Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
P 34/05 
 
Urteil vom 4. Dezember 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Kernen und Seiler; Gerichtsschreiber Scartazzini 
 
Parteien 
1. E.________, 1954, 
2. M.________, 1955, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Fürsprecher Thomas Laube, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich, 
 
gegen 
 
1. Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV, Amtshaus Helvetiaplatz, 8004 Zürich, 
2. Bezirksrat Zürich, Neue Börse, Selnaustrasse 32, 8001 Zürich, 
Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 16. Juni 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
E.________, geboren 1954, und M.________, geboren 1955, beziehen seit August 1997 Zusatzleistungen in Form von Ergänzungsleistungen, kantonalen Beihilfen und Gemeindezuschüssen zu ihrer Invalidenrente. Mit Verfügung vom 14. Mai 2004 sprach die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) E.________ rückwirkend ab 1. November 1996 eine Invalidenrente aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 40 % zu, was für die Zeit vom 1. November 1996 bis 31. Mai 2004 zu einer Nachzahlung von Fr. 162'142.- führte. Mit Rückerstattungsverfügung vom 26. Mai 2004 sowie mit zwei weiteren gleichentags erlassenen Verfügungen forderte das Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Zürich (AZL) nach neu berechnetem Anspruch auf Ergänzungsleistungen die für die Zeit vom 1. August 1997 bis 30. Juni 2004 zu viel bezogenen Beträge in der Höhe von Fr. 67'511.- zurück. Das AZL bestätigte die verfügte Rückerstattung mit Entscheid vom 1. Oktober 2004, und die dagegen erhobene Einsprache hiess der Bezirksrat Zürich mit Beschluss vom 3. Februar 2005 teilweise gut, indem er den vom AZL berechneten Rückerstattungsbetrag um Fr. 654.- auf Fr. 66'857.- herabsetzte. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde, womit die ersatzlose Aufhebung der Rückerstattungsverfügung beantragt wurde, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 16. Juni 2005 ab. 
C. 
E.________ und M.________ lassen Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben und das vorinstanzliche Rechtsbegehren unter Kosten- und Entschädigungsfolge erneuern. 
 
Das AZL schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und hält weiterhin daran fest, dass insgesamt Fr. 67'511.- zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzuerstatten sind. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur soweit eingetreten werden, als in der vor dem kantonalen Gericht hängigen Hauptsache die Rückerstattung bundesrechtlicher Ergänzungsleistungen streitig ist. Zusatzleistungen (Beihilfen und Gemeindezuschüsse) nach kantonalem Recht fallen somit ausser Betracht (BGE 130 V 407, nicht publizierte Erw. 1; vgl. BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis). 
2. 
Der Frage, ob im Zusammenhang mit der Rückerstattung von zu Unrecht bezogenen Leistungen Art. 25 ATSG anzuwenden ist, wenn der Einspracheentscheid nach dem In-Kraft-Treten des ATSG (auf den 1. Januar 2003) ergangen ist (hier: am 3. Februar 2005), die Rückerstattung aber vor - bzw. vor und nach - dem 1. Januar 2003 gewährte Leistungen betrifft (hier: für die Zeit vom 1. August 1997 bis 30. Juni 2004), kommt insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung zu, als die nach dem ATSG für die Rückerstattung massgeblichen Grundsätze aus der früheren Regelung und Rechtsprechung hervorgegangen sind (BGE 130 V 318 Erw. 5). 
3. 
3.1 Art. 25 ELV hat die Revision der Ergänzungsleistung im Sinne der Anpassung an geänderte tatsächliche Verhältnisse zum Gegenstand, regelt also Veränderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des EL-Bezügers während des Leistungsbezuges (BGE 122 V 21 Erw. 3b). Demgegenüber bestimmt Art. 25 Abs. 1 ATSG (bis 31. Dezember 2002 gemäss Art. 27 Abs. 1 erster Satz ELV), dass unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten sind. Bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistungen zur Ermittlung des Rückerstattungsbetrages ist von den Verhältnissen auszugehen, wie sie im Rückerstattungszeitraum tatsächlich bestanden haben (BGE 122 V 24 ff. Erw. 5b). Zu beachten ist dabei, dass die Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Geldleistungen in der Sozialversicherung nur unter den für die Wiedererwägung oder die prozessuale Revision formell rechtskräftiger Verfügungen massgebenden Voraussetzungen zulässig ist (BGE 126 V 23 Erw. 4b, 46 Erw. 2b, je mit Hinweisen). Unter dem Titel der so genannten prozessualen Revision von Verwaltungsverfügungen ist die Verwaltung verpflichtet, auf eine formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen, wenn neue Tatsachen oder neue Beweismittel entdeckt werden, die geeignet sind, zu einer andern rechtlichen Beurteilung zu führen (BGE 127 V 469 Erw. 2c mit Hinweisen). Eine rückwirkende Zusprechung von Renten ist Grund für Rückforderung, da damit die Voraussetzungen für ein Zurückkommen (prozessuale Revision) auf die ursprüngliche Gewährung von Ergänzungsleistungen erfüllt ist (BGE 122 V 138 f. Erw. 2d, in BGE 129 V 70 nicht publizierte Erw. 4.2, P 41/00; Urteil A. vom 8. März 2004 Erw. 3.1, P 91/02). 
3.2 
3.2.1 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird hauptsächlich geltend gemacht, es sei von den im Rückerstattungszeitraum tatsächlich bestehenden Verhältnissen auszugehen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Rente der Unfallversicherung den Beschwerdeführern in diesem Zeitraum (vom 1. August 1997 bis 30. Juni 2004) nicht zur Verfügung gestanden habe. 
 
Diese Argumentation ist nicht stichhaltig. Insbesondere ist zu beachten, dass die von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang genannten Entscheide sich generell auf die Frage der Anrechnung von Einkommen beziehen, in Bezug auf die Rückforderung allerdings nicht besagen, dass im Zeitraum, in dem die jetzt zurückgeforderte Leistung erbracht wurde, das Einkommen tatsächlich zur Verfügung gestanden haben muss. Die Aussage, die tatsächlichen Verhältnisse seien auch bei der Neuberechnung im Hinblick auf eine Rückforderung massgebend (BGE 122 V 24 ff. Erw. 5b), kann vernünftigerweise nicht so verstanden werden, dass das Einkommen im Rückforderungszeitraum tatsächlich zur Verfügung gestanden haben muss, sondern nur, dass es irgendeinmal zur Verfügung stehen muss. Sofern die Summe nachträglich zur Verfügung steht, kann für die Neuberechnung des Anspruchs bzw. der Rückforderungsschuld als solcher somit nur massgebend sein, ob für den fraglichen Zeitraum, in dem die Ergänzungsleistung ausgerichtet wurde, ein Anspruch auf die Leistung bestand. Andernfalls würde sich, wie die Vorinstanz zutreffend hervorgehoben hat, eine verzögerte Auszahlung einer Forderung in ungerechtfertigter Weise zum Vorteil des Empfängers auswirken. So hat das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 122 V 138 Erw. 2d erwogen, im Zeitpunkt, in welchem die Kasse das massgebende Einkommen berechnet habe, sei ihr die Forderung der Versicherten gegenüber der Vorsorgeeinrichtung nicht bekannt gewesen, wobei zu vermeiden sei, dass die versicherte Person während des Rückerstattungszeitraums in doppelter Hinsicht entschädigt werde. Auch aus der in BGE 130 V 318 ff. nicht publizierten Erw. 6.2, K 147/03, geht hervor, dass im Rückerstattungszeitraum das Bestehen einer Forderung genügt. Insbesondere wurde dort festgehalten, rückerstattungspflichtig könne zunächst die versicherte Person werden, wobei daran nichts ändere, wenn im Bereich der Krankenversicherung der Leistungserbringer direkt entschädigt werde. Das bedeutet, dass in einem solchen Fall die Leistung dem Versicherten im Rückerstattungszeitraum nicht zur Verfügung stand. 
3.2.2 Die Beschwerdeführer wenden ferner ein, die prozessuale Revision sei auf ursprüngliche Fehlerhaftigkeit zugeschnitten. Dies trifft zu, ändert allerdings nichts daran, dass bei Berücksichtigung der neuen Tatsachen - im vorliegenden Fall die Ausrichtung einer Invalidenrente der Unfallversicherung ab 1996 - sich die Zahlung der Ergänzungsleistungen von Anfang an als fehlerhaft erweist. Massgebend ist, dass rückwirkend gesehen der Beschwerdeführer ab 1996 Anspruch auf die Rente hatte und diese im Zeitpunkt, in dem die Rückerstattung verlangt wurde, den Ehegatten T.________ tatsächlich zur Verfügung stand. Dabei sind auch die Einwendungen unerheblich, wonach die SUVA den Leistungsanspruch während des Rückerstattungszeitraums mit Verfügungen vom 29. März 1996 und 30. März 2000 verneint habe. Denn diese Verfügungen wurden eben nicht rechtskräftig, sondern es wurde die Invalidenrente mit Verfügung vom 14. Mai 2004 nachträglich zugesprochen. Ob dem weiteren Einwand der Beschwerdeführer entsprechend der Betrag wegen notwendiger Anwaltskosten im Zeitpunkt der Rückerstattung tatsächlich nicht mehr zur Verfügung stand, wäre allenfalls im Rahmen eines Erlassverfahrens zu prüfen, was im vorliegenden Verfahren jedoch nicht zur Diskussion steht. 
3.3 Die Beschwerdeführer wenden sodann ein, es handle sich vorliegend um eine Revision der Ergänzungsleistung im Sinne der Anpassung an geänderte tatsächliche Verhältnisse und somit um einen Anwendungsfall von Art. 25 ELV. Auch diese Argumentation stösst ins Leere. Wie in der Rechtsprechung festgehalten wurde (BGE 122 V 139 Erw. 2e), geht es beim rückwirkend anerkannten Rentenanspruch um ein Einkommenselement, das im Zeitpunkt der EL-Verfügung zwar nicht bekannt war, das aber dennoch hätte berücksichtigt werden müssen, da es während des Rückerstattungszeitraums im Sinne einer Forderung bereits bestand. Eine solche Situation entspricht nicht jener der Anpassung nach Art. 25 ELV und kann demzufolge nicht unter die genannte Verordnungsbestimmung subsumiert werden. Zudem ist zu beachten, dass die Wirkung einer Revision der Ergänzungsleistung, handelte es sich tatsächlich um einen Anwendungsfall von Art. 25 Abs. 2 lit. c ELV, spätestens ab Beginn des Monats, der auf die neue Verfügung folgt, also auch schon früher möglich wäre und zum Tragen kommen könnte, was eine Rückerstattungsverfügung mit ex tunc-Wirkung nicht ausschliessen würde. 
3.4 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird schliesslich beanstandet, es sei die Verwirkungsfrist nicht eingehalten worden. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer wird nach der in BGE 129 V 70 nicht publizierten Erw. 5.2, P 41/00 die Verwirkungsfrist mit Erlass der Rückerstattungsverfügung eingehalten, wobei es sich in einem solchen Fall nicht um einen Unterbruch einer Verjährungsfrist handelt. 
4. 
Auf den in der Vernehmlassung gestellten Antrag des Beschwerdegegners wird nicht eingetreten. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 4. Dezember 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: