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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5F_3/2011 
 
Urteil vom 4. Mai 2011 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, 
Gerichtsschreiber V. Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thierry Cagianut, 
Gesuchstellerin, 
 
gegen 
 
Z.________, 
Gesuchsgegner, 
 
Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, Hochschulstrasse 17, 3001 Bern, 
 
Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Oberland West, Scheibenstrasse 11, 3600 Thun. 
 
Gegenstand 
Revision des bundesgerichtlichen Urteils vom 16. Februar 2011, 
 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 5A_781/2010 vom 16. Februar 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Im Streit um die Eintreibung von Alimenten für ihre minderjährige Tochter leitete X.________ am 23. März 2010 gegen den getrennt von ihr lebenden Ehemann und Vater Z.________ beim Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Oberland West, die Betreibung ein und ersuchte für dieses Betreibungsverfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Das Betreibungsamt stellte am 25. März 2010 drei Zahlungsbefehle aus. Gleichentags hiess das Betreibungs- und Konkursamt Berner Oberland das Rechtspflegegesuch gut. 
 
B. 
Am 2. Juli 2010 stellte das Betreibungsamt X.________ drei Verlustscheine aus, weil beim Schuldner kein pfändbares Vermögen habe festgestellt und kein künftiger Lohn gepfändet werden können. Zugleich auferlegte es X.________ die Gebühren für die drei Betreibungen. Darauf gelangte X.________ an die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern. Diese wies die Beschwerde mit Entscheid vom 22. Oktober 2010 ab, soweit sie nicht gegenstandslos geworden war; Kosten wurden keine gesprochen. 
 
C. 
Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde in Zivilsachen hiess das Bundesgericht mit Urteil vom 16. Februar 2011 teilweise gut. Es hob Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids auf und wies die Sache zu neuem Entscheid an die Aufsichtsbehörde zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Für unbegründet hielt das Bundesgericht namentlich X.________s Rüge, die Aufsichtsbehörde habe ihr für das kantonale Beschwerdeverfahren ohne gesetzliche Grundlage die Entschädigung für ihren amtlichen Vertreter verweigert. X.________s Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren schrieb das Bundesgericht als gegenstandslos ab. Es auferlegte Z.________ die Gerichtskosten und verurteilte ihn, X.________ für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen (Urteil 5A_781/2010). 
 
D. 
Mit als "Revisions- und Berichtigungsgesuch" bezeichneter Eingabe vom 13. April 2011 beantragt X.________ (im Folgenden "Gesuchstellerin"), Ziff. 1 Satz 3 sowie Ziff. 2 des bundesgerichtlichen Urteilsdispositivs vom 16. Februar 2011 aufzuheben und neu zu entscheiden sowie dessen Ziff. 4 zu berichtigen. Die Gesuchstellerin verlangt, die Staatskasse des Kantons Bern sei anzuweisen, ihr für die amtliche Rechtsvertretung vor der kantonalen Aufsichtsbehörde eine Entschädigung im Betrag von Fr. 6'900.-- zuzüglich Mehrwertsteuer von 7.6 % auszuzahlen; eventualiter sei die Sache zur Festsetzung einer angemessenen Entschädigung an die Aufsichtsbehörde zurückzuweisen. Weiter sei als Beschwerdegegner ausschliesslich das Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Oberland West, zu bezeichnen; ihm sei die Prozessentschädigung für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren in der Höhe von Fr. 2'000.-- aufzuerlegen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Revision eines Bundesgerichtsurteils kann unter anderem verlangt werden, wenn das Bundesgericht die Dispositionsmaxime verletzt (Art. 121 lit. b BGG) oder in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat (Art. 121 lit. d BGG). Beide genannten Revisionsgründe betreffen eine "Verletzung anderer Verfahrensvorschriften" im Sinne von Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG, für deren Geltendmachung das Revisionsgesuch binnen dreissig Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids beim Bundesgericht eingereicht werden muss. Mit der vorliegenden Eingabe hat die Gesuchstellerin diese Frist gewahrt. Die Gesuchstellerin ist im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren mit ihren Anträgen teilweise unterlegen und deshalb zum Revisionsgesuch legitimiert. 
 
1.2 Damit das Bundesgericht auf ein Revisionsgesuch eintreten kann, genügt es zwar grundsätzlich, wenn der Gesuchsteller einen Revisionsgrund anruft oder zumindest Tatsachen nennt, die von einem der gesetzlichen Revisionsgründe erfasst sind. Ob tatsächlich ein Grund zur Revision vorliegt, ist nicht eine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Begründung (vgl. Urteil 2A.396/2006 vom 22. Januar 2007 E. 2.1 mit Hinweisen). Immerhin gelten auch für die Revision die in Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG enthaltenen Vorschriften. Danach sind die gestellten Begehren in der Rechtsschrift zu begründen, das heisst es ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. 
 
Soweit sich die Gesuchstellerin in ihrem Schriftsatz auf den Revisionsgrund der Verletzung der Dispositionsmaxime gemäss Art. 121 lit. b BGG beruft, genügt ihr Revisionsgesuch den geschilderten Minimalanforderungen an die Begründungspflicht nicht. Die Gesuchstellerin äussert sich nämlich mit keinem Wort dazu, inwiefern das Bundesgericht ihr im beanstandeten Urteil weniger zugesprochen hätte, als die Gegenpartei anerkannt hat. Insofern kann das Bundesgericht auf das Revisionsgesuch nicht eintreten. 
 
2. 
Als Revisionsgrund macht die Gesuchstellerin zur Hauptsache die versehentliche Nichtberücksichtigung von Tatsachen geltend (Art. 121 lit. d BGG). 
 
2.1 Wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften kann die Revision nach Art. 121 lit. d BGG verlangt werden, wenn das Bundesgericht eine Tatsache oder ein bestimmtes Aktenstück übersehen oder mit einem falschen Wortlaut wahrgenommen hat. Der Revisionsgrund ist nicht gegeben, wenn das Bundesgericht die fraglichen Aktenstellen und Vorbringen zwar durchaus berücksichtigt, aber nicht so gewürdigt und beurteilt hat, wie der Gesuchsteller dies wünscht und im Beschwerdeverfahren beantragt hat. Ebenso wenig besteht Anlass zur Aufhebung des Urteils, wenn das Bundesgericht Umstände, die sich aus den Akten ergaben, deshalb nicht ausdrücklich erwähnte, weil sie gar nicht entscheiderheblich waren (vgl. BGE 127 V 353 E. 5b S. 358; 122 II 17 E. 3 S. 18 f., je mit Hinweisen). Vor allem aber dient die Revision auch nicht dazu, allfällige Versäumnisse im vorinstanzlichen Verfahren oder bei der Begründung der Beschwerde an das Bundesgericht nachträglich zu beheben (Urteil 5F_6/2007 vom 7. April 2008 E. 2.2.; 2F_11/2007 vom 22. November 2007 E. 3.1). 
 
2.2 In ihrer Revisionsschrift befleissigt sich die Gesuchstellerin ausführlicher Erläuterungen darüber, weshalb ihr für das Verfahren vor der bernischen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen die unentgeltliche Rechtspflege hätte gewährt werden müssen. Ihren weitschweifigen Vorbringen lässt sich jedoch nicht entnehmen, inwiefern das Bundesgericht im vorausgehenden Beschwerdeverfahren eine in den Akten liegende, erhebliche Tatsache versehentlich nicht berücksichtigt hätte. Zwar führt die Gesuchstellerin aus, das Bundesgericht habe "übersehen", dass sie nach dem massgebenden kantonalen Recht vor der Aufsichtsbehörde kein neues Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stellen musste. Ebenso wirft sie dem Bundesgericht vor, es habe das "Faktum" nicht berücksichtigt, dass die Aufsichtsbehörde die unentgeltliche Rechtspflege für das gesamte Betreibungsverfahren anerkannt habe. Hierbei handelt es sich indessen nicht um Tatsachen im Sinne von Art. 121 lit. d BGG. Soweit nicht offensichtlich appellatorischer Natur, laufen die Ausführungen der Gesuchstellerin im Wesentlichen vielmehr darauf hinaus, im Revisionsverfahren die Begründung für den bereits in der Beschwerde an das Bundesgericht erhobenen Vorwurf nachzuschieben, auf den dieses mangels rechtsgenüglicher Rüge gar nicht eingetreten war (E. 4.1 des Urteils 5A_781/2010 vom 16. Februar 2011). Mithin erweist sich das Revisionsgesuch als unbegründet, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. 
 
3. 
Die Gesuchstellerin verlangt weiters die Berichtigung von Ziffer 4 des Dispositivs des bundesgerichtlichen Urteils 5A_781/2010 vom 16. Februar 2011. 
 
3.1 Nach Art. 129 Abs. 1 BGG kann das Bundesgericht das Dispositiv eines Urteils erläutern oder berichtigen, wenn es unklar, unvollständig oder zweideutig ist, wenn seine Bestimmungen untereinander oder mit der Begründung im Widerspruch stehen oder wenn es Redaktions- oder Rechnungsfehler enthält. Die Berichtigung ist allein dazu bestimmt, Redaktions- oder Rechnungsfehler zu beheben oder Kanzleiversehen richtigzustellen. Sie zielt lediglich auf die Korrektur, das heisst auf die Verbesserung eines irrtümlich fehlerhaften Dispositivs. Der Berichtigung sind daher nur Fehler zugänglich, die sich in offenkundiger Weise aus dem Text des Entscheids selbst ergeben. In keiner Weise dient die Berichtigung dazu, den bereits in Rechtskraft erwachsenen (Art. 61 BGG) Bundesgerichtsentscheid materiell, das heisst inhaltlich abzuändern (FERRARI, in: Commentaire de la LTF, Bern 2009, N 6 zu Art. 129 BGG). Soweit es sich um ein redaktionelles Versehen im beschriebenen Sinne handelt, kann das Bundesgericht auch eine falsche Bezeichnung der Parteien korrigieren. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Bundesgericht im Urteilsspruch irrtümlich nicht den unterliegenden "Beschwerdeführer", sondern den obsiegenden "Beschwerdegegner" als kostenpflichtige Partei bezeichnet hat. 
 
3.2 Die Gesuchstellerin stellt den Antrag, als Beschwerdegegner ausschliesslich das Betreibungsamt Oberland, Dienstelle Oberland West, zu bezeichnen und ihm die Prozessentschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren aufzuerlegen. Entgegen dem, was die Gesuchstellerin glauben machen will, bezweckt dieses Berichtigungsgesuch in Tat und Wahrheit nicht die Korrektur einer irrtümlich falschen Parteibezeichnung, sondern den bewussten Austausch der Parteirollen im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren und damit eine unzulässige inhaltliche Änderung des in Rechtskraft erwachsenen Bundesgerichtsurteils: Anstelle von Z.________ soll als Beschwerdegegner das Betreibungsamt auftreten. Entsprechend finden sich im Schriftsatz der Gesuchstellerin wohl Erörterungen zum Rubrum des bundesgerichtlichen Urteils, das sie als fehlerhaft erachtet, nicht aber zum Urteilsdispositiv, dem eigentlichen Gegenstand einer Berichtigung im Sinne von Art. 129 Abs. 1 BGG. Inwiefern Ziffer 4 des Urteilsdispositivs von einem offensichtlichen Redaktionsfehler behaftet wäre, zeigt die Gesuchstellerin nicht auf. Ein solcher Fehler ist auch nicht ersichtlich. Das Berichtigungsgesuch erweist sich als offensichtlich unbegründet. 
 
3.3 Augenscheinlich verlangt die Gesuchstellerin die Berichtigung aus Sorge um die Einbringlichkeit der Parteientschädigung, die ihr in Ziff. 4 des Dispositivs des Urteils vom 16. Februar 2011 zugesprochen worden war. Nun hat das Bundesgericht in Ziff. 2 des besagten Urteils das Rechtspflegegesuch für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren aber als gegenstandslos abgeschrieben. Mithin wurde über die materielle Begründetheit dieses Gesuchs noch nicht entschieden. Der Gesuchstellerin ist es daher unbenommen, im Falle der Nichteinbringlichkeit der zugesprochenen Parteienschädigung unter Nachweis der weiteren Anspruchsvoraussetzungen beim Bundesgericht erneut um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung nachzusuchen. 
 
4. 
4.1 Nach dem Gesagten sind das Gesuch um Revision des Urteils 5A_781/2010 vom 16. Februar 2011 und dasjenige um Berichtigung des Dispositivs des besagten Urteils abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens unterliegt die Gesuchstellerin. Sie hat für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Gesuchsgegner ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
4.2 Die Gesuchstellerin ersucht für das vorliegende Revisions- und Berichtigungsverfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, hatten die beiden Gesuche von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg. Für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt es mithin an der Voraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit der gestellten Rechtsbegehren (Art. 64 Abs. 1 BGG). Daran ändert auch Art. 15 des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (SR 0.211.213.02, nachfolgend "HUÜ") nichts, auf den sich die Gesuchstellerin beruft. Diese Vorschrift bezieht sich lediglich auf die materiellen Anspruchsvoraussetzungen der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und - mit Bezug auf die Verbeiständung - auf die Notwendigkeit einer Vertretung (Urteil 5A_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 4.2). Die Anspruchsvoraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit ist davon nicht berührt: Aus Art. 15 HUÜ folgt nicht, dass der Unterhaltsberechtigte seinen Prozess auch dann unentgeltlich führen kann, wenn dieser Prozess von vornherein aussichtslos ist. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist daher abzuweisen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen. 
 
2. 
Das Gesuch um Berichtigung wird abgewiesen. 
 
3. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Revisions- und Berichtigungsverfahren wird abgewiesen. 
 
4. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, und dem Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Oberland West, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 4. Mai 2011 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: 
 
Hohl V. Monn