Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_634/2020  
 
 
Urteil vom 4. Mai 2021  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Berger Götz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rémy Wyssmann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; berufliche Massnahmen; Neuanmeldung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 6. Oktober 2020 (VSBES.2019.177). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1958 geborene A.________ meldete sich am 18. März 2013 unter Hinweis auf ein seit 19. November 2012 bestehendes Angstsyndrom und eine Erschöpfungsdepression erstmals bei der Invalidenversicherung zum Bezug von Leistungen an. Nachdem die IV-Stelle des Kantons Solothurn verschiedene Frühinterventions- und Eingliederungsmassnahmen veranlasst hatte, wies sie das Begehren um weitere Leistungen mit - unangefochten in Rechtskraft erwachsener - Verfügung vom 9. Februar 2015 ab.  
 
A.b. Mit Neuanmeldung vom 7. Juli 2017 machte A.________ geltend, ungefähr anfangs 2017 sei erneut eine Depression aufgetreten. Nach weiteren Abklärungen, insbesondere nach Einholung eines polydisziplinären Gutachtens der medexperts AG, St. Gallen (nachfolgend: medexperts-Gutachten), vom 16. Mai 2018, und nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle einen Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen sowie eine Invalidenrente mit Verfügung vom 24. Mai 2019.  
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wies die gegen die Verfügung vom 24. Mai 2019 erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 6. Oktober 2020). 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Sache zur psychiatrischen Neubegutachtung (inklusive ergänzender beruflich-erwerbsbezogener Abklärungen) sowie zur Neubeurteilung an die "Beschwerdegegnerinnen" (IV-Stelle und kantonales Gericht) zurückzuweisen; eventualiter seien ihm ab wann rechtens die gesetzlichen Leistungen (berufliche Eingliederungsmassnahmen, Invalidenrente) nach Massgabe eines Invaliditätsgrades von mindestens 40%, zuzüglich Verzugszins zu 5% seit wann rechtens, zuzusprechen. 
 
Das Bundesgericht holte die vorinstanzlichen Akten ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung; in diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür ein, insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt. Derartige Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (vgl. zum Ganzen BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
1.3. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person sowie bei der konkreten Beweiswürdigung handelt es sich grundsätzlich um Entscheidungen über Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2), die das Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat. Dagegen betrifft die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln Rechtsfragen, die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht frei prüft (statt vieler: Urteil 9C_457/2014 vom 16. Juni 2015 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 141 V 405, aber in: SVR 2016 BVG Nr. 11 S. 47).  
 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es - in Bestätigung der Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 24. Mai 2019 - einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Leistungen der Invalidenversicherung (Invalidenrente und berufliche Massnahmen) verneinte. 
 
3.   
Im angefochtenen Entscheid werden die diesbezüglich massgebenden Gesetzesbestimmungen und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat dem medexperts-Gutachten vom 16. Mai 2018 uneingeschränkt Beweiskraft zuerkannt und gestützt darauf festgestellt, dass keine die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden Diagnosen vorliegen würden. In neuropsychologischer Hinsicht sei der Befund ebenfalls mit demjenigen gemäss Voruntersuchung im Oktober 2013 vergleichbar. Da keine invaliditätsrelevante Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit erstellt sei, habe die IV-Stelle auf eine Invaliditätsberechnung verzichten können und es bestehe auch kein Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen. Im Ergebnis sei damit im Vergleich zur ersten rechtskräftigen Leistungsablehnung im Februar 2015 keine anspruchsbegründende Änderung in den für den Invaliditätsgrad erheblichen Tatsachen eingetreten, weshalb die Verwaltung das im Rahmen der Neuanmeldung geltend gemachte Leistungsbegehren mit Verfügung vom 25. Mai 2019 zu Recht abgewiesen habe.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Der Beschwerdeführer lässt einwenden, die Vorinstanz habe unbesehen auf das nicht schlüssige medexperts-Gutachten abgestellt. Damit liege eine offensichtlich unrichtige und willkürliche Sachverhaltsfeststellung vor. Unklarheit bestehe namentlich, weil die psychiatrische Teilgutachterin Dr. med. B.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, eine quantitative Leistungseinschränkung von 10% angebe, obwohl im Gesamtgutachten eine 100%ige Arbeitsfähigkeit für angepasste Verweistätigkeiten attestiert werde.  
Dazu hat das kantonale Gericht allerdings willkürfrei festgehalten, dass die 10%ige Leistungseinschränkung nicht zu berücksichtigen sei, weil diese nicht auf eine entsprechende Diagnose zurückgeführt werden könne. Auch die psychiatrische Expertin selber sei letztlich von einer 100%igen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit ausgegangen. Das Attest einer 10%igen Leistungsminderung habe sich allenfalls auf die letzte Beschäftigung als Küchenhilfe (Arbeitsversuch, während die langjährige Tätigkeit als Chauffeur als "angestammt" zu qualifizieren sei) oder die von der neuropsychologischen Expertin festgestellte situativ verminderte psychische Belastbarkeit bezogen. So oder anders vermöge diese Unklarheit in den Ausführungen der psychiatrischen Expertin den Beweiswert ihres ansonsten überzeugenden Teilgutachtens nicht zu schmälern. 
 
4.2.2. Die weiteren Einwände, wonach den medexperts-Gutachtern die Militärakten nicht zur Verfügung gestanden hätten und die kinder- und schulpsychologische Behandlung, die Alkoholproblematik sowie die berufspraktische Erprobung nicht in ihre Einschätzung eingeflossen sei, sind ebenfalls unbehelflich. Gleiches gilt für das Vorbringen, die psychiatrische Expertin habe die ICD-Kritierien zum Ausschluss einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung fehlerhaft verwendet. Die Argumentation des Beschwerdeführers, das kantonale Gericht habe die Arbeitsbiographie offensichtlich falsch festgestellt und gestützt darauf das Fehlen einer Persönlichkeitsstörung begründet, geht ebenfalls fehl. Im angefochtenen Entscheid wird willkürfrei dargelegt, aus welchen Gründen das Gutachten auch bezüglich der darin nicht diagnostizierten Persönlichkeitsstörung nachvollziehbar sei.  
Mit Blick auf diese Rügen und den weiteren Vorhalt, die Vorinstanz habe unbegründeterweise nicht auf die Beurteilung des behandelnden Psychiaters abstellen wollen, ist ausserdem darauf hinzuweisen, dass den von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten, den praxisgemässen Anforderungen entsprechenden Gutachten externer Spezialärzte Beweiswert zuerkannt werden darf, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 135 V 465 E. 4.4; Urteil 9C_18/2019 vom 14. Juni 2019 E. 2.2 mit Hinweisen). Solche vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen. Ein Administrativgutachten ist denn auch nicht stets dann in Frage zu stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn behandelnde Ärzte zu einem anderen Ergebnis gelangen; vorbehalten bleiben Fälle, in denen sich eine abweichende Beurteilung aufdrängt, weil sie wichtige Aspekte benennen, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (vgl. statt vieler SVR 2017 IV Nr. 49 S. 148; 9C_119/2020 vom 18. Mai 2010 E. 3.2.3). Inwiefern solche Aspekte aus den medizinischen Akten hervorgehen sollten, ist weder ersichtlich noch in der Beschwerde rechtsgenüglich dargetan. 
 
5.   
Zusammenfassend lassen die Einwendungen des Beschwerdeführers weder die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig, als Ergebnis willkürlicher Beweiswürdigung oder als rechtsfehlerhaft nach Art. 95 BGG erscheinen, noch zeigen sie sonst wie eine Bundesrechtsverletzung auf. Damit durfte das kantonale Gericht schliesslich auch von ergänzenden medizinischen Abklärungen absehen, ohne Bundesrecht zu verletzen (antizipierende Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3; 134 I 140 E. 5.3; 124 V 90 E. 4b). Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. 
 
Auf die Unklarheit des beschwerdeführerischen Rückweisungsantrags (Rückweisung an Vorinstanz und Verwaltung) ist unter diesen Umständen mangels Relevanz nicht weiter einzugehen. 
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. Mai 2021 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz