Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_536/2023
Urteil vom 5. September 2024
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichterin Ryter,
Bundesrichter Kradolfer,
Gerichtsschreiberin Wortha.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Henning Heinze,
gegen
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer,
Postfach, 8090 Zürich,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Rekurskosten,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 30. August 2023
(VB.2023.00391).
Sachverhalt:
A.
B.________ studierte an der Universität Zürich im Masterstudiengang Psychologie. Im Herbstsemester 2022 bestand sie die Prüfung Gesundheitspsychologie nicht. Am 27. Februar 2023 erfolgte die endgültige Abweisung und Sperrung B.________ vom Studium. Mit Verfügung vom 10. Mai 2023 wies die Philosophische Fakultät der Universität Zürich die dagegen erhobene Einsprache ab.
B.
Am 12. Juni 2023 erhob B.________, vertreten durch Rechtsanwalt A.________, Rekurs bei der Rekurskommission der Zürcher Hochschulen. Mangels eigenhändiger Unterschrift des Vertreters trat die Rekurskommission mit Präsidialverfügung vom 15. Juni 2023 nicht auf den Rekurs ein und auferlegte B.________ die Rekurskosten von Fr. 308.--. Dagegen erhob B.________ ohne anwaltliche Vertretung Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses hiess die Beschwerde mit Urteil vom 30. August 2023 teilweise gut, indem es die Kosten des Rekursverfahrens Rechtsanwalt A.________ auferlegte. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.
C.
Mit Eingabe vom 29. September 2023 erhebt Rechtsanwalt A.________ in eigenem Namen (nachfolgend Beschwerdeführer) "Beschwerde" ans Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils vom 30. August 2023 und dass ihm die Kosten des Rekursverfahrens nicht aufzuerlegen seien.
Die Vorinstanz schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde. In Kenntnis der Vernehmlassung hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen und Ausführungen fest.
Erwägungen:
1.
1.1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 476 E.1; 149 II 462 E. 1.1).
1.2. Das angefochtene Urteil betrifft das Nichtbestehen der Modulprüfung Gesundheitspsychologie. Es geht mithin um eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die grundsätzlich mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor das Bundesgericht gezogen werden kann (Art. 82 lit. a BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 1.1).
1.3. Angefochten ist der Entscheid, soweit er den Kostenpunkt des Rekursverfahrens betrifft. Die Vorinstanz befasste sich mit der Beschwerde von B.________ gegen die Kosten, die dieser in erster Instanz auferlegt wurden. In ihrem Entscheid überband die Vorinstanz die Verfahrenskosten des Rekursverfahrens dem Beschwerdeführer, der am vorinstanzlichen Verfahren weder als Partei noch als Rechtsvertreter oder sonstiger Verfahrensbeteiligter teilnahm. Bei diesem Entscheid handelt es sich um einen selbständig anfechtbaren Endentscheid nach Art. 90 BGG (Urteil 2C_179/2023 vom 4. Juni 2024 E. 1.1, zur Publikation vorgesehen). Dieser fällt unter keinen gesetzlichen Ausschlussgrund (Art. 83 BGG
e contrario; vgl. Urteil 2C_689/2023 vom 19. Juni 2024 E. 1.2).
1.4. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c).
Gemäss der Rechtsprechung besteht eine Ausnahme von dem in Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG aufgestellten Erfordernis der Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren dann, wenn die betroffene Person durch das angefochtene Urteil erstmals betroffen ist (Urteile 1C_477/2023 vom 12. Februar 2024 E. 1.3.2; 9C_852/2017 vom 25. Juni 2018 E. 2.1; 2C_1054/2016 vom 15. Dezember 2017 E. 2.2, nicht publ. in: BGE 144 II 147). Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz nicht teilgenommen. Er war weder Partei noch als Rechtsvertreter mandatiert. Eine anderweitige Möglichkeit zur Teilnahme hat er nicht erhalten. Damit ist die Voraussetzung von Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG erfüllt. Da die Vorinstanz ihm die Kosten des Rekursverfahrens als erste Instanz auferlegte, entstand die besondere Betroffenheit erst durch den vorinstanzlichen Entscheid, womit auch die Voraussetzung von Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG erfüllt ist (vgl. Urteil 2C_689/2023 vom 19. Juni 2024 E. 1.3). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer in Bezug auf die Kostenauflage ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des Entscheids (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG).
1.5. Auf die frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte Beschwerde ist einzutreten. Die mangelhafte Bezeichnung des Rechtsmittels - es ist bloss mit Beschwerde tituliert - schadet dem Beschwerdeführer nicht (BGE 138 I 367 E. 1.1 mit Hinweis; Urteil 2C_457/2023 vom 15. September 2023 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 150 I 73).
2.
2.1. Mit der Beschwerde kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden ( Art. 95 lit. a und b BGG ). Die Anwendung des kantonalen Rechts wird abgesehen von den Fällen von Art. 95 lit. c-e BGG vom Bundesgericht nur daraufhin geprüft, ob dadurch Bundesrecht - namentlich das Willkürverbot - verletzt wurde (vgl. BGE 145 II 32 E. 5.1; Urteile 2C_689/2023 vom 19. Juni 2024 E. 2.1; 2C_87/2023 vom 23. Februar 2024 E. 2.1, zur Publikation vorgesehen).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 149 II 337 E. 2.2; 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten sowie des kantonalen Rechts gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 150 I 39 E. 4.1). In der Beschwerde ist somit klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 149 I 248 E. 3.1; 149 I 105 E. 2.1).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).
3.
Gegenstand des Verfahrens ist die Kostenauflage der Rekurskosten an den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer macht vorab geltend, die Vorinstanz habe ihm keine Möglichkeit gegeben, sich vor Erlass des Entscheids zur Kostenauflage zu äussern. Er rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Dieser Anspruch ist formeller Natur und seine Verletzung führt ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels grundsätzlich zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 144 I 11 E. 5.3; 142 I 172 E. 3.2; Urteil 2C_460/2023 vom 31. Mai 2024 E. 3). Die Rüge ist dementsprechend vorab zu behandeln.
3.1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 149 I 153 E. 2.2). Es dient auf der einen Seite der Sachaufklärung, auf der anderen Seite stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht dar (BGE 148 II 73 E. 7.3.1; 142 I 86 E. 2.2; 140 I 99 E. 3.4). Zum Anspruch auf rechtliches Gehör zählt die Möglichkeit, sich im Rahmen der Rechtsanwendung und vor Erlass eines belastenden Entscheids zu äussern (BGE 145 I 167 E. 4.1; 142 III 48 E. 4.1.1; 140 I 99 E. 3.4).
3.2. Die Vorinstanz erwägt, es erweise sich als unhaltbar, die Rekurskosten der im vorinstanzlichen Verfahren beschwerdeführenden Prüfungskandidatin aufzuerlegen. Durch sein prozessuales Verhalten habe der Beschwerdeführer in grober Weise gegen seine anwaltliche Sorgfaltspflicht verstossen. Daher seien ihm die Kosten des Rekursverfahrens aufzuerlegen (angefochtener Entscheid E. 3).
3.3. Das Bundesgericht hat in einem zur Publikation vorgesehenen Entscheid kürzlich die Rechtsprechung zum aus Art. 29 Abs. 2 BV abgeleiteten Überraschungsverbot zusammengefasst. Es hielt fest, dass in Bezug auf die Rechtsanwendung ein Anspruch auf vorgängige Stellungnahme besteht, wenn eine Behörde ihren Entscheid auf eine Argumentation stützen will, die im bisherigen Verfahren nicht Thema war und mit der vernünftigerweise nicht gerechnet werden musste. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung unbestimmter Rechtsnormen oder eines besonders grossen Ermessensspielraums. In einem solchen Fall hat die Behörde die Betroffenen über ihre Rechtsauffassung zu orientieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten (Urteil 2C_179/2023 vom 4. Juni 2024 E. 4.1, zur Publikation vorgesehen).
3.4. Im selben Entscheid erwog das Bundesgericht, dass der dortige Beschwerdeführer, der nicht Verfahrenspartei war, nicht damit rechnen musste, mit Verfahrenskosten belegt zu werden. Die Kostenauflage an Drittpersonen dürfe nur in Ausnahmefällen erfolgen, weshalb die Anwendung von § 13 Abs. 2 Satz 2 VRG/ZH auf den Rechtsvertreter für diesen nicht vorhersehbar gewesen sei (Urteil 2C_179/2023 vom 4. Juni 2024 E. 4.3.2, zur Publikation vorgesehen). Die Kostenauflage an eine Nicht-Partei sprach in jenem Fall für die Gewährung des rechtlichen Gehörs, weshalb die Vorinstanz dem dortigen Beschwerdeführer die Möglichkeit hätte einräumen müssen, sich zu einer allfälligen Kostenauflage vorab zu äussern (Urteil 2C_179/2023 vom 4. Juni 2024 E. 4.3.4, zur Publikation vorgesehen).
3.5. Die Rüge der Gehörsverletzung erweist sich als begründet: Der Beschwerdeführer war als Rechtsvertreter zwar Verfahrensbeteiligter im Rekursverfahren. Aufgrund des Mandatsentzugs nahm er indessen nicht mehr am vorinstanzlichen Verfahren teil; weder als Partei noch als Rechtsvertreter. Er war prozessrechtlich gesehen im vorinstanzlichen Verfahren ein unbeteiligter Dritter. Wenn nun dem am Verfahren involvierten Rechtsvertreter vor der Kostenauflage an ihn das rechtliche Gehör zu gewähren ist (vgl. vorstehend), muss dies erst recht für am Verfahren unbeteiligte Dritte gelten. Der Beschwerdeführer wurde in einem zu seinem Nachteil ergangenen Entscheid zu einer Geldleistung verpflichtet, ohne dass er am Verfahren, das zu diesem Entscheid führte, teilgenommen oder die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten hätte. Da die Kostenliquidation nach dem Verursacherprinzip der Vorinstanz einen grossen Ermessensspielraum einräumte und der Beschwerdeführer als Nicht-Partei nicht mit einer Kostenauflage rechnen musste (vgl. vorstehend), erweist sich die Kostenauflage an den Beschwerdeführer als Verstoss gegen das Überraschungsverbot und damit als Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV.
3.6. Eine Heilung kommt aufgrund der Schwere der Verletzung (Entscheid zu Lasten eines nicht am Verfahren beteiligten Dritten) nicht in Frage (BGE 144 I 11 E. 5.3; 142 I 172 E. 3.2; 127 I 128 E. 4d). Die Vorinstanz wird dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör gewähren und eine neue Entscheidung treffen müssen. Damit sind die weiteren Rügen des Beschwerdeführers nicht mehr zu prüfen.
4.
4.1. Die Beschwerde ist gutzuheissen, Dispositiv-Ziffer 1 Absatz 1 des angefochtenen Entscheids betreffend Kostenauflage an den Beschwerdeführer aufzuheben und die Angelegenheit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
4.2. Bei diesem Verfahrensausgang werden keine Gerichtskosten erhoben ( Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG ; vgl. Urteil 2C_179/2023 vom 4. Juni 2024 E. 6.2). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet, nachdem der Beschwerdeführer nicht durch einen externen Anwalt, sondern seine eigene Anwaltskanzlei, in der er Partner ist, vertreten wurde und es sich nicht um eine komplexe Angelegenheit mit hohem Streitwert und hohem notwendigen Arbeitsaufwand handelt (vgl. BGE 129 II 297 E. 5; Urteil 2C_807/2016 vom 17. Juli 2017 E. 6.3 mit Hinweisen).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer 1 Absatz 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. August 2023 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt.
Lausanne, 5. September 2024
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Die Gerichtsschreiberin: A. Wortha