Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4D_73/2023  
 
 
Urteil vom 5. Februar 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterin Kiss, May Canellas, 
Gerichtsschreiber Dürst. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kantonsgericht St. Gallen, 
hauptamtliche Richter/-innen, und 
Gerichtsschreiber/-innen, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ausstand (Rechtsöffnung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Kantonsgerichtspräsident, 
vom 23. August 2023 (KP.2023.15-KGP). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Zahlungsbefehl Nr. xxx des Betreibungsamtes X.________ vom 8. Dezember 2022 betrieb der Kanton St. Gallen A.________ (Beschwerdeführer) gestützt auf den rechtskräftigen Strafbefehl vom 2. September 2022 über Fr. 220.--. A.________ erhob Rechtsvorschlag. Am 22. Juni 2023 erteilte die Einzelrichterin am Kreisgericht St. Gallen die definitive Rechtsöffnung für Fr. 220.-- nebst Zins seit 19. Januar 2023 auf Fr. 180.--. 
 
B.  
Dagegen erhob A.________ am 4. August 2023 Beschwerde an das Kantonsgericht St. Gallen und beantragte die Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung (dazu Verfahren 4D_75/2023). In seiner Beschwerde verlangte er zudem den Ausstand sämtlicher Richterinnen und Richter sowie Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber (Beschwerdegegner), welche über die Hälfte ihres Erwerbseinkommens direkt oder indirekt vom Kanton St. Gallen beziehen. 
Der für den Ausstand betreffend Gerichtspersonen des Kantonsgerichts zuständige Kantonsgerichtspräsident trat mit Entscheid vom 23. August 2023 auf das Ausstandsgesuch nicht ein. Zur Begründung führte er aus, das Ausstandsgesuch richte sich nicht gegen einzelne, sondern pauschal gegen sämtliche Mitglieder des Kantonsgerichts. Auf solche Gesuche sei gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht einzutreten, zumal sich das Gesuch in unsubstanziierten Behauptungen erschöpfe, die keinen Anschein der Befangenheit zu begründen vermöchten. Das Gleiche gelte, soweit sich das Gesuch gegen alle Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber richte, wobei diesbezüglich ergänzend darauf hinzuweisen sei, dass über die gegen die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung gerichtete Beschwerde der Einzelrichter für Beschwerden SchKG zu befinden habe, und die Mitwirkung einer Gerichtsschreiberin oder eines Gerichtsschreibers ohnehin nur auf Verlangen des Präsidiums vorgesehen sei. 
 
C.  
Der Beschwerdeführer erhebt subsidiäre Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Begehren, den Entscheid des Kantonsgerichts aufzuheben und sein Ausstandsbegehren vom 4. August 2023 gutzuheissen. Er macht Rechtsverweigerung und einen Verstoss gegen Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 EMRK geltend. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
Mit Präsidialverfügung vom 25. September 2023 wurde das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen und festgestellt, dass die Rechtsöffnung nicht Gegenstand des Ausstandsverfahrens ist. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Als solcher ist er selbstständig beim Bundesgericht anfechtbar. In der Hauptsache geht es um ein Rechtsöffnungsverfahren mit einem Streitwert von Fr. 220.-. Dieser erreicht die für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Grenze von Fr. 30'000.-- nicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Damit steht einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (Art. 113 BGG), wie sie der Beschwerdeführer denn auch erhebt.  
 
1.2. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist gemäss Art. 75 Abs. 2 i.V.m. Art. 114 BGG nur gegen Entscheide zulässig, die ein obereres kantonales Gericht als Rechtsmittelinstanz gefällt hat (Prinzip des doppelten Instanzenzuges), es sei denn, es liege einer der Ausnahmefälle von Art. 75 Abs. 2 lit. a-c BGG vor, was in casu nicht zutrifft.  
Das Erfordernis des doppelten Instanzenzuges gilt nicht nur für die Anfechtung von Endentscheiden, sondern auch von Zwischenentscheiden. Dennoch hat das Bundesgericht Ausnahmen vom Erfordernis des doppelten Instanzenzuges für Zwischenentscheide zugelassen, wenn das obere kantonale Gericht mit einem Rechtsmittel befasst ist und in diesem Rahmen einen Zwischenentscheid fällt. Das ist etwa dann der Fall, wenn es über den Ausstand eines Mitglieds des oberen kantonalen Gerichts befindet oder über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege oder der aufschiebenden Wirkung für das Rechtsmittelverfahren entscheidet (BGE 143 III 140 E. 1.2 f.; 137 III 475 E. 2.2). 
Vorliegend entschied der Kantonsgerichtspräsident über das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gestellte Ausstandsgesuch betreffend Gerichtspersonen des Kantonsgerichts als erste und einzige kantonale Instanz und nicht als Rechtsmittelinstanz. Dies ist nach der erwähnten Ausnahmepraxis nicht zu beanstanden. 
 
1.3. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann ausschliesslich die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Insofern gilt eine qualifizierte Rügepflicht: In der Beschwerdeschrift muss eine entsprechende Rüge ausdrücklich erhoben und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Es ist unter Bezugnahme auf die Erwägungen des kantonalen Entscheids darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte der beschwerdeführenden Partei durch das kantonale Gericht verletzt worden sind.  
 
2.  
Nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Der Anspruch wird verletzt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, die also geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken (BGE 147 III 89 E. 4.1; 141 IV 178 E. 3.2.1, je mit Hinweisen). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer erblickt im Nichteintreten auf sein Ausstandsgesuch mit "minimaler Begründung" eine Rechtsverweigerung, ebenso im Umstand, dass über sein Ausstandsgesuch gleichentags wie der Entscheid über die Rechtsöffnung entschieden worden sei, und er sich nun "mit extra Aufwand" dagegen wehren müsse. 
Eine Rechtsverweigerung liegt nicht vor. Indem der Kantonsgerichtspräsident auf das Ausstandsgesuch nicht eingetreten ist, hat er es behandelt, mithin seine Behandlung gerade nicht verweigert. Dass er nicht in dem Sinn darüber entschieden hat, wie dies der Beschwerdeführer möchte, bedeutet keine Rechtsverweigerung. Gleiches gilt für den Umstand, dass über das Ausstandsgesuch und über das Rechtsöffnungsgesuch in zwei verschiedenen Beschwerdeentscheiden befunden wurde. Dieser Umstand ist vielmehr den im Gesetz angelegten unterschiedlichen Zuständigkeiten des Kantonsgerichtspräsidenten einerseits und des Einzelrichters für Beschwerden SchKG andererseits zuzuschreiben. 
 
4.  
Der Beschwerdeführer tut keine Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV und von Art. 6 EMRK dar. Mit den wörtlichen Wiederholungen aus seiner kantonalen Beschwerde wird er den strengen Begründungsanforderungen an eine Verfassungsrüge (vgl. E. 1.3) nicht gerecht. 
Auch mit seinen weiteren Ausführungen zeigt er nicht auf, dass und inwiefern die Vorinstanz mit ihrem Nichteintreten auf das Ausstandsgesuch Art. 30 Abs. 1 BV bzw. Art. 6 EMRK verletzt hätte. Der angefochtene Entscheid kann sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung stützen. Danach bezieht sich der Ausstand nach Art. 47 ZPO, wie aus dem Gesetzeswortlaut hervorgeht, auf einzelne Gerichtspersonen und nicht auf einen Spruchkörper oder gar eine ganze Institution. Die Ausstandsgründe sind daher substanziiert und in Bezug auf konkrete Personen vorzubringen. Ihnen gegenüber sind die den Ausstand begründenden Tatsachen glaubhaft zu machen (Art. 49 Abs. 1 ZPO). Auf ein Begehren, mit dem ein ganzes Gericht oder sämtliche amtierenden Richter pauschal und unsubstanziiert abgelehnt werden, ist nicht einzutreten (Urteile 5D_150/2023 vom 28. September 2023 E. 2.1.1; 5A_489/2017 vom 29. November 2017 E. 3.3; 5A_205/2017 vom 11. Mai 2017 E. 3; je mit Hinweisen). 
So verhält es sich mit dem pauschal gegen alle Gerichtspersonen, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens vom Kanton St. Gallen beziehen, gerichteten Ausstandsgesuch des Beschwerdeführers (Urteil 5D_150/2023, a.a.O., E. 2.1.4). Die Vorinstanz hat das richtig erkannt. An der allgemein und unsubstanziiert gehaltenen Fassung des Ausstandsgesuchs ändert nichts, dass gemäss Vorbringen des Beschwerdeführers nicht alle Gerichtspersonen betroffen seien, sondern nur hauptamtliche Richter, sofern sie nicht über einen äusserst lukrativen Nebenerwerb verfügten. Auch dies ist bloss ein pauschales Vorbringen, ohne dass bezüglich einzelner Gerichtspersonen substanziiert würde, dass und inwiefern der geltend gemachte Ausstandsgrund auf sie zutreffen soll. Die Vorinstanz hat mithin kein Bundesrecht verletzt, als sie auf das Ausstandsgesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist. 
Ohnehin wird nicht rechtsgenüglich dargelegt, weshalb der Bezug der Hälfte des Einkommens vom Kanton im vorliegenden Einzelfall einen Umstand bedeuten würde, der bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermöchte. Der Hinweis auf den gesunden Menschenverstand genügt offensichtlich nicht. Zufolge Nichteintreten brauchte die Vorinstanz darauf nicht einzugehen. Ebenso wenig muss sich das Bundesgericht dazu äussern, nachdem das Nichteintreten der bundesgerichtlichen Überprüfung standhält. 
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist mangels Einholens einer Antwort nicht zu sprechen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Kantonsgerichtspräsident, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Februar 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Dürst