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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
H 154/06 
 
Urteil vom 5. April 2007 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Lustenberger, Seiler, 
Gerichtsschreiber Maillard. 
 
Parteien 
B.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 27. Juni 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 25. März 2004 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Zürich B.________, der vom 30. Juni 2000 bis zu seinem am 18. Juni 2002 erklärten Rücktritt einziger Verwaltungsrat der am 4. März 2003 in Konkurs gefallenen Firma X.________ war, zur Bezahlung von Schadenersatz für entgangene Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von Fr. 74'888.40. In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Einsprache reduzierte sie mit Entscheid vom 4. Februar 2005 die Schadenersatzforderung auf Fr. 35'676.60. 
B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 27. Juni 2006 ab. 
C. 
B.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben, soweit er nicht Beiträge an die Familienausgleichskasse betreffe; eventuell sei auch S.________, vormaliger Alleinaktionär und Geschäftsführer der Firma, der solidarischen Schadenersatzpflicht zu unterwerfen. 
Während die Ausgleichskasse Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, verzichten der mitbeteiligte H.________ und das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG [SR 173.110]) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205 und 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
2. 
Der angefochtene Entscheid hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
3. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer, welcher bis 18. Juni 2002 Mitglied des Verwaltungsrates der Firma war und damit Organstellung im Sinne von Art. 52 AHVG inne hatte, für entgangene Beiträge aus dem Jahre 2001 Schadenersatz im Umfang von Fr. 35'676.60 zu leisten hat. 
4. 
Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmung über die Arbeitgeberhaftung (Art. 52 AHVG; Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV) sowie die dazu ergangene Rechtsprechung, insbesondere zur subsidiären Haftung der Organe eines Arbeitgebers (BGE 129 V 11), zum zu ersetzenden Schaden (BGE 126 V 443 E. 3a S. 444), zur erforderlichen Widerrechtlichkeit (BGE 118 V 195 Erw. 2a mit Hinweisen), zum Zeitpunkt der Kenntnis des Schadens (BGE 129 V 193 E. 2.3 S. 195), zur Voraussetzung des Verschuldens und dem dabei zu berücksichtigenden - differenzierten - Sorgfaltsmassstab (BGE 108 V 199 E. 3a S. 202) sowie zur Dauer der Haftung (BGE 126 V 61) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. 
5. 
Wie das kantonale Gericht verbindlich festgestellt hat (vgl. E. 2), ist die konkursite Firma, die die Sozialversicherungsbeiträge quartalsweise im Akontoverfahren ablieferte (vgl. Art. 35 Abs. 1 AHVV), den ihr als Arbeitgeberin obliegenden Beitragszahlungs- und Abrechnungspflichten nur unvollständig nachgekommen und hat damit Vorschriften im Sinne von Art. 52 Abs. 2 AHVG missachtet. Die Lohndeklaration für das Jahr 2001 reichte sie statt am 30. Januar 2002 (vgl. Art. 36 Abs. 2 AHVV) erst am 25. April 2002 ein, wobei sie zuvor gemahnt werden musste. Weiter hat die Firma entgegen der klaren Vorschrift von Art. 35 Abs. 2 AHVV wesentliche Änderungen der Lohnsumme während des laufenden Jahres 2001 nicht gemeldet, obwohl sich die Lohnsumme gegenüber der für die Berechnung der Akontozahlung massgebenden voraussichtlichen Lohnsumme nicht weniger als vervierfachte. Auch musste die konkursite Firma wiederholt betrieben und gemahnt werden. Für Beiträge des Jahres 2001 blieb schliesslich der Betrag von Fr. 35'676.60 aus der Schlussrechnung vom 23. Mai 2002 ungedeckt. 
6. 
Das kantonale Gericht hat in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zutreffend dargelegt, dass das in E. 5 dargestellte und zum Beitragsverlust führende schuldhafte Verhalten dem Beschwerdeführer als formelles Organ der Firma anzurechnen ist. Was er dagegen einwendet, dringt nicht durch: 
6.1 Er macht zunächst geltend, die Forderung stütze sich auf die Rechnung vom 23. Mai 2002, welche bei seinem am 18. Juni 2002 erfolgten Austritt aus dem Verwaltungsrat noch nicht fällig gewesen sei. 
6.1.1 Einerseits übersieht er, dass weder Abrechnungspflicht, Beitragsschuld noch Fälligkeit von der Zustellung einer Rechnung, einer Veranlagungs- oder Nachzahlungsverfügung seitens der Ausgleichskasse abhängig sind. Vielmehr entsteht die Beitragsschuld im Zeitpunkt der Lohnzahlung ex lege (Art. 14 und Art. 51 AHVG; BGE 110 V 225 E. 3a S. 327) und wird mit dem Ablauf der Zahlungsperiode fällig, wobei die Beiträge erst nach Ablauf einer Zahlungsfrist gefordert werden können (vgl. Erläuterungen des BSV zur Änderung der AHVV auf den 1. Januar 2001, in AHI 2000 S. 124). 
6.1.2 Anderseits kann ein Verwaltungsrat auch für Schaden haftbar erklärt werden, der auf die Nichtbezahlung von Beiträgen zurückzuführen ist, welche erst nach seinem effektiven Austritt entstanden oder fällig wurden. Dies ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn der Schaden durch Handlungen verursacht worden ist, deren Wirkungen sich jedoch erst nach seinem Rücktritt als Verwaltungsrat entfaltet haben (BGE 126 V 61 E. 4a S. 62). Dies trifft hier zu. Unter der seit 1. Januar 2001 geltenden Rechtslage ist nämlich zu beachten, dass die Arbeitgeber in Art. 35 Abs. 2 AHVV ausdrücklich verpflichtet werden, wesentliche Änderungen der Lohnsumme während des laufenden Jahres zu melden. Dabei ist die Missachtung derartiger Meldepflichten grundsätzlich - wenn nicht durch besondere Umstände gerechtfertigt - als grobfahrlässiges Verhalten zu qualifizieren (Urteil H. vom 21. April 2006, H 157/05, E. 4.1). Wie in jenem Fall ist auch hier haftungsbegründend die Unterlassung der vor dem Austritt aus dem Verwaltungsrat angezeigten Meldung nach Art. 35 Abs. 2 AHVV, welche entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch kausal zum Schaden ist. Hätte die Ausgleichskasse von der höheren Lohnsumme gewusst, hätte sie bereits während des Jahres 2001 die Akontorechnungen angepasst. Da die nachmalige Konkursitin gemäss den Vorbringen des Beschwerdeführers damals (Zeitpunkt des Austrittes) noch aufrechtstehend war, ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass in diesem Fall die Beiträge rechtzeitig bezahlt worden wären. Dementsprechend haftet der Beschwerdeführer für die ausstehenden, das Jahr 2001 betreffenden Beiträge. 
6.2 Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen die bereits von der Vorinstanz entkräfteten Einwendungen wiederholt, kann auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 zweiter Satz OG). Dies betrifft insbesondere die Erwägungen zum treuhändischen Verwaltungsrat, zum Organisationsreglement, zum gewährten Zahlungsaufschub und zur (Mit-)Verantwortung des Alleinaktionärs und Geschäftsführers. 
7. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit - auch bezüglich des Eventualantrages - offensichtlich unbegründet und wird im Verfahren nach Art. 36a OG erledigt. 
8. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario in Verbindung mit Art. 156 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1600.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, H.________, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 5. April 2007 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: