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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_556/2023  
 
 
Urteil vom 5. August 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Zimmermann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. August 2023 (VBE.2023.106). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________, geboren 1966, hatte sich erstmals im Januar 2009 und in der Folge erneut im Februar 2011 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Ab 1. August 2011 bezog er eine abgestufte, bis August 2015 befristete Invalidenrente (Viertelsrente bis April 2014, ganze Rente bis Juli 2015, halbe Rente im August 2015; Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 27. Februar 2018 und Verfügung der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 10. Oktober 2018).  
 
A.b. Im August 2020 machte A.________ eine erneute Verschlechterung geltend. Die IV-Stelle holte ein Gutachten des Schweizerischen Zentrums für medizinische Abklärungen und Beratungen SMAB, Bern, vom 15. Juli 2022 ein. Mit Verfügung vom 24. Januar 2023 lehnte sie einen Rentenanspruch ab.  
 
B.  
Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 4. August 2023 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sei ihm eine Invalidenrente zuzusprechen, eventuell sei die Sache zu weiteren Abklärungen an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Es wird zudem um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht. 
Nach Beizug der vorinstanzlichen Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die rentenablehnende Verfügung der IV-Stelle vom 24. Januar 2023 bestätigte. Zur Frage steht, ob sich seit der letzten befristeten Rentenzusprechung auf der Grundlage eines Gutachtens der Medexperts AG, St. Gallen, vom 3. Juni 2016 eine rentenerhebliche Verschlechterung des psychischen Leidens des Beschwerdeführers eingestellt habe. 
 
3.  
 
3.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). In Anwendung des intertemporalrechtlichen Hauptsatzes ist bei einem dauerhaften Sachverhalt, der teilweise vor und teilweise nach dem Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung eingetreten ist, der Anspruch auf eine Invalidenrente für die Zeit bis Ende 2021 nach den altrechtlichen Bestimmungen und ab Januar 2022 nach den neuen Normen zu prüfen (Urteil 8C_435/2023 vom 27. Mai 2024 E. 4, zur Publikation vorgesehen).  
 
3.2. Das kantonale Gericht hat die Grundsätze über die Anspruchsprüfung bei einer Neuanmeldung nach vorausgegangener Ablehnung des Rentenanspruchs (Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV; BGE 130 V 71 E. 2.2) unter analoger Anwendung der Grundsätze zur Rentenrevision nach Art. 17 ATSG (BGE 134 V 131 E. 3; 133 V 108; 130 V 71 E. 3.1; 117 V 198 E. 3a; vgl. auch BGE 141 V 9 E. 2.3) zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen. Hervorzuheben ist, dass eine bloss abweichende Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhaltes keine revisionsrechtlich relevante Änderung darstellt (BGE 147 V 161 E. 4.2; 112 V 371 E. 2b).  
 
4.  
Gemäss Vorinstanz bestehen aus somatischer Sicht unverändert Beschwerden an der rechten Schulter nach einem Sturz im September 2008. In psychiatrischer Hinsicht hätten die Medexperts- wie auch die SMAB-Gutachter eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode, und eine Persönlichkeitsveränderung diagnostiziert. Eine rentenerhebliche Veränderung könne, so das kantonale Gericht, auch insoweit nicht als ausgewiesen gelten und ein Revisionsgrund sei daher nicht gegeben. Daran vermöge nichts zu ändern, dass, jeweils im Rahmen einer vollzeitlichen Präsenz, gemäss dem früheren Gutachten eine Leistungsfähigkeit von 70 %, nach der aktuellen gutachtlichen Einschätzung indessen eine solche von 60 % bescheinigt werde. Denn der psychiatrische SMAB-Gutachter habe keine Veränderung des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers festgestellt, sondern die Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit gestützt auf den unverändert gebliebenen medizinischen Sachverhalt anders eingeschätzt. Die bloss unterschiedliche Beurteilung der Auswirkungen eines im Wesentlichen unverändert gebliebenen Gesundheitszustandes auf die Arbeitsfähigkeit stelle für sich allein genommen keinen Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG dar. 
Der Beschwerdeführer stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass auf die nunmehr bescheinigte geringere Arbeitsfähigkeit hätte abgestellt und die erwerblichen Auswirkungen hätten geprüft werden müssen. 
 
5.  
Inwiefern das kantonale Gericht offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen oder die bei Neuanmeldungen beziehungsweise bei Rentenrevisionen zu beachtenden Grundsätze verletzt haben sollte, ist nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, dass eine anspruchserhebliche Änderung praxisgemäss auch dann gegeben sei, wenn sich ein Leiden - bei gleicher Diagnose - in seiner Intensität und in seinen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit verändert habe (Urteil 9C_771/2009 vom 10. September 2010 E. 2.3 mit Hinweisen). Er zeigt indessen nicht auf, dass das kantonale Gericht entsprechende von den SMAB-Gutachtern genannte Aspekte unberücksichtigt gelassen hätte, die die von den Experten bescheinigte, um weitere 10 % reduzierte Arbeitsfähigkeit zu begründen vermöchten. Solche sind denn auch aus den Angaben des psychiatrischen Teilgutachters bezüglich der Schwere des Leidens nicht ersichtlich. Die letzte stationäre Behandlung fand im Frühjahr 2020 statt. Im November 2020 habe der Beschwerdeführer, so der psychiatrische Gutachter, seine Stelle als Küchenhilfe in einer geschützten Werkstatt - und damit auch eine Tagesstruktur und soziale Kontakte - aus unbekannten Gründen verloren, was subjektiv zu einer Verschlechterung der Stimmungslage geführt habe. Gestützt darauf lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine erhebliche objektive Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes ausmachen, zumal der Gutachter davon ausgeht, dass weitergehende Behandlungsoptionen insbesondere in Form einer Intensivierung der antidepressiven Medikation bestünden. 
Dass die Vorinstanz unter Verzicht auf beweismässige Weiterungen von einem im Wesentlichen unveränderten Gesundheitszustand und damit vom Fehlen eines Revisionsgrundes ausgegangen ist, ohne die erwerblichen Auswirkungen zu prüfen, ist damit insgesamt nicht zu beanstanden. 
 
6.  
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet. Sie wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid erledigt. 
 
7.  
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 64 Abs. 1 BGG wird einer Partei die unentgeltliche Rechtspflege nur gewährt, wenn sie bedürftig ist und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (zum Erfordernis der Nichtaussichtslosigkeit auch bei der unentgeltlichen Verbeiständung: Urteil 8C_258/2009 vom 24. August 2009 E. 7 mit Hinweisen). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde (BGE 129 I 129 E. 2.3.1) nicht entsprochen werden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. August 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo