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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
8C_813/2012  
   
   
 
 
 
 
Urteil vom 5. März 2013  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Ursprung, Frésard, Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Hofer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
D.________, geboren 2007, 
handelnd durch ihre Eltern, und diese vertreten 
durch den Rechtsdienst Integration Handicap, 
Bürglistrasse 11, 8002 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Zug,  
Baarerstrasse 11, 6300 Zug, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Hilfsmittel), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug 
vom 23. August 2012. 
 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die am 18. April 2007 geborene D.________ ist von den Geburtsgebrechen Nr. 395 (leichte cerebrale Bewegungsstörung) und Nr. 390 (angeborene cerebrale Lähmungen) betroffen. Zudem leidet sie an einer genetisch bedingten Entwicklungsstörung (Angelman-Syndrom), welche sich unter anderem in fehlender Sprachentwicklung und Bewegungsstörungen äussert. Die Invalidenversicherung sprach ihr Leistungen für medizinische Massnahmen sowie eine Hilflosenentschädigung für Minderjährige zu und erteilte Kostengutsprache für ambulante Physiotherapie, Ergotherapie, Hippotherapie und verschiedene Hilfsmittel. Im April 2011 ersuchten die Eltern der Versicherten um Abgabe des Kommunikationsgeräts ProxTalker. Dabei handelt es sich um einen Apparat, der sich mit kodierten Symbolkarten belegen lässt und die darauf gespeicherte Nachricht abspielt. Die IV-Stelle Zug lehnte den Anspruch mit Verfügung vom 14. März 2012 ab. 
 
B.  
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 23. August 2012 ab. 
 
C.  
Die Eltern von D.________ lassen Beschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei ihrer Tochter, in Aufhebung von angefochtenem Entscheid und strittiger Verfügung, ein ProxTalker-Set zuzusprechen. 
Kantonales Gericht und IV-Stelle schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hat sich nicht vernehmen lassen. Die Eltern der Versicherten haben zu den Vernehmlassungen am 21. Dezember 2012 Stellung genommen. 
 
 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 8 Abs. 1 IVG haben Invalide oder von einer Invalidität bedrohte Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, wieder herzustellen, zu erhalten oder zu verbessern (a) und die Voraussetzungen für den Anspruch auf die einzelnen Massnahmen erfüllt sind (b). Gemäss Art. 8 Abs. 2 IVG besteht der Anspruch auf Leistungen nach Massgabe der Art. 13 (medizinische Massnahmen bei Geburtsgebrechen) und 21 (Hilfsmittel) unabhängig von der Möglichkeit einer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenbereich.  
 
2.2. Zu beurteilen ist, ob Anspruch auf die Abgabe eines ProxTalker durch die Invalidenversicherung besteht. Anhand von Symbolkärtchen, die auf das Gerät gelegt und gedrückt werden, erkennt der ProxTalker codierte Nachrichten und macht diese mittels Sprachausgabe hörbar. Laut Benutzerhandbuch soll die Kommunikationshilfe Menschen eine (neue) Stimme geben und ihnen eine einfachere Möglichkeit zum Gespräch mit anderen bieten.  
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat den strittigen Anspruch unter dem Rechtstitel der Abgabe von Hilfsmitteln nach Art. 21 IVG verneint.  
 
3.2. Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit im Aufgabenbereich, zur Erhaltung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, die Aus- und Weiterbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf. Der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel (Art. 21 Abs. 2 IVG).  
 
3.3. In Ausführung dieser Grundsatznorm und gestützt auf eine Subdelegation (Art. 14 IVV; SR 831.201) erliess das Eidgenössische Departement des Innern die Verordnung vom 29. November 1976 über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI; SR 831.232.51). Die dort angefügte Liste sieht die Abgabe von elektrischen und elektronischen Kommunikationsgeräten für schwer sprech- und schreibbehinderte Versicherte vor, die zur Pflege des täglichen Kontakts mit der Umwelt auf ein solches Gerät angewiesen sind und über die notwendigen intellektuellen und motorischen Fähigkeiten zur Bedienung eines solchen Geräts verfügen; die Abgabe erfolgt leihweise (Ziff. 15.02 HVI-Anhang). Diese Bestimmung hat die Verwaltung in ihren Weisungen konkretisiert. Nach Rz. 15.02.1 des Kreisschreibens des BSV über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI) fallen unter den Begriff der elektrischen und elektronischen Kommunikationsgeräte elektrische und elektronische Schreibgeräte sowie Geräte mit synthetischer Sprachausgabe. Diese enge Definition der (elektrischen und elektronischen) Kommunikationsgeräte hat das Bundesgericht mit Blick auf den Wortlaut von Ziff. 15.02 HVI-Anhang dahin gehend präzisiert, dass unter Kommunikation - entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch - nicht bloss die Verständigung mittels (geschriebener oder gesprochener) Sprache zu verstehen ist, sondern auch die Verständigung durch Zeichen und andere Mittel (Urteil 9C_214/2008 vom 31. Juli 2008 E. 2.3).  
 
3.4. Unter den Parteien ist unbestritten, dass es sich beim ProxTalker - im Gegensatz etwa zu einem Bilderbuch, das in beschränktem Umfang Laute (z.B. Tierlaute) von sich geben kann, wenn auf ein Bild gedrückt wird - um ein Kommunikationsgerät mit synthetischer Sprachausgabe im Sinne der Definition gemäss Rz. 15.02.1 KHMI handelt.  
 
4.  
 
4.1. Praxisgemäss ist unter einem Hilfsmittel im Sinne des IVG ein Gegenstand zu verstehen, dessen Gebrauch den Ausfall gewisser Teile oder Funktionen des menschlichen Körpers zu ersetzen vermag (BGE 131 V 9 E. 3.3 S. 13).  
 
4.2. Die Möglichkeiten der Versicherten, den Kontakt mit der Umwelt herzustellen, sind aufgrund ihrer Behinderung (Angelman-Syndrom) stark eingeschränkt. Es besteht eine schwere Sprechbehinderung mit fehlender Sprachentwicklung. Gemäss den fachärztlichen Angaben ist syndrombedingt auch nicht mit dem Erwerb einer aktiven Lautsprache zu rechnen. Im Gegensatz zu anderen von einem Angelman-Syndrom betroffenen Kindern verfügt die Versicherte aber über ein sehr gutes Sprachverständnis, einen ausgeprägten Kommunikationswunsch und eine soziale Interaktionsfähigkeit. Als Folge ihrer Grunderkrankung konnte sie auch keine Gebärden erlernen und aktiv anwenden. Die Mittel, um auf sich aufmerksam zu machen oder von sich aus etwas mitzuteilen, sind daher sehr begrenzt und beschränken sich auf das Zeigen auf Kärtchen, Fotos und Symbole. Das Kommunikationsgerät bringt diesbezüglich insofern eine Verbesserung, als es die Versicherte in die Lage versetzt, einfache Sprachinhalte zu vermitteln. Nach Angaben der mit ihr befassten Ärzte und Therapeuten kann der ProxTalker aufgrund seiner variablen Funktionsweise an die intellektuellen Fähigkeiten des Kindes angepasst werden und ihm so die Möglichkeit geben, sich selbst verbal kommunikativ auszudrücken. Das modulare System gewährleistet eine dauernde Adaption an den vorhandenen Wort- und Begriffsschatz. Da der ProxTalker eine verbale Kommunikation im Sinne der Vermittlung einfacher Sprachinhalte im Fall der Versicherten überhaupt erst möglich macht, ging die Vorinstanz davon aus, dass dem Gerät Hilfsmittelcharakter zuerkannt werden kann, sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.  
 
5.  
 
5.1. Der Anspruch auf Hilfsmittel im Rahmen der im HVI-Anhang aufgeführten Liste erstreckt sich auf Vorkehren, die für den Kontakt mit der Umwelt notwendig sind (Art. 2 Abs. 1 HVI). Das Erfordernis ergibt sich aus dem allgemein für Eingliederungsmassnahmen geltenden Grundsatz, dass die versicherte Person in der Regel nur Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen hat, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren (vgl. Art. 8 Abs. 1 IVG). Das Gesetz will die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als dies im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (BGE 134 I 105 E. 3 S. 107; 131 V 9 E. 3.6.1 S. 19). Nach der Rechtsprechung bezieht sich die Notwendigkeit des Hilfsmittels auf die konkrete Situation, in welcher die versicherte Person lebt (BGE 135 I 161 E. 5.1 S. 166). Zudem besteht nur Anspruch auf Hilfsmittel in einfacher und zweckmässiger Ausführung (Art. 21 Abs. 3 IVG und Art. 2 Abs. 4 HVI). Die einfache und zweckmässige Hilfsmittelversorgung muss zeitgemäss sein (BGE 132 V 215 E. 4.3.3 S. 227; SVR 2011 IV Nr. 64 S. 191, 9C_807/2010 E. 31; vgl. für den Bereich der Kommunikationsgeräte auch: SVR 2005 IV Nr. 23 S. 89, I 722/03 E. 4.1).  
 
