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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
4A_356/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 5. Januar 2015  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin, 
Bundesrichterin Klett, 
Bundesrichter Kolly, 
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ GmbH, 
vertreten durch Advokat Dr. Thomas Burckhardt, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ GmbH, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Claude Schnüriger, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Prozesskostenvorschuss, 
 
Beschwerde gegen die Verfügungen des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 9. April 2014 und vom 13. Mai 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 4. März 2006 schlossen die A.________ GmbH (Klägerin, Beschwerdeführerin) und die B.________ GmbH (Beklagte, Beschwerdegegnerin) einen Management- und Ausrüstervertrag für den vollständigen operativen und administrativen Ganzjahresbetrieb von zwei Flusskreuzfahrtschiffen. Wegen Auseinandersetzungen über diesen Vertrag liess die Klägerin am 28. August 2007 eines der beiden Flusskreuzfahrtschiffe in Strassburg gerichtlich beschlagnahmen. Die Beklagte stellte daraufhin beim Zivilgericht Basel-Stadt ein Gesuch um vorsorgliche Verfügung. Im Rahmen dieses Verfahrens einigten sich die Parteien, dass die Beklagte eine Bankgarantie über EUR 900'000.-- errichtet und die Klägerin die beiden Schiffsbriefe einreicht sowie für die Aufhebung der Beschlagnahme sorgt. Nach Vollzug dieser Vereinbarung wurde der Klägerin Frist zur Prosekution der Klage angesetzt. 
 
B.  
 
B.a. Am 8. Februar 2008 reichte sie beim Zivilgericht Basel-Stadt Klage ein und beantragte, es sei festzustellen, dass die Beklagte ihr Geldbeträge in Höhe von EUR 2'759'952.91, EUR 166'237.14 bzw. EUR 247'957.28, jeweils nebst Zins und unter Vorbehalt der Mehrforderungen, schuldig sei. Zur Bezahlung dieser Beträge sei die Freigabe der Bankgarantie anzuordnen und im Mehrbetrag die Beklagte zur Zahlung zu verpflichten. Im Laufe des Verfahrens reduzierte sie den eingeklagten Betrag auf die EUR 900'000.--, die durch Freigabe der Bankgarantie zu begleichen seien.  
Das Zivilgericht wies die Klage mit Urteil vom 30. August 2013 ab und erkannte, die Bankgarantie werde der Beklagten im Original unbeschwert herausgegeben. Die Gerichtskosten - eine Gebühr von Fr. 61'000.-- zuzüglich Fr. 5'000.-- für die Vermittlungsverhandlung (je zuzüglich Auslagen in der Höhe von insgesamt Fr. 760.00) - auferlegte es der Klägerin. Diese wurde überdies verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 282'511.80 (inkl. MwSt) zu bezahlen. 
 
B.b. Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin Berufung und beantragte dem Appellationsgericht Basel-Stadt im Wesentlichen festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin EUR 900'000.-- schuldig sei, und schriftlich unter Bezugnahme auf die Bankgarantie eine Zahlungsaufforderung an die Bank zu richten.  
Mit Verfügung vom 9. April 2014 verpflichtete der Instruktionsrichter des Appellationsgerichts die Klägerin, einen Kostenvorschuss von Fr. 75'000.-- bis zum 12. Mai 2014 zu leisten. Auf Begehren der Klägerin erstreckte er mit Verfügung vom 13. Mai 2014 die Frist zur Leistung des Kostenvorschusses peremptorisch bis zum 12. Juni 2014. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, die Verfügungen des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 9. April und 13. Mai 2014 seien aufzuheben. Der Betrag des von der Beschwerdeführerin zu leistenden Prozesskostenvorschusses sei auf eine angemessene Höhe zu reduzieren, eventualiter sei der Instruktionsrichter des Appellationsgerichts anzuweisen, den Kostenvorschuss im Sinne der Erwägungen des bundesgerichtlichen Entscheids neu festzusetzen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor Bundesgericht und eine angemessene Parteientschädigung seien dem Kanton Basel-Stadt aufzuerlegen. Dem Gesuch, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu verleihen, wurde mit Präsidialverfügung vom 7. Juli 2014 stattgegeben. Die Beschwerdegegnerin beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell diese abzuweisen. Die Gerichts- und Anwaltskosten seien der Beschwerdeführerin, eventuell dem Kanton Basel-Stadt aufzuerlegen. Die Vorinstanz nahm Stellung zur Beschwerde, ohne jedoch einen Antrag zu stellen. Die Parteien haben unaufgefordert weitere Eingaben eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 133 E. 1 S. 133 mit Hinweisen). 
 
