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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_444/2018  
 
 
Urteil vom 5. Oktober 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Sebastian Lorentz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Schaffhausen, 
Oberstadt 9, 8200 Schaffhausen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Obergerichts des Kantons Schaffhausen 
vom 18. Mai 2018 (63/2016/21). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1972, war als Hilfsdachdecker bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert, als er am 14. Februar 1996 einen Autounfall erlitt. Für die ihm dauerhaft aus diesem Unfall verbleibenden Einschränkungen seiner gesundheitlichen Unversehrtheit sprach ihm die Suva eine Integritätsentschädigung basierend auf einer Integritätseinbusse von 7,5 % sowie eine Invalidenrente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 16 % zu (mit Einspracheentscheid vom 22. Oktober 2008 bestätigte Verfügung vom 23. Juni 2008). 
Ab 1. Juni 2001 arbeitete er als angelernter Hilfsdreher mit einem 100 %-Pensum in der B.________ AG. Nachdem er ab Oktober 2005 arbeitsunfähig blieb, meldete er sich am 27. Dezember 2005 bei der IV-Stelle Schaffhausen zum Leistungsbezug an. Nach umfangreichen medizinischen und erwerblichen Abklärungen sprach die IV-Stelle dem Versicherten für die befristete Dauer vom 1. April 2011 bis 31. März 2012 infolge einer vorübergehenden vollen Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit eine ganze Invalidenrente zu. Für die Zeit danach verneinte sie einen Rentenanspruch bei einem Invaliditätsgrad von 34 % (Verfügung vom 22. Juni 2016). 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen ab (Entscheid vom 18. Mai 2018). 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, ihm sei unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheids über den 31. März 2012 hinaus eine unbefristete ganze Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Durchführung eines gerichtlichen Gutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei ihm für das vorinstanzliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege unter Rechtsverbeiständung mit dem mitwirkenden Rechtsanwalt zu gewähren. Schliesslich ersucht der Versicherte auch für das Verfahren vor Bundesgericht um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Die Akten des kantonalen Verfahrens wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wird nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Offensichtlich unrichtig bedeutet dabei willkürlich (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Sachverhaltsrügen unterliegen deshalb dem qualifizierten Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Dazu genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356). Dass die von der Vorinstanz gezogenen Schlüsse nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmen, belegt keine Willkür. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253; 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen; Urteil 8C_504/2017 vom 9. März 2018 E. 2.2).  
 
2.   
Strittig ist, ob die Vorinstanz zu Recht die Befristung der mit Verfügung vom 22. Juni 2016 zugesprochenen Invalidenrente bestätigt und einen Rentenanspruch ab 1. April 2012 verneint hat. 
 
3.   
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Begriffe der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), namentlich bei psychischen Gesundheitsschäden (BGE 143 V 409 und 141 V 281), und den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die Aufgabe der Ärzte bei der Ermittlung der Invalidität (BGE 140 V 193 E. 3.2 S. 195; 132 V 93 E. 4 S. 99) sowie die beweisrechtlichen Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen. 
 
4.   
Massgebend ist der Sachverhalt, wie er sich bis zum Zeitpunkt der Verfügung vom 22. Juni 2016 präsentierte (BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243). Soweit der Versicherte sich auf Umstände beruft, welche sich nach diesem Zeitpunkt ereignet haben (z.B. eine nach diesem Datum eingetretene Verschlimmerung des Gesundheitszustandes), sind diese unbeachtlich (Urteil 8C_55/2018 vom 30. Mai 2018 E. 5). 
 
5.   
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe die medizinische Aktenlage willkürlich gewürdigt und den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt. Dabei beruft er sich auf den mit Replik vom 4. Januar 2017 im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Austrittsbericht des Rehazentrums in C.________ vom 12. Dezember 2016 zum dortigen stationären Aufenthalt vom 2. bis 29. November 2016 (nachfolgend: Reha-Austrittsbericht). Laut diesem Bericht leide er an einem CRPS (Complex regional pain syndrome) an der rechten Hüfte. Die mitwirkenden Spezialärzte anlässlich der polydisziplinären Exploration gemäss Gutachten vom 20. Mai 2015 der Swiss Medical Assessment- and Business-Center SMAB AG (nachfolgend: SMAB-Gutachten) hätten das CRPS pflichtwidrig nicht erkannt. Bei korrekter Mitberücksichtigung dieser Diagnose würden dem Versicherten nicht genügend Ressourcen verbleiben, um die Restarbeitsfähigkeit zu verwerten. Deshalb habe er bei einem Invaliditätsgrad von 100 % auch über den 31. März 2012 hinaus Anspruch auf eine ganze Invalidenrente. 
 
5.1. Das kantonale Gericht hat die Beweislage unter Einschluss des Reha-Austrittsberichts bundesrechtskonform gewürdigt. Zutreffend hielt es fest, dass dieser Reha-Austrittsbericht fast sechs Monate nach Verfügungserlass datiere. Daher sei hinsichtlich des Schweregrades des psychischen Leidens, welcher auf Erhebungen aus einem Zeitraum von mehreren Monaten nach Verfügungserlass beruhe, nicht auf den Reha-Austrittsbericht abzustellen. Zudem hätten die SMAB-Gutachter auch die Hüftproblematik untersucht, jedoch keine Anhaltspunkte für die Vergabe der Diagnose eines CRPS gefunden. Praxisgemäss seien die medizinischen Befunde gemäss Reha-Austrittsbericht für die Feststellung des in zeitlicher Hinsicht massgebenden Sachverhalts bei Verfügungserlass irrelevant. Insgesamt vermöchten die Vorbringen des Beschwerdeführers den Beweiswert des SMAB-Gutachtens weder in Bezug auf die Feststellung des Gesundheitsschadens noch mit Blick auf die Beurteilung des Leistungsvermögens in Zweifel zu ziehen. In tatsächlicher Hinsicht stellte die Vorinstanz darauf ab, dass der Versicherte gemäss SMAB-Gutachten - wie von der IV-Stelle am 22. Juni 2016 verfügt - in einer leidensangepassten Tätigkeit seit Januar 2012 zu 75 % arbeitsfähig ist.  
 
5.2. Was der Beschwerdeführer hiegegen vorbringt, ist unbegründet. Schon vor kantonalem Gericht argumentierte er widersprüchlich. Erstmals in der Replik vom 4. Januar 2017 berief er sich auf die Diagnose eines CRPS gestützt auf den damals neu eingereichten Reha-Austrittsbericht. Ausdrücklich machte er geltend:  
 
"Anlässlich der stationären Hospitalisation [vom 2. bis 29. November 2016] in C.________ wurde beim Beschwerdeführer ein komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) festgestellt. Diese Diagnose hatte bereits der behandelnde Arzt, Dr. D.________, gestellt." 
In welchem konkreten Bericht Dr. med. D.________ angeblich bereits früher ein CRPS zweifelsfrei diagnostiziert habe, liess der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren offen. Vor Bundesgericht behauptet er nunmehr, die Diagnose eines CRPS sei "seitens der behandelnden Ärzte ab dem 17. April 2013 gestellt" worden. Diese Behauptung ist aktenwidrig. Im Bericht zur interdisziplinären Schmerzbehandlung vom 17. April 2013, der unter anderem von Dr. med. D.________ unterzeichnet ist, findet sich bei den Diagnosen weder ein Hinweis auf ein CRPS noch auf einen Morbus Sudeck oder eine Algodystrophie. Soweit ersichtlich ergeben sich weder aus dem Bericht vom 17. April 2013 noch aus den übrigen Akten Anhaltspunkte dafür, dass ein CRPS vor dem stationären Aufenthalt in C.________ im November 2016 zweifelsfrei diagnostiziert worden wäre. Nach dem Gesagten steht fest, dass erstmals während des Reha-Aufenthalts in C.________ im November 2016 - mithin mehrere Monate nach Verfügungserlass - ein CRPS festgestellt wurde. 
 
5.3. Soweit der Versicherte beanstandet, den SMAB-Gutachtern sei vorzuwerfen, dass sie das CRPS nicht erkannt hätten, begründet er mit keinem Wort, inwiefern die Spezialärzte des SMAB pflichtwidrig gutachterliche Sorgfaltsmassstäbe ausser Acht gelassen und die geklagten Gesundheitsstörungen nicht lege artis untersucht hätten. Der Beschwerdeführer begnügt sich vielmehr vorwiegend mit appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid (vgl. E. 1.2 hievor), auf welche nicht weiter einzugehen ist.  
 
5.4. Finden sich in Bezug auf den massgebenden Zeitpunkt des Verfügungserlasses keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorinstanz bei der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts Bundesrecht verletzt hätte, bleibt es beim angefochtenen Entscheid. Demnach hat das kantonale Gericht dem SMAB-Gutachten zu Recht volle Beweiskraft beigemessen und den Reha-Austrittsbericht als irrelevant unberücksichtigt gelassen. Gegen die vorinstanzlich bestätigte Invaliditätsbemessung der Beschwerdegegnerin erhebt der Versicherte zu Recht keine Einwände.  
 
6.   
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das kantonale Gerichtsverfahren wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen habe. Dabei beanstandet er einzig, das kantonale Gericht habe dem Reha-Austrittsbericht zu Unrecht jegliche Relevanz abgesprochen und daher bundesrechtswidrig auf Aussichtslosigkeit erkannt. Die Vorinstanz hat ausführlich dargelegt, weshalb sie die Gewinnaussichten für beträchtlich geringer einstufte als die Verlustgefahren (vgl. BGE 140 V 521 E. 9.1 S. 536 mit Hinweisen). Soweit sich der Versicherte gegen die vorinstanzliche Abwägung der Gewinnaussichten und Verlustgefahren einzig auf die Relevanz des Reha-Austrittsberichts beruft, hat das kantonale Gericht diese - wie bereits gezeigt (E. 5) - praxisgemäss zu Recht verneint. Damit ist die Beschwerde auch unbegründet, soweit sie sich gegen die vorinstanzliche Ablehnung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung richtet. 
 
7.   
Als aussichtslos muss auch die Beschwerde ans Bundesgericht bezeichnet werden, weshalb die hier beantragte unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1-3 BGG). Die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 BGG) sind vom unterliegenden Beschwerdeführer zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. Oktober 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli