Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_664/2023
Urteil vom 4. September 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hurni,
Gerichtsschreiber Forster.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokatin Angela Agostino-Passerini,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm, Untere Grabenstrasse 32, 4800 Zofingen.
Gegenstand
Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl; Beschwerdefrist,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 15. August 2023 (SBK.2023.150).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen versuchten Einbruchdiebstahls. Mit schriftlichem Befehl vom 9. April 2023 ordnete die Staatsanwaltschaft die Durchsuchung des Beschwerdeführers an, des von ihm anlässlich seiner Anhaltung gelenkten Personenwagens sowie von Aufzeichnungen auf zwei sichergestellten Mobiltelefonen und dem Fahrzeug-Infotainmentsystem; gleichzeitig verfügte sie die Beschlagnahme von entsprechenden Beweismitteln.
B.
Auf die vom Beschuldigten gegen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom 9. April 2023 erhobene Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, mit Entscheid vom 15. August 2023 wegen Fristversäumnis nicht ein. Das Gesuch des Beschuldigten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Beschwerdeverfahren wies es ab.
C.
Gegen den Entscheid des Obergerichtes vom 15. August 2023 gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 21. September 2023 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Nichteintretensentscheides und die Rückweisung der Sache zur materiellen Entscheidung an die Vorinstanz.
Am 5. Oktober 2023 gingen die kantonalen Akten beim Bundesgericht ein. Am 17. November 2023 stellte der Beschwerdeführer ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Strafsache (Art. 80 BGG), mit dem die Vorinstanz auf eine Beschwerde nicht eingetreten ist. Insofern droht dem Beschwerdeführer eine formelle Rechtsverweigerung (vgl. Art. 29 Abs. 1 und Art. 29a BV ) und ist die Beschwerde grundsätzlich unabhängig vom Erfordernis eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zulässig (BGE 149 IV 205 E. 1.2 mit Hinweisen); auch sein aktuelles Rechtsschutzinteresse (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG) ist zu bejahen. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG ebenfalls erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
2.
Der Beschwerdeführer macht, im Wesentlichen zusammengefasst, Folgendes geltend. Er habe die Abholungseinladung vom 12. April 2023 der Schweizer Post für die angeblich mit Einschreiben erfolglos zugestellte Verfügung vom 9. April 2023 "nie erhalten". Zwar bestehe eine gegenteilige Legalvermutung; diese könne er aber "mit seinem Verhalten" widerlegen, "welches er nach Erhalt der A-Post Plus-Sendung" am 29. April 2023 an den Tag gelegt habe. Nach Kenntnisnahme der Verfügung habe er "innert der 10-tägigen Frist reagiert", eine Anwältin aufgesucht und eine Beschwerde gegen die Verfügung einreichen lassen. Die Vorinstanz habe sich mit seiner Argumentation nicht ausreichend befasst. Selbst im Falle einer gültigen Zustellungsfiktion mit Wirkung ab dem 19. April 2023 könne nicht von einem Ablauf der Beschwerdefrist am 1. Mai 2023 ausgegangen werden, da er bis zum 8. Mai 2023 nicht notwendig verteidigt gewesen sei. Auch darauf sei das Obergericht nicht eingegangen. Darüber hinaus erlaube auch der Grundsatz von Treu und Glauben im vorliegenden Fall keine Annahme der Fristversäumnis. Ausserdem wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren. Er rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung der gesetzlichen Regeln über den Fristenlauf, des verfassungsmässigen Grundsatzes von Treu und Glauben und des rechtlichen Gehörs.
3.
Die Vorinstanz begründet ihren Nichteintretensentscheid wie folgt:
Der Beschwerdeführer habe geltend gemacht, der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom 9. April 2023 sei ihm erst am 29. April 2023 (per A-Normalpost) zugestellt worden, womit die Frist gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO mit Beschwerde vom 9. Mai 2023 seiner Ansicht nach gewahrt wäre. Die Staatsanwaltschaft habe sich hingegen auf den Standpunkt gestellt, die Verfügung vom 9. April 2023 sei am 11. April 2023 per Einschreiben an die Wohnadresse des Beschwerdeführers versendet worden und habe diesem nicht zugestellt werden können, weshalb er am 12. April 2023 eine Abholungseinladung der Schweizer Post erhalten habe. Da der Beschwerdeführer das Einschreiben nicht innert sieben Tagen abgeholt habe, greife ab dem 19. April 2023 die gesetzliche Zustellfiktion. Folglich sei die 10-tägige Beschwerdefrist gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO am 1. Mai 2023 abgelaufen. Die Beschwerde vom 9. Mai 2023 sei verspätet erfolgt, weshalb auf diese nicht einzutreten sei.
Der Beschwerdeführer habe vorinstanzlich eingewendet, keine Abholungseinladung im Briefkasten vorgefunden zu haben. Vielmehr wolle er die Verfügung vom 9. April 2023, im Unwissen darüber, dass es sich dabei um eine nachträgliche Zustellung gehandelt habe, erst am 29. April 2023 als Normalpost (mit der Versandmethode "A-Post Plus") erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft habe aber, wie der Beschwerdeführer geltend mache, kein Schreiben beigelegt, in dem sie darauf hingewiesen hätte, dass zuvor schon ein Einschreiben versendet worden sei und die Frist bereits ab dem 19. April 2023 zu laufen begonnen habe. Ebenso wenig sei die Rechtsmittelbelehrung mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen gewesen. Weiter habe er argumentiert, der Fristenlauf habe schon deshalb nicht bereits am 19. April 2023 beginnen können, da er bei der Zustellung der Verfügung noch nicht notwendig verteidigt gewesen sei.
Das Obergericht stellt fest, dass der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom 9. April 2023 mit eingeschriebener Postsendung an den Beschwerdeführer versendet wurde. Dem bei den Akten befindlichen elektronischen Sendungsverlauf der Schweizerischen Post (Sendungsnummer xxx) seien folgende Einträge zu entnehmen: 11. April 2023, 16.17 Uhr, Zeitpunkt der Sendungsaufgabe durch die Absenderin; 12. April 2023, 10.43 Uhr: Deponierung der Abholungseinladung beim Adressaten; 13. April 2023, 08.20 Uhr: Ankunft der eingeschriebenen Sendung bei der Abholstelle der Post; 20. April 2023, 10.02 Uhr: uneingeschriebene Rücksendung an die Absenderin (nach Ablauf der 7-tägigen Abholfrist).
Der Beschwerdeführer habe demgegenüber keine konkreten Anzeichen für einen allfälligen Fehler bei der Zustellung der Verfügung vom 9. April 2023 dargelegt. Aus den Akten ergebe sich auch nicht, dass er diesbezüglich Abklärungen bei der Post vorgenommen oder sich bei dieser beschwert hätte. Vielmehr habe er sich auf die pauschale Bemerkung beschränkt, es sei "allgemein bekannt, dass die kleinen Abholzettel schnell verloren gehen können und es bei der Post auch sonst regelmässig zu Fehlern" komme.
Die Vorinstanz erwägt, eine grundsätzlich immer bestehende Möglichkeit von Fehlern bei der Poststelle genüge nicht, um die Vermutung zu widerlegen, dass der oder die Postangestellte die Abholungseinladung ordnungsgemäss in den Briefkasten oder in das Postfach des Empfängers gelegt habe und das Zustellungsdatum korrekt registriert worden sei. Von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit von Fehlern bei der Zustellung der Verfügung vom 9. April 2023 könne keine Rede sein. Vielmehr sei das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe nie eine Abholungseinladung der Post erhalten, als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Nach Ansicht des Obergerichtes bestünden keine konkreten Anzeichen dafür, dass die Post die Abholungseinladung am 12. April 2023 nicht ordnungsgemäss im Briefkasten des Beschwerdeführers deponiert hätte. Dass dieser darüber hinaus mit einer Zustellung von behördlicher Post habe rechnen müssen, werde von ihm nicht bestritten, weshalb sich weitere Ausführungen hierzu erübrigten.
Der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl der Staatsanwaltschaft vom 9. April 2023 gelte nach den gesetzlichen Vorschriften somit als am 19. April 2023 zugestellt (Ablauf der 7-tägigen Abholfrist ab 12. April 2023). Die 10-tägige Beschwerdefrist sei folglich am 1. Mai 2023 abgelaufen und die erst am 9. Mai 2023 erhobene Beschwerde verspätet. Am Fristablauf vermöchten auch die Vorbringen des Beschwerdeführers zur notwendigen Verteidigung nichts zu ändern, zumal dringliche Durchsuchungen und Beschlagnahmen zu Beweissicherungszwecken auch schon vor Bestellung einer notwendigen Verteidigung durchgeführt werden dürften. Ebenso wenig ergebe sich hier aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Anspruch auf Verlängerung oder Wiederherstellung der Beschwerdefrist. Die Staatsanwaltschaft habe dem Beschwerdeführer keine entsprechende vertrauensbegründende Auskunft erteilt. Ausserdem habe er der Verfügung vom 9. April 2023 auch mit deren zweiten Zustellung per Normalpost entnehmen können, dass eine erste Zustellung per Einschreiben erfolgt war und die 10-tägige Beschwerdefrist bereits zu laufen begonnen hatte. In dieser Situation habe es nach Treu und Glauben dem Beschwerdeführer oblegen, bei der Staatsanwaltschaft nachzufragen bzw. sich rechtzeitig über den Fristenlauf zu erkundigen.
4.
4.1. Art. 29 Abs. 1 und Art. 29a BV verbieten die formelle Rechtsverweigerung. Eine solche liegt nach der Praxis des Bundesgerichts insbesondere vor, wenn eine Behörde auf eine ihr frist- und formgerecht unterbreitete Sache nicht eintritt, obschon sie darüber befinden müsste. Überspitzter Formalismus ist gegeben, wenn für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, ohne dass die Strenge sachlich gerechtfertigt wäre, wenn die Behörde formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt oder an Rechtsschriften überspannte Anforderungen stellt und damit dem Bürger den Rechtsweg in unzulässiger Weise versperrt. Ob eine solche Rechtsverweigerung vorliegt, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 135 I 6 E. 2.1 mit Hinweisen).
4.2. Die Beschwerde nach Art. 393 ff. StPO ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Fristen, die durch eine Mitteilung oder den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, beginnen am folgenden Tag zu laufen (Art. 90 Abs. 1 StPO).
4.3. Für die Zustellung von Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehlen gelten die allgemeinen Regeln (Art. 85 ff. in Verbindung mit Art. 241 und Art. 263 StPO ). Sie erfolgt gemäss Art. 85 Abs. 2 StPO durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung. Die Zustellung einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, gilt gemäss Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste.
Bei eingeschriebenen Postsendungen gilt nach der Rechtsprechung eine widerlegbare Vermutung, dass der oder die Postangestellte die Abholungseinladung ordnungsgemäss in den Briefkasten oder in das Postfach des Empfängers gelegt hat und das Zustellungsdatum korrekt registriert worden ist. Es findet in diesem Fall eine Umkehr der Beweislast in dem Sinne statt, als bei Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten des Empfängers ausfällt, der den Erhalt der Abholungseinladung bestreitet. Diese Vermutung kann durch einen Gegenbeweis umgestossen werden. Sie gilt so lange, als der Empfänger nicht den Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit von Fehlern bei der Zustellung erbringt. Da die Nichtzustellung einer Abholungseinladung eine negative Tatsache ist, kann dafür zwar naturgemäss kaum je der volle Beweis erbracht werden. Die immer bestehende Möglichkeit von Fehlern bei den Verantwortlichen der Post genügt jedoch nicht, um die Vermutung zu widerlegen. Vielmehr müssten dafür konkrete Anzeichen für einen Zustellungsfehler vorhanden sein (BGE 142 IV 201 E. 2.3 mit Hinweisen; Urteil 6B_634/2019 vom 25. September 2019 E. 2.3). Dem Eintrag, den die Post bei der Versandmethode "A-Post Plus" in ihrem internen Erfassungssystem vornimmt, kommt nicht die Eigenschaft einer Empfangsbestätigung zu (BGE 144 IV 57 E. 2.3.1 mit Hinweis).
4.4. Die Sachverhaltsdarstellung der Vorinstanz kann im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 148 IV 38 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen).
5.
5.1. Die Vorinstanz geht willkürfrei davon aus, dass der Beschwerdeführer - aufgrund der bei den Akten liegenden Dokumente der Schweizer Post - am 12. April 2023 eine Abholungseinladung für die ihm mit eingeschriebener Post zugestellte Verfügung vom 9. April 2023 erhalten hat, der er sieben Tage lang keine Folge leistete (vgl. Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 1 BGG). Wie sich aus den Akten ergibt, insbesondere aus der polizeilichen Einvernahme des Beschwerdeführers vom 9. April 2023 als Beschuldigter, musste dieser im damaligen Zeitraum mit der Zustellung von einschlägigen anfechtbaren Zwangsmassnahmenverfügungen der Staatsanwaltschaft durchaus zeitnah rechnen. Damit greift die gesetzliche Zustellfiktion, gemäss der die 10-tägige Beschwerdefrist seit dem 20. April 2023 (bis am 1. Mai 2023) lief und vor der Beschwerdeerhebung am 9. Mai 2023 bereits abgelaufen war (Art. 396 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO).
Dem Einwand des Beschwerdeführers, die Staatsanwaltschaft hätte ihn gesondert auf den gesetzlichen Fristenlauf aufmerksam machen müssen, ist nicht zu folgen und findet in der oben (E. 4.3) dargelegten Gesetzgebung und Praxis keine Stütze. Dass er die eingeschrieben zugestellte behördliche Post ignorierte und nicht abholte, liegt in seiner eigenen Verantwortung. Ein angeblicher Zustellfehler ist nicht dargetan. Die zweite Zustellung der Verfügung mit nicht eingeschriebener Normalpost am 29. April 2023 erfolgte der guten Ordnung halber und hatte keine fristauslösenden Wirkungen mehr. Die Staatsanwaltschaft war auch nicht gesetzlich verpflichtet, die Rechtsmittelbelehrung der bereits gesetzeskonform zugestellten Verfügung zu ändern oder den Beschwerdeführer nochmals gesondert über den Fristenlauf bei eingeschriebener behördlicher Post zu informieren.
5.2. Daran vermag auch der Einwand des Beschwerdeführers nichts zu ändern, er sei damals noch nicht ausreichend notwendig verteidigt gewesen. Wie das Bundesgericht schon im sachkonnexen Urteil 7B_633/2023 vom 12. August 2024 festgestellt hat, durfte die Staatsanwaltschaft nach dem Grundsatz von Treu und Glauben davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer zwischen dem 11. April (Versand der Verfügung) und dem 20. April 2023 (Beginn des Fristenlaufs) vorläufig durch seinen damaligen Wahlverteidiger ausreichend notwendig verteidigt war. Der Beschwerdeführer bestand anlässlich seiner Einvernahme vom 9. April 2023 mehrmals nachdrücklich darauf, vorläufig nur diesen Anwalt als seinen Wahlverteidiger anzuerkennen. Diesem gesetzlich gewährleisteten Wunsch hatte die Staatsanwaltschaft damals Rechnung zu tragen (Art. 129 Abs. 1 StPO). Eine entsprechende protokollierte Erklärung des Beschwerdeführers (Art. 129 Abs. 2 StPO) lag vor (zit. Urteil 7B_633/2023 E. 2.3.1-2.3.2).
Der Beschwerdeführer legt auch nicht nachvollziehbar dar, weshalb er - angesichts der ihm am 12. April 2023 zugestellten Abholungseinladung der eingeschriebenen Sendung und der erfolgten zweiten Zustellung (per Normalpost) am 29. April 2023 - nicht unverzüglich, vor Ablauf der Beschwerdefrist, seinen damaligen Wahlverteidiger bzw. dessen Stellvertreter informiert oder eine neue Wahlverteidigung eingeschaltet hat. Wie bereits erwähnt, musste der Beschwerdeführer mit der Zustellung der ihm am 9. April 2023 in Aussicht gestellten Zwangsmassnahmenverfügung zeitnah rechnen. Die Vorinstanz stellt sodann willkürfrei fest, dass der Beschwerdeführer dieser Verfügung auch noch am 29. April 2023, mit der unstreitig erfolgten zweiten Zustellung per Normalpost, entnehmen konnte, dass eine erste Zustellung per Einschreiben erfolgt war und die 10-tägige Beschwerdefrist bereits zu laufen begonnen hatte. Im Übrigen weist das Obergericht mit Recht darauf hin, dass dringliche Zwangsmassnahmen zur Beweissicherung, wie Überwachungen, Beschlagnahmen und Durchsuchungen, grundsätzlich schon vor Bestellung einer notwendigen Verteidigung angeordnet werden dürften. Ein Siegelungsbegehren ( Art. 247-248 StPO ) bildet nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides.
5.3. Dass die Vorinstanz hier vom unbenutzten Ablauf der Beschwerdefrist ausgeht, hält vor dem Bundesrecht stand und begründet keinen Vorwurf der formellen Rechtsverweigerung.
5.4. Auch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich als unbegründet. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz sei "überhaupt nicht auf sein Argument eingegangen", wonach er "nach Erhalt der A-Post Plus-Sendung" am 29. April 2023 "innert der 10tägigen Frist reagiert", eine Anwältin aufgesucht und eine Beschwerde gegen die Verfügung vom 9. April 2023 habe einreichen lassen. Ebenso wenig habe die Vorinstanz seine Ausführungen zur notwendigen Verteidigung geprüft.
Diese Rüge findet in den Akten keine Stütze. Das Obergericht hat mit ausführlicher Begründung die wesentlichen Gründe dargelegt, weshalb es die Beschwerdefrist als versäumt erachtet (vgl. oben, E. 3). Dabei hat es sich namentlich auch mit dem Verhalten des Beschwerdeführers nach Erhalt der Normalpost-Zustellung am 29. April 2023 befasst und erwogen, der Beschwerdeführer habe sich damals angesichts der konkreten Umstände sofort, noch vor Ablauf der Beschwerdefrist, an die Staatsanwaltschaft oder seine Rechtsvertretung wenden können und müssen. Auch zum Aspekt der notwendigen Verteidigung hat sich die Vorinstanz ausdrücklich geäussert. Im Übrigen musste sie sich von Bundesrechts wegen nicht mit sämtlichen Vorbringen und Einwendungen des Beschwerdeführers ausdrücklich und im Einzelnen befassen. Dieser legt auch sonst nicht nachvollziehbar dar, weshalb die Begründung des angefochtenen Entscheides es ihm faktisch verunmöglicht hätte, den Beschwerdeweg ans Bundesgericht wirksam zu beschreiten.
5.5. Schliesslich wendet sich der Beschwerdeführer auch noch gegen die Abweisung seines Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren. Das Obergericht hat die Abweisung damit begründet, dass die Beschwerde offensichtlich aussichtslos gewesen sei. Was die beantragte unentgeltliche Prozessführung (Verzicht auf Gerichtskosten) betrifft, sei das Gesuch auch noch deshalb abzuweisen, weil kein Prozesskostenvorschuss erhoben worden sei und selbst im Falle einer finanziellen Bedürftigkeit des Gesuchstellers kein Anspruch auf definitive Befreiung von Verfahrenskosten bestünde. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Er vertritt den Standpunkt, seine finanziellen Verhältnisse seien im vorinstanzlichen Verfahren "vorerst irrelevant" gewesen.
Aus dem blossen Umstand, dass im kantonalen Strafverfahren ein Fall der notwendigen Verteidigung (Art. 130 lit. b StPO) gegeben ist, folgt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass in sämtlichen vom Beschuldigten eingeleiteten Beschwerdeverfahren voraussetzungslos die unentgeltliche Prozessführung und die unentgeltliche Rechtsverbeiständung durch seine Wahlverteidigerin zu gewähren wäre. Eine amtliche Verteidigung (Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO) liegt hier nicht vor (vgl. zit. Urteil 7B_633/2023 E. 3), und ein bundesrechtlicher Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege setzt neben der finanziellen Bedürftigkeit des Gesuchstellers voraus, dass die Beschwerdeführung nicht aussichtslos erscheint (Art. 29 Abs. 3 BV). Dass die Vorinstanz die Beschwerde als aussichtslos angesehen hat, verletzt die Bundesverfassung nicht. Daran ändert auch das Vorbringen des Beschwerdeführers nichts, es handle sich um einen Mehrheitsentscheid, ein Mitglied des vorinstanzlichen Gerichtskörpers habe eine abweichende Meinung vertreten. Auch die zusätzliche Erwägung der Vorinstanz, selbst finanziell Bedürftige hätten keinen Anspruch auf definitive Befreiung von Verfahrenskosten, hält vor dem Bundesrecht stand (vgl. Urteil 6B_847/2017 vom 7. Februar 2018 E. 5).
6.
Die Beschwerde ist abzuweisen.
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da die Beschwerde als von vornherein aussichtslos erscheint, ist das Gesuch abzuweisen (Art. 64 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. September 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Forster