5.2. Die Vorinstanz hat einen Anspruch auf Abgabe des ProxTalker verneint, weil die Versicherte für die Herstellung und Pflege des täglichen Kontaktes mit der Umwelt nicht auf ein solches Kommunikationsgerät angewiesen sei. Die gesprochene Sprache stellt nach Ansicht des kantonalen Gerichts keine zwingende Voraussetzung für die Kommunikation dar, sondern könne, gerade bei kleinen Kindern, bei denen die Auseinandersetzung mit der Umwelt nicht auf die verbale Ebene beschränkt sei, auch durch Zeichen oder andere Mittel erfolgen. Da die Versicherte in der Lage sei, auf die gesprochene Sprache nonverbal zu reagieren, könne sie ihr Mitteilungsbedürfnis auch ohne das beantragte Gerät befriedigen, indem sie beispielsweise auf ein Bild oder Foto zeige. Für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt sei der ProxTalker nicht notwendig, denn er ermögliche keine spontane und situationsbezogene Kommunikation, sondern lediglich die Wiedergabe vordefinierter und eigens programmierter Wörter, Geräusche und Sätze. Daraus schloss die Vorinstanz, dass - soweit bei der Versicherten überhaupt möglich - die Verfestigung logopädisch vermittelter (Wort-) Kenntnisse und Fähigkeiten und damit therapeutische Anstrengungen im Vordergrund stünden.  
 
5.3. In der Beschwerde wird geltend gemacht, entgegen dem angefochtenen Entscheid trage der ProxTalker durchaus zur spontanen, situationsbezogenen Kommunikation bei. In diesem Sinne sei er zur Pflege des Kontakts mit der Umwelt und aktiven Teilnahme am Familien- und Gesellschaftsleben notwendig. Der Vorinstanz wird vorgeworfen, den Angaben in den medizinischen Unterlagen und den Fachberichten der Ergotherapeutin und der Berufsberaterin der IV-Stelle hinsichtlich der beschränkten Möglichkeiten einer nonverbalen Reaktion und Kommunikation der Versicherten nicht genügend Rechnung zu tragen. Kritisiert wird auch, dass eine Verständigung mittels Zeichen oder anderer Mittel keine ausreichende Kommunikationsform darstelle und zunehmend an Grenzen stosse. Bildkarten und Fotos würden dem Kommunikationsbedürfnis der Versicherten nicht mehr gerecht und könnten keinen Beitrag zur Weiterentwicklung eines Kindes im Grundschulalter leisten. Die von der Vorinstanz geäusserte Befürchtung einer Vernachlässigung der zwischenmenschlichen Zuwendung wegen des Einsatzes des ProxTalker ist nach Ansicht der Eltern unbegründet, da das Kind aufgrund seiner schweren Hilflosigkeit intensive Pflege und Aufmerksamkeit erhalte.  
 
6.  
 
6.1.  
 
6.1.1. Der ProxTalker erlaubt es sprechbehinderten Personen, mittels indirekter verbaler Kommunikation, sich selbst verbal-kommunikativ auszudrücken. Im Gegensatz zur Verwendung von Kärtchen mit Bildern und Symbolen ist somit eine gleichzeitige "eigene" Sprachausgabe möglich. Die Lautsprache ist unter Anwesenden die üblichere Form der Kommunikation als das Zeigen auf Bilder. Etwas anderes kann auch dem von der Vorinstanz erwähnten Urteil 9C_214/2008 vom 31. Juli 2008 E. 2.3 nicht entnommen werden. Wenn dort im Zusammenhang mit einem "Big Buddy Button" ausgeführt wurde, unter Kommunikation sei auch die Verständigung durch Zeichen oder andere Mittel zu verstehen, kann daraus nicht abgeleitet werden, die Verständigung durch Zeichen, Laute und Gesten stelle bereits eine ausreichende Kommunikationsform dar und lasse ein Kommunikationsgerät mit Sprachausgabe als nicht notwendig erscheinen. Eine Verbesserung gegenüber einfachen Bildern bietet der ProxTalker insofern, als er der Versicherten aufgrund der Sprachausgabe eine Kontaktaufnahme aus eigenem Antrieb erlaubt, indem diese beispielsweise jemanden "rufen" kann. Anhand von Bildern und Fotos kann sie zwar etwas zu essen oder die Wasserflasche verlangen, indem sie das Bild einer Bezugsperson bringt. Dafür muss sie jedoch zuerst deren volle Aufmerksamkeit erlangen.  
 
6.1.2. Abgesehen von einer besseren und üblicheren Verständigung mittels verbaler Laute weist das beantragte Kommunikationsgerät gegenüber einem Bilderbuch auch deswegen einen Mehrwert auf, weil es mit einer grossen Anzahl von codierten Bildern ausgestattet werden kann und so eine laufende Anpassung an die vorhandene Kommunikationsfähigkeit erlaubt. Eine solch variable Palette könnte nur mit einer grossen Anzahl von Bilderbüchern erreicht werden, welche zudem schwer zu transportieren wäre. Da mit dem ProxTalker ganze Sätze wiedergegeben werden können, bietet er umfassendere Mitteilungsmöglichkeiten als ein Bilderbuch. Hinsichtlich der Unterstützung in der Kommunikation ist ein Bilderbuch somit unvergleichlich weniger gut geeignet als das beantragte Hilfsmittel.  
 
6.2.  
 
6.2.1. Laut Ziff. 4.2 des gemäss Art. 27 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 2 IVV zwischen dem BSV und der Active Communication GmbH abgeschlossen Vertrages vom 6. Dezember 2010 (verlängert bis 31. Dezember 2012 gemäss IV-Rundschreiben des BSV Nr. 301 vom 16. August 2011; vgl. auch IV-Rundschreiben Nr. 318 vom 21. Dezember 2012), auf welchen IV-Stelle und Vorinstanz verweisen, erfolgt keine Finanzierung durch die Invalidenversicherung bei Hilfsmitteln, welche hauptsächlich in der Sonderschule benutzt werden oder der Sprachförderung dienen (Zuständigkeit der Kantone).  
 
6.2.2. Im Unterschied zu dem in BGE 131 V 9 beurteilten Fall eines von Trisomie 21 betroffenen Kindes dient der ProxTalker nicht hauptsächlich dem Spracherwerb oder dem Aneignen der Sprechfähigkeit der Versicherten. Im Gegensatz zu einem an Trisomie 21 leidenden Kind, das im Vergleich mit nichtbehinderten Altersgenossinnen und Altersgenossen einen Entwicklungsrückstand hinsichtlich Wortschatz und Artikulationsfähigkeit aufweist und bei dem es somit nicht darum geht, mit Hilfe eines Kommunikationsgerätes ein behinderungsbedingt bleibendes Defizit auszugleichen, fehlt bei der Versicherten aufgrund ihrer Grunderkrankung die für eine Sprachentwicklung notwendige Basis. Sie wird mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nie eine Lautsprache erwerben können. Anders als andere Kinder in ihrem Alter verfügt sie nicht über eine eingeschränkte, sondern über gar keine eigene verbale Kommunikation. Es geht folglich in erster Linie darum, ihr mittels bildunterstützter (verbaler) Kommunikationshilfe überhaupt die Möglichkeit zu geben, aus eigenem Antrieb Kontakt aufzunehmen und ihre (Grund) Bedürfnisse mitzuteilen. Damit kommt dem ProxTalker bei der eigentlichen Kommunikation im Alltag eine wesentliche selbstständige Bedeutung zu.  
 
6.3.  
 
6.3.1. Damit der gesetzgeberischen Zielsetzung, auch Schwerstinvaliden den Kontakt mit der Umwelt zu ermöglichen, Rechnung getragen werden kann, geht die Rechtsprechung davon aus, dass an die Kommunikationsfähigkeit dieser Versichertenkategorie keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (bereits erwähntes Urteil 9C_214/2008 E. 2.3 mit Hinweis auf die Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar 1967 zur 1. IV-Revision, BBl 1967 I 653, 668 f. und 676 f.). Bei einem schwerstbehinderten Kind genügt unter Umständen bereits eine mit dem Kommunikationsgerät erreichbare Verbesserung des Kontakts mit der Umwelt. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Indikation gegeben ist.  
 
6.3.2. Die Anerkennung des ProxTalker als Kommunikationsgerät kann entgegen dem angefochtenen Entscheid nicht mit dem Argument verneint werden, dieses erlaube keine spontane und situationsbezogene Kommunikation. Für die pflegerische Betreuung bedeutet es beispielsweise schon eine erhebliche Erleichterung, wenn das Gerät vorprogrammierte Wörter und Sätze wiedergibt. Der ProxTalker ist für die Versicherte die einzige Möglichkeit einer sprachlichen Kommunikation überhaupt. Da sie sich auch keiner über das Zeigen auf Bilder oder Gegenstände hinausgehenden Gebärdensprache bedienen kann und aufgrund der fehlenden kognitiven und motorischen Voraussetzungen nicht mit einer Schreibfähigkeit zu rechnen ist, kommt dem Gerät im Rahmen der Mitteilung elementarer Lebensbedürfnisse erhebliche Bedeutung zu, auch wenn dieses der Versicherten nicht erlaubt, sich aller Facetten der Sprache und der spontanen und situationsbezogenen Interaktion zu bedienen. Eine solche Verbesserung des täglichen Kontakts wird vom gesetzlich angestrebten Eingliederungserfolg von Art. 21 Abs. 2 IVG erfasst, dessen Ziel es ist, die Autonomie der invaliden Person aufgrund der in der Liste angeführten Hilfsmittel zu fördern.  
 
6.4. Da der ProxTalker der Versicherten eine über den nonverbalen Ausdruck mittels Zeigen auf Bilder hinausgehende Kommunikation erst ermöglicht und sie für die Pflege des täglichen Kontaktes mit der Umwelt auf ein ihre Kommunikationsfähigkeit unterstützendes Gerät angewiesen ist, ist der ProxTalker in ihrem Falle als notwendiges Hilfsmittel im Sinne von Art. 2 Abs. 1 HVI in Verbindung mit Ziff. 15.02 HVI-Anhang zu betrachten.  
 
7.  
 
7.1. Das Erfordernis der notwendigen intellektuellen und motorischen Fähigkeiten zur Bedienung des Gerätes im Sinne von Ziff. 15.02 HVI-Anhang ist bei schwerstbehinderten Kindern dahin gehend zu verstehen, dass einzelfallweise zu prüfen ist, ob mit einem Hilfsmittel die Kommunikationsfähigkeit des Kindes unter Berücksichtigung seiner Möglichkeiten nützlich erweitert werden kann (bereits erwähntes Urteil 9C_214/2008 E. 2.4). Dies ist im Falle der Versicherten zu bejahen, da der ProxTalker - auch nach Ansicht der mit ihr befassten Ärzte - ein einfach zu bedienendes Gerät ist, das ihr im täglichen Kontakt zusätzliche Ausdrucksmöglichkeiten eröffnet.  
 
7.2. Der ProxTalker ist zudem gemessen an der zu erfüllenden Aufgabe besserer kommunikativer Möglichkeiten durchaus zweckmässig und angemessen.  
 
8.  
Zusammenfassend ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid vor Bundesrecht nicht standhält und die Versicherte angesichts der hiervor aufgezeigten Umstände Anspruch auf Abgabe des streitigen Kommunikationsgeräts durch die Invalidenversicherung hat. 
 
9.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden IV-Stelle aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat der durch den Rechtsdienst Handicap vertretenen Beschwerdeführerin zudem eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, vom 23. August 2012 und die Verfügung der IV-Stelle Zug vom 14. März 2012 werden aufgehoben. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin das Hilfsmittel (ProxTalker) abzugeben. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. März 2013 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Die Gerichtsschreiberin: Hofer