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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_1028/2020  
 
 
Verfügung vom 4. März 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hänni, als Einzelrichterin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Schaerz, 
 
gegen  
 
Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, 
Abteilung Gesundheitsberufe &, Bewilligungen (GEB), 
Stampfenbachstrasse 30, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Rezeptierung von Natrium-Pentobarbital zum Zwecke eines begleiteten Suizids für eine gesunde Person; Rechtsverzögerung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, vom 22. Oktober 2020 (VB.2020.00378). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Schreiben vom 26. Juli 2019 gelangte Prof. Dr. med. A.________ an den Kantonsarzt des Kantons Zürich und ersuchte diesen darum, ihm zu versichern, dass er einer Patientin, B.________ (geb. 1932), die gehbehindert, aber ansonsten einigermassen gesund sei, aus arztrechtlicher Sicht ein Rezept für die erforderliche letale Dosis Natrium-Pentobarbital ausstellen dürfe. Daraufhin antwortete der Bereich Medizin der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich am 12. August 2019, Prof. Dr. med. A.________ sei mehrmals auf die ärztliche Mitwirkung bei Suizidhilfe hingewiesen worden. Das vom ihm eingereichte Schreiben würde die Frage aufwerfen, ob Prof. Dr. med. A.________ gewillt oder in der Lage sei, im Bereich der Leistung von Suizidhilfe die geltenden ärztlichen Sorgfaltspflichten einzuhalten; er werde deshalb zu einem Gespräch mit dem Kantonsarzt eingeladen. 
Am 26. August 2019 präzisierte Prof. Dr. med. A.________ seine Anfrage dahingehend, dass es ihm im Sinn eines Leistungs- oder Gestaltungsbegehrens um die ärztliche Zulässigkeit der Abgabe von Natrium-Pentobarbital an eine sterbewillige Person, welche eine Suizidbegleitung mit dem Verein Dignitas durchführen möchte, im von ihm konkret geschilderten Sachverhalt gehe. Eventualiter sei sein Gesuch als Feststellungsbegehren entgegenzunehmen und zu behandeln. 
Mit Brief vom 19. September 2019 teilte der Bereich Medizin der Gesundheitsdirektion Prof. Dr. med. A.________ mit, dass an der in den bisherigen Schreiben gemachten Feststellung festgehalten werden, wonach Prof. Dr. med. A.________ mit der Rezeptierung von Natrium-Pentobarbital für den Suizid einer gesunden, lebensmüden Person seine sich aus der Heil- und Betäubungsmittelgesetzgebung ergebenden ärztlichen Sorgfaltspflichten verletzen und dies aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Betreffend Bewilligung der Verschreibung von Natrium-Pentobarbital bzw. Feststellung der Rechtmässigkeit hielt der Bereich Medizin fest, dass ihm keine Bewilligungsbefugnis zukomme und auch eine Feststellung nicht in Betracht komme, da dies einer Bewilligung gleichkäme. 
 
B.  
Auf eine am 27. September 2019 dagegen erhobene Beschwerde von Prof. Dr. med. A.________ trat die Gesundheitsdirektion mit Verfügung vom 4. Mai 2020 nicht ein. Gegen diesen Entscheid liessen Prof. Dr. med. A.________ und B.________ mit Eingabe vom 30. Mai 2020 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich führen. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 9. Dezember 2020 erhoben Prof. Dr. med. A.________ und B.________ Beschwerde an das Bundesgericht wegen Rechtsverzögerung durch das Verwaltungsgericht. Sie beantragten, das Verwaltungsgericht sei zu verpflichten, einen anfechtbaren Entscheid innert 14 Tagen ab Erhalt des Urteils des Bundesgerichts zu fällen und den Parteien zuzustellen. Eventualiter sei festzustellen, dass die Dauer des Verfahrens vor Verwaltungsgericht den Anspruch der Beschwerdeführer auf Beurteilung innert angemessener Frist gemäss Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 1 EMRK verletze. 
Mit Urteil vom 17. Dezember 2020 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, die Beschwerde vom 30. Mai 2020 in Bezug auf den Beschwerdeführer 1 ab, soweit es darauf eintrat, und trat auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 nicht ein. Dem Urteil kann entnommen werden, dass es am 30. Dezember 2020 versandt wurde. 
Das Verwaltungsgericht beantragt unter Hinweis auf sein Urteil vom 17. Dezember 2020 die Abweisung der Rechtsverzögerungsbeschwerde, soweit sie nicht wegen Gegenstandslosigkeit abzuschreiben sei, und verzichtet im Übrigen auf Vernehmlassung. Die Gesundheitsdirektion verzichtet auf Vernehmlassung. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) lässt sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines anfechtbaren Entscheids kann jederzeit Beschwerde geführt werden (Art. 94 i.V.m. Art. 100 Abs. 7 BGG). Die Beschwerde muss grundsätzlich dieselben formellen Voraussetzungen erfüllen wie alle anderen Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie kann sich nicht gegen das Verweigern oder Verzögern eines beliebigen, sondern nur eines beim Bundesgericht unmittelbar anfechtbaren Entscheids richten (Urteile 2C_543/2016 vom 18. August 2016 E. 2.1; 1C_189/2012 vom 18. April 2012 E. 1.2).  
Die vorliegende Beschwerde betrifft das Gebiet des öffentlichen Rechts, weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. das zutreffende Rechtsmittel darstellt. Sodann handelt es sich beim Entscheid, dessen Verzögerung geltend gemacht wird, um einen Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, der unmittelbar beim Bundesgericht anfechtbar ist (Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG) und unter keine der Ausnahmen gemäss Art. 83 BGG fällt. Die Beschwerdeführer sind zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Damit ist die Rechtsverzögerungsbeschwerde an sich zulässig. 
 
1.2. Mit der Eröffnung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2020 ist die Rechtsverzögerungsbeschwerde vom 9. Dezember 2020 indessen gegenstandslos geworden, weswegen die Instruktionsrichterin als Einzelrichterin die Abschreibung des Verfahrens zu verfügen hat (Art. 32 Abs. 2 BGG).  
Die Beschwerdeführer beantragen zwar eventualiter, für den Fall, dass das Verwaltungsgericht während der Rechtshängigkeit des bundesgerichtlichen Verfahrens einen anfechtbaren Endentscheid den Parteien zustellt, dass das Bundesgericht die Rechtsverzögerung trotzdem behandelt und ein Feststellungsurteil fälllt. Mit dem Entscheid des Verwaltungsgerichts in der Sache besteht jedoch kein aktuelles Interesse mehr daran, zu prüfen, ob das verwaltungsgerichtliche Verfahren ungebührlich viel Zeit in Anspruch nahm (vgl. Urteil 5A_339/2016 vom 27. Januar 2017 E. 1.2 mit Hinweisen). Die Frage nach der Dauer eines Verfahrens ist zudem derart einzelfallbezogen, dass sie sich kaum je unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellt, weshalb auch kein Grund besteht, ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen und praktischen Rechtsschutzinteresses zu verzichten (vgl. dazu BGE 141 II 91 E. 1.3). Auf den entsprechenden Eventualantrag ist daher nicht einzutreten. 
 
1.3. Über die Verfahrenskosten entscheidet die Einzelrichterin anhand einer summarischen Beurteilung aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrunds (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess [BZP; SR 273]). Es ist auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen (BGE 125 V 373 E. 2a).  
 
2.  
 
2.1. Art. 29 Abs. 1 BV statuiert einen allgemeinen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist (BGE 143 IV 373 E. 1.3.1). Dieser Anspruch wird missachtet, wenn die Sache über Gebühr verschleppt wird. Die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer entzieht sich starren Regeln. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob sich die Dauer unter den konkreten Umständen als angemessen erweist. Dies beurteilt sich nach der Art des Verfahrens und den konkreten Umständen der jeweiligen Angelegenheit (Komplexität der aufgeworfenen Sachverhalts- und Rechtsfragen, Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen, Verhalten der Verfahrensbeteiligten und der Behörden; vgl. BGE 135 I 265 E. 4.4; 130 I 312 E. 5.2).  
 
2.2. Die Beschwerdeführer reichten ihre Beschwerde an das Verwaltungsgericht am 30. Mai 2020 ein. Somit verstrichen bis zum Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2020 sechseinhalb Monate. Soweit ersichtlich, endete der Schriftenwechsel vor dem Verwaltungsgericht mit der Eingabe der Gesundheitsdirektion vom 7. Juli 2020, nachdem die Beschwerdeführer ausdrücklich auf eine weitere Stellungnahme verzichteten. In der Folge sind keine weiteren Verfahrensschritte erkennbar, woraus jedoch nicht zwingend auf eine Rechtsverzögerung zu schliessen ist (vgl. dazu BGE 130 IV 54 E. 3.3.3). Am 22. Oktober 2020 beantwortete das Verwaltungsgericht ein Schreiben der Beschwerdeführer, in welchem sie die Verfahrensdauer beanstandeten. Das Verwaltungsgericht machte keine Angaben, bis wann mit einem Entscheid gerechnet werden dürfe.  
 
2.3. Den Beschwerdeführern ist insoweit beizupflichten, als vorliegend gewichtige höchstpersönliche Interessen, insbesondere der Beschwerdeführerin 2, auf dem Spiel standen. Zu Recht weisen sie auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung hin, wonach in Verfahren, die im Zusammenhang mit der Beendigung des eigenen Lebens stehen, dem Beschleunigungsgebot besonders Rechnung zu tragen ist (Urteil 2C_608/2017 vom 24. August 2018 E. 6.5.2). Auch verursachten die Beschwerdeführer mit ihrem Verhalten - soweit ersichtlich - keine unnötigen Verzögerungen des Verfahrens.  
Indessen wies das Verfahren eine gewisse Komplexität auf und hatte eine Problematik zum Gegenstand, die einer sorgfältigen Beurteilung bedurfte. Sodann kann ein aussergewöhnlicher, vorübergehender Stau - wie vorliegend vom Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Pandemie-Massnahmen geltend gemacht wird - eine längere Verfahrensdauer unter Umständen rechtfertigen (vgl. Urteil 1C_534/2017 E. 2.4, mit Hinweis auf das Urteil [des EGMR]  Zimmermann und Steiner gegen Schweiz vom 13. Juli 1983 [8737/79] § 29).  
 
2.4. Aufgrund einer summarischen Prüfung erscheint die Verfahrensdauer vor Verwaltungsgericht von sechseinhalb Monaten angesichts der konkreten Umstände als vertretbar. Die Rechtsverzögerungsbeschwerde wäre somit mutmasslich abgewiesen worden.  
Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird jedoch verzichtet, da die Beschwerdeführer aufgrund des Schreibens des Verwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2020 und des Umstandes, dass bereits das Verfahren vor der Gesundheitsdirektion ganze sieben Monate beanspruchte, Anlass zur Erhebung der vorliegenden Rechtsverzögerungsbeschwerde hatten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach verfügt die Instruktionsrichterin:  
 
1.  
Das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben. Im Übrigen wird auf die Beschwerde nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
3.  
Diese Verfügung wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. März 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Einzelrichterin: Hänni 
 
Die Gerichtsschreiberin: Ivanov