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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_943/2017  
 
 
Urteil vom 4. Mai 2018  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Herrmann, Bovey, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. B.________ AG, 
2. C.________ A.G., 
beide vertreten durch 
Rechtsanwalt Dr. Michael Hochstrasser, 
Beschwerdegegnerinnen, 
 
Betreibungsamt Kreuzlingen. 
 
Gegenstand 
Pfändung und Verwertung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 2. November 2017 (BS.2017.13, BS.2017 14, BS.2017.15, BS.2017.16). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ war Eigentümerin der Grundstücke Nr. xxx und Nr. yyy in U.________. Am 5. März 2014 versteigerte das Betreibungsamt Kreuzlingen in der von der Bank D.________ angehobenen Betreibung auf Pfandverwertung die beiden Grundstücke. Am 21. Oktober 2016 liessen die B.________ AG und die C.________ AG auf den Versteigerungserlös Arrest legen. Zur Prosequierung des Arrestes stellten am 2. November 2016 beide ein Betreibungsbegehren, worauf das Betreibungsamt A.________ am 1. Februar 2017 den Zahlungsbefehl zustellte. Am 26. April 2017 wurde der von A.________ in den Betreibungen Nr. zzz und Nr. xxx1 erhobene Rechtsvorschlag definitiv beseitigt.  
 
A.b. Nach Eingang der Fortsetzungsbegehren kündigte das Betreibungsamt am 8. Mai 2017 die Pfändung an. Am 19. Mai 2017 wurde die Pfändung unter Einbezug sämtlicher vom Betreibungsamt verwahrten, verwalteten und hinterlegten Vermögenswerte und Guthaben vollzogen; insbesondere wurde der Erlös aus den am 5. März 2014 verwerteten Grundstücke gepfändet. Der Wert der Sachpfändung wurde auf insgesamt Fr. 660'000.-- geschätzt. Am 22. Mai 2017 versandte das Betreibungsamt die gleichentags ausgestellte Pfändungsurkunde.  
 
A.c. Am 5. Juni 2017 erhob A.________ gegen den Pfändungsvollzug und gegen die Pfändungsurkunde Beschwerde. Sie beantragte im Wesentlichen die Aufhebung der Pfändung und der Pfändungsurkunde sowie der provisorischen Verlustscheine. Am 22. Juni 2017 teilte das Betreibungsamt A.________ mit, dass die C.________ AG und die B.________ AG das Verwertungsbegehren gestellt hätten. Die gepfändeten Beträge würden nach Rechtskraft der Pfändung ausbezahlt. Gegen diese Mitteilung erhob A.________ Beschwerde. Sie verlangte die Aufhebung der Verwertungsbegehren, eventuell deren Sistierung. Zudem sei eine allfällige Verteilung des Erlöses aus der Verwertung vom 5. März 2014 bis zum Entscheid der beim Bezirksgericht Uster hängigen Beschwerde zu sistieren. Der Einzelrichter am Bezirksgericht Kreuzlingen als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungssachen wies die Beschwerden mit vier Urteilen vom 11. September 2017 ab, soweit er darauf eintrat.  
 
B.  
A.________ wandte sich daraufhin mit vier identischen Beschwerden an das Obergericht des Kantons Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Sie verlangte die Feststellung, dass die Pfändungsurkunde in den Betreibungen Nr. zzz und Nr. xxx1 "simuliert" seien, dass der gepfändete Erlös aus den Grundstücken Nr. xxx und Nr. yyy den im Lastenverzeichnis aufgeführten Gläubigern gehöre und somit unpfändbar sei und dass der Erlös aus der Verwertung dieser Grundstücke nicht Fr. 660'000.--, sondern Fr. 1'548'263.80 betrage. Somit seien die mit der Pfändungsurkunde ausgestellten provisorischen Verlustscheine aufzuheben. Das Obergericht vereinigte die Beschwerden und wies sie mit Entscheid vom 2. November 2017 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 20. November 2017 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin erneuert sämtliche im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Anträge. 
Die Beschwerdeführerin stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer oberen kantonalen Aufsichtsbehörde über den Vollzug einer Pfändung, mithin eine Schuldbetreibungs- und Konkurssache. Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig eines Streitwertes gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzig gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2). Beruht der angefochtene Entscheid auf mehreren Begründungen, so ist eine Auseinandersetzung mit jeder von ihnen erforderlich, andernfalls auf die Beschwerde nicht eingetreten wird (BGE 133 IV 119 E. 6.3).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin vertritt nach wie vor die Auffassung, dass die Pfändung des Erlöses auf der Verwertung ihrer Liegenschaften in U.________ jeder Grundlage entbehre. Das Betreibungsamt habe daher mit der Verteilung dieses Erlöses zuzuwarten, bis das Lastenbereinigungsverfahren vor Bezirksgericht Kreuzlingen abgeschlossen sei.  
 
2.2. Die Vorinstanz erachtete das Betreibungsamt für die Vornahme der beanstandeten Pfändung und den Erlass der Pfändungsurkunde örtlich und sachlich sowie die untere Aufsichtsbehörde für die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerden zuständig. Der Pfändung des Steigerungserlös aus den Liegenschaften in U.________ stehe nichts entgegen.  
 
3.  
Anlass der Beschwerde bildet die Pfändung im Rahmen einer Arrestprosequierung. 
 
3.1. Nach vollzogener Pfändung wird die Pfändungsurkunde erstellt. Daraus gehen der Gläubiger, der Schuldner, der Forderungsbetrag, der Zeitpunkt der Pfändung und die gepfändeten Vermögenswerte samt deren Schätzung sowie, gegebenenfalls, die Ansprüche Dritter hervor (Art. 112 Abs. 1 SchKG). Mit der Zustellung der Pfändungsurkunde beginnt die Frist zur Anfechtung nach Art. 17 SchKG zu laufen. Gerügt werden kann mit betreibungsrechtlicher Beschwerde jede Verletzung der Vorschriften über die Pfändung einschliesslich der Ausübung des Ermessens (Art. 17 Abs. 1 SchKG; JEANDIN/SABETI, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 17 zu Art. 112).  
 
3.2. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin erweist sich der vorinstanzliche Sachverhalt als "nicht richtig". Sie schildert die Vorgänge, die aus ihrer Sicht "Grundlage der Beschwerde" bilden. Insbesondere verweist sie auf die Arrestlegung der B.________ AG (im Jahre 2010) sowie der C.________ AG (im Jahre 2012) auf ihren Grundstücken Nr. xxx und Nr. yyy, welche von den Gesuchstellern prosequiert worden waren. Daraufhin habe die Bank D.________ ihr den Kredit gekündigt und die Betreibung auf Pfandverwertung eingeleitet. In der Folge sei es am 5. März 2014 zur Versteigerung ihrer beiden Grundstücke gekommen. Dabei seien die Grundpfänder der B.________ AG und der C.________ AG gelöscht und die Schulden dem Erwerber überbunden worden. Innert Jahresfrist habe sie keine Erklärung erhalten, weiterhin Schuldnerin zu bleiben. Bei der nunmehr erfolgten Arrestlegung auf dem Versteigerungserlös handle es sich daher um "Scheinarreste", mit dem Ziel einen Betreibungsort und Gerichtsstand in der Schweiz zu begründen. Daher sei weder das Betreibungsamt noch das Bezirksgericht Kreuzlingen in dieser Sache zuständig. Alles andere sei mit dem Anspruch auf einen verfassungsmässigen Richter nach Art. 30 BV nicht vereinbar und stelle eine Verletzung völkerrechtlicher Verträge dar. Es sei auch nicht zulässig, sie für die bereits getilgten Forderungen mit einer "simulierten" Betreibung erneut zu belangen und Arreste auf den Versteigerungerlös zu legen. Eine Pfändung hätte nicht gegen sie, sondern gegen den Ersteigerer ihrer Grundstücke erfolgen müssen.  
 
3.2.1. Vorab ist festzuhalten, dass sich die Betreibungen Nr. zzz und Nr. xxx1 bereits im Stadium der Pfändung befinden. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet somit die Frage, ob gegen die Beschwerdeführerin Forderungen bestehen und ob für deren Geltendmachung ein Betreibungsort in der Schweiz gegeben ist. Daher gehen die Ausführungen der Beschwerdeführerin - soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen an eine Beschwerde entsprechen - an der Sache vorbei, weshalb darauf nicht einzutreten ist. Dies gilt insbesondere für den Hinweis auf die Urteile des Bezirksgerichts Zürich; die Beschwerdeführerin erachtet diese Entscheide und damit die Forderungen der C.________ AG und B.________ AG als "nicht rechtskräftig". Beizufügen bleibt, dass mit der Einleitung einer Betreibung unter anderem die Forderungsurkunde und deren Datum, in Ermangelung einer solchen der Grund der Forderung anzugeben ist (Art. 67 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG). Hingegen kann der Zahlungsbefehl als Grundlage des Vollstreckungsverfahrens gegenüber jedermann erwirkt werden, unabhängig davon, ob tatsächlich eine Schuld besteht oder nicht (BGE 125 III 149 E. 2a).  
 
3.2.2. Ebenso wenig ist auf die Versteigerung vom 5. März 2014 und die hierfür erstellten Steigerungsbedingungen zurückzukommen. Zudem hat die Vorinstanz der Beschwerdeführerin bereits in ihrem Urteil vom 6. April 2016 dargelegt, dass der Arrest zwar zu einer Verfügungsbeschränkung im Grundbuch gemäss Art. 960 ZGB führt, indes eine rein vorsorgliche Sicherungsmassnahme darstelle und dem Gesuchsteller kein materielles Vorzugsrecht im Sinne eines Grundpfandes verschaffe, welches in das Lastenverzeichnis aufzunehmen sei. Daher sei in den Steigerungsbedingungen auch kein Hinweis auf Art. 135 SchKG aufzunehmen, wonach das zur Verwertung anstehende Grundstück mit allen darauf haftenden Belastungen versteigert werde und die damit verbundenen persönlichen Schuldpflichten auf den Erwerber übergehen. Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin diese Rechtslage im nunmehr angefochtenen Entscheid erneut eingehend erläutert. Zudem hat sie ihr zu Recht in Erinnerung gerufen, dass es vorliegend einzig um die Pfändung des zuvor verarrestierten Verwertungserlöses gehe und die Verwertung des Grundstückes keine Rolle mehr spiele. Dem ist nichts beizufügen.  
 
3.3. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin droht ihr ein nicht wieder gutzumachender Nachteil, falls die Verteilung des Versteigerungserlöses vorgenommen wird, bevor das noch hängige Lastenbereinigungsverfahren gegen die Bank D.________ abgeschlossen ist. In diesem Sinne stellt sie ein Eventualbegehren, mit der Verteilung dieses Erlöses entsprechend zuzuwarten. Wie ihr die Vorinstanz bereits erläutert hat, geht es im konkreten Fall nicht um eine Forderung der Bank D.________, sondern einzig um die Pfändung des zuvor verarrestierten Erlöses aus der Versteigerung vom 5. März 2014; dieser wurde nach Abzug einer Zahlung an die Bank D.________ als Pfandgläubigerin und der Zahlung der Grundstückgewinnsteuer zusammen mit andern Vermögenswerten auf insgesamt Fr. 660'000.-- geschätzt, weshalb den Gläubigern provisorische Verlustscheine ausgestellt wurden. Ein Zusammenhang des Sistierungsbegehrens mit der strittigen Pfändung ist nicht erkennbar.  
 
3.4. Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, die Schätzung der gepfändeten Vermögenswerte zu korrigieren. Zudem verlangt sie, die Verwertungsbegehren der C.________ AG und der B.________ AG aufzuheben. Indes fehlt es an einer Begründung dieser Rechtsbegehren, womit darauf nicht einzutreten ist.  
 
3.5. Schliesslich verlangt die Beschwerdeführerin beiläufig noch Schadenersatz wegen widerrechtlichen Verhaltens der kantonalen Aufsichtsbehörde. Mit der Schaffung des Bundesgerichtsgesetzes wurden die Möglichkeiten eines Direktprozesses eingeschränkt (Art. 120 BGG). Ob das Bundesgericht weiterhin für Schadenersatzklagen gemäss Art. 7 SchKG zuständig ist, kann vorliegend offen bleiben. Aufgrund der vorliegenden Beschwerde kann einzig der Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde vom 2. November 2017 überprüft werden. Auf das (im Übrigen nicht bezifferte und nicht begründete) Schadenersatzbegehren der Beschwerdeführerin wird daher nicht eingetreten.  
 
4.  
Eine Verletzung der Vorschriften über die Pfändung ist nicht auszumachen. Nach dem Gesagten ist der Beschwerde, soweit die Anträge und Rügen überhaupt rechtsgenüglich begründet werden, kein Erfolg beschieden. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Kreuzlingen und dem Obergericht des Kantons Thurgau, als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Mai 2018 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante