Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_479/2021
Urteil vom 5. Mai 2022
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsdienst Inclusion Handicap,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Graubünden,
Ottostrasse 24, 7000 Chur,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 1. Juni 2021 (S 21 7).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die am 7. Juli 1995 geborene A.________ meldete sich am 10. April 2013 erstmals zum Bezug von Leistungen bei der Invalidenversicherung an. Damals stand sie im ersten Lehrjahr zur Detailhandelsfachangestellten (Beginn: 1. August 2012) bei der B.________ AG und es wurde ihr vom behandelnden Dipl. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, seit 21. November 2012 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit zufolge einer paranoiden Schizophrenie attestiert. Die IV-Stelle des Kantons Graubünden trat mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 11. Dezember 2013 wegen fehlender Mitwirkung im Rahmen von beruflichen Massnahmen auf das Leistungsbegehren nicht ein.
A.b. Am 5. August 2014 meldete sich A.________ erneut zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an, wobei sie darauf hinwies, sie sei aufgrund einer Psychose seit 31. Juli 2013 zu 100 % arbeitsunfähig. In der Folge fanden Eingliederungsmassnahmen statt. Von März bis Juli 2015 absolvierte A.________ ein Arbeitstraining bei der Stiftung D.________, und am 1. August 2015 begann sie dort eine Lehre als Blumenbindemitarbeiterin. Diese Lehre brach sie nach dem ersten Jahr wegen ihrer Schwangerschaft ab, was auch den Abschluss der beruflichen Massnahmen nach sich zog. Nach der Geburt ihrer Tochter im Jahr 2016 und der (dritten) stationären Behandlung bei den Psychiatrischen Diensten E.________ vom 18. Dezember 2016 bis 27. Januar 2017 wurden die beruflichen Massnahmen im Frühjahr 2017 wieder aufgenommen. A.________ nahm von November 2017 bis Juli 2018 an einem Arbeitstraining bei der F.________ GmbH teil und konnte dort am 1. August 2018 eine Ausbildung zur Detailhandelsassistentin EBA, Fachrichtung "Garden", beginnen. Nachdem sie am 4. April 2019 in einem Mahn- und Bedenkzeitverfahren erfolglos darauf hingewiesen worden war, sich um ihre berufliche Eingliederung zu bemühen, brach sie auch diese Ausbildung am 6. Mai 2019 ab. Die beruflichen Massnahmen wurden wiederum abgeschlossen (Verfügung vom 15. Juli 2019). Die IV-Stelle holte anschliessend unter anderem das psychiatrische Gutachten des Dr. med. G.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Leitender Arzt Psychosomatik, Zentrum H.________, vom 12. Februar 2020 (inklusive neuropsychologisches Gutachten der Dr. phil. I.________, Fachpsychologin für Neuropsychologie FSP, Zentrum H.________, vom 19. Dezember 2019) ein. Anschliessend an das Vorbescheidverfahren verneinte sie mit Verfügung vom 4. Dezember 2020 einen Anspruch auf Leistungen unter Hinweis auf einen Invaliditätsgrad von 27,6 %, ermittelt anhand der gemischten Methode mit den Anteilen 50 % Erwerb und 50 % Haushalt.
B.
In Gutheissung der dagegen geführten Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden die Verfügung vom 4. Dezember 2020 auf und sprach A.________ mit Wirkung ab 1. Juli 2019 eine Viertelsrente zu (Urteil vom 1. Juni 2021).
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben und beantragen, in teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils sei das Valideneinkommen gestützt auf Art. 26 Abs. 1 IVV anstelle von Art. 26 Abs. 2 IVV festzusetzen, auf dem Invalideneinkommen sei ein Leidensabzug von 10 % vorzunehmen und gestützt auf die solchermassen korrigierten Vergleichseinkommen sei ihr eine halbe Invalidenrente anstatt einer Viertelsrente zuzusprechen. Ferner wird um unentgeltliche Rechtspflege (Gerichtskosten) ersucht. Mit nachträglicher Eingabe vom 18. August 2021 lässt sie einen Bericht des Dipl. med. C.________ vom 29. Juli 2021 einreichen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht stellt unter Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil das Rechtsbegehren, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG ; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4).
2.
2.1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; unechte Noven), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (statt vieler: Urteil 8C_631/2021 vom 7. Dezember 2021 E. 2.1). Echte Noven, d.h. Tatsachen und Beweismittel, die sich erst nach dem vorinstanzlichen Entscheid ereigneten oder entstanden sind, können vom Bundesgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 143 V 19 E. 1.2 mit Hinweisen).
2.2. Das im bundesgerichtlichen Verfahren erstmals eingereichte Schreiben des Dipl. med. C.________ vom 29. Juli 2021 datiert nach dem angefochtenen Urteil vom 1. Juni 2021 und stellt damit ein echtes Novum dar, das gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG unbeachtlich bleibt.
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie der Beschwerdeführerin in Aufhebung der Verfügung der IV-Stelle vom 4. Dezember 2020 anstelle der nunmehr beantragten halben Rente lediglich eine Viertelsrente zusprach.
Unbestritten sind letztinstanzlich hingegen die Massgeblichkeit der gemischten Methode zur Invaliditätsbemessung, die diesbezügliche Aufteilung in 80 % Erwerbs- und 20 % Haushaltstätigkeit, die konkrete Einschränkung von 12 %, bzw. gewichtet 2,4 %, in der Haushaltstätigkeit, die Arbeitsfähigkeit von 50 % (verteilt auf einen Zeitraum von mindestens 6,5 Stunden pro Arbeitstag) in einer sehr einfachen, vorwiegend repetitiven Tätigkeit unter Anleitung und der Rentenbeginn per 1. Juli 2019 (nach Abschluss der Eingliederungsmassnahmen sowie Einstellung der Taggeldleistungen).
4.
4.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19.6.2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar.
4.2. Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Rechtsgrundlagen zur Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG), zur Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG), zur Beurteilung der Statusfrage und damit zur anwendbaren Invaliditätsbemessungsmethode (bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode [Art. 28a Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG] und bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode [Art. 28a Abs. 3 IVG]) sowie zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 IVG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich der Ausführungen zum Beweiswert sowie zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 143 V 124 E. 2.2.2; 137 V 210 E. 6.2.2; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Darauf wird verwiesen.
4.3. Gestützt auf den zweiten Satz von Art. 28a Abs. 1 IVG, wonach der Bundesrat das zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebende Erwerbseinkommen umschreibt (hier anwendbare Fassung, vgl. E. 4.1 hiervor), wurden unter anderem mit Art. 26 Abs. 1 und 2 IVV (SR 831.201; in der hier massgebenden und bis zum 31. Dezember 2021 in Kraft gestandenen Fassung [vgl. E. 4.1 hiervor]) ergänzende Bestimmungen erlassen.
4.3.1. Nach Art. 26 Abs. 1 IVV entspricht bei Versicherten, die wegen der Invalidität keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnten, das Erwerbseinkommen, das sie als Nichtinvalide erzielen könnten, den in dieser Bestimmung genannten, nach dem Alter abgestuften Prozentsätzen des jährlich aktualisierten Medianwertes gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE). Geburts- und Frühinvalide im Sinne von Art. 26 Abs. 1 IVV sind Versicherte, die seit ihrer Geburt oder Kindheit an einem Gesundheitsschaden leiden und deshalb keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnten. Darunter fallen all jene Personen, die wegen ihrer Invalidität überhaupt keine Berufsausbildung absolvieren können. Ebenso dazu gehören indes Versicherte, die zwar eine Berufsausbildung abschliessen, zu deren Beginn jedoch bereits invalid waren und die absolvierte Ausbildung wegen ihrer Invalidität auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht in gleicher Weise "ummünzen" können wie nicht behinderte Personen mit derselben (ordentlichen) Ausbildung. Steht dagegen fest, dass nicht invaliditätsbedingte Gründe, sondern z.B. solche familiärer oder wirtschaftlicher Art den Erwerb genügender beruflicher Kenntnisse verunmöglichten, liegt keine Geburts- oder Frühinvalidität vor (SVR 2019 IV Nr. 82 S. 272, 9C_233/2018 E. 1 mit Hinweisen; Rz. 3035 f. des vom BSV herausgegebenen Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [KSHI], gültig ab 1. Januar 2015).
4.3.2. Art. 26 Abs. 2 IVV schreibt vor, dass bei Versicherten, die wegen der Invalidität eine begonnene berufliche Ausbildung nicht abschliessen konnten, das Erwerbseinkommen, das sie als Nichtinvalide erzielen könnten, dem durchschnittlichen Einkommen eines Erwerbstätigen im Beruf entspricht, für den die Ausbildung begonnen wurde.
5.
5.1. Die Vorinstanz hat den Beginn des Wartejahres gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG auf den 21. November 2012 festgesetzt. Zur Begründung gibt sie an, die Beschwerdeführerin habe sich am 21. November 2012 in die Behandlung bei Dipl. med. C.________ begeben, der eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert und eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres attestiert habe. Danach sei der Lehrabbruch erfolgt und es habe ohne wesentlichen Unterbruch eine 100 oder 75%ige Arbeitsunfähigkeit bestanden. Da die invalidisierende Schizophrenie erst während der am 1. August 2012 begonnenen Lehre als Detailhandelsfachfrau EFZ bei der B.________ AG im November 2012 aufgetreten sei, habe die IV-Stelle das Valideneinkommen zu Recht gestützt auf Art. 26 Abs. 2 IVV nach dem durchschnittlichen Einkommen einer Detailhandelsfachfrau bemessen. Allerdings sei nicht auf die LSE 2016, sondern auf die LSE 2018 abzustellen. Ausgehend vom Wert der Tabelle TA1 der LSE 2018 für Frauen im Detailhandel, Kompetenzniveau 2, ergebe sich so ein Valideneinkommen von Fr. 57'225.30 (Fr. 4511.- : 40 x 41,7 x 1,005 x 1,009 x 12). Zwar sei die Beschwerdeführerin bereits vor Beginn der Lehre vom 31. März bis 2. April 2012 bei den Psychiatrischen Diensten E.________ hospitalisiert gewesen. Dieser kurze stationäre Aufenthalt habe aber nicht im Zusammenhang mit einer ernsthaften psychischen Erkrankung gestanden, sondern sei Folge einer Eskalation aufgrund von Problemen in der Schule und mit den Eltern gewesen. Die damals 17jährige Beschwerdeführerin sei gegen den Willen ihrer Eltern eine Beziehung mit einem Mann mit Flüchtlingsstatus eingegangen und von der Schule verwiesen worden, weil sie gegen die Hausordnung verstossen habe. Bei einem Besuch zu Hause sei sie ausgerastet, habe randaliert und ihre Eltern verbal und tätlich angegriffen. Die Eltern hätten die Polizei alarmiert und in der Folge sei es im Rahmen eines fürsorgerischen Freiheitsentzugs (FFE; seit 1. Januar 2013: fürsorgerische Unterbringung) zur Einweisung ins Spital und in die psychiatrische Klinik gekommen, wo eine Anpassungsstörung diagnostiziert worden sei. Bereits nach drei Tagen sei die Beschwerdeführerin in psychisch stabilem Zustand und ohne Medikation entlassen worden. Damit habe die Beschwerdeführerin ihre Lehre gesund angetreten und die invalidisierende psychische Krankheit sei erst im Laufe der Ausbildung aufgetreten.
5.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, im Zusammenhang mit der Ermittlung des Valideneinkommens sei sie als Frühinvalide zu qualifizieren, die wegen der Invalidität keine zureichenden beruflichen Kenntnisse habe erwerben können. Das Valideneinkommen sei folglich gestützt auf Art. 26 Abs. 1 IVV anhand statistischer Werte festzusetzen. Konkret sei bis Juni 2021 von einem Jahreseinkommen von Fr. 66'800.- (Altersstufe 21-25), danach von Fr. 75'150.- (Altersstufe 26-30) auszugehen. Der Gesundheitsschaden sei nämlich lange vor dem Lehrbeginn am 1. August 2012 eingetreten, spätestens aber am 31. März 2021, am Tag des erstmaligen Klinikeintritts bzw. des fürsorgerischen Freiheitsentzugs. Die Beschwerdeführerin weise gemäss Gutachten des Dr. med. G.________ vom 12. Februar 2020 ein testmässig objektiviertes neuropsychologisches Minderleistungsprofil auf. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei für die Anwendung des Art. 26 Abs. 1 IVV nicht das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit während der Berufsausbildung relevant. Ausschlaggebend sei vielmehr, ob der Gesundheitsschaden die Erlangung eines erfolgreichen Ausbildungsabschlusses überhaupt oder dessen angemessene Verwertung verhindert habe. Auch bei einer ganzen Arbeitsfähigkeit während der Berufsausbildung sei eine Festsetzung des Valideneinkommens nach Art. 26 Abs. 1 IVV nicht ausgeschlossen.
6.
6.1. In gesundheitlicher Hinsicht ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin gestützt auf die als beweiskräftig beurteilten Darlegungen des Dr. med. G.________ mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit unter einer Schizophrenie leidet. Bezüglich des Beginns dieser Erkrankung bestehen unterschiedliche Ansichten. Während die Vorinstanz davon ausgeht, die Schizophrenie habe sich erst während der Lehre zur Detailhandelsfachfrau EFZ im November 2012 manifestiert, behauptet die Beschwerdeführerin, der Gesundheitsschaden, der ihr einen Lehrabschluss verunmöglicht habe, sei lange vor Anfang der Lehre (1. August 2012), spätestens aber am 31. März 2012, dem Beginn ihrer ersten stationären Behandlung, eingetreten.
6.2. Wie die IV-Stelle letztinstanzlich allerdings zu Recht einwendet, ist in der hier vorliegenden Konstellation der genaue Zeitpunkt des Eintritts des Gesundheitsschadens gar nicht massgebend. Denn die Beschwerdeführerin machte zu keiner Zeit geltend, und es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie bei ihrer Berufswahl der Detailhandelsfachfrau EFZ im Jahr 2012 eingeschränkt gewesen wäre. Ins Gewicht fällt dabei zweifellos, dass sie die obligatorische Schulzeit in den regulären Primar- und Realschulen absolvieren konnte. Auch in der 10. Klasse einer Hauswirtschaftsschule waren ihre Leistungen durchschnittlich. Der Verweis von dieser Schule im März 2012 erfolgte, weil sie ihr Freund dort unerlaubterweise auf ihrem Zimmer besucht hatte.
6.2.1. Die Beschwerdeführerin behauptet, ihre kurz darauf folgende erstmalige Einweisung in die Klinik im März 2012 per FFE stehe in direktem Zusammenhang mit der wenig mehr als ein halbes Jahr später anerkannten Diagnose einer Schizophrenie. Es handle sich dabei überwiegend wahrscheinlich um eine typische unspezifische Frühmanifestation der Schizophrenie in Form eines inadäquaten, fremdgefährdenden, impulsiven und aggressiven Verhaltens. Soweit das kantonale Gericht den FFE als isoliertes, in keinerlei Beziehung zur schizophrenen Erkrankung stehendes Ereignis abtue, setze es sich über die gängigen Erkenntnisse der Psychiatrie hinweg und müsse sich vorhalten lassen, den Sachverhalt offensichtlich unrichtig gewürdigt zu haben.
6.2.2. Diese Argumentation ist zwar auf den ersten Blick aus einer - hier unmassgeblichen - medizinischen Laiensicht durchaus nachvollziehbar. Es ist möglich, dass die Beschwerdeführerin bereits vor Beginn der Lehre zunehmend mit psychischen Problemen belastet war. Dies muss jedoch nicht näher fachärztlich abgeklärt werden, weil sich so oder anders nichts daran ändern könnte, dass weder Anhaltspunkte für eine Einwirkung psychischer Probleme auf die damalige Berufswahl im Jahr 2012 bestehen noch überhaupt geltend gemacht wird, die Berufswahl wäre krankheitsbedingt beeinflusst gewesen. Die Beschwerdeführerin bringt zwar vor, Hinweise auf eine Erkrankung würden sich in den Akten schon für die frühere Schulbiographie finden, sei doch ein Teil der Schulzeit in einer Kleinklasse absolviert worden. Die erwähnte Kleinklasse besuchte sie allerdings lediglich im Fach Mathematik. Dies lässt jedenfalls nicht schon auf eine die Berufswahl beeinträchtigende Erkrankung während der Schulzeit - oder in der Zeit bis zum Lehrstellenantritt am 1. August 2012 - schliessen.
6.2.3. Bei der Feststellung der Validenkarriere der versicherten Person handelt es sich um eine Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe, welche eine für das Bundesgericht grundsätzlich verbindliche Tatfrage betrifft, soweit sie auf konkreter Beweiswürdigung beruht. Dies gilt selbst dann, wenn auch Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung mitberücksichtigt werden (Urteil 9C_271/2018 vom 19. März 2019 E. 4.1). Da im vorliegenden Fall willkürfrei davon auszugehen ist, dass die Wahl des Berufs als Detailhandelsfachfrau EFZ im Jahr 2012 nicht durch die Schizophrenie oder durch allfällige Vorläufer davon beeinflusst war, kann der Vorinstanz keine Bundesrechtsverletzung vorgeworfen werden, wenn sie mittels Anwendung des Art. 26 Abs. 2 IVV eine Validenkarriere als Detailhandelsfachangestellte annimmt, indem sie der Bemessung des Valideneinkommens die entsprechenden statistischen LSE-Werte zugrunde legt (vgl. Urteil 8C_99/2016 vom 24. Mai 2016 E. 3). Der berufliche Werdegang der Beschwerdeführerin entspricht dem Wortlaut von Art. 26 Abs. 2 IVV, wo von Versicherten die Rede ist, die eine begonnene berufliche Ausbildung wegen ihrer Invalidität nicht abschliessen konnten (E 4.3.2 hiervor).
7.
Schliesslich beantragt die Beschwerdeführerin, es sei beim Invalideneinkommen, vorinstanzlich auf grundsätzlich unbestrittene Fr. 27'724.60 festgelegt, ein leidensbedingter Abzug von 10 % zu berücksichtigen, denn sie werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Medianlohn gemäss LSE erzielen können und es sei mittlerweile auch wissenschaftlich belegt, dass die LSE-Werte für Hilfstätigkeiten über dem Median liegen würden. Dabei stützt sie sich auf das statistische Gutachten "Nutzung Tabellenmedianlöhne LSE zur Bestimmung der Vergleichslöhne bei der IV-Rentenbemessung" des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS AG vom 8. Januar 2021 (nachfolgend: BASS-Gutachten). Ob dieses Gutachten im vorliegenden Verfahren als unechtes Novum überhaupt zulässig wäre (vgl. E. 2.1 hiervor), braucht nicht abschliessend beantwortet zu werden. Mit Urteil 8C_256/2021 vom 9. März 2022, zur Publikation vorgesehen, hat das Bundesgericht nämlich u.a. mit Bezugnahme auf das BASS-Gutachten entschieden, dass im heutigen Zeitpunkt kein ernsthafter sachlicher Grund für die Änderung der Rechtsprechung besteht, wonach Ausgangspunkt für die Bemessung des Invalideneinkommens anhand statistischer Werte grundsätzlich die Zentral- bzw. Medianwerte der LSE darstellen. Im Übrigen würde vorliegend auch bei Berücksichtigung eines leidensbedingten Abzuges von 10 %, gewichtet nach dem 80%igen Erwerbsanteil, kein Invaliditätsgrad von insgesamt (also unter Hinzurechnung der gewichteten Einschränkung im Haushalt) 50 % oder mehr resultieren. Damit müsste es auch bei Vornahme eines entsprechenden Leidensabzugs bei der kantonalgerichtlich zugesprochenen Viertelsrente sein Bewenden haben.
8.
Zusammenfassend hat das kantonale Gericht kein Bundesrecht verletzt, als es den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine höhere als auf eine Viertelsrente verneinte. Entsprechend ist die Beschwerde abzuweisen.
9.
Gemäss dem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der unentgeltlichen Prozessführung kann ihr gewährt werden, da die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es wird indessen auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach sie der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 5. Mai 2022
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz