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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1007/2021  
 
 
Urteil vom 6. Januar 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Urkundenfälschung usw.), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 30. Juli 2021 (BK 21 290). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Nach einer Strafanzeige gegen mehrere Mitarbeitende einer Gesundheitsversicherung nahm die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland eine vom Beschwerdeführer angestrebte Strafuntersuchung am 20. Mai 2021 nicht an die Hand. Die Nichtanhandnahmeverfügung wurde dem Beschwerdeführer am 12. Juni 2021 zugestellt. Die zehntägige Beschwerdefrist nach Art. 396 Abs. 1 StPO endete am 22. Juni 2021. Der Beschwerdeführer erhob am 21. Juni 2021 kantonale Beschwerde. Die Verfahrensleitung gewährte ihm am 28. Juni 2021 eine Nachfrist zur Beschwerdebegründung. Am 27. Juni 2021 (Postversand am 28. Juni 2021) reichte der Beschwerdeführer eine begründete Beschwerdeschrift ein. Das Obergericht des Kantons Bern trat auf die Beschwerde mit Beschluss vom 30. Juli 2021 nicht ein. 
Der Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 385 und Art. 94 StPO. Er macht eine Missachtung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 107 Abs. 1 lit. d StPO) sowie Verstösse gegen das Fairnessgebot (Art. Abs. 2 lit. a, b und c StPO) und das Willkürverbot (Art. 9 BV) geltend. Kurz zusammengefasst führt er vor Bundesgericht im Wesentlichen aus, die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 385 StPO sei verkannt worden. Er habe keine mangelhafte Beschwerdeschrift eingereicht. Seine Eingabe vom 21. Juni 2021 wäre im Übrigen an sich als Gesuch um Fristwiederherstellung zu verstehen gewesen. Nach Art. 109 StPO habe eine Partei jederzeit das Recht, Eingaben an die Verfahrensleitung zu stellen. 
 
3.  
Die Vorinstanz erwägt im angefochtenen Beschluss, dass der Beschwerdeführer die gesetzlichen Grundlagen und insbesondere die Formerfordernisse in Bezug auf die Erhebung des von ihm ergriffenen Rechtsmittels kennt. Nichtsdestotrotz enthalte die Beschwerdeschrift vom 21. Juni 2021 keine Anträge und auch keine Begründung, sondern nur einen Teil "Formelles", in welchem unter Hinweis auf die StPO lediglich das Anfechtungsobjekt genannt sowie auf Frist und Legitimation eingegangen werde. Zudem stelle der Beschwerdeführer in Aussicht, eine "detaillierte Begründung" und "die genauen Anträge" nachzureichen. Für die Verspätung berufe er sich auf seinen "pitoyablen Gesundheitszustand", ohne allerdings vertieft zu substanziieren, inwiefern ihm dieser die Wahrung der Frist verunmöglicht hätte und ohne dass konkrete Anhaltspunkte für einen Wiederherstellungsgrund im Sinne von Art. 94 StPO ersichtlich wären. Seine Auffassung, die Frist sei ohnehin gewahrt, weil er während der 10-tägigen Beschwerdefrist mit einem anderen Verfahren beschäftigt gewesen sei, gehe offensichtlich fehl. Die Ansetzung einer Nachfrist zur Beschwerdebegründung durch die Verfahrensleitung sei unter diesen Umständen rechtswidrig gewesen. Auf die Beschwerde könne nicht eingetreten werden. 
 
4.  
Weshalb und inwiefern der angefochtene Beschluss bundesrechtswidrig sein könnte, ist nicht ersichtlich. 
 
4.1. Die Vorinstanz statuiert ohne Rechtsverletzung, dass die Eingabe vom 21. Juni 2021, mit welcher der Beschwerdeführer kantonale Beschwerde erhob, den Anforderungen von Art. 396 i.V.m. Art. 385 Abs. 1 StPO nicht genügte. Die vorinstanzliche Beurteilung steht auch im Einklang mit der zu Art. 385 Abs. 2 StPO ergangenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Gelegenheit zur nachträglichen Beschwerdebegründung im Sinne von Art. 385 Abs. 2 StPO nicht generell, sondern nur bei Vorliegen besonderer Umstände (wie z.B. einem Versehen) einzuräumen ist (vgl. Urteil 6B_319/2021 vom 15. Juli 2021 E. 6 mit zahlreichen Hinweisen). Inwiefern dies vorliegend der Fall gewesen sein soll und ein Verstoss gegen das Verbot des überspitzten Formalismus vorliegen könnte, erschliesst sich selbst unter Berücksichtigung dessen, dass bei Laienbeschwerden weniger strenge Anforderungen an die Einräumung einer Nachfrist gestellt werden, in keiner Art und Weise (vgl. Urteil 6B_319/2021 vom 15. Juli 2021 E. 7 mit Hinweisen). Die Eingabe des Beschwerdeführers an die Staatsanwaltschaft, die Nichtanhandnahmeverfügung vom 20. Mai 2021 sowie die vorliegende Beschwerde an das Bundesgericht zeigen, dass sich der Beschwerdeführer in zahlreichen Vorwürfen vornehmlich finanzieller und aufsichtsrechtlicher Natur gegenüber Mitarbeitenden einer Gesundheitsversicherung verliert. Das mag eine Begründung der kantonalen Beschwerde allenfalls erschwert haben, rechtfertigt jedoch auch bei einem Laien keine Nachfrist, zumal hier auch nicht von einem aufwändigen oder gar komplexen Verfahren gesprochen werden kann. Dass die Vorinstanz die Nachfristansetzung durch die Verfahrensleitung als rechtswidrig beurteilte, ist daher nicht zu beanstanden. Dieser Auffassung scheint der Beschwerdeführer zumindest im Ergebnis selber zuzuneigen, hält er doch in seiner Bundesgerichtsbeschwerde hierzu eigens fest, dass nicht unbedingt eine Nachfrist angesetzt hätte werden müssen (vgl. Beschwerde S. 23).  
 
4.2. Soweit der Beschwerdeführer einwendet, seine Eingabe vom 21. Juni 2021 wäre dem Sinn nach als Gesuch um Fristwiederherstellung zu verstehen gewesen, scheint er zu verkennen, dass das Institut der Fristwiederherstellung nach Art. 94 StPO nicht dazu dient, eine gesetzliche Beschwerdefrist zu erstrecken. Die Wiederherstellung steht vielmehr zur Verfügung, falls eine rechtsuchende Person eine Frist unverschuldet nicht einhalten konnte. Wie die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung erwägt, liegen indessen keine objektiven Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer das rechtzeitige Einreichen der kantonalen Beschwerde nicht möglich gewesen wäre. Dies gilt selbst dann, wenn man die in der Bundesgerichtsbeschwerde vom Beschwerdeführer ausgiebig dargelegten gesundheitlichen Einschränkungen einschliesslich Arztbericht vom 17. Januar 2021 im Sinne von unechten Noven (Art. 99 Abs. 2 BGG) berücksichtigen wollte. Auch daraus ergibt sich nicht im Geringsten, warum ihm die Wahrung der Beschwerdefrist unverschuldet nicht möglich bzw. er objektiv gesehen nicht in der Lage gewesen sein soll, selber oder durch eine Drittperson fristgerecht eine Beschwerde zumindest mit minimaler Begründung einzureichen. Ein Kausalzusammenhang zwischen der angegebenen Gesundheitseinschränkung und der Verspätung ist weder genügend dargetan noch erkennbar. Inwiefern die Vorinstanz die Voraussetzungen von Art. 94 StPO in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht verkannt haben könnte, ist mithin ebenso wenig ersichtlich wie die behaupteten Verstösse gegen das rechtliche Gehör, das Fairnessgebot oder das Willkürverbot.  
 
4.3. Unbegründet ist die Beschwerde auch, soweit der Beschwerdeführer sich im vorliegenden Zusammenhang auf Art. 109 Abs. 1 StPO beruft. Er verkennt, dass die Möglichkeit jederzeitiger Eingaben an die Verfahrensleitung dort nicht besteht, wo Verfahrenshandlungen fristgebunden sind, so vor allem wie hier bei Rechtsmitteln. Auch der Umstand, dass er während der laufenden Beschwerdefrist im Rahmen eines anderen, ebenfalls von ihm initiierten Strafverfahrens polizeilich zu einer Einvernahme vorgeladen worden war, bildet weder Grund noch Anlass für eine Nachfristansetzung oder Fristwiederherstellung, lag und liegt es doch am Beschwerdeführer, sich so zu organisieren, dass eine Fristeinhaltung gewährleistet werden konnte. Folglich hat die Vorinstanz seinen diesbezüglichen Standpunkt - die Frist gewahrt zu haben, weil er während der zehntägigen Beschwerdefrist mit einem anderen Verfahren beschäftigt gewesen sei - verwerfen dürfen, ohne in irgendeiner Weise Bundesrecht zu verletzen.  
 
5.  
Ohne dass sich das Bundesgericht zu allen Vorbringen und weitschweifigen Ausführungen des Beschwerdeführers ausdrücklich äussern müsste, ist die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Januar 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill