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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_251/2012 
 
Urteil vom 5. Juni 2012 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Kaufmann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, 
Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 23. Februar 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die 1955 geborene B.________ meldete sich im März 2005 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 15. März 2007 sprach ihr die IV-Stelle Bern vom 1. Oktober 2004 bis 31. Juli 2006 eine ganze und ab 1. August 2006 eine halbe Invalidenrente zu. Im August 2010 wurde ein Revisionsverfahren eingeleitet. Nach Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens hob die IV-Stelle die Rente - bei einem Invaliditätsgrad von 29 % - mit Verfügung vom 31. August 2011 auf das Ende des der Zustellung folgenden Monats auf. 
 
B. 
Die Beschwerde der B.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 23. Februar 2012 ab. 
 
C. 
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegeheiten führen und beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 23. Februar 2012 sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihr eine Invalidenrente, so wie rechtens, auszurichten. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG [SR 830.1]). Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes oder der erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen Gesundheitszustandes revidierbar (BGE 134 V 131 E. 3 S. 132). 
 
3. 
3.1 Das kantonale Gericht hat verbindlich (E. 1) festgestellt, die Versicherte habe ihre angestammte Tätigkeit als Pflegehelferin, welche sie nach einem 2003 erlittenen Unfall zunächst zu 20 % und ab Mai 2006 zu 50 % ausgeübt habe, auf Ende November 2010 gekündigt. Es hat einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG darin gesehen, dass das Invalideneinkommen nunmehr aufgrund von Tabellenlöhnen zu ermitteln sei. Dies stelle eine Veränderung im erwerblichen Sachverhalt dar, die geeignet sei, sich auf den Invaliditätsgrad auszuwirken, weshalb der Rentenanspruch umfassend zu prüfen sei. 
Gestützt auf das Gutachten der Frau Dr. med. I.________ vom 7. Juni 2011 hat die Vorinstanz sodann eine vollständige Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit mit einer Leistungsminderung von 10 % festgestellt. Für den Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG) hat sie das Valideneinkommen unter Verweis auf den Arbeitgeberbericht vom 9. September 2010 auf Fr. 59'870.- festgesetzt. Bei der Ermittlung des Invalideneinkommens von Fr. 42'709.70 hat sie den Tabellenlohn der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (LSE 2010, Tabelle TA1, Total Frauen, Anforderungsniveau 4) herangezogen, die betriebsübliche Wochenarbeitszeit, die um 10 % reduzierte Leistungsfähigkeit und einen leidensbedingten Abzug (BGE 126 V 75 E. 5b S. 79 f.; 134 V 322 E. 5.2 S. 327 f.) von 10 % einberechnet. Bei einem resultierenden Invaliditätsgrad von 29 % hat sie die Rentenaufhebung bestätigt. 
 
3.2 Streitig und zu prüfen sind lediglich die Fragen, ob mit der Aufgabe der Erwerbstätigkeit ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG vorliegt, und - falls dies zu bejahen ist - ob der Rentenanspruch ohne weitere Voraussetzung, mithin auch ohne wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes, neu beurteilt werden kann. 
 
4. 
4.1 Es trifft zwar zu, dass bei der ursprünglichen Rentenzusprache tatsächlich ein Erwerbseinkommen erzielt und das Invalideneinkommen dementsprechend festgesetzt wurde. Nachdem aber ab 1. Dezember 2010 keine Erwerbstätigkeit mehr ersichtlich ist und die Versicherte eine solche auch nicht geltend macht, ist es grundsätzlich angezeigt, ab diesem Zeitpunkt ein hypothetisches Invalideneinkommen auf der Grundlage von Durchschnittswerten festzulegen (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301). Dem steht auch die von der Beschwerdeführerin angerufene Lehrmeinung (URS MÜLLER, Die materiellen Voraussetzungen der Rentenrevision in der Invalidenversicherung, 2003, Rz. 573) nicht entgegen, geht es doch auch dabei darum, das zumutbarerweise erzielbare Einkommen (vgl. URS MÜLLER, a.a.O., Rz. 217) zu berücksichtigen. Für die Annahme eines Revisionsgrundes ist entgegen der Auffassung der Versicherten auch nicht ein verändertes Erwerbspensum erforderlich; es genügt, dass die Invaliditätsbemessung neu gestützt auf abstrakte Werte vorzunehmen ist. 
 
4.2 Folglich steht einer umfassenden (vgl. BGE 117 V 198 E. 4b S. 200; SVR 2004 IV Nr. 17 S. 53, I 526/02 E. 2.3; Urteile 9C_223/2011 vom 3. Juni 2011 E. 3.1; 9C_744/2008 vom 19. November 2008 E. 3.1.1 mit weiteren Hinweisen) Prüfung des Rentenanspruchs, mithin auch einer erneuten ärztlichen Beurteilung der gesundheitlichen Situation und der Arbeitsfähigkeit, nichts entgegen. Diese Regelung entspricht der bisherigen Rechtsprechung, und überzeugende Gründe für eine diesbezügliche Praxisänderung (vgl. BGE 136 III 6 E. 3 S. 8; 135 I 79 E. 3 S. 82; 134 V 72 E. 3.3 S. 76) fehlen. Soweit die Versicherte geltend macht, sie werde schlechter gestellt, als wenn sie von vornherein kein tatsächliches Invalideneinkommen erzielt hätte, kann sie nichts für sich ableiten: Einerseits obliegt ihr grundsätzlich eine Pflicht zur Schadenminderung (vgl. BGE 113 V 22 E. 4a S. 28 mit Hinweisen; Urteil 9C_916/2010 vom 20. Juni 2011 E. 2.2); anderseits ist die Überprüfung des Rentenanspruchs bei veränderten tatsächlichen Verhältnissen gesetzlich vorgesehen (vgl. Art. 190 BV). Im Übrigen lässt sich angesichts des Umstandes, dass bei der Rentenzusprache eine zuverlässige ärztliche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in leidensangepassten Tätigkeiten gefehlt zu haben scheint (vgl. dazu auch Art. 53 Abs. 2 ATSG; Urteil 9C_203/2010 vom 21. September 2010 E. 3.1.2), nicht sagen, ob überhaupt resp. in welchem Umfang ihr eine Rente zugesprochen worden wäre, wenn sie ihre angestammte Tätigkeit bereits damals nicht mehr ausgeübt hätte. 
 
4.3 Die Versicherte stellt weder die vorinstanzlichen Feststellungen betreffend die Arbeitsfähigkeit noch die übrigen Aspekte der vorinstanzlichen Invaliditätsbemessung (E. 3.1) in Abrede. Für eine nähere Prüfung von Amtes wegen besteht kein Anlass. Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
5. 
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse der Vereinigung der Privatkliniken der Schweiz und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 5. Juni 2012 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Meyer 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann