Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_818/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 4. April 2017  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Schroff, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Bezirksgericht Weinfelden, 
2. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Elsbeth Aepli, 
3. Obergericht des Kantons Thurgau, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
unentgeltliche Rechtspflege, Kostenverteilung (Eheschutz), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 7. September 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ (1970) und B.________ (1969) heirateten im August 2004. Sie sind die Eltern der Tochter C.________ (2006). A.________ ist ausserdem die Mutter des D.________ (1999). Die Eltern hoben den gemeinsamen Haushalt auf. Mit Entscheid vom 21./22. Juli 2016 regelte das Bezirksgericht Weinfelden das Getrenntleben. Gleichzeitig wies es die Gesuche der Parteien um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung mangels Bedürftigkeit ab. 
 
B.   
Mit Urteil vom 7. September 2016 wies das Obergericht des Kantons Thurgau die vom Vater gegen das Urteil des Bezirksgerichts Weinfelden erhobene Berufung in der Hauptsache vollumfänglich ab. Im gleichen Entscheid wies es die von A.________ gegen die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege gerichtete Beschwerde ebenso wie das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das oberinstanzliche Verfahren mangels Bedürftigkeit ab. Gerichtskosten wurden A.________ keine auferlegt, hingegen wurde sie verpflichtet, B.________ mit Fr. 500.-- für das Beschwerdeverfahren zu entschädigen. 
 
C.   
Mit als Beschwerde bezeichneter Eingabe vom 31. Oktober 2016 wendet sich A.________ (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht, dem es beantragt, ihr sowohl für das erst- als auch das oberinstanzliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Eventualiter sei B.________ (Beschwerdegegner) zur Übernahme der gesamten Prozesskosten zu verpflichten. Subeventuell seien die Prozesskosten bei der Hauptsache zu belassen, mit Ausnahme der Kosten im Rechtsmittelverfahren vor Vorinstanz, die von der Staatskasse zu tragen seien. Im übrigen sei die Sache zur Neubeurteilung und Verteilung der Verfahrenskosten im kantonalen Verfahren an die Vorinstanz zurückzuweisen. Schliesslich beantragt die Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Verfahren vor Bundesgericht. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), mit welchem diese die Abweisung des Armenrechtsgesuchs der Beschwerdeführerin für den Zivilprozess vor dem Bezirksgericht bestätigt und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das kantonale Beschwerdeverfahren abgewiesen hat. Da der Entscheid zusammen mit dem Urteil in der Hauptsache ergangen ist, handelt es sich nicht um einen Zwischenentscheid (vgl. Urteil 5A_428/2015 vom 9. Oktober 2015 E. 1.2). Trotzdem folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache. Bei dieser geht es um Eheschutzmassnahmen, mit welchen auch die Obhutsfrage geregelt wurde, und damit um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) nicht vermögensrechtlicher Natur. Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde in Zivilsachen kann eingetreten werden.  
 
1.2. Weil Eheschutzverfahren als vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG gelten (BGE 133 III 393 E. 5.1 und 5.2), kann auch mit der vorliegenden Beschwerde betreffend die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Urteil 5A_213/2016 vom 7. Juli 2016 E. 1 mit Hinweisen). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip. Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 IV 265 E. 2.5). Dabei ist es allerdings an den Sachverhalt gebunden, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von diesen Sachverhaltsfeststellungen kann das Bundesgericht nur abweichen, wenn sie unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts zustande kamen (BGE 133 III 585 E. 4.1), was wiederum präzise geltend zu machen ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 3.2).  
Diesen Begründungsanforderungen kommt die Beschwerdeführerin nicht nach, wenn sie in rein appellatorischer Weise die Art. 104 Abs. 1, 106 und 107 ZPO und in diesem Zusammenhang das rechtliche Gehör als verletzt bezeichnet. Darauf ist nicht einzutreten. Damit sind den Eventualbegehren die Grundlagen entzogen. 
 
1.3. Mit der Beschwerde in Zivilsachen darf der Beschwerdeführer keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorbringen, es sei denn, erst der Entscheid der Vorinstanz habe dazu Anlass gegeben (Art. 99 Abs. 1 BGG). Diese Voraussetzung ist von vornherein nicht erfüllt, soweit eine Tatsache sich zwar auf das vorinstanzliche Prozessthema bezieht, jedoch erst nach dem Zeitpunkt eingetreten ist, in welchem sie im vorinstanzlichen Verfahren letztmals hätte berücksichtigt werden können. Solch "echte" Noven sind im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässig (BGE 135 I 221 E. 5.2.4; 133 IV 342 E. 2.1). Die neu ins Recht gelegten Schriftstücke sind daher unbeachtlich.  
 
2.  
 
2.1. Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege hat, wer nicht über die erforderlichen Mittel verfügt. Als bedürftig im Sinne von Art. 29 Abs. 3 BV gilt eine Person dann, wenn sie die Kosten eines Prozesses nicht aufzubringen vermag, ohne jene Mittel anzugreifen, die für die Deckung des eigenen notwendigen Lebensunterhalts und desjenigen ihrer Familie erforderlich sind (BGE 135 I 221 E. 5.1; 128 I 225 E. 2.5.1; je mit Hinweisen). Die prozessuale Bedürftigkeit beurteilt sich grundsätzlich nach der gesamten wirtschaftlichen Situation des Rechtsuchenden im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs. Dazu gehören einerseits sämtliche finanziellen Verpflichtungen, anderseits die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (BGE 135 I 221 E. 5.1; zuletzt Urteil 5A_428/2015 vom 9. Oktober 2015 E. 4.1). Dabei ist vom Bundesgericht frei zu prüfende Rechtsfrage, ob die Kriterien zur Bestimmung der Bedürftigkeit zutreffend gewählt worden sind; nur unter Willkürgesichtspunkten überprüfbare Tatfrage ist hingegen, ob und wieweit einzelne Elemente des erheblichen Sachverhalts erstellt sind.  
 
2.2. Die Vorinstanz hat die Bedürftigkeit mit der Begründung verneint, dass die Ehegatten gemäss Steuererklärung 2015 über bewegliches Vermögen von knapp Fr. 45'000.-- verfügten. Hinzu komme die Liegenschaft des Ehemannes, die einen Steuerwert von Fr. 564'000.-- aufweise und lediglich mit Fr. 421'000.-- hypothekarisch belastet sei. Ausgehend davon, dass der Verkehrswert einer Liegenschaft regelmässig höher liege als deren Steuerwert, sei auch eine Aufstockung der Hypotheken zumutbar. Zwar verfüge die Beschwerdeführerin gemäss Steuererklärung 2015 über kein eigenes Konto, sie habe jedoch Zugriff auf ein gemeinsames Konto der Parteien. Ausserdem besitze sie ein Sparkonto bei der Bank E.________, wozu sie allerdings keine Unterlagen eingereicht habe. Gleiches gelte hinsichtlich des Erbvorbezugs (Fr. 10'000.--) von ihrem Vater. Wohl behaupte die Beschwerdeführerin, davon eine Mietzinskaution, einen Mietzins und eine Wohnungseinrichtung gekauft zu haben, ohne allerdings Belege dazu einzureichen. Damit verletze sie ihre Mitwirkungspflicht. Insgesamt sei die Verwendung des Erbvorbezugs unbelegt, und zwar selbst dann, wenn die mit der verspäteten Eingabe vom 12. September 2016 eingereichten Belege berücksichtigt werden könnten. Es bleibe der Beschwerdeführerin indes unbenommen, mit den entsprechenden Belegen für den weiteren Verlauf des Verfahrens vom Beschwerdegegner einen Prozesskostenvorschuss zu beantragen, sofern dieser nicht bereit sei, auf Anrechnung an die Ausgleichszahlung aus Güterrecht die Vorschüsse zu bezahlen.  
 
2.3. Die Beschwerdeführerin kritisiert zwar allerlei, auf die Kernerwägung, wonach die Verwendung des Erbvorbezugs von Fr. 10'000.-- unbelegt geblieben sei, geht sie indes nicht ein. Gegen diese Beweiswürdigung wäre eine Willkürrüge am Platz gewesen. Eine solche trägt die Beschwerdeführerin nicht vor. Wohl lässt sie ausführen, der Entscheid über ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sei im summarischen Verfahren zu fällen, wo Glaubhaftmachung genüge, und die Vorinstanz erkläre nicht, inwiefern die von ihr eingereichten Unterlagen einer Glaubhaftmachung nicht genügt hätten. Hier spricht die Beschwerdeführerin thematisch die Anwendung des falschen Beweismasses an, ohne indes den Begründungsanforderungen entsprechend aufzuzeigen, welche tatsächlichen Feststellungen sie damit meint, und inwiefern - hier insbesondere die Verwendung des Erbvorbezuges betreffend - die Vorinstanz übermässige Anforderungen an den Beweis gestellt hat.  
Zu keinem anderen Ergebnis führt der Vorwurf, indem die Vorinstanz verspätet eingereichte Belege unberücksichtigt lasse, habe sie die für das Verfahren massgebliche soziale Untersuchungsmaxime verletzt. Die Beschwerdeführerin übergeht, dass die Vorinstanz ausdrücklich erwog, zum gleichen Beweisergebnis zu gelangen, selbst wenn die mit der verspäteten Eingabe vom 12. September 2016 eingereichten Belege berücksichtigt würden (s. E. 2.2 oben). Die dem Vorwurf zu Grunde liegende Prämisse ist demnach gar nicht gegeben, weshalb auf die Rüge nicht einzutreten ist. Das gleiche Schicksal ereilt die Rüge, die Vorinstanz habe das Gesuch auch gestützt auf die vom Ehemann geäusserte, von ihr selbst bestrittene Behauptung, wonach sie weitere Vermögen verheimliche, abgewiesen, denn eine solche Aussage lässt sich den vorinstanzlichen Erwägungen weder entnehmen noch hinein interpretieren. 
 
3.   
Gestützt auf die obigen Ausführungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit auf sie eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den kantonalen Instanzen ist keine Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG), ebenso wenig wie dem Beschwerdegegner, dem kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen. Wie die vorigen Ausführungen zeigen, müssen die vor Bundesgericht gestellten Begehren als von Anfang an aussichtslos gelten. Damit fehlt es an einer materiellen Anspruchsvoraussetzung (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. April 2017 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Zbinden