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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_569/2024  
 
 
Urteil vom 4. November 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichter von Felten, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Till Gontersweiler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Strafzumessung (mehrfaches Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz etc.), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 26. April 2024 (SB230315-O/U/hb). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 26. April 2024 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich A.________ wegen mehrfachen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher Gewaltdarstellung, mehrfacher Pornografie und Fahrens ohne Berechtigung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und einer bedingten Geldstrafe. Vom Widerruf einer bedingten Geldstrafe sah es unter Verlängerung der Probezeit ab. 
 
B.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, er sei zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten, davon 30 Monate bedingt, zu verurteilen. Die Probezeit bezüglich der Vorstrafe sei nicht zu verlängern. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer kritisiert die Strafzumessung. 
 
1.1. Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse und die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens richtet sich nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB; BGE 142 IV 137 E. 9.1).  
Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. mit Hinweisen). Entsprechendes gilt für die Bildung der Einsatz- und der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips (BGE 144 IV 217 E. 2 f.; 141 IV 61 E. 6.1.2). Darauf kann verwiesen werden. Es liegt im Ermessen des Sachgerichts, in welchem Umfang es den verschiedenen Strafzumessungsfaktoren Rechnung trägt. Dabei kommt ihm ein erheblicher Spielraum zu. Das Bundesgericht schreitet nur ein, wenn das Gericht sein Ermessen überschritten oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt hat (BGE 144 IV 313 E. 1.2). 
Das Sachgericht hat die für die Strafzumessung erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten und seine Überlegungen in den Grundzügen wiederzugeben, sodass die Strafzumessung nachvollziehbar ist (Art. 50 StGB; BGE 144 IV 313 E. 1.2 mit Hinweisen). Allein einer besseren Begründung wegen hebt das Bundesgericht das angefochtene Urteil nicht auf, solange die Strafzumessung im Ergebnis bundesrechtskonform ist (BGE 127 IV 101 E. 2c; Urteil 6B_1239/2023 vom 22. Januar 2024 E. 1.1.1). 
 
1.2.  
 
1.2.1. Die Vorinstanz erachtet als erstellt, dass der Beschwerdeführer zwischen Mitte August und Ende Dezember 2014 regelmässig Kleinmengen an Kokain verkaufte und von Mai 2016 bis Mitte Februar 2017 insgesamt 1,225 Kilogramm Kokaingemisch, entsprechend 784 Gramm reinem Kokain, von einem Händler bezog. Der Beschwerdeführer sei während knapp drei Jahren intensiv und ohne Unterbruch dem Betäubungsmittelhandel nachgegangen und habe dabei einen Umsatz von mindestens rund Fr. 160'000.-- erzielt. Ein Eigenkonsum sei gemäss Angaben des Beschwerdeführers selbst lediglich gelegentlich mithin in geringer Menge erfolgt, zumal er nicht süchtig gewesen sei. Rechtlich qualifizierte die Vorinstanz das Verhalten als mehrfaches Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a und c BetmG (mengenmässig qualifiziert und gewerbsmässig). Dies ist unbestritten. Daraus ergibt sich ein Strafrahmen von 1 bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe (Art. 19 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 StGB).  
Die Vorinstanz erwog, der Beschwerdeführer habe über einen langen Zeitraum eine grosse Anzahl Einzelgeschäfte getätigt. Der Umstand, dass er regelmässig Mengen von 50 bis 100 Gramm Kokain erworben und an sein Abnehmernetz weiterveräussert habe, zeuge von einer strukturierten, organisierten und professionellen Vorgehensweise, zumal der Beschwerdeführer auch Stellvertreter eingesetzt habe. Dafür würden auch die Verwendung einer verklausulierten Sprache, das Wechseln der Telefonnummer und die Verschleierung seines wahren Geschäftsgebaren unter dem Deckmantel des Betriebs eines DartClubs sprechen. Der Beschwerdeführer habe mit erheblicher krimineller Energie gehandelt, wobei die Tatmehrheit die objektive Tatschwere erhöhe. Eine besonders wichtige Funktion innerhalb des Drogengeschäfts habe der Beschwerdeführer aber nicht innegehabt, zumal er das Kokain vorwiegend in Grammmengen verkauft und lokal vertrieben habe. Angesichts des sehr weiten Strafrahmens sei das Verschulden trotz der hohen Verkaufsmenge, des professionellen Vorgehens und der langen Deliktsdauer objektiv als nicht mehr leicht einzustufen. 
Bezüglich der subjektiven Tatschwere sei vorweg zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer aus freiem Entschluss und im Wissen um die Strafbarkeit gehandelt habe. Er habe vorsätzlich und unter präziser Planung grössere Mengen Kokain in Verkehr gebracht und mindestens in Kauf genommen, damit unmittelbar oder mittelbar die Gesundheit vieler Menschen zu gefährden. Das Motiv dürfte vorwiegend finanzieller Natur und damit egoistisch gewesen sein und - wenn überhaupt - nur marginal dem Eigenkonsum gedient haben. Von einer Drogensucht, die das subjektive Verschulden relativieren würde, könne nicht die Rede sein. Die subjektiven Verschuldensaspekte würden das objektive Tatverschulden nur minim abschwächen, sodass eine Einsatzstrafe von 42 Monaten Freiheitsstrafe angemessen sei. 
 
1.2.2. Sodann habe der Beschwerdeführer neben dem Kokainhandel seinen Lieferanten grosse Mengen Marihuana, mindestens 59 Kilogramm, angeboten. Hingegen stehe nicht fest, dass er diese Menge tatsächlich verkauft habe, weshalb er lediglich wegen Anstaltentreffens zum Verkauf im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. g BetmG schuldig sei. Die Gewerbsmässigkeit ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang mit dem Kokainhandel. Für das Anbieten von Marihuana im Mehrkilobereich sei von einem leichten Fall auszugehen.  
In subjektiver Hinsicht habe der Beschwerdeführer vorsätzlich grosse Mengen an Marihuana angeboten. Er habe profitorientiert und aus rein finanziellen, egoistischen Beweggründen gehandelt. Jedoch habe er das Angebot gegenüber Personen gemacht, die sich mit Betäubungsmitteln ausgekannt hätten. Das subjektive Verschulden sei vor diesem Hintergrund als noch leicht einzustufen. Die objektive Tatschwere werde dadurch nicht vermindert. Angemessen sei eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten. Die Einsatzstrafe von 42 Monaten für den Kokainhandel sei unter Berücksichtigung des Asperationsprinzips für das Anbieten von Marihuana um 9 Monate auf 51 Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen. Die Schuldsprüche wegen mehrfachen Gewaltdarstellungen und Pornografie sowie wegen Fahrens trotz Entzugs des Ausweises ahndete die Vorinstanz mit einer Geldstrafe. 
 
1.2.3. Mit Bezug auf die Täterkomponente würdigt die Vorinstanz die Biografie und die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers neutral, wobei sie auf die Erstinstanz verweist. Aus seiner Biographie würden sich keine Umstände ergeben, die sein strafbares Verhalten erklären würden. Die persönlichen Verhältnisse hätten sich seit der erstinstanzlichen Verhandlung nicht geändert. Gleichfalls neutral zu werten sei das Nachtatverhalten des Beschwerdeführers. Zwar sei er betreffend die Nebendossiers geständig gewesen. Jedoch sei ihm auch nichts Anderes übrig geblieben, da er in flagranti erwischt worden sei. Das Geständnis betreffend dieser Vorwürfe habe somit nicht zur Aufklärung der Straftaten beigetragen. Die Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz habe er vollumfänglich bestritten und weder Einsicht in das Unrecht seiner Taten noch gar Reue gezeigt.  
Sodann sei der Beschwerdeführer wegen Misswirtschaft, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Unterlassung der Buchführung vorbestraft. Zudem habe er während laufendem Verfahren, teilweise während laufender Probezeit erneut delinquiert. Jedoch habe er sich seit 7 Jahren nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Die Vorstrafen seien mit 1 Monat leicht straferhöhend zu berücksichtigen. Demgegenüber sei die übermässige Verfahrensverzögerung mit 3 Monaten leicht strafmindernd zu berücksichtigen, da es in den Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft Lücken von jeweils rund einem halben Jahr zwischen Ende Dezember 2019 und Sommer 2020 sowie zwischen Herbst 2020 und Frühsommer 2021 gegeben habe. Daraus resultiere eine Freiheitsstrafe von 48 Monaten. 
 
1.3. Die Strafzumessung hält vor Bundesrecht stand. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz das ihr zustehende Ermessen überschritten oder massgebende Strafzumessungskriterien ausser Acht gelassen hätte. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, begründet dies nicht.  
 
