Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_93/2023
Urteil vom 4. April 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichter Hurni, Hofmann,
Gerichtsschreiber Eschle.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Sine Selman,
Beschwerdeführerin,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Einstellungsverfügung (Amtsmissbrauch, Körperverletzung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 16. Februar 2023 (BES.2018.187).
Sachverhalt:
A.
A.a. Am Abend des 19. Juni 2017 fuhr A.________ ohne Ticket im Zug von Zürich nach Basel. Bei der Ticketkontrolle gab sie dem Zugbegleiter ihre korrekten Personalien an und wies dabei ihren Pass vor. Als sie dem Zugbegleiter in der Folge ihren Pass nicht nochmals vorzeigte, erzürnte dieser und avisierte die Transportpolizei, die wiederum die Polizei beizog. Nach ihrem Ausstieg im Bahnhof Basel SBB wurde A.________ von uniformierten Polizeibeamten angehalten. Sie befand sich inzwischen in einem psychischen Ausnahmezustand, was sie selbst als Panikattacke beschrieb, und weigerte sich, gegenüber der Polizei ihren Pass vorzuweisen. Weinend und "zusammengekugelt" blieb sie auf ihrer Tasche sitzen. Nachdem sämtliches Zureden erfolglos blieb, zogen die Polizeibeamten A.________ an den Armen hoch, um sie auf ihre Beine zu stellen. Dies gelang erst nach mehreren Versuchen, da sich A.________ jeweils widersetzte, indem sie ihre Beine hochzog, statt sie auf den Boden zu stellen. Der Polizeibeamte wandte daraufhin den Schwanenhalsgriff an, eine Festnahmetechnik, die das Handgelenk traktiert, sodass die Hände mit Handschellen auf den Rücken gefesselt werden konnten. Dies löste bei A.________ erhebliche Schmerzen aus. Auch während dieses Vorganges wehrte sie sich heftig und trat mit den Beinen um sich, wobei sie mehrfach den rechten Fuss des Polizeibeamten B.________ im Bereich der Zehen traf. Anschliessend führten die beiden Polizeibeamten A.________ zum Polizeiwagen und fuhren mit ihr auf die Wache. Dort angekommen, verspürte sie einen brennenden Schmerz an der Hand, weshalb sie sich nach ihrer Entlassung direkt zur Notfallstation des Universitätsspitals Basel begab und ihr Handgelenk untersuchen liess. Dabei wurde eine Handgelenkskontusion diagnostiziert und eine Arbeitsunfähigkeit von weniger als drei Tagen festgestellt. Die einige Tage später erfolgte MRI-Untersuchung ergab keinen pathologischen Befund.
A.b. Am 18. September 2017 reichte A.________ Strafanzeige gegen Unbekannt respektive den Polizeibeamten B.________ wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch, einfache Körperverletzung, Tätlichkeit sowie sämtliche weitere infrage kommenden Delikte ein.
A.c. Mit Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt vom 22. Oktober 2018 wurde das Strafverfahren zufolge "Rechtmässigkeit des polizeilichen Handelns und Fehlens eines Tatbestandes" eingestellt.
B.
Mit Entscheid vom 16. Februar 2023 wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die von A.________ gegen die Einstellungsverfügung erhobene Beschwerde ab.
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ dem Bundesgericht sinngemäss, es sei der Beschwerdeentscheid aufzuheben und die Sache sei an die Staatsanwaltschaft zur Fortführung der Strafuntersuchung zurückzuweisen. Eventualiter sei das Verfahren zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten Ansprüche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. Es geht dabei in erster Linie um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1). Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 146 IV 76 E. 3 mit Hinweisen).
1.2. Gemäss § 3 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 17. November 1999 über die Haftung des Staates und seines Personals (Haftungsgesetz, HG/BS; SG 161.100) haftet der Staat für den Schaden, den sein Personal in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt. Gegenüber dem fehlbaren Personal steht der geschädigten Person kein Anspruch zu (§ 3 Abs. 2 HG/BS).
Bei den angezeigten Personen handelt es sich um Polizeibeamte des Kantons Basel-Stadt. Allfällige Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüche beurteilen sich daher ausschliesslich nach dem kantonalen Haftungsgesetz und sind öffentlich-rechtlicher Natur. Da der Beschwerdeführerin keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen die Polizeibeamten zustehen, ist sie in der Sache nicht zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert.
1.3. Ohne im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zur Beschwerde legitimiert zu sein, kann sich die Privatklägerschaft in der Sache dennoch gegen eine Verfahrenseinstellung oder einen Freispruch zur Wehr setzen, sofern ein verfassungsmässiger oder völkerrechtlicher Anspruch auf Ausfällung der im Gesetz vorgesehenen Strafen besteht. Die Rechtsprechung anerkennt gestützt auf Art. 10 Abs. 3 BV, Art. 3 und Art. 13 EMRK , Art. 7 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) sowie Art. 13 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (SR 0.105) einen Anspruch des Betroffenen auf wirksamen Rechtsschutz (BGE 141 IV 349 E. 3.4.2; 138 IV 86 E. 3.1.1; je mit Hinweisen). In diesem Sinne hat Anspruch auf eine wirksame und vertiefte amtliche Untersuchung, wer in vertretbarer Weise geltend macht, von staatlichen Stellen misshandelt worden zu sein (BGE 131 I 455 E. 1.2.5; zum Ganzen: Urteile 7B_472/2023 vom 7. November 2023 E. 3.1; 6B_1306/2022 vom 13. Juni 2023 E. 1.2; je mit Hinweisen).
Auf diese verfassungs- bzw. völkerrechtlichen Bestimmungen beruft sich die Beschwerdeführerin nicht, womit sich weitere Erwägungen diesbezüglich erübrigen (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.4. Soweit die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Sachverhaltskritik implizit eine Gehörsrüge vorträgt (Beschwerde, Rz. 17), ist diese unzulässig: Dabei geht es im konkreten Fall nicht um die Berechtigung, im Sinne der sog. "Star-Praxis" am Verfahren teilzunehmen (vgl. BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 78 E. 1.3; je mit Hinweisen), sondern im Ergebnis um eine rein materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids.
2.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unzulässig. Darauf ist nicht einzutreten.
Die Gerichtskosten sind entsprechend dem Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. April 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Eschle