1.1. Bei den angefochtenen Verfügungen des Appellationsgerichts handelt es sich um selbstständig eröffnete Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG. Gegen solche Zwischenentscheide ist die Beschwerde in Zivilsachen - abgesehen vom hier nicht gegebenen Ausnahmefall gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG - nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 139 IV 113 E. 1 S. 115; 139 V 604 E. 3.2 S. 607; 138 III 333 E. 1.3.1 S. 335; je mit Hinweisen). Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 139 IV 113 E. 1 S. 115; 134 III 188 E. 2.2 S. 191; 133 III 629 E. 2.1 S. 631). Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben. Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f., 522 E. 1.3 a.E. S. 525; je mit Hinweis).  
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können Zwischenentscheide, mit denen zwecks Sicherstellung der mutmasslichen Gerichtskosten ein Kostenvorschuss verlangt wird, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken, wenn die Zahlungsaufforderung mit der Androhung verbunden wird, dass im Säumnisfall auf die Klage oder das Rechtsmittel nicht eingetreten werde (Urteile des Bundesgerichts 5A_582/2013 vom 12. Februar 2014 E. 1, nicht publ. in: BGE 140 III 65; 4A_226/2014 vom 6. August 2014 E. 1.1; je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 133 V 402 E. 1.2 S. 403; 128 V 199 E. 2b und 2c S. 202 ff.). 
 
1.2. Umstritten ist, ob in Beschwerden betreffend die Erhebung von Kostenvorschüssen zur notwendigen Substanziierung der Eintretensvoraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG auch gehört, dass die beschwerdeführende Partei ihre Mittellosigkeit darlegt. Die Beschwerdeführerin hält nur in allgemeiner Form fest, sie verfüge nicht mehr über die nötigen finanziellen Mittel zur Finanzierung des erhobenen Prozesskostenvorschusses. Damit hat sie zweifellos ihre Mittellosigkeit nur ungenügend substanziiert. Davon geht sie stillschweigend selbst aus, wenn sie geltend macht, die Mittellosigkeit des Vorschusspflichtigen gehöre gerade nicht zu den Voraussetzungen für das Eintreten auf die Beschwerde.  
 
1.2.1. Das Bundesgericht hat im Urteil 4A_680/2011 vom 2. Dezember 2011 E. 1, auf das sich die Beschwerdeführerin beruft, offen gelassen, ob eine Kostenvorschussverfügung anfechtbar ist, wenn lediglich die Höhe des konkret festgesetzten Vorschusses umstritten ist und sich der Beschwerdeführer nicht gleichzeitig auf seine Mittellosigkeit beruft. Im Urteil 5A_123/2013 vom 10. Juni 2013 E. 1.1 hat es dies jedoch ohne weiteres angenommen. In anderen Entscheiden wurde die Frage nicht weiter diskutiert (zit. Urteil 5A_582/2013 E. 1.1; Urteil 4A_26/2013 vom 5. September 2013 E. 1). In einem neueren Urteil (zit. Urteil 4A_226/2014 E. 1.1) ging das Bundesgericht davon aus, die Mittellosigkeit müsse nicht nachgewiesen sein, denn auch eine zahlungskräftige klagende Partei könne einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erleiden, wenn sie einen in seiner Höhe nicht rechtskonform festgesetzten Kostenvorschuss leisten müsse, unabhängig davon, dass dies ihren Zugang zum Gericht nicht beeinträchtigen könne. Denn Art. 111 Abs. 1 ZPO sehe vor, dass die Gerichtskosten mit den geleisteten Vorschüssen der Parteien verrechnet werden. Die kostenpflichtige Partei (welche die Vorschüsse nicht selber leistete) habe der anderen Partei in der Folge die geleisteten Vorschüsse zu ersetzen (Art. 111 Abs. 2 ZPO). Dies bedeute, dass die klagende Partei, auch wenn sie bei Verfahrensabschluss kostenmässig obsiege, das Inkassorisiko für die Gerichtskosten trage, die sie bei der beklagten Partei einfordern müsse. Im Fall der Zahlungsunfähigkeit der beklagten Partei könne dies zu einem definitiven Verlust und damit zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil führen. Vorausgesetzt für ein Eintreten auf eine Beschwerde an das Bundesgericht sei in einem solchen Fall allerdings, dass die beschwerdeführende Partei die zweifelhafte Zahlungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin und damit den drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil substanziiert behaupte und belege.  
Ob insoweit wirklich ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur droht, ist fraglich, da das zit. Urteil 4A_226/2014 E. 1.1 zwar auf Art. 111 ZPO verweist, aber nicht auf die Frage eingeht, ob die Bestimmung auch eine Verrechnung mit  zu Unrechteingeforderten Kostenvorschüssen erlaubt. Die Frage braucht aber nicht abschliessend behandelt zu werden. Entscheidend ist, dass das Bundesgericht auch im zit. Urteil 4A_226/2014 E. 1.1 davon ausging, die Anfechtbarkeit sei nur gegeben, wenn die Kostenvorschussverfügung tatsächlich einen rechtlichen Nachteil bewirke, und die beschwerdeführende Partei müsse den drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil substanziiert behaupten und belegen. Es entspricht denn auch konstanter Rechtsprechung zu Art. 93 Abs. 1 BGG, dass der Beschwerdeführer im Einzelnen darzulegen hat, inwiefern die Beschwerdevoraussetzungen nach dieser Bestimmung erfüllt sind, ansonsten auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung nicht einzutreten ist (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 329 mit Hinweisen). Besteht der behauptete Nachteil nicht darin, dass der geleistete Betrag wegen Zahlungsunfähigkeit der Gegenpartei verloren gehen kann, sondern in der möglichen Verhinderung des Zugangs zum Gericht, muss daher dargetan sein, dass dieser rechtliche Nachteil - nämlich die Säumnisfolge - wirklich droht. Sie droht aber nur, wenn die vorschusspflichtige Partei nicht in der Lage ist, den verlangten Betrag zu bezahlen. Zur Substanziierung der Eintretensvoraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG gehört daher auch, dass die Beschwerdeführerin in einem solchen Fall ihre Mittellosigkeit darlegt.  
 
1.2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe bislang keinen Anlass gehabt, ihre finanzielle Lage offen zu legen, da sie nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als juristische Person keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege habe. Dieser Einwand steht im Zusammenhang mit der Frage, ob die Mittellosigkeit ein Aspekt ist, der bei der Festlegung des Kostenvorschusses zu berücksichtigen ist. Unabhängig davon, ob dies der Fall ist oder nicht, hat die beschwerdeführende Partei aber im Rahmen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darzulegen, weshalb ihr wegen einer Kostenvorschussverfügung eine Verwirkungsfolge droht (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 329 mit Hinweisen). Immerhin sei angemerkt, dass es bei der Festlegung des Kostenvorschusses im Ermessen des Gerichts liegt, auf die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Partei Rücksicht zu nehmen, gerade wenn kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege besteht. Andernfalls würde der Partei der Zugang zum Gericht faktisch verwehrt. In einem solchen Fall entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, grosszügig von der Möglichkeit des (Teil-) Verzichts auf den Vorschuss Gebrauch zu machen (Votum Bonhôte im Ständerat, AB 2007 S 511; Martin H. Sterchi, in: Berner Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 6 zu Art. 95 ZPO und N. 4 zu Art. 98 ZPO; Viktor Rüegg, in: Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 2 zu Art. 98 ZPO).  
 
1.2.3. Nachdem die Mittellosigkeit nicht substanziiert wurde, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, ohne dass auf die weiteren von der Beschwerdegegnerin und der Vorinstanz erhobenen Einwände einzugehen ist.  
 
2.  
Demnach ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dem Ausgang des Verfahren entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Januar 2015 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Kiss 
 
Der Gerichtsschreiber: Luczak