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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_3/2010 
 
Urteil vom 4. Mai 2010 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, 
nebenamtlicher Bundesrichter Locher, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. X.________, 
2. Y.________, 
Beschwerdeführer, beide vertreten durch BB Treuhand AG, 
 
gegen 
 
Steueramt des Kantons Aargau, Rechtsdienst, 
Telli-Hochhaus, 5004 Aarau. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern 1999/2000, 
Revision gemäss § 263 StG
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 4. November 2009. 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ erhielt im November 1999 bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Austrittsentschädigung von Fr. 580'000.--. Davon zahlte er Fr. 200'122.95 in eine Pensionskasse ein. 
 
B. 
X.________ und Y.________ wurden von den Steuer(gerichts)behörden ihres damaligen Wohnsitzkantons Aargau bei den Staats- und Gemeindesteuern einer gesonderten Jahressteuer 1999 auf Fr. 560'816.20 unterworfen (Austrittsentschädigung minus Abzüge; Urteil des kantonalen Steuergerichts vom 17. Februar 2005). Der Einkauf in die Pensionskasse wurde im gleichen Kanton nicht als ausserordentliche Aufwendung anerkannt (so kantonal letztinstanzlich das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 4. November 2009 zur Revision der Staatssteuer-Veranlagung 1999/2000). 
 
C. 
Am 4. Januar 2010 haben X.________ und Y.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragen, das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 4. November 2009 aufzuheben; der Pensionskasseneinkauf sei bei der Staatssteuer als ausserordentliche Aufwendung 1999/2000 mindestens anteilsmässig für die Dauer ihrer unbeschränkten Steuerpflicht im Kanton Aargau (d.h. vor ihrer Wohnsitznahme im Kanton Zürich per 15. Dezember 2000) zum Abzug zuzulassen. 
 
D. 
Das Kantonale Steueramt Aargau schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und die Eidgenössische Steuerverwaltung haben auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich zulässig (vgl. Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG, SR 642.14]). 
 
1.2 Die Beachtung der Vorgaben der Steuerharmonisierung prüft das Bundesgericht mit voller Kognition; es gelten insoweit die allgemeinen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG. Die Anwendung von nicht harmonisierungsbedürftigem kantonalem Recht wird indessen nur auf Willkür hin überprüft (vgl. BGE 134 I 153 E. 4.2.2 S. 158). Wenn eine Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht geltend gemacht wird (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG), müssen die Beschwerdeführer - über die allgemeine Begründungspflicht hinaus - in ihrer Eingabe präzise und in Auseinandersetzung mit den Erwägungen der Vorinstanz im Einzelnen darlegen, inwiefern der angefochtene Entscheid widerrechtlich sein soll (sog. qualifizierte Rügepflicht; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Diesen Erfordernissen wird die vorliegende Beschwerde nicht vollumfänglich gerecht; sofern das nicht der Fall ist, kann auf sie nicht eingetreten werden. 
 
2. 
2.1 Der Kanton Aargau ging am 1. Januar 2001 bei den natürlichen Personen von der zweijährigen Vergangenheits- zur einjährigen Gegenwartsbemessung über. Zur Vermeidung einer sog. Bemessungslücke in den beiden Jahren vor dem Wechsel werden gemäss Art. 69 StHG und § 263 des aargauischen Steuergesetzes vom 15. Dezember 1998 (StG/AG, SAR 651.100) die ausserordentlichen Einkünfte der Jahre 1999 und 2000 gesondert besteuert. Weiter bestimmt § 263 Abs. 4 StG/AG: "Die in der Steuerperiode 1999/2000 angefallenen a.o. Aufwendungen können in dieser Steuerperiode abgezogen werden, wenn am 1. Januar 2001 eine Steuerpflicht auf Grund persönlicher Zugehörigkeit im Kanton besteht. Bereits rechtskräftige Veranlagungen werden zu Gunsten der steuerpflichtigen Person revidiert." 
 
2.2 Auf diese Vorschrift hat sich das Verwaltungsgericht gestützt, um den Abzug des getätigten Pensionskasseneinkaufs vom steuerbaren Einkommen der Jahre 1999/2000 revisionsweise zu verweigern. Zwar hätte der Einkaufsbeitrag an sich eine ausserordentliche Aufwendung im Sinne von § 263 Abs. 5 lit. b StG/AG dargestellt. Jedoch waren die Beschwerdeführer (nach ihrer Wohnsitznahme im Kanton Zürich per 15. Dezember 2000) am 1. Januar 2001 nicht mehr unbeschränkt im Kanton Aargau steuerpflichtig, wie § 263 Abs. 4 StG/AG das fordert. 
Vergeblich wenden die Beschwerdeführer dagegen ein, Art. 69 Abs. 4 lit. a StHG beziehe sich nur auf eine allgemeine "Steuerpflicht", nicht aber auf die "Steuerpflicht auf Grund persönlicher Zugehörigkeit" im Speziellen, wie § 263 Abs. 4 StG/AG das harmonisierungswidrig zusätzlich verlange; da in ihrem Fall sogar nach der Wohnsitznahme im Kanton Zürich Grundeigentum im Kanton Aargau und somit eine (beschränkte) Steuerpflicht bestanden habe, sei der Abzug des Pensionskasseneinkaufs vom steuerbaren Einkommen 1999/2000 zu Unrecht verweigert worden. 
Dieser Argumentation hat die Vorinstanz indessen bundesrechtskonform Zweierlei entgegengesetzt: Einerseits hat sie zutreffend festgehalten, dass der Bundesgesetzgeber mit Art. 69 Abs. 4 lit a StHG die Kantone nicht dazu anhalten wollte, ausserordentliche Aufwendungen seitens von Pflichtigen anerkennen zu müssen, welche nicht (mehr) der dortigen Steuerhoheit unterstehen, sondern gegenteils vermeiden wollte, den Kantonen solche Steuerausfälle aufzuerlegen (vgl. dazu E. 3.1 des angefochtenen Urteils, S. 8). Andererseits hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die bundesgerichtliche Praxis (vgl. Urteil 2P.80/2002 vom 30. Oktober 2002, ZStP 12/2003 72 E. 4.1) zu Recht erwogen, dass die genannte Bestimmung bezweckt, bei ausserordentlichen Aufwendungen den Verlust der Abzugsmöglichkeit dann zu verhindern, wenn er systemwechselbedingt ist, nicht aber, wenn er auf anderen Gründen beruht (vgl. E. 3.3.1 des angefochtenen Urteils, S. 10). Mit diesen zwei wesentlichen Gesichtspunkten setzen sich die Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht auseinander, weshalb es sich erübrigt, ansonsten noch im Einzelnen auf ihre Vorbringen einzugehen. 
 
2.3 Im Folgenden genügt es, noch kurz verschiedene Argumente der Beschwerdeführer zu prüfen: 
Fehl geht auch der Einwand, es bestehe eine rechtswidrige Ungleichbehandlung zwischen der Beurteilung der vorliegenden Problematik und der Anerkennung von Liegenschaftsunterhalt auf im Kanton verbleibendem Grundeigentum (wo also der weiterhin bestehenden beschränkten Steuerpflicht Rechnung getragen werde). Das lässt ausser Acht, dass es hier eben nicht um liegenschaftsbezogene Fragen geht, sondern um eine solche, bei der - wie bereits betont (vgl. oben E. 2.2) - das Erfordernis der subjektiven Zugehörigkeit wesentlich ist; daran ändert nichts, dass nicht alle Kantone die genannte Frage übereinstimmend gelöst haben. 
Genauso wenig kann den Beschwerdeführern dort gefolgt werden, wo sie behaupten, wenn der Pensionskasseneinkauf nicht als ausserordentliche Aufwendung zum Abzug zugelassen werde, dann führe das zwangsläufig dazu, dass die entsprechende Rente zweimal, somit in Verletzung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und letztlich konfiskatorisch besteuert werde. Diese Sichtweise verkennt jedoch Folgendes: Wenn § 263 Abs. 4 StG/AG den Verlust der Abzugsfähigkeit nur in den systemwechselbedingten Fällen verhindern will, so werden damit die Vorgaben der Bundesgesetzgebung wie auch die massgeblichen Verfassungsgarantien rechtskonform umgesetzt (vgl. oben E. 2.2). Aus dem gleichen Grund erweisen sich die verschiedenen Verfassungsrügen der Beschwerdeführer als unbegründet, soweit sie überhaupt zulässig sind (vgl. oben E. 1.2). 
Selbst wenn die Beschwerdeführer am 1. Januar 2001 im Kanton Aargau immer noch unbeschränkt steuerpflichtig gewesen wären, hätte sich ein voll einkommenswirksamer Pensionskasseneinkauf als problematisch erwiesen. Ein solcher Abzug könnte praktisch ein zweites Mal beansprucht werden, finanziert durch die nur sehr massvoll besteuerte Kapitalzahlung. Ähnliche Vorgehensweisen sind auch schon als rechtsmissbräuchlich bzw. als Steuerumgehung qualifiziert worden (vgl. u.a. StR 58/2003 879 E. 3.2). 
Unbehelflich ist schliesslich die Forderung nach einer "Vorwirkung" von Art. 78b StHG; diese Bestimmung wurde auf den 1. Januar 2001 in Kraft gesetzt und ist somit auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbar (vgl. auch ZStP 12/2003 72 E. 4.1). 
 
3. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern unter Solidarhaft aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Steueramt und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 4. Mai 2010 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Zünd Matter