Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_506/2020
Urteil vom 3. Dezember 2020
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Chaix, Präsident,
Bundesrichter Haag, Müller,
Gerichtsschreiber Bisaz.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Lorenzo Marazzotta,
gegen
Kantonsrat des Kantons Zürich,
Limmatquai 55, Postfach, 8090 Zürich,
vertreten durch Advokat Prof. Dr. Felix Uhlmann.
Gegenstand
Entschädigungsverordnung des Kantonsrates
vom 27. Januar 2020,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer,
vom 23. Juli 2020 (AN.2020.00003).
Sachverhalt:
A.
Mit Beschluss vom 27. Januar 2020 erliess der Kantonsrat des Kantons Zürich eine Verordnung über die Entschädigung der Kantonsratsmitglieder und der Fraktionen (EVKR/ZH; LS 171.13). Die Verordnung wurde am 31. Januar 2020 im Amtsblatt des Kantons Zürich publiziert und auf den 1. Mai 2020 in Kraft gesetzt. Mit der EVKR/ZH wird namentlich die Grundentschädigung, das Sitzungsgeld und die Spesenentschädigung für die Mitglieder des Kantonsrates gegenüber dem bis anhin geltenden Beschluss des Kantonsrates über die Festsetzung der Entschädigungen für die Mitglieder des Kantonsrates und für die Fraktionen vom 26. April 1999 erhöht. Die Grundentschädigung beträgt neu Fr. 12'000.-- statt Fr. 4'000.-- (§ 2 Abs. 1 EVKR/ZH), das Sitzungsgeld Fr. 220.-- statt Fr. 200.-- (§ 2 Abs. 2 EVKR/ZH) und die Spesenentschädigung Fr. 8'100.-- statt Fr. 2'800.-- (§ 5 Abs. 1 EVKR/ZH).
B.
Gegen die EVKR/ZH ergriff A.________ am 13. Februar 2020 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Mit Urteil vom 23. Juli 2020 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
C.
Am 14. September 2020 gelangt A.________ mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Juli 2020 sowie die EVKR/ZH aufzuheben. Eventuell seien die §§ 1-7 EVKR/ZH aufzuheben. Der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Der Kantonsrat des Kantons Zürich beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme. A.________ hält an seinen Anträgen fest.
D.
Mit Präsidialverfügung vom 13. Oktober 2020 hat das Bundesgericht das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 II 168 E. 1 S. 170 mit Hinweisen).
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Rechtmässigkeit einer kantonalen Verordnung in einem Normprüfungsverfahren. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht grundsätzlich offen (Art. 82 lit. b, Art. 87 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG).
1.2. Die Kantone sind weder durch die Bundesverfassung noch durch ein Bundesgesetz verpflichtet, kantonale Instanzen zur Überprüfung der Verfassungsmässigkeit ihrer Erlasse einzusetzen. Kennt ein Kanton ein abstraktes Normenkontrollverfahren, ist zunächst dieses zu durchlaufen (Art. 87 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.1 S. 29; 141 I 36 E. 1.2.1 S. 39). Besteht - wie vorliegend - ein kantonales abstraktes Normenkontrollverfahren, so bildet der angefochtene letztinstanzliche kantonale Normenkontrollentscheid das Anfechtungsobjekt des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens. Die Betroffenen sollen jedoch unabhängig von der Ausgestaltung des kantonalen Instanzenzuges vom Bundesgericht eine Überprüfung der kantonalen Erlasse (Art. 82 lit. b BGG) auf ihre Bundesrechtmässigkeit und gegebenenfalls deren Aufhebung verlangen können. Entsprechend kann im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Normenkontrollentscheid nicht nur dessen Aufhebung, sondern auch diejenige des im vorinstanzlichen Verfahren angefochtenen kantonalen Erlasses beantragt werden (BGE 145 I 26 E. 1.1 S. 29 f. mit Hinweisen).
Soweit sich die Eingabe sowohl gegen das vorinstanzliche Urteil als auch die EVKR/ZH als Ganze bzw. eventuell deren §§ 1-7 richtet und der Beschwerdeführer deren Aufhebung verlangt, steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht demnach offen.
2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der Kantonsrat mit der Verordnungsgebung die Rechtsetzungsgrundsätze gemäss Art. 38 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 (KV/ZH; SR 131.211) und das Legalitätsprinzip gemäss Art. 5 Abs. 1 BV verletzt habe.
Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Fraglich und daher vorweg zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Erlasses hat.
2.1. Die Beschwerdebefugnis gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG soll die Popularbeschwerde ausschliessen und den Charakter des allgemeinen Beschwerderechts als Instrument des Individualrechtsschutzes unterstreichen (BGE 142 II 80 E. 1.4.1 S. 83). Der Beschwerdeführer muss zwingend ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Anfechtungsobjektes nachweisen (BGE 144 I 43 E. 2.1 S. 46). Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens verbessert werden kann. Der Beschwerdeführer muss einen praktischen Nutzen aus einer allfälligen Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen. Der drohende Nachteil bzw. der durch die Beschwerde erstrebte Vorteil braucht nicht zwingend wirtschaftlicher oder materieller Art zu sein, sondern kann auch ideeller Natur sein (BGE 142 II 451 E. 3.4.1 S. 458 mit Hinweisen; Bernhard Waldmann, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, Art. 89 N. 16). Eine unzulässige Popularbeschwerde liegt dagegen vor, wenn einzig das allgemeine öffentliche Interesse an der richtigen Anwendung des Rechts verfolgt wird, ohne dass dem Beschwerdeführer im Falle des Obsiegens ein Vorteil entsteht (BGE 139 II 499 E. 2.2 S. 504 mit Hinweisen).
2.2. In Bezug auf sein schutzwürdiges Interesse an der Änderung oder Aufhebung der EVKR/ZH bringt der Beschwerdeführer vor, er müsse sich gegen eine höhere Entschädigung seiner Tätigkeit als Kantonsrat wehren können, wenn die Rechtsgrundlage der konkreten Festlegung der Entschädigung kantonsverfassungswidrig sei bzw. auf einer verfassungswidrigen formellgesetzlichen Delegationsnorm beruhe. Hätte die angefochtene EVKR/ZH Bestand, so müsste er die höhere Entschädigung entgegennehmen. Eine verfassungswidrige Entschädigung beeinträchtige ihn aber in seiner Tätigkeit als Mitglied des Kantonsrates. Eine rein finanzielle Betrachtung des schutzwürdigen Interesses greife zu kurz und hätte zur Folge, dass immer, wenn der Verordnungsgeber höhere finanzielle Leistungen zugunsten der Normadressaten festlege, die gerichtliche Prüfung der Norm ausgeschlossen werde.
2.3. Der Kantonsrat des Kantons Zürich ist demgegenüber der Ansicht, dass es dem Beschwerdeführer an der materiellen Beschwer fehlt. Er habe kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der EVKR/ZH, weil er durch die Erhöhung der Entschädigungen für Mitglieder des Kantonsrates nicht belastet, sondern begünstigt werde. Der Beschwerdeführer mache mit seiner Beschwerde lediglich ein öffentliches Interesse und keine persönlichen Nachteile geltend.
2.4. Der Beschwerdeführer ist Mitglied des Kantonsrates des Kantons Zürich. Aufgrund seiner Zugehörigkeit im Kantonsrat profitiert er seit Inkraftsetzung der EVKR/ZH ebenfalls von der Erhöhung der Grundentschädigung, des Sitzungsgeldes und der Spesenentschädigung. Inwiefern ihm dies zum Nachteil gereichen soll bzw. ihm im Fall des Obsiegens ein unmittelbarer persönlicher Vorteil entstünde, ist nicht nachvollziehbar. In finanzieller Hinsicht erfährt der Beschwerdeführer mit der angefochtenen Verordnung ausschliesslich eine Begünstigung, werden die ihm und allen Mitgliedern des Kantonsrates ausgerichteten Amtsentschädigungen und Spesenersatzleistungen damit im Vergleich zum geltenden Recht merklich erhöht. Dem Beschwerdeführer entsteht weder ein wirtschaftlicher noch ein materieller Schaden. In dieser Hinsicht ist bei ihm deshalb kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der EVKR/ZH ersichtlich (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 8C_768/2019 vom 15. April 2020 E. 5.2). Der Beschwerdeführer macht denn auch keinen drohenden wirtschaftlichen oder materiellen Schaden geltend. Vielmehr bringt er vor, dass er bei Abweisung der Beschwerde künftig eine rechtswidrige, höhere Entschädigung entgegennehmen müsse, was ihn als der Verfassung und dem Volk verpflichteter Kantonsrat per se beeinträchtige.
2.5. Die Abwendung eines ideellen Nachteils kann das schutzwürdige Interesse begründen, welches zur Beschwerdeführung verlangt wird (vorne E. 2.1). Der hier geltend gemachte Nachteil kann im Kern jedoch bloss darin bestehen, dass der Beschwerdeführer die neue Regelung für rechtswidrig hält. Die richtige Rechtsanwendung bildet hingegen ein öffentliches Interesse. Das persönliche Interesse an einer richtigen Rechtsanwendung ist demgegenüber nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung kein schutzwürdiges Interesse, das für sich nach Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG zur Beschwerde legitimiert (vorne E. 2.1; BGE 144 I 43 E. 2.1 S. 46 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1C_491/2019 vom 5. Februar 2020 E. 2.3 und 2.6). Es fehlt dem Beschwerdeführer daher an einem nach Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG schutzwürdigen Interesse an der Aufhebung oder Änderung der EVKR/ZH.
2.6. Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdeführer nicht über die Beschwerdelegitimation verfügt, um die Änderung oder die Aufhebung der EVKR/ZH zu beantragen.
3.
Nach dem Dargelegten ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mangels Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonsrat des Kantons Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. Dezember 2020
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Chaix
Der Gerichtsschreiber: Bisaz