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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_271/2023  
 
 
Verfügung vom 5. April 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Lukas Rast, 
Antragstellerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kai Burkart, 
Antragsgegner, 
 
C.________ und D.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Daniela Langenauer, 
betroffende Kinder. 
 
Gegenstand 
Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen (Kindesrückführung), 
 
Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, 
 
II. Zivilkammer, vom 5. April 2023 (NH230002-O/U).  
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die rubrizierten Parteien sind kroatische Staatsbürger, die Antragsstellerin zudem britische Staatsbürgerin. Sie haben die am 9. Dezember 2013 in Kroatien geborenen Zwillinge C.________ und D.________. Zwischen den Parteien fanden in den vergangenen Jahren bereits mehrere Kindesrückführungsverfahren statt. 
Gemäss kroatischen Urteilen (vorsorglicher Massnahmeentscheid vom 29. Januar 2020, definitiver Entscheid vom 11. November 2022) steht dem Vater die Obhut über die Kinder und der Mutter ein Besuchsrecht zu. 
 
B.  
Nach dem Besuchswochenende vom 4./5. Februar 2023 verweigerte die Antragstellerin die Rückgabe der Kinder und fuhr mit diesen von Kroatien nach Wien und sodann am 17. März 2023 weiter in die Schweiz, wo sie versuchte, im Bundesasylzentrum Zürich einen Asylantrag zu stellen. 
In der Folge ersuchte der Vater beim Obergericht des Kantons Zürich als erstinstanzlich zuständiger Instanz (Art. 7 Abs. 1 BG-KKE) um Rückführung der Kinder nach Kroatien gestützt auf das Haager Kindesentführungsübereinkommen. 
Mit 23-seitigem Urteil vom 5. April 2023 ordnete das Obergericht die Rückführung der beiden Kinder an und sah unter eingehender Regelung der Rückführungsmodalitäten vor, dass diese im Verlauf des Tages dem Antragsgegner zur unverzüglichen Rückführung nach Kroatien übergeben werden und die Kantonspolizei angewiesen wird, die Kinder hierfür im Kinderhaus E.________ abzuholen und sie bis zum Einsteigen in das Flugzeug zu begleiten. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 5. April 2023 stellt die Mutter beim Bundesgericht ein Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen mit den Rechtsbegehren, Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Urteils (vorgenannter sofortiger Vollzug) sei aufzuheben (Ziff. 1), der Vollzug der Rückführung sei bis zur Rechtskraft des angefochtenen Urteils auszusetzen (Ziff. 2), der Vollzug der Rückführung sei bis zur Beurteilung der Asylanträge für die Kinder auszusetzen (Ziff. 3), die kroatischen Pässe der Kinder seien einzuziehen (Ziff. 4), das Obergericht sei anzuweisen, für die Dauer bis zum Vollzug vorsorgliche Massnahmen für die Unterbringung der Kinder zu treffen (Ziff. 5) und die Aussetzung des Vollzugs sei unverzüglich dem Obergericht und der Kantonspolizei anzuzeigen (Ziff. 6). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht kann nicht auf allgemeine Anliegen eintreten, sondern ausschliesslich Beschwerden gegen kantonal letztinstanzliche Urteile behandeln (Art. 75 Abs. 1 BGG). Aus diesem Grund bedürfen Gesuche um aufschiebende Wirkung (Art. 103 BGG) oder um Erlass vorsorglicher Massnahmen (Art. 104 BGG) sowie diesbezügliche Anträge auf Erlass superprovisorischer Massnahmen der vorgängigen oder gleichzeitigen Erhebung einer Beschwerde gegen das kantonal letztinstanzliche Urteil. Es ist formell eine Beschwerde einzureichen, wobei diesbezüglich eine Kurzbegründung genügt, und in deren Rahmen sodann superprovisorisch die aufschiebende Wirkung oder der Erlass vorsorglicher Massnahmen zu verlangen (vgl. BGE 143 III 193 E. 6.3). Weil vorliegend noch keine Beschwerde erhoben, sondern eine solche bloss angekündigt wird und somit momentan kein Beschwerdeverfahren hängig ist, kann auf das Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen nicht eingetreten werden. 
 
2.  
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass diesem auch bei gleichzeitiger Beschwerdeführung kein Erfolg hätte beschieden sein können: 
Die Antragstellerin macht geltend, das Urteil sei heute Vormittag mündlich erläutert und in schriftlicher Ausfertigung eröffnet worden und der Rückflug sei auf heute 18 Uhr gebucht. Eine solche Vollstreckung vor Rechtskraft des Urteils sei weder im Haager Kindesentführungsübereinkommen noch im BG-KKE vorgesehen und es sei somit Art. 336 ZPO anwendbar, wonach die Vollstreckbarkeit erst eintrete, wenn ein Entscheid rechtskräftig sei. Sie habe für die beiden Kinder in der Schweiz einen Asylantrag gestellt, da Schutz vor den kroatischen Behörden gesucht werde. Als Teil des humanitären Völkerrechts geniesse das Asylverfahren Vorrang vor Kindesrückführungen. 
Das Zürcher Obergericht ordnet, wie dem Bundesgericht bekannt ist, in klaren und begründeten Rückführungsfällen den sofortigen Vollzug an. Diese Praxis wird seitens des Bundesgerichtes vom Grundsatz her geschützt und ist mit dem BG-KKE vereinbar (Urteil 5A_623/2015 vom 7. September 2015 E. 2 in fine). Das Obergericht hat den sofortigen Vollzug seines Urteils ausführlich begründet. Die Kinder sind einem ausserordentlich schweren Loyalitätskonflikt ausgesetzt und werden bzw. wurden von der Mutter stark indoktriniert. Eine weitere Ungewissheit und Platzierung ist mit dem übergeordneten Kindeswohl kaum vereinbar und der sofortige Vollzug deshalb im Sinn von Art. 12 Abs. 2 BG-KKE. Daran vermag auch der für die Kinder gestellte Asylantrag nichts zu ändern, umso weniger als keine Asylgründe greifbar sind. 
 
3.  
Nach dem Gesagten ist auf das Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen nicht einzutreten und wäre es im Übrigen auch materiell nicht begründet. 
 
4.  
Im Zusammenhang mit Rückführungsverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 26 Abs. 2 HKÜ). Indes ist die Ausrichtung von Entschädigungen nicht möglich, weil das Gesuch ausserhalb eines Beschwerdeverfahrens erhoben wurde. 
 
 
Demnach verfügt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf den Antrag auf Erlass superprovisorischer Massnahmen wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Diese Verfügung wird den Parteien, der Kindesvertreterin, dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, und dem Bundesamt für Justiz Zentralbehörde für Kindesentführungen schriftlich mitgeteilt und der Antragstellerin sowie dem Obergericht vorab per Fax mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. April 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli