Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.343/2005 /bie 
 
Urteil vom 6. Januar 2006 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Huguenin. 
 
Parteien 
X.________, Kläger und Berufungskläger, 
vertreten durch Advokat Dr. Dieter M. Troxler, 
 
gegen 
 
Y.________ AG, Beklagte und Berufungsbeklagte, 
vertreten durch Prof. Dr. David Dürr und Thomas 
Moog, Rechtsanwälte, 
 
Gegenstand 
Bürgschaft; Verrechnung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts 
Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, 
vom 12. Juli 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ war Geschäftsleiter und Verwaltungsrat mit Einzelunterschrift der Hotel Z.________ AG. Diese mietete in den Jahren 1996 bis 2001 verschiedene Objekte der Liegenschaft A.________-strasse 1 in Basel von der Y.________ AG. 
A.a Die Hotel Z.________ AG und die Vermieterin einigten sich nach verschiedenen Auseinandersetzungen in einem Vertrag vom 2. April 1998 unter anderem über die Abgeltung gegenseitiger Ansprüche. Gemäss Ziffer 4.2 dieses Vertrages sollte X.________ für die Verpflichtungen der Hotel Z.________ AG aus den drei Mietverträgen bis zu einem Betrag von Fr. 60'000.-- eine Bürgschaft eingehen, was er mit Erklärung vom 30. April 1998 tat. 
A.b Am 20. November 2001 wurde über die Hotel Z.________ AG der Konkurs eröffnet, worauf die Vermieterin X.________ gestützt auf die Bürgschaftserklärung vom 30. April 1998 aufforderte, ihr den Betrag von Fr. 60'000.-- nebst Zins zu 5 % seit dem 20. November 2001 zu bezahlen. Da X.________ der Aufforderung nicht nachkam, setzte die Vermieterin den Betrag in Betreibung. Der Betriebene erhob Rechtsvorschlag. Mit Beschluss vom 10. April 2002 bewilligte das Bezirksgerichtspräsidium B.________ der Y.________ AG die provisorische Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. 00000000 des Betreibungsamtes C.________. 
A.c Am 6. Mai 2002 gelangte X.________ an das Bezirksgericht B.________ mit dem Begehren, es seien die Forderungen, für welche der Beklagten mit Entscheid des Bezirksgerichtspräsidiums B.________ vom 10. April 2002 provisorische Rechtsöffnung (Fr. 60'000.-- nebst Zins zu 5 % ab 20. November 2001) erteilt wurde, abzuerkennen, resp. es sei gerichtlich festzustellen, dass diese Forderungen nicht bestehen. Ausserdem ersuchte er um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dieses Gesuch wies der Bezirksgerichtspräsident zufolge Aussichtslosigkeit der Klage ab. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft bestätigte die Abweisung des Gesuchs auf Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 26. August 2003. 
A.d Das Bezirksgericht B.________ wies die Aberkennungsklage mit Urteil vom 11. August 2004 ab. Demgemäss wurde die in der Betreibung Nr. 00000000 des Betreibungsamtes C.________ gegen den Aberkennungskläger für den Betrag von Fr. 60'000.-- nebst 5 % Zins seit 20. November 2001 bewilligte Rechtsöffnung für definitiv erklärt. 
B. 
Mit Urteil vom 12. Juli 2005 bestätigte das Kantonsgericht Basel-Landschaft das Urteil des Bezirksgerichts B.________ in Abweisung der Appellation des Aberkennungsklägers vollumfänglich. Das Kantonsgericht stimmte der erstinstanzlichen Erwägung zu, dass die vom Kläger behauptete Gegenforderung nicht rechtskräftig beurteilt sei (E. 3). Es hielt sodann fest, dass das erstinstanzliche Urteil nicht an schweren Verfahrensmängeln leide (E. 4), wies die Behauptung des Klägers ab, es sei ihm von der Hauptschuldnerin am 19. Oktober 2001 eine Forderung gegen die Beklagte von Fr. 97'965.75 abgetreten worden, mit der er verrechnen könne (E. 5), hielt den Bestand der behaupteten Verrechnungsforderung nicht für bewiesen (E.6) und kam zum Schluss, dass die drei Mietverträge zwischen der Hauptschuldnerin und der Beklagten nicht gegen zwingendes Bundesrecht verstossen (E. 7). 
C. 
Der Kläger focht das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 12. Juli 2005 mit staatsrechtlicher Beschwerde und Berufung beim Bundesgericht an. Die Beschwerde hat das Bundesgericht mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist. 
 
Mit der vorliegenden Berufung stellt der Kläger die Anträge, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 12. Juli 2005 aufzuheben und die Aberkennungsklage vom 6. Mai 2002 vollständig gutzuheissen, eventuell die Sache zur vollständigen Beurteilung oder Verbesserung an das Kantonsgericht Basel-Landschaft zurückzuweisen. Die Beklagte beantragt in der Berufungsantwort die Abweisung der Berufung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Im Berufungsverfahren ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz gebunden, wenn sie nicht offensichtlich auf Versehen beruhen, unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen (Art. 63 Abs. 2 OG) oder im Hinblick auf den Tatbestand einer anwendbaren Sachnorm ergänzungsbedürftig sind (Art. 64 OG). Werden solche Ausnahmen geltend gemacht, hat die Partei, welche den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt wissen will, darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. c und d OG; BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106 mit Hinweisen). Blosse Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung ist im Berufungsverfahren unzulässig (BGE 126 III 10 E. 2b S. 13; 119 II 84 E. 3, je mit Hinweisen). 
1.1 Soweit der Kläger sinngemäss ein offensichtliches Versehen rügt, verkennt er die Tragweite dieser Rüge. Ein offensichtliches Versehen im Sinne von Art. 55 Abs. 1 lit. d OG liegt nur vor, wenn das Gericht eine bestimmte Aktenstelle übersehen oder unrichtig, d.h. nicht in ihrer wahren Gestalt, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut) wahrgenommen hat (BGE 104 II 68 E. 3b S. 74; 115 II 399 E. 2a). Der Kläger nennt keine bestimmte Aktenstelle, welche offensichtlich falsch wahrgenommen worden wäre, sondern wendet sich gegen die Auslegung seiner prozessualen Vorbringen. Derartige Rügen sind im Rahmen der Berufung unzulässig. 
1.2 Als Verletzung von Art. 8 ZGB rügt der Kläger, die Vorinstanz habe ihm den Beweis seiner Investitionen verweigert, obwohl er entsprechende Behauptungen bundesrechtskonform vorgetragen habe. Er verkennt damit, dass Art. 8 ZGB der beweisbelasteten Partei das Recht, zum Beweis einer rechtserheblichen Tatsache zugelassen zu werden, nur unter der Voraussetzung gewährleistet, dass sie im kantonalen Verfahren form- und fristgerecht Beweisanträge gestellt hat (BGE 122 III 219 E. 3c S. 223 mit Hinweisen). Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil ist der Kläger seinen prozessualen Obliegenheiten nicht nachgekommen, weil er die Urkunden verspätet eingereicht hat. Ein Verstoss gegen den bundesrechtlichen Beweisanspruch (Art. 8 ZGB) fällt damit ausser Betracht. 
2. 
Der Kläger rügt hauptsächlich, die Vorinstanz habe Art. 256 Abs. 2 OR verletzt. Er bringt sinngemäss vor, die Vorinstanz habe die verbürgte Hauptforderung, das heisst die Mietzinsforderung der Beklagten in Höhe von Fr. 122'400.--, als rechtsbeständig anerkannt, obwohl die Mietverträge gegen die zwingende Bestimmung von Art. 256 Abs. 2 OR verstiessen und aus diesem Grunde nichtig seien. 
2.1 Nach Art. 256 Abs. 1 OR ist der Vermieter verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und in demselben zu erhalten. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind nach Art. 256 Abs. 2 lit. b OR nichtig, wenn sie in Mietverträgen über Wohn- oder Geschäftsräume enthalten sind. Die Tragweite der zwingenden Bestimmung ist im Einzelnen umstritten (vgl. Higi, Zürcher Kommentar, N. 56 ff. zu Art. 256 OR; Weber, Basler Kommentar, 3. Aufl., N. 5 zu Art. 256 OR). Der Kläger räumt indessen zu Recht selbst ein, dass die Folge einer der zwingenden Norm widersprechenden vertraglichen Abrede über die Tragung der Unterhaltskosten allenfalls die Nichtigkeit dieser Abrede, nicht jedoch des ganzen Mietvertrages wäre (Art. 20 Abs. 2 OR). 
2.2 Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, wenn er aus der allfälligen Nichtigkeit der vertraglichen Abrede betreffend Unterhalt der Mietobjekte ableiten will, die - gesamte - verbürgte Hauptschuld, das heisst die ausstehenden Mietzinsforderungen der Beklagten aus den drei Mietverträgen mit der konkursiten Hauptschuldnerin, sei aus diesem Grunde nichtig. Die teilweise Nichtigkeit kann vielmehr zu einer Vertragslücke und einer richterlichen Vertragsergänzung nach dem hypothetischen Parteiwillen führen (vgl. dazu Huguenin, Basler Kommentar, 3. Aufl., N. 63 ff. zu Art. 19/20 OR). Die Vorinstanz hat jedoch keine Bundesrechtsnormen verletzt und insbesondere auch Art. 8 ZGB nicht verkannt, wenn sie die Beweislast derjenigen Partei auferlegte, welche eine Abänderung der verbleibenden vertraglichen Bestimmungen anstrebt. Da der Kläger aus der Teilungültigkeit eine Abänderung der vertraglichen Bestimmungen über den Mietzins ableitete, wäre ihm oblegen, die Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, aus denen sich allenfalls auf eine Vertragslücke und auf einen hypothetischen Vertragswillen zur Vertragsergänzung hätte schliessen lassen. 
2.3 Die Vorinstanz hat bundesrechtskonform dem Kläger die Beweislast dafür auferlegt, dass die Mietzinsen infolge der Teilungültigkeit der Verträge reduziert worden wären, weil sie nicht in Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen der Mieterin festgesetzt wurden, oder dass die Hauptschuldnerin die von ihr bezahlten Unterhaltskosten von den ausstehenden Mietzinsen hätte in Abzug bringen können. Dass er entsprechende Behauptungen aufgestellt und einschlägige Beweise dafür frist- und formgerecht angeboten hätte, behauptet der Kläger nicht. Die Vorinstanz hat unter diesen Umständen den Bestand der verbürgten Hauptforderung bundesrechtskonform bejaht. 
3. 
Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
 
Dem Verfahrensausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr dem Kläger aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Kläger auferlegt. 
3. 
Der Kläger hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 6. Januar 2006 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: