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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8F_8/2007 
 
Urteil vom 4. Oktober 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Leuzinger, 
Gerichtsschreiber Flückiger. 
 
Parteien 
Domenico Acocella, Rechtsanwalt, Herrengasse 3, 6430 Schwyz, Gesuchsteller, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Gesuchsgegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Revisionsgesuch gegen das Urteil 
des Bundesgerichts vom 30. Mai 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Urteil vom 30. Mai 2007 wies das Bundesgericht die Beschwerde ab, welche U.________ gegen einen Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. November 2005 erhoben hatte. Gegenstand des Verfahrens bildeten Ansprüche des Beschwerdeführers auf Leistungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA). Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung richtete das Bundesgericht dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. Domenico Acocella, Schwyz, aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) aus. 
Gleichentags entschied das Bundesgericht auch über die Beschwerde, welche U.________ gegen den ebenfalls am 9. November 2005 gefällten Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich betreffend Leistungen der Eidgenössischen Invalidenversicherung erhoben hatte. Rechtsanwalt Dr. Acocella, der auch in diesem Verfahren als unentgeltlicher Rechtsbeistand des Versicherten fungierte, wurde ebenfalls eine Entschädigung von Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zugesprochen. 
B. 
Am 11. Juli 2007 wandte sich Rechtsanwalt Dr. Acocella schriftlich an das Bundesgericht. Er ersuchte um Erhöhung der Entschädigung für das unfallversicherungsrechtliche Verfahren auf Fr. 7904.30. Zur Begründung verwies er auf die Kostennote vom 31. Mai 2006, welche er im Verlauf des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens eingereicht hatte. Auf eine entsprechende Rückfrage hin erklärte er, das Schreiben vom 11. Juli 2007 sei "als Revisionsgesuch im Sinne von Art. 121 lit. d BGG, eventuell als Berichtigungsbegehren im Sinne von Art. 129 BGG entgegen zu nehmen". 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Weil das Revisionsgesuch nach dem 1. Januar 2007 eingereicht wurde, ist das mit diesem Datum in Kraft getretene Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG) anwendbar (Urteil 4F_1/2007 vom 13. März 2007, E. 2). Daran ändert der Umstand nichts, dass sich das mit dem Urteil vom 30. Mai 2007, um dessen Revision ersucht wird, abgeschlossene Verfahren noch nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) richtete. 
2. 
2.1 Dem Gesuchsteller kommt im Streit um die Höhe der ihm in seiner Eigenschaft als unentgeltlicher Rechtsvertreter zugesprochenen Entschädigung Parteistellung zu (BGE 131 V 153 E. 1 S. 155 mit Hinweisen; Urteil B 65/05 vom 6. Februar 2006, E. 2). Er ist daher legitimiert, ein entsprechendes Revisionsgesuch zu stellen. 
2.2 Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann unter anderem verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat (Art. 121 lit. d BGG). Dieser hier einzig in Frage kommende Revisionsgrund betrifft die Verletzung einer Verfahrensvorschrift (vgl. die Überschrift zu Art. 121 BGG). Das Revisionsgesuch ist daher innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids einzureichen (Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG). Das Urteil vom 30. Mai 2007 wurde dem Gesuchsteller am 15. Juni 2007 zugestellt. Die 30tägige Frist ist somit durch die Eingabe vom 11. Juli 2007, welche die wesentlichen Elemente eines Revisionsgesuchs enthält, gewahrt. 
2.3 Der Gegenpartei kommt in Verfahren über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege prinzipiell keine Parteistellung zu (RKUV 1994 Nr. U 184 S. 77 E. 5 S. 78; Urteil U 615/06 vom 23. Juli 2007, E. 7). Es erübrigt sich daher, eine Vernehmlassung der SUVA einzuholen. 
3. 
Der Revisionsgrund des Art. 121 lit. d BGG lautet wörtlich gleich wie der bis Ende 2006 in Kraft gestandene Art. 136 lit. d OG und stimmt mit diesem auch inhaltlich überein (vgl. Urteil 4F_1/2007 vom 13. März 2007, E. 6.1 sowie Botschaft des Bundesrates zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4202 ff., 4354). Dementsprechend bleibt die unter dem OG ergangene Rechtsprechung weiterhin massgebend. Danach ist die Revision eines bundesgerichtlichen Urteils zulässig, wenn das Gericht bestimmte Tatsachen nicht gewürdigt hat, sich die fraglichen Tatsachen aus den Akten ergeben, sie für den Verfahrensausgang erheblich sind und die Nichtberücksichtigung versehentlich erfolgt ist. Versehentliches Nichtberücksichtigen liegt vor, wenn das Gericht ein bestimmtes Aktenstück übersehen oder eine bestimmte wesentliche Aktenstelle unrichtig, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut oder in ihrer tatsächlichen Tragweite wahrgenommen hat. Erheblich ist eine Tatsache, wenn sie geeignet ist, zu einem anderen, für den Gesuchsteller günstigeren Ergebnis zu führen (BGE 122 II 17 E. 3 S. 18 f.; Urteil B 101/06 vom 23. Februar 2007, E. 3). 
4. 
4.1 Das Bundesgericht hat bei der Festsetzung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Rahmen des Urteils U 1/06 vom 30. Mai 2007 übersehen, dass mit der nachträglichen Eingabe vom 31. Mai 2006 eine detaillierte Kostennote eingereicht worden war. Damit hat das Gericht eine sich aus den Akten ergebende Tatsache versehentlich nicht zur Kenntnis genommen. Die erste Voraussetzung einer auf Art. 121 lit. d BGG gestützten Revision ist demnach erfüllt. 
4.2 Zu prüfen bleibt, ob die Entschädigung anders festgesetzt worden wäre, wenn das Gericht die Kostennote in seinen Entscheid einbezogen hätte. 
4.2.1 Wie dargelegt (E. 1 am Ende), unterstand das Verfahren U 1/06 in prozessualer Hinsicht noch den Bestimmungen des OG (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). Die Höhe des Honorars eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes richtete sich gemäss Art. 135 in Verbindung mit Art. 152 Abs. 2 und 160 OG nach dem Tarif über die Entschädigungen an die Gegenpartei für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht (EVG-Tarif, SR 173.119.2). Gemäss Art. 2 Abs. 1 EVG-Tarif wird das Anwaltshonorar innerhalb eines bestimmten Rahmens ermessensweise nach der Wichtigkeit der Streitsache, ihrer Schwierigkeit sowie dem Umfang der Arbeitsleistung und dem Zeitaufwand des Anwalts bestimmt. Laut Art. 1 des EVG-Tarifs in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 des Tarifs über die Entschädigungen an die Gegenpartei für das Verfahren vor dem Bundesgericht (173.991.1, in Kraft gewesen bis 31. Dezember 2006) kann eine Kostennote eingereicht werden. 
4.2.2 Die Kriterien der Wichtigkeit und Schwierigkeit der Sache konnte das Bundesgericht auch ohne Kenntnis der Kostennote beurteilen. Mit Blick auf die Aktenlage sowie die Qualität des vorinstanzlichen Entscheids ging es von einer dem Rechtsgebiet entsprechend wichtigen, aber nicht besonders schwierigen Angelegenheit aus. 
4.2.3 Laut der Kostennote entstand dem Rechtsvertreter für die Erstellung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 30. Dezember 2005 ein Aufwand von zehn Stunden. Die übrigen rund 24 Stunden beziehen sich zu einem geringen Teil auf das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege oder das Studium verfahrensleitender Verfügungen, weit überwiegend jedoch auf das Einholen zusätzlicher Arztberichte, welche in der Folge mit Schreiben vom 31. Mai 2006 eingereicht wurden, und den Brief selbst. Angesichts der grundsätzlichen Unzulässigkeit nachträglicher Eingaben im letztinstanzlichen Verfahren (BGE 127 V 353) handelt es sich bei diesen Aktivitäten nach der Einreichung der Beschwerdeschrift grösstenteils nicht mehr um gebotenen bzw. gerechtfertigten und daher zu entschädigenden Aufwand. Zu berücksichtigen ist ausserdem, dass sich im parallel laufenden invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren teilweise dieselben oder zumindest ähnliche Fragen stellten. Weite Teile der beiden letztinstanzlichen Beschwerdeschriften sind denn auch identisch. Diesem Umstand wurde allerdings bereits durch die Festsetzung der Entschädigung im IV-Verfahren auf den vergleichsweise niedrigen Betrag von Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) weitgehend Rechnung getragen. Insgesamt erscheint angesichts des Aufwands für die Abfassung der Beschwerde, soweit er das unfallversicherungsrechtliche Verfahren betrifft, und unter Berücksichtigung eines geringen Anteils der späteren Bemühungen sowie der Auslagen eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Auslagen und Mehrwertsteuer), wie sie in derartigen Verfahren üblicherweise zugesprochen wird, als angemessen. Die versehentlich nicht berücksichtigte Kostennote erweist sich damit als erhebliche Tatsache. Das Revisionsgesuch ist gutzuheissen. Die Entschädigung ist jedoch nicht auf den beantragten Betrag von Fr. 7904.30, sondern auf Fr. 2500.- festzusetzen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Das Revisionsgesuch wird gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer 3 des Urteils der I. sozialrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 30. Mai 2007, U 1/06, wird aufgehoben. 
2. 
Die im Verfahren U 1/06 an den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Rechtsanwalt Dr. Domenico Acocella, Schwyz, aus der Gerichtskasse auszurichtende Entschädigung wird auf Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) festgesetzt. 
3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
4. 
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird dem Gesuchsteller zurückerstattet. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 4. Oktober 2007 
 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: