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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_48/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 4. September 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Pensionskasse der UBS, Stauffacherquai 46, 8004 Zürich, vertreten durch Dr. phil. et lic. iur. Karin Goy Blesi, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Marco Chevalier, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 9. November 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ war ab dem 1. Juni 1989 als Arbeitnehmerin der UBS AG (vormals Schweizerischer Bankverein) im Rahmen der obligatorischen beruflichen Vorsorge bei der Pensionskasse der UBS (nachfolgend: Pensionskasse) versichert. Aufgrund eines im Oktober 1988 erlittenen Unfalls erhielt A.________ mit Wirkung ab September 1993 eine halbe (Invaliditätsgrad 50 %; Verfügung der IV-Stelle Basel-Stadt vom 15. März 1995) und ab August 1995 eine ganze Rente der Invalidenversicherung (Invaliditätsgrad 100 %; Verfügung der IV-Stelle vom 19. Juli 1996). Die Pensionskasse erbrachte ihrerseits Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge. 
 
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 teilte die Pensionskasse A.________ mit, gestützt auf die Akten der Invalidenversicherung sei davon auszugehen, dass sie seit dem Jahr 2002 nur noch in einem Pensum von 60 % erwerbstätig wäre. Die Pensionskasse erstellte eine Überentschädigungsberechnung und forderte von A.________ Fr. 48'360.- für im Zeitraum vom 1. November 2009 bis zum 31. Oktober 2014 zu viel entrichteter Rentenleistungen zurück. 
 
B.   
A.________ liess am 30. Juli 2015 beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt Klage gegen die Pensionskasse erheben mit folgenden Rechtsbegehren: 
 
"1. Es sei die Beklagte zur Ausrichtung einer Invalidenrente von monatlich CHF 2'306.-- an die Klägerin rückwirkend ab dem 1. August 2010 zu verurteilen zuzüglich 5 % Zins seit dem Datum der Klageeinreichung. 
 
2. Unter o/e-Kostenfolge." 
 
Mit Klageantwort vom 15. Oktober 2015 beantragte die Pensionskasse - neben weiteren Verfahrensanträgen - Folgendes: 
 
"1. Die Klage vom 30. Juli 2015 sei vollumfänglich abzuweisen; 
 
2.es sei die Klägerin zu verpflichten, sämtliche Leistungen, die sie aus dem Unfallereignis vom 30. Oktober 1988 von Haftpflichtversicherungen Dritter (vgl. IV-Akten) erhalten hat, offenzulegen, und es sei festzustellen, ob und in welchem Umfang die Klägerin noch geschädigt ist; 
 
3. unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Klägerin." 
 
Gleichzeitig beantragte die Pensionskasse widerklageweise was folgt: 
 
"1. Die Widerbeklagte sei zu verpflichten, der Widerklägerin den Betrag von Fr. 48'360.-- zurückzuerstatten; 
 
2. unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Widerbeklagten." 
 
Nachdem die Parteien im Rahmen weiterer Schriftenwechsel an ihren Anträgen festgehalten hatten, hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt die Klage mit Entscheid vom 9. November 2016 gut und verpflichtete die Pensionskasse, A.________ ab 1. August 2010 eine Invalidenrente von monatlich Fr. 1'500.- und ab 1. November 2014 eine solche von Fr. 2'306.- zu entrichten. Die Widerklage wies das Sozialversicherungsgericht ab. 
 
C.   
Die Pensionskasse beantragt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, der Entscheid vom 9. November 2016 sei aufzuheben, und es seien die Rentenzahlungen gemäss beiliegender Berechnung festzusetzen. Eventualiter seien die Akten der Ausgleichskasse als zuständige Amtsstelle für die Berechnung der Renten der Invalidenversicherung beizuziehen, subeventualiter die Sache zwecks Vornahme der Berechnungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde. A.________ ersucht um Nichteintreten auf die Beschwerde, eventualiter ebenfalls um deren Abweisung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwiefern auf eine Beschwerde einzutreten ist (BGE 135 III 1 E. 1.1 S. 3 mit Hinweisen).  
 
1.2. Die Beschwerdegegnerin ersucht im Hauptantrag um Nichteintreten auf die Beschwerde. Zur Begründung führt sie an, die Pensionskasse habe in ihrem Antrag um Neuberechnung der Rentenzahlungen lediglich auf die Klageantwort im vorinstanzlichen Verfahren (inkl. der damaligen Beilagen) verwiesen, was für sich alleine nicht genüge (zum Erfordernis einer Beschwerdebegründung in der Beschwerde selbst vgl. Urteil 9C_779/2010 vom 30. September 2011 E. 1.1.2 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 137 V 446, aber in SVR: 2012 BVG Nr. 11 S. 44). Mit diesem Einwand lässt die Beschwerdegegnerin ausser Acht, dass die Pensionskasse in ihren folgenden Ausführungen eingehend darlegte, weshalb ihrer Auffassung nach die vorinstanzliche Berechnung der geschuldeten Rentenleistungen falsch sei und wie die auszurichtenden Leistungen konkret festzulegen seien. Die Beschwerde wird den genannten Begründungsanforderungen gerecht.  
 
2.  
 
2.1. Letztinstanzlich unbestritten geblieben sind die Ausführungen des kantonalen Gerichts, wonach die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Neuberechnung der Überentschädigung nicht an den Entscheid der IV-Stelle bezüglich Änderung des invalidenversicherungsrechtlichen Status gebunden gewesen war (vgl. dazu Urteil 9C_307/2015 vom 1. Dezember 2015 E. 4.1 f. mit Hinweis auf BGE 141 V 127 E 5.1 und 5.3 S. 132 ff.). Dasselbe gilt in Bezug auf die vorinstanzlichen Hinweise zu den Grundsätzen der Kongruenz (vgl. Art. 24 BVV 2). Anders als im Klageverfahren vor kantonalem Gericht besteht nunmehr - da nicht angefochten - auch Einigkeit darüber, dass die Beschwerdegegnerin, wäre sie gesund geblieben, ab August 2010 einer Erwerbstätigkeit in vollem Pensum nachgegangen wäre.  
 
2.2. Zu prüfen ist, ob die von der Pensionskasse geschuldeten Rentenzahlungen neu - konkret unter Berücksichtigung eines anderen Betrages an anrechenbaren Renten der Invalidenversicherung - festzusetzen sind, sei es durch das Bundesgericht (vgl. nachfolgend E. 2.2.1) oder nach erfolgter Rückweisung durch die Vorinstanz (vgl. E. 2.2.2).  
 
2.2.1. Die Beschwerdegegnerin legte in ihrer Klageschrift vom 30. Juli 2015 an die Vorinstanz einlässlich dar, wie sich die Überentschädigungsberechnung ihrer Ansicht nach zu präsentieren habe. Dabei bezifferte sie insbesondere die anrechenbaren Renten der Invalidenversicherung. Weil die Pensionskasse als damalige Beklagte die dieser Berechnung zu Grunde liegenden Zahlen mit keinem Wort bestritten hatte (sie bestritt "nur" das von der Versicherten angenommene 100 % Pensum und den sich daraus ergebenden Anspruch auf ungekürzte BVG-Invalidenleistungen; zur Substanziierungspflicht vgl. nachfolgend E. 2.2.2), stützte sich die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid auf eben diese klägerischen Berechnungen und kam zum Schluss, die Parteien operierten in arithmetischer Hinsicht auf den gleichen Grundlagen. Insofern die Pensionskasse erst beschwerdeweise die Höhe der im Rahmen der Überentschädigungsberechnung angerechneten Renten der Invalidenversicherung bestreitet, ist dieses tatsächliche Vorbringen neu und deshalb vor Bundesgericht unzulässig. Es erübrigen sich Weiterungen dazu (Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. statt vieler Urteil 4A_578/2016 vom 27. Juni 2017 E. 3.2).  
 
2.2.2. Unbehelflich ist der Einwand, die Vorinstanz habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt, weil sie unbesehen auf die in der damaligen Klage aufgeführten Zahlen abgestellt habe. Die Pensionskasse lässt ausser Acht, dass Klageverfahren nach Art. 73 BVG nicht auf ein Verfahren der ursprünglichen Verwaltungsrechtspflege folgen und deshalb die Darlegung sämtlicher rechtserheblicher Tatsachen und Beweismittel zu sämtlichen anspruchsbegründenden Voraussetzungen bedingen. Beschwerdeweise wird zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass der Untersuchungsgrundsatz auch im Rahmen der beruflichen Vorsorge gilt (Art. 73 Abs. 2 BVG). Allerdings wird dieser durch die Mitwirkungspflichten der Parteien beschränkt. Dazu gehört in erster Linie die Substanziierungspflicht, welche beinhaltet, dass sowohl die wesentlichen Tatsachenbehauptungen wie auch -bestreitungen in den Rechtsschriften enthalten sein müssen (vgl. BGE 138 V 86 E. 5.2.3 S. 97 mit Hinweisen).  
Weil die - fachlich vertraute - Pensionskasse die klageweise detailliert vorgebrachte Überentschädigungsberechnung nicht rechtsgenüglich bestritten hatte (der Grad der Substanziierung einer Behauptung beeinflusst den erforderlichen Grad an Substanziierung einer Bestreitung [vgl. statt vieler zur Publikation vorgesehenes Urteil 4A_692/2015 vom 1. März 2017 E. 6.1.1]), durfte die Vorinstanz ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes auf diesbezügliche Weiterungen verzichten. Es besteht kein Anlass für die subeventualiter beantragte Rückweisung der Sache an das kantonale Gericht zwecks Vornahme einer Neuberechnung der Überentschädigung. 
 
3.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat der Beschwerdegegnerin überdies eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. September 2017 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner