Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_243/2023
Urteil vom 5. September 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Métral,
Gerichtsschreiberin Durizzo.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Eric Hemmerling,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 28. Februar 2023 (VBE.2022.376).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________, geboren 1962, war als Maler und Gipser beschäftigt, als er sich im August 2011 wegen Beschwerden an der rechten Schulter bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete. Nachdem die Schulter am 23. Februar 2011 operiert worden war, konnte er seine bisherige Tätigkeit wieder aufnehmen, weshalb die IV-Stelle des Kantons Aargau von beruflichen Massnahmen absah (Verfügung vom 22. April 2012).
A.b. Im Mai 2014 meldete sich A.________ erneut an unter Hinweis auf Handgelenksbeschwerden (rechts) sowie eine Insomnie. Er hielt sich im Juni 2014 in der Klinik B.________ auf, wo zudem ein depressives Zustandsbild nebst eines Verdachts auf eine Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (ADHS) festgestellt wurde. Ab September 2014 wurde A.________ durch die Psychiatrischen Dienste C.________ betreut, im Frühjahr 2015 im Rahmen eines tagesklinischen Programms. Gemäss der rheumatologischen Abklärung einschliesslich einer Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) in der Klinik D.________ war A.________ in der angestammten Tätigkeit wegen Schulter- und Rückenbeschwerden vollständig arbeitsunfähig, in einer leidensangepassten Tätigkeit bestand jedoch keine Einschränkung (Gutachten vom 28. Oktober 2015). Die IV-Stelle gewährte daraufhin berufliche Massnahmen in Form einer Abklärung im Frühjahr 2017 mit anschliessendem Aufbautraining von November 2017 bis Februar 2018.
Mit Verfügung vom 30. Oktober 2018 lehnte die IV-Stelle den Anspruch auf eine Invalidenrente ab. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau hiess die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde mit Urteil vom 22. August 2019 gut und wies die Sache zu weiteren Abklärungen an die IV-Stelle zurück.
A.c. Gestützt auf das Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle MEDAS estimed, Zug, vom 28. September 2021 mit Ergänzung vom 11. März 2022 lehnte die IV-Stelle einen Anspruch auf Invalidenrente mit Verfügung vom 1. September 2022 erneut ab (Invaliditätsgrad: 36 %).
B.
Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 28. Februar 2023 insoweit teilweise gut, als es ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 31. August 2015 eine ganze Invalidenrente zusprach.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sei ihm vom 26. November 2014 bis 14. Juni 2021 eine ganze, danach eine Viertels- und ab 1. Januar 2022 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 45 % zuzusprechen, eventuell sei die Sache zurückzuweisen. Des Weiteren wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht.
Nach Beizug der vorinstanzlichen Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ; BGE 145 V 57 E. 4).
2.
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie dem Beschwerdeführer lediglich eine vom 1. Januar bis 31. August 2015 befristete (ganze) Invalidenrente zusprach. Zur Frage steht insbesondere die Beurteilung der Arbeits (un) fähigkeit gestützt auf das psychiatrische estimed-Teilgutachten. Umstritten sind des Weiteren die erwerblichen Auswirkungen beziehungsweise ob der auf statistischer Basis ermittelte hypothetische Verdienst nach Eintritt der Gesundheitsschädigung (Invalideneinkommen) um einen leidensbedingten Abzug zu reduzieren sei.
3.
Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). In Anwendung des intertemporalrechtlichen Hauptsatzes ist bei einem dauerhaften Sachverhalt, der teilweise vor und teilweise nach dem Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung eingetreten ist, der Anspruch auf eine Invalidenrente für die Zeit bis Ende 2021 nach den altrechtlichen Bestimmungen und ab Januar 2022 nach den neuen Normen zu prüfen (Urteil 8C_435/2023 vom 27. Mai 2024 E. 4, zur Publikation vorgesehen). Letzteres gilt jedenfalls dann, wenn nicht bereits vor dem 1. Januar 2022 ein Rentenanspruch entstanden ist (vgl. lit. c der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 19. Juni 2020 sowie Urteil 8C_621/2023 vom 7. August 2024 E. 3).
4.
Das kantonale Gericht hat die Regeln über den Beweiswert von ärztlichen Berichten und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a mit Hinweis), namentlich von versicherungsexternen Gutachten (BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 135 V 465 E. 4.4; 125 V 351 E. 3b/bb), zutreffend dargelegt. Zu ergänzen ist, dass es die unterschiedliche Natur von Behandlungsauftrag der therapeutisch tätigen (Fach-) Person einerseits und Begutachtungsauftrag des amtlich bestellten fachmedizinischen Experten anderseits (BGE 124 I 170 E. 4) rechtsprechungsgemäss nicht zulässt, ein Administrativ- oder Gerichtsgutachten stets in Frage zu stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn die behandelnden Arztpersonen beziehungsweise Therapiekräfte zu anderslautenden Einschätzungen gelangen. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen sich eine abweichende Beurteilung aufdrängt, weil diese wichtige - und nicht rein subjektiver Interpretation entspringende - Aspekte benennen, die bei der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (BGE 135 V 465 E. 4.5; 125 V 351 E. 3b/cc; SVR 2017 IV Nr. 7 S. 19, 9C_793/2015 E. 4.1; Urteile 8C_630/2020 vom 28. Januar 2021 E. 4.2.1; 8C_370/2020 vom 15. Oktober 2020 E. 7.2). Richtig wiedergegeben wird im angefochtenen Urteil die im Rahmen der Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) massgebliche Rechtsprechung zum behinderungs- beziehungsweise leidensbedingten Abzug von dem auf statistischer Grundlage ermittelten Invalideneinkommen (BGE 148 V 174; 135 V 297 E. 5.2; 126 V 75 E. 5).
5.
5.1. Gemäss Vorinstanz ist gestützt auf das voll beweiskräftige estimed-Gutachten vom 28. September 2021 mit Ergänzung vom 11. März 2022 mit Blick auf die somatischen Beschwerden eine 70%ige Arbeitsfähigkeit in leidensangepassten Tätigkeiten ausgewiesen. Aus psychiatrischer Sicht sei von einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit während der Zeit der stationären Aufenthalte in der Klinik B.________ im Jahr 2014 und in der Tagesklinik der Psychiatrischen Dienste C.________ im 2015 auszugehen. Weitergehende psychiatrisch bedingte Arbeitsunfähigkeiten seien nicht erstellt, woran die abweichende Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. med. E.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, nichts ändern könne. Von weiteren Abklärungen hinsichtlich der vom Beschwerdeführer gerügten retrospektiven Beurteilung durch den psychiatrischen Gutachter seien keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.
In erwerblicher Hinsicht setzte die Vorinstanz, bei einem frühestmöglichen Rentenbeginn im November 2014, den hypothetischen Verdienst als Gesunder (Valideneinkommen) mit der Beschwerdegegnerin auf Fr. 72'790.- fest. Beim Invalideneinkommen zog das kantonale Gericht den statistischen Tabellenlohn heran, betraglich in der Höhe von 70 % des Verdienstes für ein Vollzeitpensum, dies unter Berücksichtigung, dass die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers in einer Verweistätigkeit bei ganztägiger Anwesenheit wegen erhöhten Pausenbedarfs um 30 % eingeschränkt sei. Ein zusätzlicher leidensbedingter Abzug war nach der Vorinstanz nicht gerechtfertigt. Es resultierte ein Invalideneinkommen von Fr. 46'517.- und im Vergleich mit dem Validenlohn ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 36 %.
Aufgrund der tagesklinischen Behandlung im Jahr 2015 - mit geplantem Eintritt im Januar, krankheitsbedingt verschoben auf den 12. März 2015, und Austritt im Mai 2015 - sprach die Vorinstanz dem Beschwerdeführer vom 1. Januar bis 31. August 2015 eine ganze Invalidenrente zu.
5.2. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss im Wesentlichen geltend, er sei bereits seit 2014 insbesondere auch wegen seiner Aufmerksamkeitsstörung vollständig arbeitsunfähig. Dass sich der psychiatrische estimed-Gutacher diesbezüglich rückwirkend nicht habe festlegen wollen, könne ihm nicht zur Last gelegt werden, zumal es die Beschwerdegegnerin versäumt habe, rechtzeitig die erforderlichen Abklärungen zu treffen, und die Begutachtung erst Jahre später, nach der Rückweisung durch die Vorinstanz, erfolgt sei. Es sei auf die Bescheinigung einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit durch seinen behandelnden Psychiater Dr. med. E.________ abzustellen. In erwerblicher Hinsicht beantragt der Beschwerdeführer, nachdem ihm faktisch das Einkommen für ein Teilzeiteinkommen angerechnet werde (70 %), sei ihm auch ein Teilzeitabzug vom Tabellenlohn in der Höhe von 8 % und zudem wegen seiner somatisch bedingten Einschränkungen eine zusätzliche Reduktion um 10 % zu gewähren. Ein Abzug von 10 % sei im Übrigen seit 1. Januar 2022 in Art. 26bis IVV zwingend vorgesehen und müsste hier jedenfalls zumindest ab diesem Zeitpunkt zu einem Rentenanspruch führen.
6.
Inwiefern die Vorinstanz bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen oder die zu beachtenden Beweiswürdigungsregeln verletzt haben sollte, ist nicht erkennbar. Dies gilt sowohl hinsichtlich der aktuellen als auch der rückwirkenden Einschätzung.
6.1. Zunächst konnte die ADHS-Diagnose anlässlich der neuropsychologischen und der psychiatrischen Untersuchung durch die estimed-Gutachter nicht bestätigt werden. Gemäss dem neuropsychologischen Teilgutachter können entsprechende Störungen wie namentlich desorganisiertes, impulsives Verhalten auch durch einen depressiven Verstimmungszustand ausgelöst werden, wie er anlässlich der tagesklinischen Betreuung durch die Psychiatrischen Dienste C.________ im Frühjahr 2015 vorgelegen habe. Aus psychiatrischer Sicht musste zudem die depressive Symptomatik als aktuell remittiert gelten. Inwiefern sich aus den Berichten des seit Juli 2016 behandelnden Psychiaters Dr. med. E.________ vom 22. November 2019 und vom 6. Mai 2022 hinsichtlich der depressiven Symptomatik, aber auch bezüglich der ADHS-Diagnose wichtige objektive Aspekte ergeben sollten, die bei der Begutachtung unberücksichtigt geblieben wären und aus diesem Grund zu Unrecht zu einer falschen Beurteilung durch die Gutachter geführt hätten, wird beschwerdeweise nicht dargetan und ist nicht erkennbar.
6.2. Gleiches gilt auch hinsichtlich der rückwirkenden Beurteilung der Arbeitsfähigkeit, wobei gemäss der vorinstanzlichen verbindlichen Feststellung ein Rentenbeginn frühestens im November 2014 in Betracht fällt. Die Vorinstanz ging gestützt auf die gutachtliche Einschätzung davon aus, dass nach der zweiwöchigen stationären Behandlung in der Klinik B.________ wegen der Schlafstörung im Juni 2014 erst wieder während der ab Januar 2015 geplanten, tatsächlich erst Mitte März begonnenen und bis Ende April 2015 dauernden tagesklinischen Betreuung durch die Psychiatrischen Dienste C.________ eine psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Dem trug das kantonale Gericht Rechnung mit der Zusprechung einer ganzen Invalidenrente vom 1. Januar bis 31. August 2015. Dass bereits ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt des Rentenbeginns im November 2014, also zwei Monate zuvor, eine vollständige Arbeitsunfähigkeit aus psychischen Gründen bestanden hätte, kann nicht als erstellt gelten. Gemäss dem am 16. Januar 2015 bei der IV-Stelle eingegangenen Bericht der Psychiatrischen Dienste C.________ wurde der Beschwerdeführer dort seit September 2014 ausschliesslich zum Zweck der ADHS-Abklärung betreut. Daran ändert nichts, dass er auch medikamentös wegen der depressiven Symptomatik behandelt und zudem von den Ärzten der Psychiatrischen Dienste C.________ - nach der letzten temporären Beschäftigung im Bereich Recycling bis Anfang Juni 2014 - zum Aufbau einer Tagesstruktur, zu seiner Aktivierung und zur Verbesserung der Depression der anschliessend erfolgte tagesklinische Aufenthalt empfohlen wurde. Im weiteren Verlauf wurde von den Ärzten der Psychiatrischen Dienste C.________ denn auch keine Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht bescheinigt, sondern die berufliche Reintegration vielmehr allein unter den Vorbehalt der Klärung der somatischen Einschränkungen gestellt.
6.3. Nachdem die IV-Stelle eine entsprechende Begutachtung in der Klinik D.________ einschliesslich EFL veranlasst hatte (Gutachten vom 28. Oktober 2015), die eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit in einer Verweistätigkeit ergab, leitete sie berufliche Massnahmen in die Wege. Eine Abklärung fand im Frühjahr 2017, das Aufbautraining von November 2017 bis Februar 2018 statt. Der Beschwerdeführer zeigte dabei wenig Eingliederungswillen. Der behandelnde Psychiater Dr. med. E.________ begründete dies anlässlich einer Besprechung im März 2018 indessen vorab und entgegen dem rheumatologischen Gutachten mit den vom Beschwerdeführer geklagten Schmerzen und nicht mit einer Einschränkung aus psychiatrischer Sicht. Es bestehen schliesslich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich nach der Begutachtung eine erneute Verschlechterung eingestellt hätte.
6.4. Zusammengefasst ist der Vorwurf des Beschwerdeführers, das kantonale Gericht sei bei der Beurteilung seiner psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit mangels hinreichender Abklärungen durch die Beschwerdegegnerin zu Unrecht von einer Beweislosigkeit zu seinen Lasten ausgegangen, angesichts des dargestellten Verlaufs unberechtigt. Aufgrund der vorliegenden echtzeitlichen Stellungnahmen lässt es sich nicht beanstanden, dass die Vorinstanz eine weitergehende als die von ihr festgestellte, durch die teilstationäre Behandlung begründete Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2015 als nicht erstellt erachtete. Inwiefern von weiteren Abklärungen durch andere Experten neue Erkenntnisse zu erwarten wären, auf das estimed-Gutachten aus diesem Grund nicht abzustellen wäre und die Vorinstanz ihrerseits die zu beachtenden Beweiswürdigungsregeln, insbesondere auch über die antizipierte Beweiswürdigung, verletzt haben sollte, ist nicht erkennbar. Damit bleibt es bei der vorinstanzlichen Feststellung, dass der Beschwerdeführer bis zum Verfügungserlass am 1. September 2022, mit Ausnahme des Zeitraums von Januar bis Mai 2015, in körperlich angepassten Verweistätigkeiten uneingeschränkt arbeitsfähig gewesen sei.
7.
Zu prüfen bleiben die Einwände des Beschwerdeführers hinsichtlich der erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung, die sich auf den Abzug vom Tabellenlohn auf der Seite des Invalideneinkommens beziehen. Ob ein (behinderungsbedingter oder anderweitig begründeter) Abzug vom hypothetischen Invalideneinkommen vorzunehmen sei, ist eine Rechtsfrage. Demgegenüber stellt die Höhe des Abzuges eine typische Ermessensfrage dar (BGE 137 V 71 E. 5.1; Urteil 8C_557/2018 vom 18. Dezember 2018 E. 3.4).
7.1. Gemäss vorinstanzlicher verbindlicher Feststellung verbleibt dem Beschwerdeführer eine Arbeitsfähigkeit im Vollzeitpensum mit einer Leistungseinbusse um 30 % wegen erhöhten Pausenbedarfs und verlangsamten Arbeitstempos. Wie aus der Verfügung vom 1. September 2022 ausdrücklich hervorgeht, kürzte die Beschwerdeführerin den auf statistischer Basis ermittelten Invalidenlohn von Fr. 66'453.- entsprechend auf Fr. 46'517.-, wovon auch die Vorinstanz ausging. Inwiefern dem kantonalen Gericht mangels weitergehender Ausführungen dazu eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung vorzuwerfen wäre, ist nicht erkennbar.
7.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei ihm wegen der Anrechnung eines Invalidenlohns für ein 70 %-Pensum ein Teilzeitabzug zu gewähren. Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt, es sei nicht einzusehen, weshalb im Falle der Zumutbarkeit eines blossen Teilzeitpensums ein zusätzlicher behinderungsbedingter Abzug gewährt werden könne, nicht aber bei Ausübung eines Vollzeitpensums bei bescheinigter eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Der Autor eines im Dezember 2022 von der ETH Zürich publizierten Aufsatzes (Daniel Kopp, Are recruiters reluctant to hire part-time working men? Abrufbar unter: https://www.research-collection.ethz.ch/handle/20.500.11850/586460; besucht am 30. August 2024) stelle die Hypothese auf, dass Männer mit Teilzeitpensen weniger verdienten, weil sie Arbeitgebern defizitär erschienen, dies im Sinne insbesondere von mangelnder Motivation oder Ambition, während bei Frauen in Teilzeitpensen honoriert werde, dass sie zusätzlich familiäre Pflichten zu erfüllen hätten. Die ungünstige Wahrnehmung von Männern im Teilzeitpensum durch die Arbeitgeber müsse, so der Beschwerdeführer, auch dann unterstellt werden, wenn Männer zwar vollzeitlich am Arbeitsplatz präsent, aber nur reduziert leistungsfähig seien.
7.3. Die medizinisch ausgewiesene Leistungsminderung bei vollzeitlicher Präsenz in leidensangepasster Tätigkeit begründet unter dem Aspekt des Beschäftigungsgrades praxisgemäss keinen leidensbedingten Tabellenlohnabzug (vgl. zuletzt etwa Urteile 9C_360/2022 vom 4. November 2022 E. 4.3.3; 8C_627/2021 vom 25. November 2021 E. 5.1 und 5.2; 9C_283/2020 vom 17. August 2020 E. 7.2.2; 8C_403/2017 vom 25. August 2017 E. 4.3; zum Teilzeitabzug: Urteil 8C_729/2019 vom 25. Februar 2020 E. 5.3.3.1). Per 1. Januar 2022 (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705 und 706, BBl 2017 2535) und per 1. Januar 2024 (Änderung vom 18. Oktober 2023, AS 2023 635) sind Neuerungen des IVG und der IVV in Kraft getreten. Gemäss der bis 31. Dezember 2023 geltenden Fassung von Art. 26bis Abs. 3 IVV werden vom statistisch bestimmten Invalideneinkommen 10 % für Teilzeitarbeit abgezogen, sofern die versicherte Person aufgrund ihrer Invalidität nur noch mit einer funktionellen Leistungsfähigkeit von 50 % oder weniger tätig sein kann. Nach der zuletzt in Kraft getretenen Änderung hat in diesem Fall ein Abzug von 20 %, ansonsten eine 10%ige Kürzung zu erfolgen. In seinem erläuternden Bericht zu den Ausführungsbestimmungen zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung per 1. Januar 2022 (Weiterentwicklung der IV, nach Vernehmlassung, S. 54) führte das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV dazu aus, es spiele keine Rolle, ob es sich bei der versicherten Person um eine vollerwerbstätige oder um eine teilerwerbstätige Person handle.
7.4. Mit Blick auf die neuen Bestimmungen und die erwähnten Erläuterungen lässt sich eine Änderung der bisherigen differenzierenden Rechtsprechung unter der Anwendbarkeit des bis Ende 2021 geltenden Gesetzes- und Verordnungsrechts nicht rechtfertigen (vgl. BGE 148 V 174 E. 9.3). Soweit der allfällige Rentenanspruch des Beschwerdeführers bis zu diesem Zeitpunkt zu beurteilen ist, fällt damit ein leidensbedingter Abzug unter diesem Titel ausser Betracht.
7.5. Zu den Neuerungen per 1. Januar 2022 hat sich das Bundesgericht in dem zur Publikation vorgesehenen Urteil 8C_823/2023 vom 8. Juli 2024 eingehend geäussert (E. 9). Nach Auslegung der Bestimmungen von Art. 28a Abs. 1 (Satz 2) IVG und Art. 26bis Abs. 3IVV erwog es insbesondere auch unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien, es könne grundsätzlich kein Zweifel daran bestehen, dass mit den Änderungen im Wesentlichen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts rezipiert werden sollte (E. 9.4.2). Nach dem Verordnungsgeber sei nunmehr lediglich noch ein "Teilzeitabzug" vorgesehen, der ab einer Leistungsfähigkeit von 50 Prozent und weniger zu gewähren sei und auf 10 Prozent begrenzt bleibe (E. 9.4.3). Das Bundesgericht erkannte die neue Bestimmung von Art. 26bis Abs. 3 IVV als gesetzeswidrig, soweit damit die bisher bestehende Möglichkeit des Abzugs vom Tabellenlohn in weiten Teilen aufgegeben werden sollte. Besteht aufgrund der gegebenen Fallumstände Bedarf an einer über den "Teilzeitabzug" hinausgehenden Korrektur, ist ergänzend auf die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze zum Abzug vom Tabellenlohn zurückzugreifen (E. 10). Die Kritik des Bundesgerichts beschlägt indessen nicht den in der neuen Bestimmung vorgesehenen Teilzeitabzug, der im Übrigen nicht danach differenziert, ob es um eine voll- oder eine teilerwerbstätige Person geht, sondern in beiden Fällen auf die Einschätzung der funktionellen Leistungsfähigkeit abzielt und bei einer Leistungsminderung von mindestens 50 % gewährt werden soll (E. 9.5.3.6.1). Das Bundesgericht berücksichtigte bei seiner Auslegungsordnung ausdrücklich, dass mit der Gesetzesänderung der Interpretationsspielraum der IV-Stellen und der kantonalen Gerichte eingeschränkt, eine möglichst einheitliche Handhabung für die ganze Schweiz ("unité de doctrine") sichergestellt und gerichtliche Auseinandersetzungen zur Invaliditätsbemessung nach Möglichkeit vermieden werden sollten, dies gerade auch mit Blick auf das neue stufenlose Rentenmodell (E. 9.4.1.1).
Bei der dem Beschwerdeführer verbleibenden Arbeitsfähigkeit von 70 % sind die Voraussetzungen für einen Abzug nach Art. 26bis Abs. 3 IVV vorliegend offenkundig nicht erfüllt. Dass sich gestützt auf Urteil 8C_823/2023 vom 8. Juli 2024 auch in diesem Rahmen ein weitergehender Korrekturbedarf ergäbe, lässt sich auch deshalb nicht rechtfertigen, weil gestützt auf LSE-Tabelle T18 für das Jahr 2022 eine Lohndifferenz zwischen Teilzeitpensen von 50 bis 74 % und Vollzeitpensen lediglich im tiefen einstelligen Prozentbereich ausgewiesen ist.
Zu ergänzen bleibt, dass mit Blick auf den für die richterliche Überprüfungsbefugnis massgeblichen Zeitpunkt des Verfügungserlasses (BGE 129 V 167 E. 1 mit Hinweis) am 1. September 2022 eine Anwendung der am 1. Januar 2024 getretenen erneuten Änderung von Art. 26bis Abs. 3 IVV von vornherein ausser Betracht fällt (Urteil 8C_823/2023 vom 8. Juli 2024 E. 9.5.3.5.1).
7.6. Zu erinnern bleibt schliesslich daran, dass das medizinische Anforderungs- und Belastungsprofil praxisgemäss eine zum zeitlich zumutbaren Arbeitspensum hinzutretende qualitative oder quantitative Einschränkung der Arbeitsfähigkeit darstellt, wodurch in erster Linie das Spektrum der erwerblichen Tätigkeiten (weiter) eingegrenzt wird, welche unter Berücksichtigung der Fähigkeiten, Ausbildung und Berufserfahrung der versicherten Person realistischerweise noch in Frage kommen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob mit Bezug auf eine konkret in Betracht fallende Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage verglichen mit einem gesunden Mitbewerber nur bei Inkaufnahme einer Lohneinbusse reale Chancen für eine Anstellung bestehen. Lediglich wenn auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung solcher Einschränkungen, die personen- oder arbeitsplatzbezogen sein können, kein genügend breites Spektrum an zumutbaren Verweisungstätigkeiten mehr besteht, rechtfertigt sich allenfalls ein (zusätzlicher) Abzug vom Tabellenlohn (Urteil 8C_48/2021 vom 20. Mai 2021 E. 4.3.3). An dieser Voraussetzung ist mit Blick auf die Erwägungen des Urteils 8C_823/2023 vom 8. Juli 2024 auch für die Beurteilung eines allfälligen Rentenanspruchs ab Januar 2022 festzuhalten. Inwiefern sie im vorliegenden Fall gegeben sein sollte, wird beschwerdeweise nicht dargetan und ist nicht erkennbar. Dies gilt auch hinsichtlich der psychischen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers, die gemäss Gutachten keine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit haben.
7.7. Zusammengefasst lässt sich der angefochtene Entscheid bezüglich der Beurteilung des leidensbedingten Abzugs im Ergebnis nicht beanstanden.
8.
Die Beschwerde erweist sich damit insgesamt als unbegründet.
9.
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten und der unentgeltlichen Verbeiständung) kann entsprochen werden, da die Bedürftigkeit ausgewiesen ist, die Beschwerde in Bezug auf die erfolgte Verneinung eines Rentenanspruchs nicht als aussichtslos zu bezeichnen ist und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt geboten war ( Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG ). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwalt Dr. Eric Hemmerling wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.
4.
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Stiftung Auffangeinrichtung BVG, Zürich, schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 5. September 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo