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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_400/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 4. September 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Yetkin Geçer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern, 
2. A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Claudio Nosetti, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Vergewaltigung, Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 2. Dezember 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Auf Berufung von X.________ gegen ein Urteil des Kriminalgerichts des Kantons Luzern vom 12. November 2015 bestätigte das Kantonsgericht des Kantons Luzern am 2. Dezember 2016 den erstinstanzlichen Schuldspruch wegen Vergewaltigung, verurteilte ihn zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bedingt und verpflichtete ihn, der Privatklägerin eine Genugtuung von Fr. 5'000.-- zu bezahlen. 
 
B.   
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben, ihn freizusprechen, eventualiter die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, die Zivilforderungen auf den Zivilweg zu verweisen, ihm die unentgeltliche Rechtspflege (und Verbeiständung) zu gewähren, alles unter Kostenfolgen zulasten der Beschwerdegegnerinnen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist auf die Motivation des Entscheids einzugehen und daran im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern die Entscheidung Bundesrecht verletzt (BGE 141 IV 369 E. 6.3; 140 III 115 E. 2). 
 
Das Bundesgericht ist nicht gehalten, wie ein erstinstanzliches Strafgericht alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen (BGE 140 III 115 E. 2). Es ist auch kein Berufungsgericht und prüft unter dem Titel von Art. 106 Abs. 1 BGG betreffend die Rechtsanwendung von Amtes wegen grundsätzlich nur die erhobenen Rügen, es sei denn, die rechtlichen Mängel lägen geradezu auf der Hand (BGE 142 I 99 E. 1.7.1). 
 
Die Beweiswürdigung ist Aufgabe des Sachgerichts (Art. 10 Abs. 2 StPO). Soweit der Sachverhalt und damit die Beweiswürdigung der Vorinstanz bestritten werden, hebt das Bundesgericht ein Urteil auf, wenn es willkürlich ist (Art. 9 BV), d.h. sich im Ergebnis (Art. 97 Abs. 1 BGG) als schlechterdings unhaltbar erweist, namentlich wenn ein Beweismittel offensichtlich verkannt wurde (BGE 140 III 264 E. 2.3) oder der Entscheid schlechterdings unhaltbar erscheint, nicht aber bereits, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erschiene (BGE 141 I 49 E. 3.4, 70 E. 2.2). Auf eine abweichende eigene Version des Geschehens und blosse Kritik am Urteil hat das Bundesgericht nicht einzutreten (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1, 317 E. 5.4, 369 E. 6.3; 140 III 264 E. 2.3). Im Übrigen legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). 
 
2.   
Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung. 
 
2.1. Er bringt vor, die Vorinstanz verkenne, dass er kein aussagepsychologisches Gutachten beantragt, sondern sie daran erinnert habe, die Aussagen der Beschwerdegegnerin einer wissenschaftlichen Massstäben gerecht werdenden und anerkannten aussagepsychologischen Analyse zu unterziehen. Die von der Vorinstanz suggerierte Methodologie der gemachten Analyse widerspreche in weiten Teilen den Naturgesetzen.  
 
Auch nach der Vorinstanz hatte der Beschwerdeführer keinen solchen Beweisantrag gestellt. Sie legt auf S. 3-5 des Urteils das Beweisrecht zutreffend dar. Verwiesen werden kann zudem auf die Darstellung der Praxis bei HANS WIPRÄCHTIGER, Aussagepsychologische Begutachtung im Strafrecht, in: Ludewig/Baumer/Tvor, Aussagepsychologie für die Rechtspraxis, 2017, S. 495-509. 
 
2.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, die Beschwerdegegnerin habe behauptet, er habe sie zwecks Vergewaltigung zwischen den Vordersitzen durch auf die Rückbank "geschupft". Die Erstinstanz habe diesen Vorgang aktenwidrig als "massive Gewaltanwendung" zu beschreiben versucht. Die Vorinstanz habe den Vorgang euphemistisch relativiert, dass dies als unfreiwillige Beförderung nach hinten unter Gewaltanwendung zu verstehen sei. Willkürlich sei nicht nur, dass die Beschwerdegegnerin diese Präzision nachträglich anlässlich der persönlichen Befragung nachgeschoben habe, willkürlich bleibe auch, dass keinerlei körperliche Blessuren festgestellt werden konnten.  
 
Willkürlich könnte einzig die vorinstanzliche Würdigung der Beweismittel sein. Der Beschwerdeführer setzt sich mit der Aussage indessen nicht auseinander. Die Vorinstanz hatte vor der Berufungsverhandlung eine audiovisuelle Befragung durchgeführt (Urteil S. 3). Sie hält fest, soweit ihr nicht ganz klar gewesen sei, wie die Beschwerdegegnerin im kleinen geschlossenen Fahrzeug auf den Hintersitz gelangt sei, habe diese in der Befragung ihre früheren Aussagen überzeugend präzisiert (Urteil S. 7). 
 
Das Berufungsgericht kann das Urteil in allen angefochtenen Punkten umfassend überprüfen (Art. 398 Abs. 2 StPO). Es erhebt Beweise nochmals, sofern die unmittelbare Kenntnis notwendig erscheint (Art. 405 Abs. 1 i.V.m. Art. 343 Abs. 3 StPO; BGE 140 IV 196 E. 4.4.2). Das ist in Aussage gegen Aussage-Situationen angezeigt, wie sie in Vergewaltigungs-Fällen auftreten (vgl. die Urteile 6B_1068/ 2015 vom 2. November 2016 E. 1.4.2 und 6B_1302/2015 vom 28. Dezember 2016 E. 4.2.1, ferner Urteil 6B_307/2016 vom 17. Juni 2016 E. 2.4 ff.). 
 
2.3. Der Beschwerdeführer bringt vor, unerwähnt sei der Widerspruch der Zeugin geblieben, welche die Aussage der Beschwerdeführerin als "genau gleich" qualifiziert habe. Widerspruchsfreie und detailwesentliche Aussagen würden sich ausschliessen. Methodisch nicht nachvollziehbar als glaubwürdig beschrieben sei auch der permanente SMS-Kontakt der Beschwerdegegnerin mit ihm sowie dass sie ihn weiterhin beim Vornamen im Diminutiv anschreibe und ihrem Kind aus der heutigen ehelichen Beziehung seinen Vornamen gegeben habe.  
 
Mit dieser Argumentation wird keine Willkür aufgezeigt. Die Vorinstanz führt aus, dass er der Verlobte war und die Beschwerdegegnerin den vertrauten Umgang pflege (Urteil S. 8). Ihre Darstellung des Kerngeschehens sei klar rekonstruierbar, sehr anschaulich, detailliert und strukturiert, womit sie gesamthaft glaubhaft erscheine. Motive für eine Falschbeschuldigung seien nicht erkennbar. Sie habe damit in ihrem Umfeld grosse Nachteile auf sich genommen (Urteil S. 9, 10). 
 
2.4. Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, für ein unglaubwürdiges Nachtatverhalten spreche der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin nach der Vergewaltigung wieder in sein Fahrzeug eingestiegen sei. Dass zwischen ihnen ein Vertrauensverhältnis bestanden habe, stelle eine überinterpretative vorinstanzliche Deutung dar. Es bleibe dabei, dass sich die eigentliche Schilderung des Kerngeschehens durch die Beschwerdegegnerin als oberflächlich, detailarm und glatt darstelle. Die Vorinstanz hätte auf die Unglaubwürdigkeit der Aussagen schliessen müssen, statt erhebliche verschlampte Beweiserhebungen der Staatsanwaltschaft passend zu konstruieren. Die Staatsanwaltschaft stütze sich auf Printscreens vermeintlicher Nachrichten. Diese seien aus dem Zusammenhang gerissen und wesentliche SMS seien vorenthalten worden. Das Mobiltelefon der Beschwerdegegnerin sei nicht beschlagnahmt worden. Die Daten seien nicht computerforensisch gesichert und vollkommen gegen die Beweiserhebungsmethoden der StPO verstossend zu den Akten genommen worden. Dass ihm "ein Strick um den Hals gelegt" werde, scheine dem Desinteresse der Vorinstanz anheimgefallen zu sein (Beschwerde S. 7, 8).  
 
Die Vorinstanz äussert sich auf S. 8 des Urteils zum Wiedereinstieg in das Fahrzeug nach der Vergewaltigung. Nach der Vorinstanz ist das Beweisergebnis derart klar, dass nicht gesagt werden kann, es sei nicht allseitig ermittelt worden (Urteil S. 12). Der Beschwerdeführer äussert sich pauschalisierend. Er legt nicht dar, inwiefern die Behebung eines der behaupteten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein könnte (Art. 97 Abs. 1 BGG), d.h. inwiefern ein Mangel für den Schuldspruch kausal und damit rechtserheblich war. 
 
2.5. In der Beschwerde wird die behauptete Willkür in keiner Weise den bundesrechtlichen Anforderungen entsprechend substanziiert anhand der vorinstanzlichen Subsumtion aktengestützt aufgezeigt (oben E. 1). Es handelt sich um blosse appellatorische Kritik am Urteil.  
 
2.6. Der Antrag auf Verweisung der Zivilforderung auf den Zivilweg wird nicht begründet (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
3.   
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 140 V 521 E. 9.1; 138 III 217 E. 2.2.4; 129 I 129 E. 2.3.1). Angesichts der finanziellen Lage sind die Gerichtskosten praxisgemäss herabzusetzen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. September 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Briw