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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_582/2011 
 
Urteil vom 3. November 2011 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
V.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. Juni 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1958 geborene V.________ meldete sich im Februar 2007 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärung der medizinischen Verhältnisse sowie der beruflichen (Wieder-) Eingliederungsmöglichkeiten verneinte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren mit Verfügung vom 24. März 2009 den Anspruch auf eine Invalidenrente. 
 
B. 
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde des V.________ hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 15. Juni 2011 die angefochtene Verfügung auf und sprach dem Versicherten eine Viertelsrente ab 1. Mai 2007 zu. 
 
C. 
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid des kantonalen Versicherungsgerichts vom 15. Juni 2011 sei aufzuheben. 
 
V.________ lässt die Abweisung der Beschwerde beantragen. Kantonales Versicherungsgericht und Bundesamt für Sozialversicherungen haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Vorinstanz hat unter Annahme einer bei einem vollen Pensum um 20 % reduzierten Leistung in körperlich adaptierten Tätigkeiten gemäss dem Gutachten der MEDAS vom 10. Juli 2007 durch Vergleich der Einkommen ohne und mit Behinderung (Fr. 68'173.- [Valideneinkommen] bzw. Fr. 40'254.- [Invalideneinkommen]; Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG; BGE 125 V 146 E. 2a S. 149 oben) einen Invaliditätsgrad von 41 % ermittelt, was Anspruch auf eine Viertelsrente gibt (Art. 28 Abs. 2 IVG). 
 
2. 
Die Beschwerde führende IV-Stelle rügt einzig, die Vorinstanz habe bei dem auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2006 des Bundesamtes für Statistik (LSE 06) berechneten Invalideneinkommen (grundlegend BGE 124 V 321) zu Unrecht einen Abzug vom Tabellenlohn gemäss BGE 126 V 75 von 15 % vorgenommen. Gerechtfertigt sei lediglich ein insoweit unbestrittener leidensbedingter Abzug von 10 %. 
 
3. 
3.1 Die Rechtsprechung anerkennt unter dem Titel Beschäftigungsgrad bei Männern, welche aus gesundheitlichen Gründen nur noch teilzeitlich erwerbstätig sein können, einen Abzug vom Tabellenlohn nach BGE 126 V 75. Dagegen rechtfertigt der Umstand, dass eine grundsätzlich vollzeitlich arbeitsfähige versicherte Person krankheitsbedingt lediglich reduziert leistungsfähig ist, keinen Abzug (Urteil 9C_40/2011 vom 1. April 2011 E. 2.3.1 mit Hinweisen). 
 
3.2 Die Vorinstanz ist unter Hinweis auf die Urteile 9C_728/2009 vom 21. September 2010 und 9C_708/2009 vom 19. November 2009 von dieser Rechtsprechung abgewichen. Es sei auch nicht einsichtig, weshalb jemand, der, wie vorliegend, für eine 80%-Leistung 100 % Zeit braucht, gegenüber einem gesunden "80%er" nicht benachteiligt sein soll. 
 
3.3 Die IV-Stelle bringt richtig vor, dass das Urteil 9C_728/2009 vom 21. September 2010 nicht einschlägig ist. In diesem Entscheid und auch in den Urteilen 9C_708/2009 vom 19. November 2009 und 9C_721/2010 vom 15. November 2010 hat das Bundesgericht die Frage gestellt, ob an der hier zur Diskussion stehenden Rechtsprechung festzuhalten sei. Es hat die Frage nicht entschieden, sondern jeweils offen gelassen. Dem vorinstanzlichen Entscheid und auch der Vernehmlassung des Beschwerdegegners lassen sich keine Gründe entnehmen, welche Anlass zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung geben könnten (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Praxisänderung BGE 135 I 79 E. 3 S. 82, 134 V 72 E.3.3 S. 76), was zur Gutheissung der Beschwerde führt. 
 
4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
In Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. Juni 2011 aufgehoben. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 3. November 2011 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Meyer 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler