Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_605/2023
Urteil vom 4. April 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiber Hochuli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Wehrlin,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle Bern, Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 22. August 2023 (200 23 500 IV).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________, geboren 1974, arbeitete bis Dezember 2005 als Kurierfahrerin. Am 23. Februar 2006 meldete sie sich erstmals wegen Rückenbeschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern (fortan: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) übernahm unter anderem eine Umschulung zur Kauffrau mit eidg. Fähigkeitszeugnis, brach jedoch die berufliche Eingliederungsmassnahme nach Einleitung des Mahn- und Bedenkzeitverfahrens mangels Erfüllung der Mitwirkungspflicht mit Verfügung vom 8. November 2010 ab.
Seit April 2013 war A.________ bei der B.________ AG in der Zustellung teilerwerbstätig. Ab Oktober 2016 litt sie zunehmend an Kniebeschwerden. Nach der Neuanmeldung vom 3. April 2017 sprach die IV-Stelle A.________ für die Dauer von Oktober 2017 bis Januar 2020 bei einem Invaliditätsgrad von 71 % bzw. anschliessend von 13 % eine befristete ganze Invalidenrente zu (Verfügung vom 27. August 2021).
A.b. Am 6. Januar 2023 sandte die Gemeinde U.________ (Abteilung Soziales) diverse medizinische Berichte zum Gesundheitszustand von A.________ an die IV-Stelle, worauf diese mit Vorbescheid vom 18. Januar 2023 ankündigte, auf das neue Leistungsbegehren mangels Glaubhaftmachung einer Veränderung der gesundheitlichen Verhältnisse seit 27. August 2021 nicht einzutreten. Daran hielt sie nach Einholung eines Berichtes des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) fest (Verfügung vom 30. Mai 2023).
B.
Die hiergegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Urteil vom 22. August 2023).
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das kantonale Urteil sei aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, auf die Neuanmeldung vom 6. Januar 2023 einzutreten.
Während die IV-Stelle auf Beschwerdeabweisung schliesst, verzichten die Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellungen von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4; Urteil 8C_557/2022 vom 4. August 2023 E. 2).
2.
2.1. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie das Nichteintreten der IV-Stelle auf die Neuanmeldung der Beschwerdeführerin vom 6. Januar 2023 bestätigte. Prozessthema bildet einzig die Frage, ob die Beschwerdeführerin im Verfahren der Neuanmeldung gemäss Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV der ihr obliegenden Beweisführungslast nachgekommen war, eine anspruchserhebliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse seit der am 27. August 2021 für die befristete Dauer vom 1. Oktober 2017 bis zum 31. Januar 2020 verfügten Rentenzusprache glaubhaft zu machen (vgl. SVR 2016 IV Nr. 57 S. 188, 9C_367/2016 E. 2.3 mit Hinweis; Urteil 8C_465/2022 vom 18. April 2023 E. 2 mit Hinweis).
2.2. Fest steht, dass hier der Gesundheitszustand, welcher bei der Terminierung der am 27. August 2021 befristet zugesprochenen Invalidenrente massgebend war, mit demjenigen bei Nichteintreten auf das Neuanmeldungsgesuch gemäss Verfügung vom 30. Mai 2023 zu vergleichen ist. Unbestritten ist sodann, dass in diesem Vergleichszeitraum seitens der Kniebeschwerden keine Verschlechterung eingetreten ist.
3.
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Neuanmeldung der Beschwerdeführerin nach Gesetz und Rechtsprechung massgebenden Grundlagen richtig dargestellt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
4.
4.1. Die Beschwerdeführerin rügt, das kantonale Gericht habe offensichtlich unrichtig festgestellt, dass keine Verschlechterung der Rückenbeschwerden dokumentiert sei. Es stelle überhöhte Anforderungen an den Beweisgrad des Glaubhaftmachens, was das Bundesgericht als Rechtsfrage frei zu prüfen habe. Eine relevante gesundheitliche Verschlechterung sei glaubhaft gemacht worden, weshalb die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Verfügung vom 30. Mai 2023 an die Beschwerdegegnerin zur materiellen Prüfung des Neuanmeldungsgesuchs zurückzuweisen sei.
4.2. Demgegenüber hat die Vorinstanz mit in allen Teilen überzeugender Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), zutreffend erkannt, dass die IV-Stelle die Voraussetzungen der Glaubhaftmachung einer anspruchserheblichen Änderung des Gesundheitszustandes innerhalb des massgebenden Vergleichszeitraumes (vgl. E. 2.2) hinsichtlich der seit 2014 geklagten Rückenbeschwerden zu Recht verneinte. Was die Beschwerdeführerin hiergegen vorbringt, ist offensichtlich unbegründet.
4.2.1. Der die Beschwerdeführerin seit 2017 knie-orthopädisch behandelnde Dr. med. C.________ berichtete gemäss angefochtenem Urteil anlässlich der Verlaufskontrolle vom 16. Oktober 2019 über "deutliche Rückenschmerzen [seit] den letzten drei Wochen", weshalb er beim Neurochirurgen Dr. med. D.________ angesichts der diagnostizierten Fazettengelenksarthrose die Durchführung einer Fazettengelenksinfiltration veranlasste. Letzterer stellte sodann bei der Verlaufsbeurteilung vom 7. Januar 2020 gemäss Bericht vom 7. Januar 2019 (richtig: 2020) fest, die Beschwerdeführerin klage über eine unveränderte Schmerzcharakteristik, jedoch von zunehmender Intensität. Laut einer MRI-Untersuchung der Lendenwirbelsäule (LWS) vom 19. Mai 2005 seien schon damals Osteochondrosen und Spondylarthrosen auf Höhe der LWK4/5 und LWK5/SWK1 beschrieben worden, die schon damals konservativ behandelt worden seien. Dr. med. D.________ verordnete Physiotherapie und riet zum vorsichtigen Rückenaufbau. Nachdem die Fazettengelenksinfiltration erfolglos geblieben war, empfahl er anlässlich der Verlaufsbeurteilung vom 3. Juni 2020 angesichts einer fehlenden neurokompressiven Pathologie die Fortsetzung von Physiotherapie und - bei längerfristig therapierefraktären Schmerzen - eine Infiltration des Iliosakralgelenks (ISG). Gestützt auf die RAD-ärztliche Beurteilung des Orthopäden Dr. med. E.________ vom 3. November 2020 ging die IV-Stelle bei der Zusprache einer bis zum 31. Januar 2020 befristeten Invalidenrente davon aus, dass der Beschwerdeführerin ab 16. Oktober 2019 eine leidensangepasste Tätigkeit wieder bei voller Arbeitsfähigkeit zumutbar sei (unangefochten in Rechtskraft erwachsene Verfügung vom 27. August 2021).
4.2.2. Im Vergleich zu dieser Ausgangslage lassen die Vorbringen der Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nicht darauf schliessen, Verwaltung und Vorinstanz hätten mit Blick auf die bei Neuanmeldung geltend gemachte Verschlechterung der Rückenbeschwerden Bundesrecht verletzt, indem sie die Glaubhaftmachung einer seit 27. August 2021 eingetretenen anspruchserheblichen Veränderung des Gesundheitszustandes verneinten. Im Anschluss an das Einsetzen einer Knietotalendoprothese vom 20. August 2021 attestierte Dr. med. C.________ bezüglich einer angepassten Tätigkeit ab 25. August 2022 wieder eine volle Arbeitsfähigkeit. Nach Ankündigung des Nichteintretens auf die Neuanmeldung liess die Beschwerdeführerin bei der IV-Stelle den Bericht des Dr. med. D.________ zur Konsultation vom 27. März 2023 einreichen. Zwar stellte dieser fest, die Beschwerdeführerin klage "seit letztem Herbst unter erneut exazerbierten tieflumbalen und lumbosakralen Rückenschmerzen". Doch obwohl die verschriebenen Schmerzmittel angeblich nicht in suffizientem Ausmass halfen und Dr. med. D.________ schon gemäss Verlaufsbeurteilung vom 3. Juni 2020 eine ISG-Infiltration vorgeschlagen hatte (E. 4.2.1), lehnte die Beschwerdeführerin weitere Infiltrationen ab. Daraus ist nicht auf einen erheblich angewachsenen Leidensdruck zu schliessen. Abgesehen von einer Fortsetzung der bekannten Schmerzmedikation und Physiotherapie attestierte Dr. med. D.________ mit Bericht vom 27. März 2023 lediglich eine vorübergehende einmonatige Arbeitsunfähigkeit von 100 %.
4.3. Angesichts der bloss weniger als zwei Jahre vor der hier streitgegenständlichen Neuanmeldung abgeschlossenen materiellen Prüfung des Rentenanspruchs ist das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung des vorinstanzlichen Beurteilungsspielraums (vgl. BGE 109 V 108 E. 2b mit Hinweis) nicht als bundesrechtswidrig zu beanstanden. Was die Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzlich bestätigte Verneinung der Glaubhaftmachung einer - praxisgemäss erforderlichen anspruchsbeeinflussenden - Tatsachenänderung (vgl. BGE 130 V 71) vorbringt, ändert nichts daran.
5.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid erledigt wird (Art. 109 Abs. 3 BGG).
6.
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 4. April 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Der Gerichtsschreiber: Hochuli