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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.207/2005 /bie 
 
Urteil vom 5. Oktober 2006 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterin Klett, 
Bundesrichter Mathys, 
Gerichtsschreiberin Hürlimann. 
 
Parteien 
A.________ Ltd., Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Karl Spühler, 
 
gegen 
 
Bank X.________, Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Damiano Brusa und 
Philipp Dickenmann, Rechtsanwälte, 
Obergericht des Kantons Zürich, 
I. Zivilkammer, Postfach, 8023 Zürich. 
 
Gegenstand 
Art. 9 und 29 Abs. 2 BV (Zivilprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss 
des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, 
vom 14. Juni 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die A.________ Ltd., London/GB, (Beschwerdeführerin) stellte am 11. Dezember 2003 beim Bezirksgericht Zürich das Begehren, die Bank X.________, Zürich, (Beschwerdegegnerin) sei zu verpflichten, ihr Rechenschaft über die Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit dem Konto/Depot Nr. 300.010 abzulegen, insbesondere Informationen zu erteilen und Dokumente herauszugeben über den aktuellen Stand des Kontos/Depots sowie die Bewegungen seit der Eröffnung und sämtliche Dokumente und Mitteilungen herauszugeben, die banklagernd behandelt wurden (Ziff. 1), und sie sei zu verpflichten, die Vermögenswerte im Konto/Depot Nr. 300.010 gemäss Instruktionen des Klägers herauszugeben (Ziff. 2). 
B. 
Das Bezirksgericht Zürich trat mit Beschluss vom 14. September 2004 auf die Klage nicht ein. Das Gericht kam zum Schluss, es liege eine abgeurteilte Sache vor, denn W.M.________ - der die Beschwerdeführerin am 29. Januar 2003 als Trustee des B.________ Trust eingesetzt hatte - habe am 8. September 1998 die Beschwerdegegnerin mit dem gleichen Rechtsbegehren eingeklagt. Diese Klage sei vom Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 19. Februar 2002 vollumfänglich abgewiesen worden. 
C. 
Das Obergericht des Kantons Zürich wies den Rekurs der Beschwerdeführerin am 14. Juni 2005 ab und bestätigte den Beschluss des Bezirksgerichts Zürich vom 14. September 2004. Das Obergericht erkannte, die Beschwerdeführerin wolle letztlich ihre Berechtigung aus der Funktion von W.M.________ als Willensvollstrecker ableiten und das Testament des am 23. Februar 1993 verstorbenen H.W.________, in dem W.M.________ als Willensvollstrecker eingesetzt worden sei, bilde nach wie vor das Fundament des klägerischen Anspruchs. 
D. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 19. August 2005 beantragt die Beschwerdeführerin, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 14. Juni 2005 sei aufzuheben und die vorinstanzlichen Akten seien beizuziehen. Sie rügt die Verletzung von Art. 9, 29 Abs. 2 und 26 BV
 
 
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. 
E. 
In der gleichen Sache gelangt die Beschwerdeführerin auch mit Berufung ans Bundesgericht. 
F. 
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hat die Nichtigkeitsbeschwerde der Beschwerdeführerin mit Zirkulationsbeschluss vom 17. Juli 2006 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Werden in der gleichen Streitsache staatsrechtliche Beschwerde und Berufung erhoben, so ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden, und der Entscheid über die Berufung wird ausgesetzt (Art. 57 Abs. 5 OG). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, anders zu verfahren. 
2. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig (Art. 86 OG). 
2.1 Gemäss § 281 der Zivilprozessordnung des Kantons Zürich kann gegen Endentscheide Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden, wenn geltend gemacht wird, der angefochtene Entscheid beruhe zum Nachteil des Nichtigkeitsklägers auf der Verletzung eines wesentlichen Verfahrensgrundsatzes (Ziff. 1), auf einer aktenwidrigen oder willkürlichen tatsächlichen Annahme (Ziff. 2) oder auf einer Verletzung klaren materiellen Rechts (Ziff. 3). Gegen Entscheide des Obergerichts kann gemäss Art. 69a Gerichtsverfassungsgesetz beim Kassationsgericht Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht werden. 
2.2 Die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons Zürich gerügt werden (BGE 125 I 492 E. 1a/bb; Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen ZPO, 3. Aufl. 1997, N. 35 zu § 281 Ziff. 1). Wie sich aus dem Beschluss des Kassationsgerichts vom 17. Juli 2006 ergibt, hat die Beschwerdeführerin diese Rüge auch erhoben. Auf die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV ist mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht einzutreten. 
3. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht gerügt werden kann (Art. 84 Abs. 2 OG). 
3.1 Die materielle Rechtskraft ist eine Frage des Bundesrechts, sofern der zu beurteilende Anspruch darauf beruht (BGE 125 III 241 E. 1; 121 III 474 E. 2 je mit Verweisen). Die Beschwerdeführerin begehrt Rechenschaft über ein Konto/Depot, das der im Jahre 1993 verstorbene H.W.________ bei der Beschwerdegegnerin eröffnet hatte. Sie stützt ihren Anspruch auf die auftragsrechtliche Vertragsbeziehung, die der verstorbene Berechtigte mit der Beschwerdegegnerin eingegangen war, wie das Obergericht im angefochtenen Beschluss unbestritten festhält. Sämtliche Beteiligten gehen davon aus, dass der Auftrag und die daraus fliessende Rechenschaftspflicht der Beschwerdegegnerin schweizerischem Privatrecht untersteht. Das Obergericht hat die Beurteilung der Sache mit der Begründung abgelehnt, die Beschwerdeführerin leite ihre Aktivlegitimation aus demselben Sachverhalt ab, über den das Obergericht im Urteil vom 19. Februar 2002 rechtskräftig entschieden habe. Gegen den Nichteintretensentscheid des Obergerichts, mit dem die materielle Beurteilung des umstrittenen Rechenschafts- und Herausgabenanspruchs wegen res iudicata abgelehnt wurde, steht grundsätzlich die Berufung offen. Insbesondere ist der erforderliche Streitwert in der vermögensrechtlichen Zivilrechtsstreitigkeit überschritten, wie sich aus dem Urteil des Obergerichts vom 19. Februar 2002 ergibt. Mit Berufung kann geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe auf Verletzung des Bundesrechts mit Einschluss der durch den Bund abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge. Wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger ist die staatsrechtliche Beschwerde vorbehalten (Art. 43 OG). 
3.2 Die Beschwerdeführerin rügt als willkürlich und damit als Verstoss gegen Art. 9 BV, dass die Justiz verhindere, dass auch nur die Bankunterlagen herausgegeben werden müssten, damit die Berechtigung am bei der Bank liegenden Vermögen überprüft werden könne. Sie hält für stossend, dass der Begünstigten damit das ihr zustehende Vermögen seit weit über einem Jahrzehnt vorenthalten werde, und behauptet, die Beschwerdegegnerin habe nie das Geringste unternommen, um allenfalls nach anderen Berechtigten der Vermögenswerte zu suchen. Sie bemerkt zudem, es habe bis heute keine Drittpartei Ansprüche an diesen Vermögenswerten geltend gemacht. Es ist weder der Rechtsschrift zu entnehmen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) noch ersichtlich, inwiefern sie mit diesen Vorbringen Rügen erhebt, welche nicht die angeblich falsche Rechtsanwendung betreffen und daher mit Berufung gerügt werden können. 
3.3 Soweit die Beschwerdeführerin einen Verstoss gegen die Eigentumsgarantie und damit eine Verletzung von Art. 26 BV rügt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Im angefochtenen Entscheid wird die Beurteilung der Klage mit der Begründung abgelehnt, es sei rechtskräftig entschieden, dass der Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin des Klägers im früheren Verfahren die Berechtigung am umstrittenen Konto/Depot nicht zustehe. Der Rüge der Beschwerdeführerin ist nicht zu entnehmen, inwiefern der angefochtene Entscheid unter der Voraussetzung fehlender individueller Berechtigung die Eigentumsgarantie verletzen sollte. Es ist weder ersichtlich noch dargetan (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), welche Rügen die Beschwerdeführerin vorbringen möchte, die sie nicht entweder mit Berufung (Art. 84 Abs. 2 OG) oder mit kantonaler Kassationsbeschwerde (Art. 86 Abs. 1 OG) geltend machen könnte. 
4. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist unzulässig. Soweit der Rechtsschrift überhaupt gehörig begründete Rügen zu entnehmen sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), hätten sie mit dem Rechtsmittel der kantonalen Kassationsbeschwerde (§ 281 ZPO ZH) oder mit Berufung (Art. 43 ff. OG) erhoben werden können. Die Gerichtsgebühr ist bei diesem Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Sie hat der anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin überdies deren Parteikosten für das vorliegende Verfahren zu ersetzen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 5. Oktober 2006 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: