Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4D_125/2024
Urteil vom 5. September 2024
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin,
Gerichtsschreiber Widmer.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Scarpatetti,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Mieterausweisung,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts
von Graubünden, II. Zivilkammer, vom 10. Juli 2024
(ZK2 24 16).
Erwägungen:
1.
Mit Vertrag vom 9./11. Dezember 2021 vermietete B.________ (Vermieter) die 4 1/2-Zimmerwohnung im 1. OG an der U.________strasse in V.________ an A.________ (Mieter) zu einem monatlichen Mietzins von Fr. 1'700.--.
Am 15. Januar 2024 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis gestützt auf Art. 257d OR per 29. Februar 2024. Der Mieter weigerte sich, das Mietobjekt auf den Kündigungstermin hin zurückzugeben, weshalb der Vermieter am 11. März 2024 beim Regionalgericht Prättigau/Davos ein Gesuch um Mieterausweisung im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO stellte.
Mit Entscheid vom 22. Mai 2024 befahl die Einzelrichterin am Regionalgericht dem Mieter, das Mietobjekt bis 14. Juni 2024 zu räumen und dem Vermieter in vertragskonformem Zustand samt allen Schlüsseln zurückzugeben.
Eine vom Vermieter dagegen erhobene Berufung wies das Kantonsgericht von Graubünden mit Entscheid vom 10. Juli 2024 ab, soweit es darauf eintrat.
Dagegen erhob der Mieter (nachfolgend Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 5. August 2024 beim Bundesgericht Beschwerde. Gleichzeitig stellte er ein Begehren um Erlass einer "vorsorglichen Verfügung". Dieses Begehren bekräftigte der Beschwerdeführer in einer weiteren Eingabe vom 12. August 2024 und ergänzte gleichzeitig seine Beschwerdebegründung.
Mit Schreiben vom 2. September 2024 übermittelte das Regionalgericht dem Bundesgericht zuständigkeitshalber eine weitere, vom 30. August 2024 datierte Eingabe des Beschwerdeführers, in der er das Regionalgericht zur "sofortigen Rücknahme des Entscheids vom 22. Mai 2024" auffordert.
Auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde verzichtet.
2.
Auf eine Beschwerde kann nur eingetreten werden, wenn die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Dabei muss es sich um ein aktuelles und praktisches Rechtsschutzinteresse handeln. Fehlte ein solches schon bei Beschwerdeeinreichung, tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht ein (BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 136 III 497 E. 2.1; Urteil 4A_571/2023 vom 18. Januar 2024 E. 2.1). Ausnahmsweise tritt das Bundesgericht unter Verzicht auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses auf eine Beschwerde ein, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 142 I 135 E. 1.3.1; Urteil 4A_571/2023 vom 18. Januar 2024 E. 2.1).
Das Bundesgericht prüft grundsätzlich von Amtes wegen, ob auf eine Beschwerde eingetreten werden kann (Art. 29 Abs. 1 BGG). Immerhin ist die Beschwerde hinreichend zu begründen ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), wobei die beschwerdeführende Partei auch darzulegen hat, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Beschwerderechts nach Art. 76 Abs. 1 BGG gegeben sind. Soweit diese nicht ohne Weiteres ersichtlich sind, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, anhand der Akten oder weiterer, noch beizuziehender Unterlagen nachzuforschen, ob und inwiefern die Beschwerde zulässig ist (BGE 138 III 537 E. 1.2; 135 III 46 E. 4; 133 II 353 E. 1; Urteil 4A_571/2023 vom 18. Januar 2024 E. 2.1).
3.
Aus der Beschwerdeschrift geht hervor, dass der Beschwerdeführer bereits am 2. August 2024 zwangsweise aus dem streitbetroffenen Mietobjekt ausgewiesen wurde.
Nach ständiger Rechtsprechung fehlt indessen dem Mieter, der gestützt auf einen Ausweisungsentscheid zwangsweise aus dem streitbetroffenen Mietobjekt ausgewiesen wurde oder dieses von sich aus verlassen hat, an einem aktuellen und praktischen Interesse an der Aufhebung und Änderung des Ausweisungsentscheids. Damit fehlt es ihm im Sinne von Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG an der Berechtigung, den Ausweisungsentscheid mittels Beschwerde anzufechten (Urteile 4A_302/ 2017 vom 7. Juni 2017; 4A_576/2014 vom 25. März 2015 E. 1.3; 4A_352/2011 vom 5. August 2011 E. 1; s. auch Urteil 4A_571/2023 vom 18. Januar 2024 E. 3).
Nachdem der Beschwerdeführer zwangsweise aus dem streitbetroffenen Mietobjekt ausgewiesen wurde, fehlt ihm ein aktuelles und praktisches Interesse an der Anfechtung des Entscheids des Kantonsgerichts vom 10. Juli 2024, mit dem der erstinstanzliche Ausweisungsentscheid bestätigt wurde. Gründe, aus denen nach seiner Ausweisung ein Rechtsschutzinteresse weiterbestehen könnte oder vorliegend ausnahmsweise unter Verzicht auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses auf die Beschwerde einzutreten wäre, führt der Beschwerdeführer nicht an und solche sind auch nicht ohne weiteres ersichtlich.
Auf die offensichtlich unzulässige Beschwerde ist damit nicht einzutreten (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).
4.
Der Beschwerdeführer beantragt, es sei die Gemeindepolizei C.________ und die Kantonspolizei Graubünden vorsorglich anzuweisen, seine "Verhaftung" als widerrechtlich anzuerkennen und seinen Zugang zu seiner Wohnung sowie zu seinen Privatsachen sofort wiederherzustellen, und es sei dem Vermieter (Beschwerdegegner) jeglicher Versuch zu untersagen, nicht vollstreckbare Entscheide vor ihrer Rechtskraft zur Durchsetzung zu bringen.
Die Anordnung vorsorglicher Massnahmen im Sinne von Art. 104 BGG setzt voraus, dass diese sich auf den Entscheid beziehen, der Gegenstand der Beschwerde an das Bundesgericht ist; für weitergehende Massnahmen ist das Bundesgericht nicht zuständig (BGE 134 III 426 E. 2.2 S. 431; Urteil 5A_793/2008 vom 8. Mai 2009 E. 6). Der angefochtene Entscheid hat nur die Frage der Ausweisung des Beschwerdeführers zum Gegenstand, nicht dagegen die Fragen nach der Widerrechtlichkeit einer Verhaftung oder der Möglichkeit einer allfälligen Wiederherstellung des Zugangs zur Wohnung, aus welcher der Beschwerdeführer ausgewiesen wurde, sowie zu seinen Privatsachen. Ebensowenig ist ein abstraktes Verbot gegenüber dem Beschwerdegegner, nicht vollstreckbare Entscheide vor ihrer Rechtskraft zur Durchsetzung zu bringen, Gegenstand des angefochtenen Entscheids. Auf das Gesuch kann demnach nicht eingetreten werden, soweit es nicht mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache selbst gegenstandslos ist.
Unabhängig davon kann vorliegend darauf hingewiesen werden, dass das Urteil der Vorinstanz vom 10. Juli 2024 mit seiner Ausfällung in Rechtskraft erwuchs und vollstreckbar war. Die Vollstreckbarkeit bzw. die formelle Rechtskraft des Urteils wäre in der Folge nur aufgeschoben worden, wenn das Bundesgericht einer dagegen vor der Vollstreckung der Ausweisung erhobenen Beschwerde, der nicht von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung zukommt, die aufschiebende Wirkung erteilt hätte ( Art. 103 Abs. 1 und 3 BGG ), was indessen vorliegend nicht der Fall war (vgl. dazu BGE 146 III 284 E. 2.3).
5.
Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist ausnahmsweise zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG).
Der Beschwerdegegner hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihm aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde und auf das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 5. September 2024
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jametti
Der Gerichtsschreiber: Widmer