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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_419/2024  
 
 
Urteil vom 4. Juni 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hofmann, 
Gerichtsschreiber Clément. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. B.________, c/o Kantonspolizei Bern, Waisenhausplatz 32, 3011 Bern, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alain Langenegger, 
2. C.________, c/o Kantonspolizei Bern, Waisenhausplatz 32, 3011 Bern, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Alexander Kernen, 
3. D.________, c/o Securitas AG, 
Seilerstrasse 7, 3011 Bern, 
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Allemann, 
4. E.________, c/o Transsicura, 
Bollwerk 4, Postfach 3355, 3001 Bern, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Sarah Schläppi, 
5. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Wiederaufnahme eines Strafverfahrens (Amtsmissbrauch, Tätlichkeiten, einfache Körperverletzung); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 21. Februar 2024 (BK 23 245). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 28. Juli 2022 stellte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen B.________ (Beschuldigter 1), C.________ (Beschuldigter 2), D.________ (Beschuldigter 3) und E.________ (Beschuldigter 4) wegen Amtsmissbrauchs, Tätlichkeiten, evtl. einfacher Körperverletzung ein. Dieses hatte A.________ (Privatkläger) mit Strafanzeige vom 24. März 2021 initiiert. Auslöser war eine tätliche Auseinandersetzung zwischen dem Privatkläger, zwei Polizisten (Beschuldigter 1 und Beschuldigter 2) und zwei Securitrans-Mitarbeitern (Beschuldigter 3 und Beschuldigter 4) anlässlich einer Personenkontrolle am 15. März 2021 im Bahnhof Bern. 
 
B.  
Am 19. Mai 2023 stellte der Privatkläger bei der Kantonalen Staatsanwaltschaft für Besondere Aufgaben des Kantons Bern ein Gesuch um Wiederaufnahme des eingestellten Verfahrens gegen die Beschuldigten 1 bis 4 wegen Amtsmissbrauchs und Tätlichkeiten, evtl. einfacher Körperverletzung. Dieses wurde am 30. Mai 2023 abgewiesen. Die dagegen am 12. Juni 2023 beim Obergericht des Kantons Bern erhobene Beschwerde wies dieses mit Beschluss vom 21. Februar 2024 ab. 
 
C.  
Der Privatkläger erhob am 5. April 2024 Beschwerde beim Bundesgericht und beantragt zusammengefasst, es sei der Beschluss des Obergerichts aufzuheben, es sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, das Strafverfahren gegen die Beschuldigten 1 bis 4 wieder aufzunehmen und es sei ihm eine angemessene Entschädigung für die entstandenen Anwaltskosten auszurichten. 
Erwägungen: 
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde hat ein Begehren und eine Begründung zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). In gedrängter Form ist darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Um den Begründungsanforderungen zu genügen, muss die beschwerdeführende Partei mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2 mit Hinweis). Das bedeutet, dass die Rechtsschrift auf den angefochtenen Entscheid und seine Begründung Bezug nehmen und sich damit auseinandersetzen muss (BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 140 III 86 E. 2; je mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2 mit Hinweisen).  
 
1.2. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Zivilansprüche gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1 mit Hinweisen). Nicht in diese Kategorie fallen Ansprüche, die sich aus dem öffentlichen Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus öffentlichem Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 131 I 455 E. 1.2.4; 128 IV 188 E. 2.2 f.). Die Rechtsprechung stellt strenge Anforderungen an die Begründung der Legitimation, namentlich, wenn sich die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme oder Einstellung eines Verfahrens richtet (ausführlich hierzu Urteile 7B_182/2024 vom 26. März 2024 E. 2.1.2; 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; je mit Hinweisen). Insbesondere genügt nicht, dass die Privatklägerschaft lediglich behauptet, von der fraglichen Straftat betroffen zu sein; sie muss vielmehr die Anspruchsvoraussetzungen und namentlich den erlittenen Schaden genau substanziieren und letzteren soweit möglich beziffern (vgl. Urteile 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; 7B_79/2022 vom 10. Januar 2024 E. 1.1 und 1.3; 7B_69/2023 vom 28. August 2023 E. 1.1.1; je mit Hinweisen).  
 
2. Wer in der Schweiz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wird, darf wegen der gleichen Straftat nicht erneut verfolgt werden (Art. 11 Abs. 1 StPO). Nach Art. 11 Abs. 2 StPO sind die Wiederaufnahme eines eingestellten oder nicht anhand genommenen Verfahrens (Art. 310 und Art. 319 ff. StPO) und die Revision (Art. 410 ff. StPO) vorbehalten. Dies steht insbesondere mit Art. 8 BV im Einklang. Art. 4 Abs. 2 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK sieht die Wiederaufnahme des Verfahrens unter anderem vor, wenn neue oder neu bekannt gewordene Tatsachen vorliegen (vgl. BGE 141 IV 93 E. 2.3; Urteil 6B_512/2012 vom 30. April 2013 E. 1.4.2).  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen Beschluss einer letzten kantonalen Instanz, welcher die Abweisung eines Gesuchs um Wiederaufnahme eines Strafverfahrens im Sinne von Art. 323 StPO durch die Staatsanwaltschaft schützt (vgl. E. 2 hiervor). Die dargelegten Anforderungen an die (hinreichende Begründung der) Beschwerdelegitimation gelangen zur Anwendung (vgl. Urteile 7B_3/2022 vom 1. Februar 2024 E. 3.1 f; 6B_806/2021 vom 3. August 2021 E. 4; 6B_1425/2017 vom 21. März 2018 E. 3.1).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer beschuldigt zwei Polizisten des Kantons Bern sowie zwei Mitarbeiter von Securitrans des Amtsmissbrauchs, sowie der Tätlichkeiten, evtl. einfachen Körperverletzung. Der angefochtene Beschluss könne sich auf seine "noch zu beziffernden Zivilansprüche" auswirken, "in erster Linie" seien dies Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung "infolge Körperverletzung". Gegen die angezeigten Personen hat der Beschwerdeführer - anders als die Beschwerde impliziert - nicht ohne Weiteres Zivilansprüche. Vielmehr sind, gerade gegen die beiden Polizisten des Kantons Bern, einzig öffentlich-rechtliche Ansprüche möglich (siehe Art. 1 Abs. 3 und Art. 100 ff. des Personalgesetzes des Kantons Bern [PG/BE, BSG 153.01]; vgl. für die beiden Mitarbeiter von Securitrans Art. 3 Abs. 3 in fine des Bundesgesetzes über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr [BGST, SR 745.2] i.V.m. Art. 3 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten [Verantwortlichkeitsgesetz, VG, SR 170.32]). So oder anders legt der Beschwerdeführer einen allfälligen Zivilanspruch (bzw. die Erfüllung der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen) gegen keine der vier angezeigten Personen annähernd hinreichend substanziiert dar. Die Beschwerde vermag damit insgesamt den Begründungsanforderungen offensichtlich nicht zu genügen.  
 
4.  
 
4.1. Ohne im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zur Beschwerde legitimiert zu sein, kann sich die Privatklägerschaft in der Sache dennoch gegen eine Verfahrenseinstellung oder einen Freispruch zur Wehr setzen, sofern ein verfassungsmässiger oder völkerrechtlicher Anspruch auf Ausfällung der im Gesetz vorgesehenen Strafen besteht. Die Rechtsprechung anerkennt gestützt auf Art. 10 Abs. 3 BV, Art. 3 und Art. 13 EMRK, Art. 7 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) sowie Art. 13 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (SR 0.105) einen Anspruch des Betroffenen auf wirksamen Rechtsschutz (BGE 141 IV 349 E. 3.4.2; 138 IV 86 E. 3.1.1; je mit Hinweisen). In diesem Sinne hat Anspruch auf eine wirksame und vertiefte amtliche Untersuchung, wer in vertretbarer Weise geltend macht, von staatlichen Stellen misshandelt worden zu sein (BGE 131 I 455 E. 1.2.5; zum Ganzen: Urteile 7B_472/2023 vom 7. November 2023 E. 3.1; 6B_1306/2022 vom 13. Juni 2023 E. 1.2.2; je mit Hinweisen).  
Auf diese verfassungs- bzw. völkerrechtlichen Bestimmungen beruft sich der Beschwerdeführer nicht, womit sich diesbezügliche Weiterungen erübrigen (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
4.2. Der Beschwerdeführer rügt ferner keine Verletzung von Verfahrensrechten, deren Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt ("Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1), weshalb auch unter diesem Titel nicht auf die Beschwerde eingetreten werden kann.  
 
5.  
Auf die Beschwerde ist mangels (hinreichender Begründung der) Legitimation nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Juni 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Clément