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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
H 228/03 
 
Urteil vom 4. Mai 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold 
 
Parteien 
Z.________, 1946, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes, Brunnmattstrasse 45, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin, 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, Glarus 
 
(Entscheid vom 17. Juni 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Firma W.________ AG, war seit ihrer Gründung der Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes (nachfolgend: Ausgleichskasse) angeschlossen. Y.________ amtete als Präsident mit Einzelunterschrift und Z.________ als Mitglied des Verwaltungsrates. Nachdem die Firma W.________ AG wegen ausstehender Beiträge mehrmals betrieben und gepfändet werden musste, wurde am ... 2002 über die Firma der Konkurs eröffnet. Das Konkursamt des Kantons Glarus legte am ... 2002 den Kollokationsplan auf. Mit Schadenersatzverfügungen vom 25. Oktober 2002 verpflichtete die Ausgleichskasse die ehemaligen Verwaltungsräte solidarisch zur Bezahlung von Schadenersatz für entgangene Beiträge in der Höhe von Fr. 45'898.40 (Y.________) bzw. von Fr. 17'144.20 (Z.________). 
B. 
Nachdem sowohl Y.________ als auch Z.________ Einspruch erhoben hatten, reichte die Ausgleichskasse am 28. und 29. November 2002 je eine Klage ein und beantragte, es seien Y.________ zur Bezahlung von Schadenersatz von Fr. 41'203.30 und Z.________ zur Bezahlung von Schadenersatz von Fr. 14'455.60, jeweils unter solidarischer Haftung des andern bis zum letztgenannten Betrag, zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus hiess die beiden Klagen mit Entscheid vom 17. Juni 2003 vollumfänglich gut. 
C. 
Z.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, es sei der kantonale Entscheid aufzuheben und festzustellen, dass er der Ausgleichskasse keinen Schadenersatz schulde; eventualiter sei die Sache an das kantonale Gericht zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und die Ausgleichskasse schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der mitbeteiligte Y.________ sowie das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist vollumfänglich einzutreten, da die Ausgleichskasse in ihrer Klage lediglich Schadenersatz für entgangene Beiträge kraft Bundesrechts geltend macht (BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis). 
1.2 Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
Die Vorinstanz hat die zeitliche Anwendung des seit 1. Januar 2003 in Kraft stehenden Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; BGE 129 V 4 Erw. 1.2; AHI 2004 S. 111, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die Bestimmungen über die Arbeitgeberhaftung (Art. 52 AHVG; Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV, je in der hier massgebenden Fassung bis 31. Dezember 2002) sowie die hiezu ergangene Rechtsprechung, insbesondere über die subsidiäre Haftung der Organe eines Arbeitgebers (BGE 123 V 15 Erw. 5b; SVR 2003 AHV Nr. 1 S. 2 Erw. 3, je mit Hinweisen), den zu ersetzenden Schaden (BGE 126 V 444 Erw. 3a, 123 V 15 Erw. 5b, 121 III 384 Erw. 3bb, je mit Hinweisen), die erforderliche Widerrechtlichkeit (BGE 118 V 195 Erw. 2a; SVR 2001 AHV Nr. 15 S. 52 Erw. 6, je mit Hinweisen), die Voraussetzung des Verschuldens (BGE 108 V 186 Erw. 1b, 202 Erw. 3a; ZAK 1992 S. 248 Erw. 4b, 1985 S. 620 Erw. 3b, je mit Hinweisen) sowie den verlangten adäquaten Kausalzusammenhang (BGE 125 V 461 Erw. 5a, 119 V 406 Erw. 4a; AHI 1996 S. 292 Erw. 4, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
3. 
Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, ist der Schaden ausgewiesen, was vom Beschwerdeführer zu Recht auch nicht beanstandet wird. Ebenfalls bestreitet er nicht, dass die konkursite Firma ihren gesetzlichen Pflichten in schuldhafter Weise nicht nachgekommen ist. Hingegen macht er geltend, das kantonale Gericht gehe tatsachenwidrig davon aus, er sei Verwaltungsrat mit Berechtigung zur Einzelunterschrift gewesen. Zudem beruft er sich darauf, dass ihm persönlich weder ein grobfahrlässiges noch absichtliches Verschulden am Schaden der Ausgleichskasse vorgeworfen werden könne. 
3.1 Die Rechtsprechung hat erkannt, dass auch das nicht geschäftsführende Mitglied eines Verwaltungsrates sich nicht seiner gesetzlichen Pflicht zur Oberaufsicht der Geschäftsleitung entziehen kann; vielmehr hat dieser Verwaltungsrat, solange er die formelle Organstellung beibehält, seiner unentziehbaren und undelegierbaren Aufgabe zur Überwachung der Geschäftsführung, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, nachzukommen; bei nur aus wenigen Personen zusammengesetzten Verwaltungsräten ist ein strenger Massstab anzuwenden (BGE 109 V 88 Erw. 6; ZAK 1992 S. 255 Erw. 7b, 1989 S. 104 Erw. 4; Urteil V. vom 15. September 2000, H 45/00, mit Hinweisen). So stellt denn der Umstand, dass einem Verwaltungsrat nicht die Kompetenz zur Ausführung von Zahlungen zukam, kein entlastendes Moment dar (vgl. Urteil S. vom 5. Oktober 2000, H 210/99). Insofern kann offen bleiben, ob die Vorinstanz zu Recht auf seine Berechtigung zur Einzelunterschrift abgestellt hat, da dies den Beschwerdeführer so oder anders nicht von seiner Pflicht zur Leistung von Schadenersatz zu entbinden vermöchte. 
3.2 Nach der Rechtsprechung entlasten persönliche finanzielle Verluste der Belangten infolge Konkurses der Firma diese nicht, da ihnen nicht der Konkurs der Firma, sondern das Nichtbefolgen der Beitragspflicht vorgeworfen wird und im Einschiessen privater Mittel kein Bestreben zu deren Erfüllung erblickt werden kann (Urteil F., S. und B. vom 4. Dezember 2003, H 173/03, Urteil D. vom 8. Oktober 2001, H 94/01, Urteil B. vom 26. September 2001, H 19/01, Urteil W. und C. vom 13. Dezember 2000, H 124/00 und 125/00). Ebenso wenig vermag den Beschwerdeführer der Umstand, dass er auf eigene Kosten eine Treuhandfirma mit der Ausarbeitung eines Sanierungskonzeptes beauftragte, zu entlasten, da auch dies keine Massnahme zur Begleichung der ausstehenden Beiträge darstellt. 
3.3 
3.3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe den Verwaltungsratspräsidenten und Geschäftsführer Y.________ im Beisein des Rechtsanwaltes X.________ mehrfach aufgefordert, die Ausstände bei der Ausgleichskasse sofort zu begleichen; zu diesem Zeitpunkt seien auch noch genügend finanzielle Mittel vorhanden gewesen, um dieser Zahlungspflicht nachzukommen. Der Geschäftsführer habe dies jedoch entgegen seinen Versprechungen unterlassen. Auch habe er den Geschäftsführer bereits früher zur Liquidierung der Gesellschaft gedrängt, weshalb man ebenfalls X.________ aufgesucht habe. 
3.3.2 Der Beschwerdeführer vermag keine Unterlagen, wie etwa schriftliche Aufforderungen an Y.________ oder dergleichen, beizubringen, die seine Darlegungen bestätigen würden. Es ist auch nicht dargetan, was der Beschwerdeführer sonst unternommen hätte, um die Bezahlung der ausstehenden AHV-Beiträge zu erreichen. Denn entgegen der von ihm vorgebrachten Einwände hätte es sehr wohl solche Möglichkeiten gegeben. So hätte er etwa das von ihm wiederholt eingeschossene Geld direkt zur Begleichung der ausstehenden Beiträge verwenden können, anstatt es dem Geschäftsführer zu übergeben. Dies gilt umsomehr, als eine Sanierung der Firma angesichts der Höhe der Schulden (vgl. Auskunft des Konkursamtes über den Kollokationsplan mit eingegebenen Forderungen von über Fr. 550'000.-) nicht von der Nichtbezahlung der ausstehenden Beiträge von Fr. 45'898.40 abhängen konnte (Urteil W. und C. vom 13. Dezember 2000, H 124/00 und 125/00, Urteil U. vom 23. August 2000, H 405/99). Auch hat der Beschwerdeführer trotz der angeblich wiederholt gebrochenen Versprechen des Y.________ und dem seit Jahren nachlässigen Zahlungsverhalten gegenüber der Ausgleichskasse keine Konsequenzen aus diesem Verhalten gezogen und trat erst, als der Konkurs absehbar war, am 9. Oktober 2001 aus dem Verwaltungsrat aus. 
 
Nach dem Gesagten kann der Vorinstanz kein Vorwurf gemacht werden, dass sie den angerufenen Zeugen X.________ nicht einvernommen hatte. Denn dem Beschwerdeführer ist - auch unter Berücksichtigung der nicht nachgewiesenen Aufforderungen an Y.________ zur Bezahlung der ausstehenden Beiträge - unter Berücksichtigung der gesamten Umstände ein grobfahrlässiges Verschulden vorzuwerfen, nachdem ihm spätestens auf Grund des Schreibens der Ausgleichskasse vom 26. November 1998 die Beitragsausstände (damals Fr. 29'420.60 für 1996-1998), bekannt waren. Da sich in den folgenden Jahren hieran nichts änderte - die Beitragsausstände im Gegenteil noch anwuchsen -, hätte der Beschwerdeführer angesichts seiner fruchtlosen Bemühungen umgehend aus dem Verwaltungsrat zurücktreten müssen, um keine Haftungsfolgen zu gewärtigen. 
3.4 Da mit der Vorinstanz auch der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beschwerdeführers und dem Eintritt des Schadens bei der Ausgleichskasse zu bejahen ist, sind sämtliche Voraussetzungen für eine Haftung nach Art. 52 AHVG erfüllt. Der Beschwerdeführer ist demnach zu verpflichten, der Ausgleichskasse Schadenersatz für entgangene Beiträge in der Höhe von Fr. 14'455.60 zu bezahlen. 
4. 
Weil es weder um die Bewilligung noch Verweigerung von Leistungen geht, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Der unterliegende Beschwerdeführer hat dem Ausgang des Verfahrens entsprechend die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1300.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, dem Bundesamt für Sozialversicherung und Y.________ zugestellt. 
Luzern, 4. Mai 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: 
 
i.V.