Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
10Y.1/2003/PFA/sta 
 
Verfügung vom 5. November 2003 
Ausserordentlicher Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident 
des ausserordentlichen Kassationshofes, 
Gerichtsschreiber Pfäffli. 
 
Parteien 
X.________, Gesuchsteller, 
 
gegen 
 
Schweizerische Bundesanwaltschaft, Taubenstrasse 16, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Urteil des Bundesstrafgerichts vom 22. Mai 1979 
(BStr. 2/78). 
 
Es wird in Erwägung gezogen: 
1. 
X.________ wandte sich mit Eingabe vom 5. Oktober 2003 (ergänzt am 10. und 29. Oktober 2003) an den Präsidenten des ausserordentlichen Kassationshofes des Bundesgerichts und stellte die folgenden Rechtsbegehren: 
"Es sei durch Verfügung des Präsidenten des a.o. Kassationshofs rechtsverbindlich folgende Feststellung zu machen: 
1. X.________, ... und 
2. der Verein Y.________, vertreten durch den Vizepräsidenten als handlungsbefugtes Vereinsorgan, an derselben Adresse, sind im Bundesstrafprozess 2/78 aufgrund der Ergebnisse der Administrativuntersuchung EJPD vom 11.9.2000 als Geschädigte aufzuführen, mit allen vom Gesetz zur Verfügung gestellten Parteirechten. 
 
Den Geschädigten steht das Recht zu, bei der Stadtverwaltung von Winterthur, der Bezirksanwaltschaft Winterthur, der Kantonspolizei Zürich, der Staatsanwaltschaft, der Justizdirektion und dem Staatsarchiv des Kantons Zürich sowie bei den zuständigen Bundesbehörden in alle sie betreffenden Akten uneingeschränkt Einsicht zu nehmen. 
 
Den betreffenden Amtsstellen wird hiermit ausdrücklich untersagt, aus den bestehenden Aktensammlungen Dokumente irgend welcher Art zu entfernen oder neue hinzuzufügen. 
 
Diese Feststellungsverfügung ist dem jeweiligen Akteneinsichtsgesuch beizulegen. Damit wird die Verfügung dem betreffenden Amt als rechtsverbindlich eröffnet." 
2. 
Der ausserordentliche Kassationshof beurteilt (ausschliesslich) Nichtigkeitsbeschwerden und Revisionsgesuche gegen Urteile des Bundesstrafgerichts (Art. 12 Abs. 2 OG und Art. 1 Abs. 1 Ziff. 6 BStP). 
3. 
Das Bundesstrafverfahren 2/78 wurde gegen A.________, B.________, C.________, D.________, E.________ sowie F.________ geführt und mit Urteil des Bundesstrafgerichts vom 22. Mai 1979 abgeschlossen. Die Anklage wurde durch die Schweizerische Bundesanwaltschaft vertreten. Als Geschädigte beteiligten sich am Verfahren und machten Zivilansprüche geltend: G.________, H.________, I.________, J.________, K.________ und L.________. 
Der Gesuchsteller war an diesem Strafverfahren auf keiner Seite beteiligt. 
4. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde an den ausserordentlichen Kassationshof steht dem Bundesanwalt, dem Angeklagten, dem Verurteilten und dem Geschädigten zu, diesem allerdings nur, wenn er sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat, und soweit das Urteil seine privatrechtlichen Ansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann (Art. 221 Abs. 1 und 1bis BStP). 
 
Die Revision eines Urteils des Bundesstrafgerichts können dem ausserordentlichen Kassationshof beantragen: der Bundesanwalt, der Verurteilte oder - nach seinem Ableben - seine nächsten Verwandten und Verschwägerten sowie der Geschädigte unter den an dessen Nichtigkeitsbeschwerde gesetzten Voraussetzungen (Art. 231 Abs. 1 BStP). 
 
Die Legitimation zum Rechtsmittel steht damit dem Gesuchsteller weder im einen noch im anderen Fall zu. Gleiches würde auch für den Verein Y.________ gelten, soweit der Gesuchsteller vorliegend auch namens dieses Vereins handeln wollte. 
5. 
Die Rechtsmittel sind zudem befristet. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist dem ausserordentlichen Kassationshof innert zehn Tagen nach Zustellung des Urteils des Bundesstrafgerichts einzureichen (Art. 222 Abs. 1 BStP), das Revisionsgesuch im Zivilpunkt jedenfalls innerhalb der Verjährungsfrist von zehn Jahren (Art. 230 Abs. 2 BStP; zur verjährungsrechtlichen ratio legis vgl. Sten.Bull. 1934 N 172, Votum Rais und Sten.Bull. 1934 S 86, Votum Béguin). 
 
Diese Fristen sind im vorliegenden Fall längst abgelaufen, selbst wenn sie mangels Zustellung des Urteils an den Gesuchsteller für diesen erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme zu laufen begonnen hätten. 
6. 
Richtig besehen will der Gesuchsteller im vorliegenden Verfahren das Strafurteil vom 22. Mai 1979 auch gar nicht anfechten. Zwar führt er in seinem Gesuch aus, dass ihm im Strafverfahren richtigerweise die Parteistellung eines Geschädigten zugekommen wäre, und dass diese ihm zu Unrecht abgesprochen wurde (Gesuch S. 13 f. Ziff. 2.1, S. 19 Ziff. 3.4, S. 20 f. Ziff. 1.1), doch übersieht er dabei, dass die entsprechenden Rechte im Strafverfahren selbst und gegebenenfalls mit Nichtigkeitsbeschwerde hätten durchgesetzt werden müssen (Art. 220 BStP; in diesem Sinne auch der Gesuchsteller selbst: Gesuch S. 22 Ziff. 1.3). Andernorts spricht er zwar von einem Revisionsgesuch (Gesuch S. 18 Ziff. 3.1), stellt jedoch keine Anträge in dieser Richtung, sondern behält sich deren Einreichung lediglich vor (Gesuch S. 18 f. Ziff. 3.3). Über diesen Vorbehalt ist hier nicht zu befinden. 
 
Im vorliegenden Verfahren strebt der Gesuchsteller einzig die nachträgliche Zuerkennung einer Parteistellung im seinerzeitigen Strafverfahren an, woraus er sich insbesondere die Möglichkeit umfassender Akteneinsicht zur Abklärung der Aussichten eines Verantwortlichkeitsprozesses oder gegebenenfalls eines Revisionsverfahrens verspricht (Gesuch S. 14 f. Ziff. 2.2, S. 18 f. Ziff. 3.3 und S. 19 f. Ziff. 3.5). Dieses Ziel sucht er auf dem Weg einer vorsorglichen Verfügung des Präsidenten des ausserordentlichen Kassationshofes zu erreichen (Gesuch S. 24 Ziff. 2.1 und S. 26 f. Ziff. 2.5). 
6.1 Der Erlass prozessleitender oder vorsorglicher Verfügungen steht dem Präsidenten des ausserordentlichen Kassationshofes nur im Rahmen eines hängigen Hauptverfahrens (Nichtigkeitsbeschwerde- oder Revisionsverfahren) zu (vgl. insbesondere Art. 222 Abs. 3, Art. 224 oder 233 BStP). Für vorsorgliche Verfügungen ausserhalb eines solchen Verfahrens ist die Zuständigkeit des Präsidenten des ausserordentlichen Kassationshofes nicht gegeben. Daran ändert auch der grundsätzliche Anspruch auf Erlass einer Feststellungsverfügung nichts (Art. 25 VwVG). Der Feststellungsanspruch ist bei der erstinstanzlich zuständigen Behörde geltend zu machen, und im Anfechtungsstreit eines Rechtsmittelverfahrens ist gegebenenfalls bloss über seine Begründetheit oder Unbegründetheit zu befinden (BGE 129 V 289 E. 3; 128 I 167 E. 4.5 S. 175 f.). 
6.2 Schliesslich ist zu beachten, dass die Einsichtnahme Dritter in archivierte Verfahrensakten nicht durch das Prozessrecht, sondern durch die Bestimmungen über den Datenschutz (vgl. Datenschutzgesetz, DSG, SR 235.1 mit Ausführungserlassen) und - auf Bundesebene - über die Archivierung (Archivierungsgesetz, SR 152.1 mit Ausführungserlassen) geregelt wird. In diesen Bereichen aber besteht keine sachliche Entscheidungsbefugnis des ausserordentlichen Kassationshofes oder dessen Präsidenten. 
7. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass auf die Rechtsbegehren des Gesuchstellers nicht einzutreten ist. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Verfahrenskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 228 Abs. 1 und Art. 238 Abs. 1 BStP sowie Art. 245 BStP in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach wird verfügt: 
1. 
Auf die Rechtsbegehren wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Gesuchsteller auferlegt. 
3. 
Diese Verfügung wird dem Gesuchsteller und der Schweizerischen Bundesanwaltschaft schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 5. November 2003 
Der Präsident des ausserordentlichen Der Gerichtsschreiber: 
Kassationshofes: