuung zuzusprechen (Rechtsbegehren 3). Am 17. Juli 2024 reichte der Beschwerdeführer eine als "Klageänderung (Ergänzung) " bezeichnete Eingabe ein. 
Nachdem das Bundesgericht einen Kostenvorschuss einverlangt hatte, stellte der Beschwerdeführer am 17. Juli 2024 ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Rücksicht auf dieses Gesuch hat das Bundesgericht einstweilen von der Einforderung des Kostenvorschusses abgesehen. Der Beschwerdeführer hat sein Gesuch am 18. Juli ergänzt bzw. korrigiert. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, indessen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den Entscheid der (einzigen) kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG). Der im kantonalen Verfahren unterlegene Beschwerdeführer ist als Betreibungsschuldner vom angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Die Eingabe vom 1. Juli 2024 erfolgte innerhalb der in Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG vorgegebenen Beschwerdefrist von zehn Tagen. Demgegenüber war die Eingabe vom 17. Juli 2024 offensichtlich verspätet, weshalb darauf nicht einzutreten ist.  
 
1.2. Der Beschwerdeführer stellt in der Hauptsache kein eigentliches Rechtsbegehren. Aus der Beschwerdebegründung, welche Zwecks Auslegung der Begehren beizuziehen ist (BGE 137 II 313 E. 1.3), ergibt sich jedoch, dass der Beschwerdeführer die Betreibungen in den Pfändungsgruppen Nr. xxx und Nr. yyy als nichtig erachtet. Die Beschwerde kann in diesem Sinn entgegengenommen werden.  
 
1.3. Die Aufsichtsbehörde ist auf die in den Eingaben gestellten Begehren um Ausrichtung einer Genugtuung und Feststellung der Schadenersatzpflicht des Kantons Bern nicht eingetreten, da sie hierfür nicht zuständig sei. Damit kann im bundesgerichtlichen Verfahren einzig Streitgegenstand sein, ob die Aufsichtsbehörde auf die Begehren hätte eintreten müssen. Der Beschwerdeführer äussert sich indes nicht zu dieser Frage und legt dem Bundesgericht nicht dar, inwiefern die Aufsichtsbehörde in diesem Punkt gegen Bundesrecht verstossen haben soll. Damit kann auf das Rechtsbegehren 3 um Leistung von Schadenersatz (Fr. 1.1 Mio.) und Genugtuung (Fr. 1 Mio.) nicht eingetreten werden.  
Dasselbe gilt, soweit der Beschwerdeführer auch die Pfändung der Nähmaschine "C.________ AG" und der Bandsäge "D.________" als unrechtmässig erachtet, denn die Aufsichtsbehörde ist auf seine diesbezüglichen Einwendungen (es handle sich um Kompetenzstücke) nicht eingetreten. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, die meisten der in Betreibung gesetzten Forderungen seien Gebühren des Obergerichts des Kantons Bern, die ihm in Rechtsöffnungsverfahren auferlegt worden seien. Es könne nicht angehen, dass jene Richter, die ihm Gerichtskosten auferlegt hätten, auch über aufsichtsrechtliche Fragen entscheiden, welche die in Betreibung gesetzten Gerichtskosten betreffen. Vielmehr müssten diese Gerichtspersonen in den Ausstand treten. 
Der Beschwerdeführer belässt es bei einer pauschalen Behauptung. Er zeigt nicht konkret und im Detail auf, welche Richterinnen oder Richter konkret betroffen sein könnten. Daher kann von vornherein nicht geprüft werden, ob die Behauptung, es hätten Richterinnen oder Richter im Aufsichtsverfahren mitgewirkt, die bereits im Rechtsöffnungsbegehren mit einer der streitgegenständlichen Betreibungen befasst waren, überhaupt zutrifft. Insofern genügt der Beschwerdeführer die an die Beschwerdebegründung gestellten Anforderungen nicht, weshalb darauf nicht eingetreten werden kann. 
Ohnehin erweckt die Tatsache, dass der Rechtsöffnungsrichter in der gleichen Betreibungssache später der Aufsichtsbehörde angehört, die über eine gegen eine Pfändungsankündigung oder Pfändung erhobene Beschwerde zu befinden hat, grundsätzlich keine Bedenken über die Unbefangenheit (Urteil 5A_411/2007 vom 29. November 2007 E. 3.3). Dass und weshalb eines der im angefochtenen Entscheid mitwirkenden Mitglieder der Aufsichtsbehörde aus anderen Gründen befangen sein könnte (Art. 10 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG), behauptet der Beschwerdeführer nicht. 
 
3.  
In der Hauptsache leitet der Beschwerdeführer die Nichtigkeit der Betreibungen aus dem Umstand ab, dass keine elektronisch signierten Betreibungsbegehren im Format PDF vorliegen. Mit diesem Einwand hat sich das Bundesgericht bereits im Verfahren 5A_78/2024 befasst und es hat dem Beschwerdeführer dort in E. 2 erklärt, weshalb er unbegründet ist. Die Ausführungen des Beschwerdeführers vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern. 
 
4.  
Sodann bestreitet der Beschwerdeführer, mutwillig Beschwerde geführt zu haben, weshalb ihm im vorinstanzlichen Verfahren keine Kosten hätten auferlegt werden dürfen. 
 
4.1. Die Aufsichtsbehörde hielt dem Beschwerdeführer vor, er werfe bloss Fragen auf, die bereits mehrfach entschieden worden seien, er mache keine geänderten Umstände geltend, und er halte ohne nachvollziehbare Begründung an seiner unzutreffenden Auffassung fest.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, die Umstände hätten sich dahin geändert, dass eine Vorladung auf das Betreibungsamt vorgelegen habe, was im SchKG nicht vorgesehen sei und in der Rechtsprechung als nichtig anerkannt werde. Im Übrigen sei es sein gutes Recht, an einer Auffassung festzuhalten, insbesondere wenn dies zu Recht geschehe.  
 
4.2.1. Im Zusammenhang mit der Frage der Vorladung auf das Betreibungsamt hielt die Aufsichtsbehörde fest, sie habe dem Beschwerdeführer bereits im Entscheid vom 27. April 2021 (ABS 21 72) dargelegt, dass es ausnahmsweise zulässig sei, eine Pfändung auf dem Betreibungsamt durchzuführen, namentlich wenn dieses bei häufig betriebenen Schuldnern die Vermögensverhältnisse desselben in einem anderen Betreibungsverfahren festgestellt habe. Vorliegend habe in der Pfändungsgruppe Nr. xxx am 1. Dezember 2023 im Geschäftslokal des Beschwerdeführers eine Pfändung stattgefunden und er habe nicht geltend gemacht, es würde in der Zwischenzeit weiteres pfändbares Vermögen vorliegen, weshalb nicht zu beanstanden sei, dass in der Pfändungsgruppe Nr. yyy die Pfändung nicht am Domizil bzw. im Geschäftslokal stattgefunden habe.  
 
4.2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet die Tatsachen, auf welche sich die Aufsichtsbehörde bezieht, nicht. Folglich erweist sich die daraus gezogene Schlussfolgerung, er werfe bloss Fragen auf, die bereits mehrfach entschieden worden seien und er mache keine geänderten Umstände geltend (vgl. E. 4.1 oben), jedenfalls nicht als offensichtlich unrichtig. Was seine Auffassung zu den Formvorschriften für die Betreibungsbegehren angeht, hielt er, nachdem das Bundesgericht ihm im Urteil 5A_78/2024 die Rechtslage erläutert hatte, offensichtlich zu Unrecht daran fest.  
 
4.3. Insgesamt ist die Beurteilung der Aufsichtsbehörde, der Beschwerdeführer habe mutwillig Beschwerde geführt, nicht zu beanstanden und hat die Aufsichtsbehörde kein Bundesrecht verletzt, indem sie ihm gestützt auf Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG (vgl. BGE 127 III 178 E. 2a) Verfahrenskosten auferlegt hat.  
 
5.  
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer unterliegt; er hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, war die Beschwerde von Anfang an aussichtslos, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht erfüllt sind und das Gesuch abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. September 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante