Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4P.251/2005 /ruo
Urteil vom 4. Januar 2006
I. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterin Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Arroyo.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Suppiger,
gegen
BX.________,
CX.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Peter,
Obergericht des Kantons Luzern, Justizkommission als Rekursinstanz, Hirschengragben 16, 6002 Luzern.
Gegenstand
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des
Obergerichts des Kantons Luzern, Justizkommission als Rekursinstanz, vom 10. August 2005.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Mit Entscheid vom 27. Juli 2004 gewährte der Präsident des Amtsgerichts Willisau BX.________ und CX.________ (Beschwerdegegner) die unentgeltliche Rechtspflege - beschränkt auf die Anwaltskosten - für die Klage, welche sie mit dem Gesuch um Aussöhnung vom 10. Mai 2004 gegen A.________ (Beschwerdeführer) eingereicht hatten. Die Beschwerdegegner forderten vom Beschwerdeführer die Bezahlung von Fr. 161'200.--. Sie stützten sich auf eine Vereinbarung vom 24. Juni 1999, worin sich der Beschwerdeführer unter anderem verpflichtet hatte, das Geld aus dem Korporationsrecht an die Beschwerdegegner zurückzuzahlen. Diese Vereinbarung wurde am gleichen Tag abgeschlossen, an dem die Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer die landwirtschaftliche Liegenschaft O.________ in W.________ verkauften.
1.1 Am 4. Februar 2005 stellte der Beschwerdeführer das Gesuch, es sei den Beschwerdegegnern die Bewilligung zur unentgeltlichen Rechtspflege in dem vor dem Amtsgericht Willisau gegen ihn anhängig gemachten Prozess zu entziehen. Mit Entscheid vom 2. Mai 2005 trat der Amtsgerichtspräsident auf das Gesuch nicht ein. Der Gerichtspräsident führte zur Begründung des Nichteintretens an, die Gegenpartei im Hauptprozess sei zur Teilnahme am Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege nur dann berechtigt, wenn sie glaubhaft mache, dass sie gegebenenfalls ihren Anspruch auf Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung hätte geltend machen wollen; der Beschwerdeführer habe aber weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass er ein solches Begehren hätte stellen wollen.
1.2 Die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Luzern trat mit Entscheid vom 10. August 2005 auf den Rekurs des Beschwerdeführers gegen den Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten vom 2. Mai 2005 nicht ein. Sie legte dar, dass es sich beim Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege um ein Verfahren der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit handle und dass dem Beschwerdeführer keine Parteistellung zukomme. Zwar könne die Gegenpartei gemäss § 134 Abs. 3 Satz 2 der ZPO LU gegen die Bewilligung rekurrieren, wenn der Gesuchsteller von der Pflicht zur Sicherstellung befreit sei und in diesem Fall sei auch die Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht zulässig; indessen sei im vorliegenden Fall auf das Gesuch des Beschwerdeführers, den Beschwerdegegnern die unentgeltliche Rechtspflege zu entziehen, nicht eingetreten worden und der Beschwerdeführer habe gegen die frühere Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht rekurriert. Der Beschwerdeführer sei auch zur Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von § 265 Abs. 1 ZPO LU nicht legitimiert. Das Obergericht fügte an, dem Rekurs wäre auch materiell kein Erfolg beschieden, wenn darauf eingetreten werden müsste.
1.3 Mit Eingabe vom 15. September 2005 beantragt der Beschwerdeführer, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern vom 10. August 2005 sei aufzuheben. Zunächst bemerkt er, er habe am 15. September 2005 in das dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Dossier Einsicht nehmen wollen, was nicht möglich gewesen sei, weil das Dossier laut Auskunft der Obergerichtskanzlei bereits aufgelöst sei. Zur Beschwerdelegitimation führt er aus, er werde auch bei Obsiegen im Hauptprozess die ihm zugesprochene Entschädigung zufolge der finanziellen Bedürftigkeit der Gegenpartei nicht einbringen können. Nach Darstellung von Sachverhalt und bisherigem Verfahrensverlauf bringt er als "Kritik zum angefochtenen Entscheid" vor, das Obergericht widerspreche sich offensichtlich, wenn es einerseits behaupte, dem Beschwerdeführer komme im Verfahren betreffend Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege keine Parteistellung zu und dann ausführe, er hätte gegen den Bewilligungsentscheid rekurrieren können. Der in sich widersprüchlich begründete Nichteintretensentscheid verletze Art. 29 Abs. 1 BV. Als "abenteuerlich" qualifiziert er sodann die Begründung, welche das Obergericht für den Fall eines Sachentscheides gegeben habe.
1.4 Das Obergericht beantragt in der Vernehmlassung vom 8. November 2005, die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdegegner stellten in ihrer Vernehmlassung vom 1. Dezember 2005 die Anträge, auf die staatsrechtliche Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen.
1.5 Der Beschwerdeführer hat sich zu den Vernehmlassungen mit Eingabe vom 5. Dezember 2005 geäussert. Er hält daran fest, die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege seien entfallen, nachdem mit dem "Darlehensvertrag" vom 24. Juni 1999 über die wahre Natur des Geschäfts getäuscht worden sei und es sich um eine nichtige Vereinbarung handle. In Anwendung von § 137 ZPO LU sei die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege zu widerrufen.
2.
Die staatsrechtliche Beschwerde ist zulässig gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide (Art. 86 Abs. 1 OG) wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Legitimiert ist gemäss Art. 88 OG, wer in seinen rechtlichen Interessen verletzt ist. Zur Verfolgung bloss tatsächlicher Vorteile oder zur Geltendmachung allgemeiner öffentlicher Interessen ist die staatsrechtliche Beschwerde nicht gegeben. Unbekümmert um die Legitimation in der Sache selbst kann der Beschwerdeführer eine Verletzung von Verfahrensgarantien geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Er kann insbesondere rügen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden (BGE 114 la 307 E. 3c; vgl. auch BGE 127 II 161 E. 3b mit Verweisen). Die staatsrechtliche Beschwerde ist vorliegend insoweit zulässig, als der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht habe seine verfassungsmässigen Rechte verletzt, indem es auf das kantonale Rechtsmittel nicht eingetreten sei (BGE 127 I 133 E. 5 S. 136).
3.
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 110 la 1 E. 2a). Es ist darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte oder unbestrittenen Rechtsgrundsätze inwiefern verletzt worden sein sollen (BGE 130 I 26 E. 2.1 S. 31; 129 III 626E. 4 S. 629, je mit Hinweisen). Soweit die Beschwerde diesen Anforderungen nicht genügt, ist darauf nicht einzutreten.
3.1 Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 29 Abs. 1 BV und rügt, das Obergericht habe diese Verfassungsnorm verletzt, indem es den angefochtenen Nichteintretensentscheid in sich widersprüchlich begründet habe. Nach Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. Art. 29 Abs. 1 BV gewährleistetet ein faires Verfahren in Bezug auf die allgemeinen Verfahrensgarantien (vgl. BGE 131 I 272 E. 3.2; 130 I 388 E. 4 S. 393).
3.2 Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, welche der durch Art. 29 Abs. 1 BV gewährleisteten Garantien und inwiefern der Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt sein sollten. Insbesondere ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern das Obergericht durch die vom Beschwerdeführer beanstandete Auslegung und Anwendung der zur Beurteilung stehenden kantonalen Verfahrensbestimmungen den Anspruch des Beschwerdeführers auf gleiche und gerechte Behandlung durch das Obergericht verletzt haben könnte. Der Beschwerde ist allein die sinngemässe Rüge zu entnehmen, das Obergericht habe im Ergebnis eine formelle Rechtsverweigerung begangen, indem es die massgebenden kantonalen Verfahrensnormen willkürlich ausgelegt und namentlich den Entscheid in widersprüchlicher Weise begründet habe (vgl. BGE 106 la 337 E. 2 S. 339; 109 la 19 E. 5f).
3.3 Das Obergericht hat einerseits dargelegt, dass die Gegenpartei nach § 134 Abs. 3 Satz 2 ZPO LU gegen die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege rekurrieren kann, wenn der Gesuchsteller von der Pflicht zur Sicherstellung befreit ist. Es hat festgehalten, dass es vorliegend nicht um einen Fall von § 134 Abs. 3 Satz 2 ZPO LU gehe, da den Beschwerdegegnern die teilweise unentgeltliche Rechtspflege bereits mit Entscheid vom 27. Juli 2004 erteilt wurde und der Beschwerdeführer gegen diesen Entscheid nicht rekurriert habe. Anderseits hat das Obergericht ausgeführt, den Beschwerdegegnern sei die unentgeltliche Rechtspflege nicht entzogen worden, sondern es sei auf das Gesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten worden; die Voraussetzungen von § 134 Abs. 3 Satz 1 ZPO LU lägen somit nicht vor, weshalb offen bleiben könne, ob der Beschwerdeführer im Sinne dieser Bestimmung betroffen sei. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hat das Obergericht im angefochtenen Entscheid nicht vorbehaltlos festgehalten, es komme ihm keine Parteistellung zu; das Obergericht hat vielmehr in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Entscheid erwogen, dass die Gegenpartei gestützt auf § 134 Abs. 3 Satz 2 ZPO LU gegen die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege rekurrieren kann, wenn sie sich gegen die Befreiung von der Sicherstellung wendet. Das Obergericht hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer von diesem Rechtsmittel keinen Gebrauch gemacht habe. Die sinngemässe Behauptung des Beschwerdeführers, er habe dazu mangels Kenntnis des Entscheides keine Möglichkeit gehabt, wird von den Beschwerdegegnern bestritten und ist jedenfalls neu und damit im vorliegenden Verfahren unzulässig (vgl. BGE 129 I 49 E. 3 mit Verweisen).
4.
Die Rüge des Beschwerdeführers, das Obergericht habe ihm mit dem angefochtenen Nichteintretensentscheid formell das Recht verweigert und damit Art. 29 Abs. 1 BV verletzt, ist unbegründet. Der beiläufigen materiellen Begründung im angefochtenen Entscheid kommt keine eigenständige Bedeutung zu und der Beschwerdeführer rügt nicht, das Obergericht habe ihn in seinen verfassungsmässigen Rechten verletzt, indem ihm keine Akteneinsicht gewährt worden sei (Art. 90 Abs. 1 OG). Soweit die staatsrechtliche Beschwerde die formellen Anforderungen erfüllt, ist sie als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang ist die Gerichtsgebühr dem Beschwerdeführer zu auferlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat den anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnern deren Parteikosten zu ersetzen (Art. 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, Justizkommission als Rekursinstanz, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. Januar 2006
Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: