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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_980/2008 
 
Urteil vom 4. März 2009 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Kernen, Seiler, 
Gerichtsschreiberin Amstutz. 
 
Parteien 
I.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Marco Biaggi 
 
gegen 
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 24. September 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Nach medizinischen und beruflichen Abklärungen und durchgeführtem Vorbescheidverfahren sprach die IV-Stelle des Kantons Basel-Stadt dem seit 9. Juli 2003 (Posteingang) bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldeten I.________ (geb. 1967) mit Verfügung vom 7. Dezember 2007 rückwirkend ab 1. Juli bis 31. Dezember 2003 eine ganze Invalidenrente und ab 1. Januar 2004 eine bis 31. Juli 2005 befristete Dreiviertelsrente zu; im Zeitraum danach betrage der Invaliditätsgrad rentenausschliessende 35%. 
 
B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt hiess die dagegen erhobene Beschwerde gut und sprach I.________ in Aufhebung der Verfügung vom 7. Dezember 2007 ab 1. August bis Ende Dezember 2003 eine ganze und ab 1. Januar 2004 bis Ende Mai 2007 eine Dreiviertelsrente zu; zwecks Berechnung der Rentenleistungen wies es die Sache an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 24. September 2008). 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt I.________ beantragen, in teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm ab 1. Juni 2007 eine Viertelsrente zuzusprechen, eventualiter die Streitsache zwecks Neubeurteilung an die IV-Stelle zurückzuweisen. Des Weitern ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung. 
 
Die IV-Stelle Basel-Stadt schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG; Ausnahme: Beschwerden gemäss Art. 97 Abs. 2 BGG [Art. 105 Abs. 3 BGG]). 
 
2. 
Letztinstanzlich streitig und zu prüfen ist der - vorinstanzlich aufgrund eines ermittelten Invaliditätsgrades von 36 % verneinte - Anspruch auf eine Viertelsrente ab Juni 2007 (bis zur Verfügung vom 7. Dezember 2007 als zeitlicher Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis; BGE 130 V 445 E. 1.2 S. 445; 129 V 1 E. 1.2 S. 4, 354 E. 1 S. 356, je mit Hinweisen). Für den Zeitraum bis Ende Mai 2007 fehlt es an einem Antrag, weshalb darüber nicht zu urteilen ist (Art. 107 Abs. 1 BGG). 
 
3. 
Hinsichtlich der unstrittig nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) vorzunehmenden Invaliditätsbemessung rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, das trotz Gesundheitsschadens zumutbare, aufgrund der Tabellenlöhne der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen ermittelte Einkommen (Invalideneinkommen) um einen Abzug von 10% zu reduzieren; einen solchen gebiete die bloss teilzeitliche Einsatzfähigkeit in leidensangepassten Tätigkeiten. 
3.1 
3.1.1 Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen Durchschnittswerten ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert allenfalls zu kürzen. Als abzugsrelevante Faktoren anerkennt die Rechtsprechung eine nurmehr beschränkte Einsatzfähigkeit ehemaliger Schwerarbeiter selbst in leichteren Tätigkeiten, ferner persönliche und berufliche Merkmale der versicherten Person wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität oder Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad. Ein Abzug soll aber nicht automatisch erfolgen, sondern nur dann, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die versicherte Person wegen eines oder mehrerer dieser Merkmale ihre gesundheitlich bedingte (Rest-)Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem Einkommen verwerten kann. Bei der Bestimmung der Höhe des Abzuges ist der Einfluss aller in Betracht fallenden Merkmale auf das Invalideneinkommen unter Würdigung der Umstände im Einzelfall gesamthaft zu schätzen und insgesamt auf höchstens 25 % des Tabellenlohnes zu begrenzen (BGE 134 V 322 E. 5.2 S. 327 f., mit Hinweisen). 
3.1.2 Der hier umstrittene Abzug aufgrund des Beschäftigungsgrades trägt gemäss Rechtsprechung dem Umstand Rechnung, dass Teilzeitbeschäftigte in der Regel überproportional weniger verdienen als Vollzeitangestellte; dies trifft zumindest auf Männer mit einem Beschäftigungsgrad von maximal 89% (auf allen Anforderungsniveaus) zu (Urteil 8C_664/2007 vom 14. April 2008, E. 8.3 mit Hinweis auf LSE 2000, Tabelle 9 S. 24; vgl. auch LSE 2002, T8*, S. 28; LSE 2004, T6*, S. 25; LSE 2006, T2*, S. 16; zur proportional eher lohnerhöhenden Auswirkung der Teilzeitbeschäftigung bei Frauen mit einem Pensum von 50 % vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 575/00 vom 9. Mai 2001 und vorstehend erwähnte LSE-Quellen). Erfasst werden soll mit diesem Abzug nur die Teilzeitarbeit, nicht aber eine vollzeitliche Tätigkeit mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Bei letzterer verbietet es sich, regelmässig eine über die Einschränkung der Leistungsfähigkeit hinaus gehende, überproportionale Lohneinbusse anzunehmen und - in Analogie zum Abzugsfaktor "Beschäftigungsgrad" oder als eigenständiges neues Merkmal - beim leidensbedingten Abzug zu berücksichtigen (zum Ganzen Urteil I 69/07 vom 2. November 2007, E. 5.1 - E. 5.3, mit weiteren Hinweisen). 
3.1.3 Die Frage, ob ein Abzug vorzunehmen sei, ist rechtlicher Natur, während die Bestimmung der konkreten Höhe des Abzugs Ermessensfrage ist (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; vgl. auch BGE 134 V 322 E. 5.3 S. 328). Aufgrund der medizinischen Akten zu beantwortende, letztinstanzlich im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 BGG überprüfbare Tatfrage ist, ob die prozentualen Angaben der Ärztinnen und Ärzte zur Arbeitsunfähigkeit die Leistungseinschränkung in einem medizinisch zumutbarem Vollzeitpensum oder aber eine zeitliche Limitierung (behinderungsbedingt notwendige Reduktion des Arbeitspensums [mit darin grundsätzlich voller Leistungsfähigkeit]) bezeichnen. 
 
3.2 Nach den gestützt auf das Gutachten des Dr. med. A.________, Facharzt FMH für Rheumatologie, Physikalische Medizin und Rehabilitation, vom 8. Mai 2007 getroffenen und letztinstanzlich zu Recht nicht bestrittenen Feststellungen der Vorinstanz beträgt die Arbeitsfähigkeit im hier massgebenden Zeitraum (Juni bis Dezember 2007) 75 % in leichten bis mittelschweren, rückenschonenden Tätigkeiten (mit Sitzen während 30 Minuten, Stehen während 45 Minuten und Gehen während 30 Minuten sowie einer Traglimite von 7.5 kg). Ausgehend von dieser Restarbeitsfähigkeit und den LSE-Tabellenlöhnen (Basis 2004) ermittelte die Vorinstanz ein Invalideneinkommen von Fr. 42'943.-. Eine Kürzung dieses Betrags infolge Teilzeitarbeit lehnte sie ab, da die Beschreibung der Leistungseinschränkungen durch Dr. med. A.________ (75 %ige Arbeitsfähigkeit) "nicht eine Einschränkung der möglichen Präsenzzeit, sondern der Leistungsfähigkeit" beinhalte. 
 
3.3 Nach den zutreffenden Einwänden des Beschwerdeführers steht die Feststellung des kantonalen Gerichts, die von Dr. med. A.________ angegebene Arbeitsunfähigkeit von 75 % beinhalte "nicht eine Einschränkung der möglichen Präsenzzeit", in Widerspruch zu den Akten: Im Gutachten vom 8. Mai 2007 erklärt Dr. med. A.________, in der angegebenen Arbeitsfähigkeit von 75% seien "25 % als Leistungsminderung (vermehrte Pausen, früherer Feierabend etc.) bereits berücksichtigt" (Gutachten, S. 18, 2. Absatz). Aus dem Hinweis auf den "früheren Feierabend" geht unmissverständlich hervor, dass der Arzt nicht von einer vollzeitlichen Präsenz (d.h. mindestens 8.2 bis 8.4 Std./Tag respektive 41 bis 42 Std./Woche), sondern von einem reduzierten Arbeitspensum ausgeht; insbesondere lässt sich die vom Arzt erwähnte frühzeitige Niederlegung der Arbeit nicht den vom Gutachter als notwendig erachteten "vermehrten Pausen" zuordnen (welche allein nicht auf ein Teilzeitpensum schliessen lassen), werden letztere doch ausdrücklich zusätzlich zum frühzeitigen Feierabend genannt. Da im Gutachten auch nicht von einem bloss "gelegentlich" früheren Arbeitsende die Rede ist, kann die Aussage des Dr. med. A.________ einzig dahingehend verstanden werden, dass der Beschwerdeführer nicht vollzeitlich einsatzfähig ist. Die offensichtlich unrichtige gegenteilige Feststellung des kantonalen Gerichts ist für das Bundesgericht nicht verbindlich (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.4 Aus den zitierten Aussagen des Dr. med. A.________ ergibt sich zwar eindeutig eine bloss teilzeitliche Einsatzfähigkeit, nicht aber zwingend eine Pensenreduktion im Umfang von 25 % (Arbeitsunfähigkeitsgrad). Der Umstand, dass in der attestierten Arbeitsfähigkeit von 75 % nebst dem "früheren Feierabend" auch vermehrte Pausen und generell "allfällige Leistungsminderungen" berücksichtigt sind (Gutachten, S. 18, 3. Absatz), spricht eher dafür, dass die Prozentangabe von 75 % sowohl zeitliche (zumutbare Präsenzzeit/Arbeitspensum) als auch funktional-leidensbedingte Leistungseinschränkungen (verlangsamtes Arbeitstempo innerhalb der zugemuteten Präsenzzeit, vermehrte Pausen, regelmässige Positionswechsel etc.) erfasst. Der rein zeitlichen Limitierung ist jedoch erhöhtes Gewicht beizumessen, nachdem den leidensspezifischen Belastbarkeitsgrenzen grösstenteils bereits mit der genauen Umschreibung des zumutbaren Arbeitsprofils (vgl. E. 3.2 hievor) Rechnung getragen wird, Dr. med. A.________ den Versicherten im Übrigen für Tätigkeiten mit den oberen Extremitäten ausdrücklich als "leistungsfähig" bezeichnet (Gutachten, S. 16, Ziff. 2.2 und S. 17 Ziff. 3) und er auch bezüglich der unteren Extremitäten festhält, es bestehe "ein gutes Rendement, was ebenfalls die Leistungsfähigkeit nicht beachtlich einschränkt" (Gutachten, S. 17, Ziff. 3). Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass im Arbeitsunfähigkeitsgrad von 25 % der Anteil der zeitlichen Limitierung (Reduktion des Arbeitspensums) jedenfalls mehr als 10% beträgt. 
 
3.5 Männer mit einem Beschäftigungsgrad von 75% bis 89% werden in Tätigkeiten im Anforderungsniveau 4 überproportional tiefer entlöhnt im Vergleich zu Männern, welche ein Vollzeitpensum ausüben, was rechtsprechungsgemäss die Gewährung eines Abzugs gebietet (vgl. E. 3.1.2 hievor). Der vorinstanzliche Verzicht auf jeglichen Abzug ist daher rechtsfehlerhaft (Art. 95 lit. a BGG). Hinsichtlich der Höhe des Abzugs ist festzuhalten, dass die durchschnittliche Lohn-Differenz im Jahr 2004 bei rund 7.4 % und im Jahr 2006 bei gut 6 % lag (LSE 2004, T6*, S. 25; LSE 2006, T2*, S. 16). Selbst bei einem minimalen Teilzeitabzug von bloss 6 % resultiert aus der Gegenüberstellung der - vorinstanzlich für das Jahr 2004 ermittelten - Vergleichseinkommen ein Invaliditätsgrad von 40% ([Invalideneinkommen: 42'943.- x 0.94]; Valideneinkommen: 67'276.-; Invaliditätsgrad: 40%; betreffend Rundung von 39.99 % auf 40% vgl. BGE 130 V 121). Die nach den zutreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers vorinstanzlich rechtsfehlerhaft (BGE 129 V 222 E. 4.1 und 4.2 S. 223 f.) ausser Acht gelassene Nominallohnentwicklung bis ins Jahr 2007 ergibt keine Änderung des Invaliditätsgrades (Valideneinkommen: Nominallohnentwicklung Baugewerbe/Männer: + 1.1 % [2005], + 1.1 % [2006], + 1.6 % [2007]; Invalideneinkommen: Nominallohnentwicklung Privatsektor/Total/Männer: + 0.9 % [2005], + 1.1 % [2006]; + 1.6 % [2007]; Quelle: Bundesamt für Statistik, Schweizerischer Lohnindex nach Branche; T 1.1.93 Nominallohnindex Männer 2002-2007; http://www.bfs.admin.ch/bfs/ portal/de/index/themen/03/04/blank/data/02.html). Der Beschwerdeführer hat somit ab 1. Juni 2007 bis mindestens Dezember 2007 (Verfügungserlass) Anspruch auf eine Viertelsrente. 
 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten gehen ausgangsgemäss zu Lasten der IV-Stelle (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese ist zudem dem Beschwerdeführer gegenüber entschädigungspflichtig (Art. 68 Abs. 2 BGG), womit dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 24. September 2008 wird, soweit den Rentenanspruch ab 1. Juni 2007 betreffend, aufgehoben, und es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine Viertelsrente hat. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt zurückgewiesen. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 4. März 2009 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Meyer Amstutz