1.3.1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt die Einsatzstrafe von 42 Monaten für den mehrjährigen Kokainhandel klar innerhalb des vorinstanzlichen Ermessens und des von 1 bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe reichenden gesetzlichen Strafrahmens bei einem nicht mehr leichten Verschulden. Dies würde selbst dann gelten, wenn die Vorinstanz der Tatmehrheit zu Unrecht straferhöhend Rechnung getragen hätte. Indes ist es nicht zu beanstanden, die grosse Zahl von Einzeltaten im Rahmen der objektiven Tatschwere auch beim qualifizierten Tatbestand gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a und c BetmG zu berücksichtigen. Darin liegt keine Verletzung des Doppelverwertungsverbots. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer mehrfach qualifiziert gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen hat, indem er sowohl gewerbsmässig handelte als auch eine grosse Drogenmenge umsetzte. In diesem Zusammenhang leuchtet nicht ein, weshalb es strafmindernd berücksichtigt werden müsste, dass der Beschwerdeführer die Betäubungsmittel bloss lokal vertrieb und nur Kleinmengen verkaufte. Wie die Vorinstanz zutreffend feststellt, überschritt er die für die mengenmässige Qualifizierung erforderliche Menge - von 18 Gramm Kokain - um ein Vielfaches, veräusserte er doch über Jahre 784 Gramm reines Kokain. Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer unbestrittenermassen selbst nicht süchtig war und aus rein finanziellen Motiven handelte, erscheint die Einschätzung, wonach sein Verschulden "nur" nicht mehr leicht wiege, eher grosszügig. Jedenfalls aber ist die Einsatzstrafe von 42 Monaten nicht zu hoch. Auch liegt sie damit noch im unteren Bereich des abstrakten Strafrahmens und stimmt mit dem festgestellten Verschulden überein. Indem der Beschwerdeführer lediglich dafür hält, eine Einsatzstrafe von 36 Monaten sei angemessen, begründet er keine Verletzung von Bundesrecht.  
 
1.3.2. Gleichfalls nicht zu beanstanden ist die Erhöhung der Einsatzstrafe um 12 bzw. asperiert um 9 Monate aufgrund des Anbietens von knapp 60 Kilogramm Marihuana. Der Beschwerdeführer bestreitet zu Recht nicht, dass die Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens liegt. Angesichts des offensichtlichen Zusammenhangs mit dem Hauptvorwurf ist es insbesondere nachvollziehbar, wenn die Vorinstanz hier keine Geldstrafe ausspricht (Art. 19 Abs. 1 BetmG). Ebenso geht sie - zumal angesichts der grossen Menge - zu Recht von Gewerbsmässigkeit bzw. der Absicht hierzu aus. Die Straferhöhung ist mithin auch vor dem Hintergrund, dass es mit Bezug auf den Verkauf von Marihuana bei der Absicht blieb, nicht zu beanstanden. Insbesondere blieb die Vorinstanz bei der Festsetzung der Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens und dabei auf dem Minimum von 12 Monaten. Eine weitere Reduktion war somit auch Eingedenk des leichten Verschuldens gar nicht möglich, was der Beschwerdeführer zu verkennen scheint. Dass die Vorinstanz bei der Asperation Bundesrecht verletzt hätte, legt er nicht dar. Dies gilt insbesondere für den Einwand, wonach die Erstinstanz lediglich eine Erhöhung um 3 Monate vornahm. Daran war die eine eigene Strafzumessung vornehmende Vorinstanz nicht gebunden, was der Beschwerdeführer auch nicht behauptet.  
 
1.3.3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist sodann sein Wohlverhalten seit 7 Jahren nach der Rechtsprechung grundsätzlich neutral zu werten, da es erwartet werden kann (Urteil 6B_691/2022 vom 17. Oktober 2022 E. 5.3.3). Dass Art. 48 lit. e StGB erfüllt wäre, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Schliesslich durfte die Vorinstanz die Vorstrafen straferhöhend berücksichtigen, auch wenn sie nicht einschlägig sind. Sie trägt dem mit einem Monat angemessen Rechnung. Dass die Reduktion um 3 Monate aufgrund der Verfahrensdauer zu gering ausgefallen wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Es ist mithin nicht dargetan, dass die Vorinstanz im Rahmen der Täterkomponente relevante Strafminderungsgründe ausser Acht gelassen hätte.  
Da sich die Strafzumessung somit als bundesrechtskonform erweist und die Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von 48 Monaten ausspricht, ist der teilbedingte Vollzug ausgeschlossen. Auf die diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht einzugehen. 
 
2.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 3'000.--. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. November 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Muschietti 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt